Zoo Tycoon 2 - Endangered Species

Zoo Tycoon 2 - Endangered Species

(Microsoft Game Studios)

geschrieben von Hans Thiel

 

Über 3000 Arten stehen derzeit auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten. Durch Rodung, Besiedelung und andere Eingriffe des Menschen in den natürlichen Lebensraum werden es beinahe täglich mehr. Das Erweiterungspaket "Endangered Species" zu "Zoo Tycoon 2" gibt Gelegenheit, einigen von ihnen ein neues Zuhause zu geben und eventuell mit Nachzüchtungen zum Arterhalt beizutragen.

Zäune, Wege, Wassernäpfe

Am grundlegenden Spielprinzip von "Zoo Tycoon 2" ändert natürlich auch das Erweiterungspaket nichts. Ziel ist immer noch ein florierender Zoo, zufriedene Bewohner und begeisterte Besucher. Also müssen Gehege angelegt und für die verschiedenen Tierarten angepasst werden. Nachdem die Umzäunung steht, wird der Boden dem natürlichen Lebensraum, dem Biom, des zukünftigen Bewohners angepasst und das Gehege mit Bäumen, Pflanzen und Steinen verschönert. Die Wahl des richtigen Zauntyps ist ebenfalls von Bedeutung. Dass sich ein ausgewachsener Elefant nicht von einem kleinen Gartenzäunchen aufhalten lässt, sollte klar sein. Ist alles zur Zufriedenheit eingerichtet, fehlen letztendlich nur noch die Bewohner zum neuen Glück. Andere Zoos bieten immer ein bestimmtes Kontingent an Tieren zur Aufnahme an, ist dieses erst einmal erschöpft, kann es durchaus eine ganze Weile dauern, bis wieder Tiere der gleichen Art verfügbar sind. Der einfachere Weg zu gefüllteren Gehegen ist da die Aufzucht eigener Tiere. Dies passiert aber beinahe automatisch, sofern die tierischen Bedürfnisse nach Nahrung, Wasser, Sauberkeit, und einem angepasstem Lebensraum befriedigt sind. Die so nachgezüchteten Tiere können dann gegen Bares anderen Zoos zur Aufnahme angeboten werden. Um den Bekanntheitsgrad des eigenen Zoos zu steigern, können Tiere auch ausgewildert werden, was aber keinen direkten finanziellen Vorteil bringt. Wie in der Realität muss man sich ein solches Engagement also erst einmal leisten können.

Um die Bedürfnisse der Bewohner und Besucher des Zoos kümmern sich Zoowärter, Service-Kräfte und Zooführer. Zoowärter und Zooführer sind für das leibliche und seelische Wohl der Besucher und Zoobewohner verantwortlich, während die Service-Kräfte liegen gebliebenen Abfall auf den Wegen beseitigen. Das Spiel bietet sowohl Szenarios - deren erfolgreicher Abschluss mit Sonderobjekten belohnt wird - als auch ein freies Spiel, in dem nach Lust und Laune gebaut werden kann. Mit den gewonnenen Objekten kann der Zoo weiter verschönert werden. Der Eintrittspreis des Zoos und auch die Preise der einzelnen Verkaufsstände lassen sich gesondert festlegen, eine wirkliche Wirtschaftssimulation kann und will Zoo Tycoon 2 aber nicht sein. Das wird schon an der groben Preisgestaltung der angebotenen Waren klar: genauere Abstufungen als "gering", "moderat" und "teuer" sind nicht möglich, der Taschenrechner kann also getrost beiseite gelegt werden. Trotzdem ist es ratsam, auf den Kontostand zu achten, schnell ist das Anfangskapital in schöne Gehege investiert und dann fehlen die Mittel für die laufenden Kosten. Wer den Herausforderungen der Kampagnen überdrüssig ist, oder diese schon erledigt hat, kann in freien Spielen ohne finanziellen Zwang den Zoo seiner Träume kreieren.

Was war das gleich noch mal?

Ein großes Plus für Zoo Tycoon 2 ist die umfangreiche Bibliothek, die in das Spiel integriert ist. Hierzu wurden Einträge aus der Microsoft Encarta Enzyklopädie übernommen, die dem Ganzen einen wissenschaftlichen Touch verleihen. Natürlich kann diese kleine Version eines Lexikons nicht alle Fragen umfassend beantworten, auch fehlen Ton- oder Bildmaterialien, doch können so schon einige neugierige Fragen der jüngeren Spieler beantwortet werden. Und auch Ältere haben die Chance dazuzulernen. Angenehm ist, dass dieser Aspekt nicht im Vordergrund steht - die Informationen sind stets vorhanden, ob der Spieler sich diese zu Gemüt führt, darf er selbst entscheiden. Aus pädagogischen und didaktischen Gesichtspunkten sicher fraglich, hier erhält es die Spielatmosphäre und bietet einen Mehrwert ohne sich aufdringlich in den Vordergrund zu stellen.

