Prime Time - Der Fernsehmanager

Prime Time - Der Fernsehmanager

(RTL Enterprises GmbH)

geschrieben von Carsten Werner

 

Wer hat sich nicht schon über das Fernsehprogramm aufgeregt? Waren es vor einigen Jahren noch Talk-Shows oder die berüchtigten TV-Castings, sind es heute Gerichtsshows und als neuste Modeerscheinung die Telenovelas. Vergessen darf man auch nicht die Werbung, jene schier endlosen Unterbrechungen, die die besten Filme und Serien in den wichtigsten Momenten unterbrechen. Wer sich jedoch einmal fernab dieser Ärgernisse umschaut, wird erkennen, dass die Werbung der Privatsender, die nicht den Luxus besitzen, von einem staatlichen Inkassounternehmen unterstützt zu werden, notwendig ist, um den Sendebetrieb aufrecht zu erhalten, um dem Zuschauer Shows, Filme und Serien bieten zu können. Und auch berüchtigte Formate wie Gerichtsshows oder Castings haben ihre Daseinsberechtigung, sind es doch die Zuschauer, die durch das tägliche Einschalten ihre Stimme für den Erhalt solcher Sendungen abgeben.

Um jedoch die Zusammenhänge und notwendigen Entscheidungen nachvollziehen zu können, muss man wohl selbst einen TV-Sender geleitet haben, hat sich scheinbar RTL gedacht und mit "Prime Time - Der Fernsehmanager" ein Spiel in Auftrag gegeben, das genau das zum Inhalt hat, was die Macher und Moderatoren bei RTL und anderen Privatsendern tagtäglich anstreben - Profit und Erfolg. DLH.Net hat für Sie getestet, ob hier ein neuer Star oder nur eine Eintagsfliege geboren wurde.

Aller Einstieg ist leicht

Die Installation geht leicht von der Hand und ist innerhalb weniger Minuten vorüber. Nach dem Start landet man im Hauptmenü und wundert sich über die recht wenigen Optionen. Einen Mehrspielermodus sucht man genreüblich vergebens, aber auch Einzelspieler haben keine Auswahlmöglichkeiten. Stehen bei vielen Manager-Spielen ein getrennter Story- oder Sandkastenmodus oder diverse Szenarien zur Verfügung, hat man hier nur die Wahl zwischen drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Wer nun jedoch glaubt, sofort von einer Vielfalt an Optionen, Statistiken, Gebäuden und Aufgaben erschlagen zu werden, irrt. Da dieses Spiel Sandkasten und Storymodus sowie das Tutorial miteinander verbindet, muss sich niemand fürchten, es nicht zu verstehen. Langsam und von Sende- zu Sendewoche werden Sie mit neuen Aufgaben und Gebäuden konfrontiert, die das Aufgabengebiet nach und nach erweitern.

Vielfätig ist das Managerleben. Das Sendegebäude…

Viele Aufgaben erwarten Sie als neuer Manager von "Entertain TV". Doch bevor man beginnen kann, den Sender nach seinen Vorstellungen zu formen, wartet noch der "Chef", der in dem Sender wohl nichts zu sagen hat und außer an Besprechungen nur durch Abwesenheit glänzt. Von diesem holen Sie Lob, Tadel, Geld und auch neue Aufträge ab, die Sie in seiner Gunst nach oben katapultieren und so die vorschnelle Entlassung verhindern. Nach dem wöchentlichen Ritual hat man alle Freiheiten und kann den Sender nach seinen Vorlieben ausbauen. Im Vorzimmer sitzt die Sekretärin, die man zwar becircen könnte, aber besser ansprechen sollte, wenn man neue Mitarbeiter sucht. Als Manager wird jedoch die Erstellung des Wochenplanes eine der wichtigsten Aufgaben in der ersten Zeit werden. Hier merkt man allerdings einen gravierenden technischen Fehler des Spiels, der mit zunehmender Spieldauer zunehmend für Frust sorgt. Sobald man einen Raum verlässt, kommt es unregelmäßig zu einem "Hänger". Das Spiel und die Musik stocken und erst nach einigen Sekunden läuft es normal weiter. Obwohl der Fehler unregelmäßig auftaucht, trat er auf drei Testsystemen auf. Es bleibt zu hoffen, dass der Entwickler hier bald Abhilfe durch einen Patch schafft.

