3D-Druck-Glossar von DLH.Net
Erstellt von Bernd Kasperidus (bk@dlh.net)

Genauso wie einmal das Internet Neuland war (für einige ist es das ja immer noch), mit eigenen Begriffen und Redewendungen, haben sich auch im Bereich des 3D-Druckes spezielle Bezeichnungen gebildett[C1], die bestimmte Sachverhalte ausdrücken. Beispielsweise das „Tool“ für den Druckkopf oder die „Nozzle“ für die eigentliche Druckdüse. Damit auch Neulinge in diesem Bereich Berichte und Tests verstehen können, haben wir einige Begriffe zusammengefasst und erklärt.

Acceleration

Wörtlich bedeutet „Acceleration“ Beschleunigung. Im Falle des 3D-Druckes ist die Beschleunigung eine wichtige Kenngröße, die Einfluss auf die Druckqualität hat. Dies hat etwas mit der Massenträgheit (oder auch Impulserhaltung) zu tun. Genauso wie man nach dem Genuss von zwei Cheeseburgern mit Pommes sehr viel träger in Bewegung kommt, als nach dem Verzehr eines leichten Salates, kann auch ein Druckkopf als massiges Objekt nicht einfach von 0 auf 100 beschleunigt werden. Genauso sieht dies mit Abbremsen oder Ecken und Kurven aus. Die Acceleration bestimmt dabei, mit welchen Werten der Druckkopf beschleunigt oder abgebremst wird. Mit Hilfe dieses Parameters berechnet die Firmware des 3D-Druckers, welche Maximalgeschwindigkeit ein Druckkopf auf einem bestimmten Pfad erreichen kann und wann mit dem Bremsen begonnen werden muss, um ihn am Ende des Pfades punktgenau zum Stehen zu bringen. Ein Spezialfall ist hierbei die Kurvenfahrt. Hier berechnet die Firmware, mit welcher Geschwindigkeit eine Kurve (die Ecke ist dabei eine Sonderform der Kurve mit Kurvenradius 0) gefahren werden kann, so dass die aufgebrachte Kraft der Schrittmotoren ausreicht, um das Werkzeug genau auf dem programmierten Pfad zu halten (Zentrifugalkraft).

Bridging

3D-Drucker bauen Modelle Schicht für Schicht auf. Manchmal müssen dabei Löcher oder sonstige Öffnungen gedruckt werden. Hierbei entsteht das Problem, dass unter solch einer Öffnung Luft [C2]ist, die natürlich kein Filament tragen kann. Nicht immer kann hierbei ein Support (siehe unten) platziert werden. Um den Abschluss der Öffnung drucken zu können, verwenden 3D-Drucker eine Eigenschaft des Kunststoffmaterials, die sonst eher unerwünscht ist: das Fadenziehen. Zwischen zwei Sockeln spannt der die Düse durch schnelle Bewegungen mehrere Fäden, die anschließend als Fundament für den weiteren Druck benutzt werden. Da dieses Verhalten an den Bau einer Brücke erinnert, hat sich der Fachbegriff „Bridging“ gebildet.

FFF

FFF steht für Filament Fusion Fabrication, also den Vorgang, eine Kunststofffaser [C3]zu schmelzen und durch bestimmte Methoden daraus einen Gegenstand zu erzeugen. Im Falle des 3D-Druckes wird das Filament Schicht für Schicht zu einem neuen Objekt zusammengeführt. Die Kunststoffschmelze verbindet sich dabei innig, fusioniert mit den bereits vorhandenen Schichten. Ab und an wird auch die Abkürzung FDM, also Fused Deposition Method (Schmelzschichtung), benutzt.

G-Code

Ein 3D-Drucker ist im Grunde genommen eine CNC-Maschine, wie zum Beispiel eine computergesteuerte Fräsee[C4]. Die meisten Druckermodelle verwenden sogar die gleiche Steuerelektronik wie industrielle CNC-Maschinen. Entsprechend wurde die Programmiersprache aus dem CNC-Bereich übernommen: der G-Code.

Beispiel:

G28; Fahre das Werkzeug in die Warteposition
G0 X100 Y10; Fahre das Werkzeug in die Position X 100mm und Y 10mm des Bauraumes
G92 E0; Initialisiere das Werkzeug
G1 E8 F225; Extrudiere 8 mm Filament aus dem Extruder mit der Geschwindigkeit F

Glasübergangstemperatur

Ursprünglich bezog sich dieser Begriff auf die Glasschmelze. Glas ist, so sagen Legenden aus den längst vergangenen Tagen des Physikunterrichts, nicht fest, sondern eine erstarrte Schmelze. Egal, wie fest die Fensterscheibe oder das Brillenglas auch erscheinen mag, in Wirklichkeit ist es immer noch flüssig. Der Begriff der Glasübergangstemperatur bezeichnet den Punkt, an dem Glas wirklich fest wird. Heute wird diese Temperatur auch für andere Materialien verwendet. Im Falle des 3D-Drucks bezeichnet es die Temperatur, bei der der feste Kunststoff wieder weich und verformbar wird, ohne flüssig zu werden.

Heatbed
oder heated Bed

Heatbed ist nichts anderes als der Drucktisch, auf dem das Modell gedruckt wird. In der Variante Heatbed kann dieser jedoch beheizt werden, um einerseits eine bessere Haftung des Kunststoffes zu erreichen und andererseits Problemen wie Warping (siehe unten) [C5]vorzubeugen, da das Druckgut nicht zu schnell auskühlen kann.