Bedrohte Arten

"Endangered Species" fügt dem Originalspiel eine Vielzahl neuer Objekte und 20 neue Tierarten sowie zwölf Missionen in vier Szenarios hinzu. Unter den Neuankömmlingen sind so exotische Arten wie Komodowaran, Säbelantilope, Pardelluchs, Javanashorn oder Karibus. Einige kleine Funktionen sind dazugekommen, so zum Beispiel eine Art Ahnentafel für jedes Tier, so lässt sich schnell überprüfen, wer von wem abstammt und wer noch ohne Partner ist. Die neuen Zooobjekte dienen zum einen zur Verschönerung der Gehege - neue Pflanzen oder neues Spielzeug - bieten aber auch den Zoobesuchern spannende Attraktionen. Direkt auf die neuen Tierarten ausgerichtet ist das Artenschutz-Aufzuchtzentrum, welches die Chancen auf Nachwuchs gerade bei den bedrohten Tierarten erhöht. Dieses muss aber erst durch Erledigen der zugehörigen Kampagne freigespielt werden. Zu den neuen Tieren gibt es selbstverständlich auch wieder jede Menge Einträge im internen Lexikon.

Weithin sichtbare Zeichen setzen da schon eher die neuen Hochwege und Seilbahnen, mit denen die Zoobesucher sich neue Perspektiven erschließen können. Durch geschicktes Platzieren lassen sich so interessante Rundwege anlegen, die den Zoobesuchern gefallen und die die Tiere nicht übermäßig belasten. Für großflächige Gehege gibt es nun auch die Möglichkeit, Jeep-Touren anzulegen, auf denen die Besucher dann fast direkten Kontakt zu den Tieren aufnehmen können. Die Bestückung der Seilbahnen und Jeep-Stationen ist dabei variabel, es können durchaus verschiedene Gondeln und Fahrzeuge auf einer Strecke verkehren. Einige der mit "Endangered Species" mitgelieferten Objekte - etwa die thematisch veränderten Bänke, Zäune und Gebäude - sind eventuell schon vorher im Spiel vorhanden, sofern das interne Internet-Update genutzt wurde. Darüber können auch zusätzliche Spielinhalte heruntergeladen und installiert werden. Die Erfahrungen aus dem ersten "Zoo Tycoon"-Teil zeigen, dass auch einige Zeit nach Erscheinen des Spiels durchaus noch mit neuen oder veränderten Objekten zu rechnen ist, Vorbeischauen lohnt sich also.

Steuerung

Die Ausrichtung auf eine jüngere Zielgruppe lässt natürlich keine raffinierten und eventuell lernintensiven Spielereien bei der Spielsteuerung zu, das gesamte Spiel wird per Maus gesteuert, die meisten Funktionen lassen sich auf mehr als einem Weg erreichen. Buttons sind meist mit Symbolen versehen, eingeblendete Hinweistexte geben zusätzlich Aufschluss über die Funktion, die sich dahinter verbirgt. Mit steigender Zahl verfügbarer Objekte wird das Auffinden eines bestimmten Gebäudes allerdings etwas mühselig, wer sich nicht gemerkt hat, in welcher Untergruppe sich das Gesuchte versteckt, scrollt im schlimmsten Fall mehrmals durch längere Objektlisten, bis das Gewünschte endlich auftaucht. Die teilweise thematisch veränderten Objekte - so gibt es neben der normalen Bank oder dem Papierkorb auch spezielle Tundra-Bänke oder Papierkörbe - erhöhen die Objektvielfalt zusätzlich und bringen Flair ins Spiel. Zu den gelegentlichen Lokalisierungsfehlern haben sich mit "Endangered Species" weitere gesellt, besonders ein Problem mit der/die/das ist auffällig. Auf das Spielgeschehen haben sie jedoch keinen Einfluss, im Hinblick auf die Zielgruppe hätte mehr Sorgfalt hier aber auch nicht geschadet. Zudem treten Fehler bei der Benennung der Zoos auf - ist im Namen ein Zeichen enthalten, das vom Windows-Dateisystem nicht akzeptiert wird, so wird dies beim Speichern mit wenig aussagekräftigen Fehlermeldungen quittiert.

Eine nette Dreingabe sind die unterschiedlichen Ansichtsmodi: Es lassen sich bestimmte Objektgruppen wie Bäume, Zäune oder Besucher ausblenden, um die Übersicht zu erhöhen. Mittels eines in "Endangered Species" hinzugefügten Tools lässt sich auch überprüfen, welche Stellen im Gehege die Besucher von draußen einsehen können. Von der normalen Schräg-von-Oben-Perspektive kann sich der Spieler in die Höhe eines Zoobesuchers begeben und so den Zoo mit den Augen seiner Kunden sehen. In dieser Perspektive können auch Arbeiten der Zooangestellten erledigt werden, so ist flugs ein Mülleimer geleert oder ein Wassernapf aufgefüllt, wenn grad' mal wieder kein Personal in der Nähe ist. Auf diese Art und Weise, alle Gehege und Tiere zu pflegen, ist sicher aber etwas mühselig. Eine Spezialansicht der Besucherperspektive ist die Fotosafari: Hier können von den Tieren und Gehegen Fotos geschossen werden, die sich in einem persönlichen Fotoalbum festhalten lassen. Eine gezeichnete Übersichtskarte mit allen Gehegen, Verkaufsständen und kleinen Symbolen der anwesenden Tiere rundet das Angebot ab.