Ist man schließlich im Regieraum gelandet, kann man mit der Planung des Programms der nächsten Woche starten. Zur Auswahl stehen neben Filmen und Serien auch selbst-produzierte Shows und Informationssendungen. Die Auswahl der Sendungen und des Sendepunktes hat erheblichen Einfluss auf den Erfolg eines Produktes. Während man billige Filme und Serien als Lückenfüller und Werbeplattform am besten nachts platziert, sollten Blockbuster mit teuren Stars und Eigenproduktionen in der Prime Time laufen, um die bestmöglichen Einschaltquoten zu gewährleisten und für Werbeträger interessant zu werden. Doch Vorsicht ist geboten. Auch die Sittenwächter haben den Weg ins Spiel gefunden und ahnden unerbittlich jeden Verstoß gegen die Altersfreigabe und ziehen den entsprechenden Film ein, was sehr teuer werden kann. Um diese, mit der Zeit lästige, Aufgabe zu automatisieren, können Sie einen Programmdirektor einstellen, der dann auf Wunsch die Planung des Sendeplans übernimmt. Doch scheint dieser nie eine Schule von innen gesehen zu haben, denn immer wieder werden Filme und Serien mit eingeschränkter Altersfreigabe im Vorabendprogramm gezeigt und sofort eingezogen. Letztendlich muss man die gleiche Zeit einplanen, um den Sendeplan des Assistenten zu korrigieren. Um auch das aktuelle Tagesgeschehen einfangen zu können, kann das Sendegebäude mit einer Nachrichtenzentrale ausgerüstet werden, die danach über aktuelle Ereignisse in der Stadt und über Sonder- und Live-Veranstaltungen berichtet.

…und die Stadt

Nicht nur um Hauptgebäude des Senders gilt es, Arbeiten zu verrichten. Die täglichen Aufgaben führen quer durch die ganze Stadt. Neben dem Rathaus, wo man zusätzlichen Baugrund erwerben kann, der Medienüberwachung, der Filmbörse, wo Filme und Serien ver- oder gekauft werden können, stehen auch eine Bank, ein Drehbuchbüro und das Werbestudio zur Verfügung. Kein Sender überlebt heute ohne Werbung, auch ein virtueller Sender nicht. Zu diesem Zweck ordern Sie im örtlichen Werbebüro lukrative Werbeaufträge, die natürlich unterschiedliche Bedingungen an die Prämie knüpfen und deren Erfüllung größtenteils die einzige Einnahmequelle des Senders bleibt. Ein wichtiger Part im Spiel ist der Filmdreh. Zu Beginn verfügt der TV-Sender über ein bescheidenes Studio, wo einfache Shows und Informationssendungen produziert werden. Diese kann man individuell gestalten und den Inhaltsschwerpunkt, den Produktionsleiter, die Moderatoren sowie die Ausstattung festlegen. Am einfachsten hapert es jedoch: Den Namen kann man nicht verändern. Wenn das Studio erfolgreicher und bekannter wird, ist es auch an der Zeit, eigene Filme und Serien zu drehen. Nachdem Sie ein neues Gelände gebaut und ein Filmstudio gebaut haben, kann der Filmdreh beginnen. Nach dem Kauf eines Drehbuches werden, ähnlich den Einstellungen der Shows, die Ausrichtung des Films und die Qualität festgelegt. Danach beginnt der Dreh und nach einigen Wochen kann das fertige Produkt vermarktet werden.

Um jedoch bessere Filme drehen oder bessere Schauspieler anwerben zu können, muss regelmäßig Geld in den Aufbau des Gebäudes und der Filmstudios gesteckt werden. Nach und nach bauen Sie so die Bauwerke aus und rüsten sie mit Übertragungswagen, Cateringservice, Antennen oder Wohnwagen aus. Bis das Gelände jedoch voll ausgebaut ist, vergehen einige Stunden, gerade die besseren Upgrades sind enorm teuer. Doch die Stadtansicht, auf der man sich frei bewegen und die man beliebig drehen kann, hat noch eine andere Funktion: die Kontrolle der Zuschauer. Während man über die Karte scrollt, kann man in einem beliebigen Haushalt einen Stopp einlegen und dort die Vorlieben erkennen und ihnen beim Fernsehen zuschauen. Wirklich informativ ist dies jedoch nicht, nicht einmal der eingeschaltete Sender ist erkennbar, daher fällt dieses Feature doch eher in die Rubrik: "Nette Spielerei"

Betriebswirtschaftslehre light

Wirklich fordernd ist das Wirtschaftssystem nicht gerade. Ihre einzige Einnahmequelle sind die Erfüllung der Werbeaufträge und die Zinsen der Bank, wenn dort einige Gelder angelegt werden, die Ausgaben sind natürlich ungleich zahlreicher, neben den Bautätigkeiten wollen Werbekosten, Personal und die Liegenschaften finanziert werden. Auch die Personalverwaltung ist einfach strukturiert und wenig fordernd. Das Personal kostet Geld und verlangt regelmäßig einen kleinen Zuschlag in Form einer Gehaltserhöhung. Manche wollen sogar regelmäßig gelobt und geehrt werden. Wer dies vernachlässigt, wird unweigerlich mit unmotiviertem Personal bestraft, das die Produktionen negativ beeinflussen soll. Im Spiel merkt man davon herzlich wenig, was auch an den undurchsichtigen Statistiken und Auswirkungen einzelner Entscheidungen liegt. Während man haargenau die Einschaltquoten anzeigen lassen kann, findet man nirgends die Möglichkeit, die Wirkung verschiedener Formate auf die Bevölkerung anzeigen zu lassen. Von den 15 unterschiedlichen Zielgruppen merkt man herzlich wenig.