Hotend

Das „Hotend“ ist die kleine Röhre über der Noozle (siehe unten), in der das Filament geschmolzen wird.

Infill

Nur selten muss ein Druckgut wirklich massiv, also mit kompletter Füllung, gedruckt werden. Tatsächlich vermeidet man diese komplette Füllung in der Praxis weitgehend. Einerseits entstehen hierbei eigene Probleme beim Drucken, andererseits wäre dies Materialverschwendung. Üblicherweise wird der Innenraum mit einer Wabenstruktur gefüllt, die genauso stabil wie eine massive Füllung und dennoch materialschonender als selbige ist. Der Infill-Prozentsatz drückt hierbei den Anteil Druckmaterial zu leerem Raum aus.

Kapton-, Blue- und Green-Tape

Beim 3D-Druck ist es wichtig, dass das Druckgut fest und unverrückbar auf dem Drucktisch verankert ist. Dennoch soll es sich so einfach wie möglich lösen. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass die drei Klebebandarten ein hervorragender Anker für die erste Druckschicht darstellen. Die unterschiedlichen Bandtypen werden je nach gedruckter Kunststoffmischung verwendet. Moderne Drucker haben mittlerweile häufig eine Glasplatte, die auf dem Drucktisch verwendet werden kann. Dies macht die Verwendung der Bänder inzwischen in den meisten Fällen unnötig.

Noozle

Als „Noozle“ wird die Extruder-Düse bezeichnet.

Oozing

Wörtlich „triefend“ oder „herausquellend“, bezeichnet „Oozing“ das Verhalten, wenn während einer Bewegungsfahrt dennoch unerwünscht Filament aus der Extruder-Düse entweicht.

Overhang

Da der Druckvorgang Schicht für Schicht erfolgt, kann der 3D-Drucker einerseits nicht einfach mitten in die Luft drucken, wenn zum Beispiel der Arm einer Figur erst ab der Hüfte beginnt. Auch müssen Über- und Unterschneidungen beachtet werden, wenn sich ein Druckgut etwa stark verjüngt oder Träger aus dem Objekt ragen. Speziell letzteres wird in der 3D-Druck-Fachsprache als „Overhang“, also „Überhang“, bezeichnet und muss in der Druckvorbereitung beachtet werden, denn eventuell sind sogenannte Supports zur Druckunterstützung notwendig.

Supports

Hier sind ausnahmsweise nicht genervte Mitarbeiter am anderen Ende der Telefonleitung gemeint, sondern Strukturen, die den Druck unterstützen. Meist sind es Pylone aus demselben Material, wie es für den Druck benutzt wird. Moderne Slicer-Programme berechnen meist schon automatisch, wo Supports notwendig sind, und modellieren sie in einer Art und Weise, dass sie einfach aus dem fertigen Modell ausgebrochen werden können. Wenn das Drucksystem über mehr als einen Extruder verfügt, kann ein Support auch mit einem anderen Material gedruckt werden. Beliebt hierbei sind entweder HIPS oder PVA, da sie sich entweder in Orangenterpenen oder Wasser vollständig auflösen.

RepRap
oder auch RepRap-Projekt oder RepRap-Forum.

Praktisch jeder der heute erhältlichen 3D-Drucker für den Privat- und teilweise auch geschäftlichen Gebrauch basiert auf dem ursprünglichen Design eines 3D-Druckers des RepRap-Projektes. Das RepRap-Projekt hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine sich selbst replizierende Maschine zu konstruieren. So kommen auch heute noch viele Innovationen, die den Bereich des 3D-Drucks voranbringen, aus den Hexenküchen der RepRap-Teilnehmer.

Retract

Um das „Oozing“ zu reduzieren, verwenden 3D-Drucker die Technik des „Retracts“. Hierbei wird das Filament sehr schnell ein kleines Stück rückwärts transportiert, um den Druck im Hotend zu reduzieren und durch den entstehenden Unterdruck zwischen Hotend und Noozle ein Einsaugen des flüssigen Kunststoffes zu bewirken. Zusätzlich kann ein Anheben der Extruder-Düse veranlasst werden.

Slicer

Modelle werden in Schichten gedruckt. Damit der Anwender nicht manuell diese Schichten in seinem 3D-Programm definieren muss, nehmen einem Slicer-Programme diese Arbeit ab. Heutige Slicer schneiden dabei nicht nur das Modell in Scheiben, sondern berechnen gleich den Toolpath und alle anderen Parameter und generieren ein fertiges G-Code-Programm.

STL

Die STL-Datei wird als Druckvorlage für den 3D-Druck verwendet. STL steht dabei für Stereolithografie. Da einerseits beinahe jedes 3D-Programm STL-Dateien exportieren kann und andererseits der Aufbau der STL-Datei sehr einfach ist, hat sich dieser Dateityp zum Standard im 3D-Druckbereich entwickelt.

Toolpath

Die Programmiersprache G-Code ist vektororientiert. Ein Werkzeug wird dabei auf einem Pfad von A nach B geschickt, indem Koordinaten und Geschwindigkeit und Arbeitsanweisungen wie etwa Menge an zu druckendem Material übergeben werden. Im 3D-Fachchinesisch heißt dieser Pfad „Toolpath“, also „Werkzeugpfad“.

Warping

Je nach verwendeter Kunststoffmischung entstehen beim Abkühlen des Materials Spannungen in der gedruckten Schicht. Bei ungünstigen Bedingungen kann dies zu einem Aufwölben des bisher gedruckten Materials führen: dem Warping.