Grafik

Die Darstellung von Zoo Tycoon 2 ist klar auf eine jüngere Zielgruppe ausgelegt, eher schlicht, mit klaren, einfachen Formen. Freundliche Farben sind vorherrschend. Die Animationen der Tiere sind ordentlich, wenngleich ihr Bewegungsrepertoire recht eingeschränkt ist. Biologisch korrektes Artverhalten lässt sich mit Zoo Tycoon 2 natürlich nicht studieren. Alle Tiere scheinen den gewissen Niedlichkeits-Faktor zu haben, kleinere und vielleicht gruseligere Tiere wie Fische, Schlangen oder Spinnen sind im Spiel nicht vorhanden oder werden abstrahiert in einem, von außen nicht beeinflussbaren Gebäude eingefügt. Doch, auch wenn die Grafik recht anspruchslos wirkt, bei größeren Zookomplexen kann sie selbst kräftigere PCs in die Knie zwingen, ein Phänomen, was sich aber durch leichtes Reduzieren der Qualitätseinstellungen einigermaßen in den Griff bekommen lässt. Die empfohlene Mindestausstattung scheint aber wirklich das absolute Minimum zu sein, mit dem das Spiel noch irgendwie läuft.

Das Erweiterungspaket "Endangered Species" fügt sich da nahtlos ein: Sichtliche Verbesserungen auf diesem Gebiet bringt es andererseits auch nicht mit - von den neuen Objekten und Tieren abgesehen. Wie im Originalspiel stören vereinzelte Clipping-Artefakte, Tiere die scheinbar an unsichtbaren Hindernissen festhängen oder sich plötzlich in anderen Gehegen wiederfinden. Trickreich ist auch das Bearbeiten des Höhenprofils: Durch die vereinfachte Beleuchtung und das wenig intuitive Vorgehen beim Drehen des Geländes - hier müssen Buttons in der Menüleiste zu Hilfe genommen werden - erschließt sich die reale Höhe des Geländes nicht immer auf den ersten Blick, was ab und an zu buckeligen Wegen und schrägen Gehegen führt. Das stört Besucher und Bewohner meist nicht, einige Tierarten können aber solche Unebenheiten zur Flucht nutzen oder im Gelände hängen bleiben. Beim Ändern des Bioms eines Geheges werden alle Merkmale des alten Geländes gelöscht, also inklusive Bäumen, Sträuchern oder zusätzlichen Verschönerungen wie Steinen oder Ähnlichem. Leider streikt diese Funktion ab und an, beim Verlegen von Wegen sprießen urplötzlich zarte Pflänzchen durch den frischen Asphalt. Es kann auch vorkommen, dass Zäune nicht durchgehend angelegt werden, so dass die Besucher vor dem neugierigen Löwen schreiend die Flucht ergreifen müssen.

Nachtigall ick hör dir ...

Im Grunde faszinierend, wie geräuschlos sich so ein Zooalltag abwickeln lässt. Genau genommen jedoch ein entwicklerisches Armutszeugnis. Bis auf die Hintergrundmusik im Hauptmenü, das unverständliche Gebrabbel der Besucher und gelegentliche Objektgeräusche und Tierlaute bleiben die Lautsprecher stumm. Vor allem im Anfangsstadium des Zoos wirkt alles seltsam gedämpft, keine sonst gewohnte Musikberieselung untermalt das Wirken des Zoodirektors. Hier hätte das Addon punkten können, leider wurde an dieser Stelle auf eine Erweiterung des Hauptspiels verzichtet. Natürlich haben alle neuen Objekte und Tiere ihre eigenen Soundeffekte, aber eine generelle Hintergrundmusik sucht man vergebens. Tipp: Vor dem Start des Spiels eine großzügige Playlist im Lieblings-Musikplayer anlegen und auf Shuffle stellen.

Zoo Tycoon 2 ist ein Spiel für die ganze Familie, es macht Spaß und bietet gleichzeitig einen gewissen Lerneffekt. Das Addon "Endangered Species" ändert daran nichts, es erweitert das Original um zusätzliche Objekte, Tiere und Herausforderungen sowie kleine Funktionen, die das Spielen erleichtern. Es bietet keine revolutionären Neuerungen, verspricht jedoch wieder einige Stunden Spielspaß für alle, die die Kampagnen des Hauptspiels schon erledigt haben.

(10.11.2005)

Entwickler: Blue Fang Games
Publisher: Microsoft Game Studios
Genre: Aufbauspiel
Releasedate: Bereits erschienen
Homepage: Zoo Tycoon
Preis: 24,99 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 6 Jahren gemäß §14 JuSchG

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