Die goldene Erdbeere für visuelle Effekte und den Sound

Der größte Schwachpunkt des Spieles ist ohne Zweifel die Grafik. Schon zu Beginn wird man in einem Bürogebäude begrüßt, das kaum texturiert und lieblos modelliert wird. Dies setzt sich bei der Empfangsdame fort, deren Gesicht unfertig und veraltet wirkt. Dass keine Figur auch nur annähernd lippensynchron redet und die Auflösung nicht zu verändern ist, fällt da schon nicht weiter ins Gewicht. Und doch ist dieser Part nur ein Teil des Spieles, es bleibt immer noch die Stadt, die auf dem Ladebildschirm einladend und schön aussieht. Doch wie auch in der Realität kann der Schein trügen. Sobald man das Gebäude verlassen hat, schaut man auf einen unförmigen Klotz in einer 3D-Welt, der das Firmengebäude symbolisieren soll. Nach und nach scrollt man durch eine Stadt, die leer, leblos und kantig wirkt. Die wenigen Fußgänger und Autos bewegen sich wie auf Schienen durch die Stadt, nachts geht das Licht an und taucht die Stadt in grelle Lichter. Am meisten stört jedoch die Kameraposition. Diese ist zwar frei zoom- und drehbar, jedoch kann man die Welt nie so weit verkleinern, dass man eine Übersicht erhalten könnte. Diese geht vollends verloren, da man die Kamera nicht schwenken kann und der Winkel so ungünstig gewählt ist, dass man fast senkrecht auf das Geschehen schaut. Man hätte sich vielleicht am Ladebildschirm ein Beispiel nehmen sollen und lieber auf eine gute 2D-Grafik gesetzt, als zwanghaft die dritte Dimension zu benutzen.

Auch die Akustik bietet wenig Erbauliches, aber auch kaum wirklich kritische Sachen. Die Sprecher wirken solide, jedoch gelangweilt und unmotiviert und der Versuch, komisch zu sein, gelingt regelmäßig. Die fehlende Lippensynchronität stört das Spielempfinden, auch unerklärliche Hänger lassen Bild und Sprache verzögert starten. Die Musik ist unspektakulär und wiederholt sich recht schnell.

Für mich ist "Prime Time - Der Fernsehmanager" ein Spiel, dem das Herz fehlt. Ohne Zweifel besitzt es Potenzial, dazu einen Markt, der fast vollkommen leer ist, sieht man einmal von dem Kult-Klassiker "MadTV" ab. Und auch "Prime Time" vereint viele Ideen und Möglichkeiten in einem Produkt. Man stellt Sendepläne auf, baut seinen Sender aus, heuert Personal an, dreht eigene Filme und behauptet sich gegen die Konkurrenz. Aber irgendwie will bei mir keine richtige Freude aufkommen. Der Sendeplan ist eine nervige "Klickerei", vor allem da Teaser für eigene Filme und Werbung für jeden Film einzeln untergebracht werden wollen, der Assistent macht mehr falsch als richtig und die Personalplanung wirkt aufgesetzt. Die Idee, eigene Filme zu drehen, ist spaßig, da man hier auf das Zielpublikum, von dem man gar nicht weiß, wie zahlreich es in der Stadt vertreten ist, eingehen kann. Das größte Problem ist die fehlende Langzeitmotivation, denn jeder Tag wiederholt sich im gleichen Schema und kann nicht abgebrochen werden. Nach und nach sind alle Features abgearbeitet und die Firma aufgebaut. Jetzt bleibt es nur noch, weitere Filme auf den Markt zu bringen, oder jede Woche das Programm zu schreiben, von dem man nicht weiß, wie es auf die Kunden wirkt. Technisch ist das Spiel hoffnungslos veraltet, benötigt jedoch einen modernen PC. Die Grafik erscheint lieblos und durch die ungünstige Kamera geht jede Übersicht verloren. Hier hätte sich der Entwickler viel mehr Mühe geben müssen, zumal dieses Spiel mit seinem Preis in der Liga der "Großen" spielt. Schade, hier wurde eine gute Idee leider nicht annähernd genutzt, weder spielerisch noch technisch.

(04.05.2006)

Minimumale

- Win98/ME/2000/XP

- Pentium III oder vergleichbarer Athlon

- 512 MB Arbeitsspeicher

- 64MB Grafikkarte

- DirectX 8.1

- CD-ROM Laufwerk

- Soundkarte

Entwickler: Limbic Entertainment
Publisher: RTL Enterprises GmbH
Genre: Wirtschaftssimulation
Releasedate: bereits erhältlich
Homepage: Prime Time
Preis: 39,95€
Altersfreigabe: freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß § 14 JuSchG

Kommentare:
Der Kommentar wurde gespeichert!
The Captcha element applies the Captcha validation, which uses reCaptcha's anti-bot service to reduce spam submissions.

Prime Time - Der Fernsehmanager
Prime Time - Der Fernsehmanager
Prime Time - Der Fernsehmanager
Prime Time - Der Fernsehmanager
Prime Time - Der Fernsehmanager
Prime Time - Der Fernsehmanager
Prime Time - Der Fernsehmanager
Prime Time - Der Fernsehmanager
Prime Time - Der Fernsehmanager