UFO: Afterlight

UFO: Afterlight

(Morphicon)

geschrieben von Nico Meißner

 

 
Entwickler: Altar
Publisher: Morphicon Limited
Genre: Strategie
Releasedate: 01.03.2007
Homepage: UFO – Afterlight
Preis: 39,95 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 12 Jahren gemäß §14 JuSchG

Man schrieb das Jahr 1993, als ein Meilenstein des Strategiegenres für PC erschien: "UFO: Enemy Unknown" von Mythos Games. Damit war die legendäre UFO-Serie begründet, verlor aber leider nach dem zweiten Teil zunehmend an Anziehungskraft und Struktur. Zehn Jahre danach nahmen sich die Entwickler von ALTAR der alten Thematik an, heraus kamen "UFO: Aftermath" und zwei Jahre darauf "UFO: Aftershock". Mit dem jetzt erscheinenden "UFO: Afterlight" geht die inoffizielle Fortsetzung der UFO-Reihe somit schon in die dritte Runde. Ob aller guten Dinge wirklich drei sind, hat DLH.net für euch in einer Erkundungsmission auf dem Mars analysiert.

Life on Mars

Zu Beginn rekapituliert ein schlichtes, aber nettes Intro kurz die Vorgeschehnisse der Reihe: Nachdem die Aliens 2005 in "Aftermath" die Erde erobert und die Menschheit vertrieben haben, flüchtet sie hinaus ins All. Ein Teil der Vertriebenen findet auf Raumstationen wie der Laputa eine neue Heimat und macht sich 2050 an die Rückeroberung der Erde – diesen Handlungsstrang verfolgte man in "Aftershock". "Afterlight" führt den Spieler hingegen zum Mars, um ihn das Schicksal der zweiten Flüchtlingsgruppe nachspielen zu lassen.

So startet die Handlung des Spiels im Jahre 2050 auf dem Roten Planeten. Die menschliche Fraktion kontrolliert von ihrer Basis aus nur eine Hand voll Territorien und hat das meiste an altem Erdenwissen über die Zeit verloren. Zu Anfang ist nur ein Bruchteil der Planetenoberfläche erkundet, und es nur die Verwandlung des Mars in eine neue Erde als großes Ziel fest. In der dreh- und zoombaren Globusansicht des Mars gilt es erstmal, neue Gebiete zu annektieren und zusätzliche Rohstoffvorkommen zu erschließen. Denn neben der Wasserversorgung, die via Aquädukt vom Pol erfolgt, benötigen die Überlebenden noch einige weitere Ressourcen: Als Erstes natürlich Treibstoff für die Sonden- und Minenfahrzeuge sowie das militärische Transport-UFO. Auch Metalle und Chemikalien müssen abgebaut werden, um zusätzliche Gebäude konstruieren und allerlei Ausrüstung herstellen zu können. Später spielen auch noch seltene Kristalle und Edelmetalle eine entscheidende Rolle bei der Weiterentwicklung der Gestrandeten. Zwecks Erweiterung des eigenen Territoriums schickt der Spieler also ein Sondengefährt los. Es kriecht über die wüste Oberfläche des Planeten, um Proben zu nehmen und einen kleinen Außenposten zu errichten. In manchen Regionen müssen zuvor uralte Wachroboter unbekannten Ursprungs bekämpft werden. Dies geschieht, genau wie Angriffe oder Verteidigung gegen Konkurrenten, durch das Entsenden eines Einsatzteams. Anschließend können etwaige Rohstofflager des neu erworbenen Gebiets mittels Minenfahrzeug nutzbar gemacht werden. Allerdings gibt es in "Afterlight" kein Konto, auf dem die gesammelten Substanzen akkumuliert werden. Um genau zu sein, gibt es gar keine Zahlen in diesem Zusammenhang. Stattdessen erhöht sich der Level der verfügbaren Stoffe mit steigender Anzahl von Förderstätten: Steht es anfangs in den meisten Bereichen noch auf "null", verbessert es sich nach der ersten fertiggestellten Mine auf "minimal", dann auf "XXX" und so weiter. Dementsprechend gibt es auch keine Bau- oder Produktionskosten mehr, sondern es wird jeweils ein entsprechender Level von einer oder mehreren Ressourcen gefordert. Ansonsten beherrscht natürlich wieder der Faktor Zeit das Geschehen: Egal, ob Basisausbau, Ausrüstungsherstellung, Expansion oder Ausbildung des Personals – alles kostet Zeit.

Lost in Translation

Aber nicht nur im Spiel, auch in Wirklichkeit verstreicht einige Zeit, bis man sich vernünftig zurechtfindet. Denn die häufig erscheinenden Tipps, die mittels Pop-Ups und Beratern gegeben werden, können die anfängliche Konfusion und Planlosigkeit des Spielers leider nur bedingt neutralisieren. Die Berater, allesamt spielbare Charaktere aus der eigenen Truppe, treten übrigens in Form von kleinen, animierten Köpfen in Erscheinung. Sie verkünden auch laufend die Ereignisse und diskutieren und analysieren – anstelle von Zwischensequenzen – das Geschehen der Handlung. Nichtsdestotrotz erschlägt einen die Masse an Technologien, trainierbaren Fertigkeiten und zu erobernden Gebieten erst mal. Denn leider tappt der Spieler, ähnlich wie die Charaktere, zu Beginn ziemlich im Dunkeln., fühlt sich etwas verloren in dieser neuen Welt. Was sollte man erforschen und wozu könnte es führen? Welche, der zum Teil aufeinander aufbauenden Skills sind nützlich?

Überhaupt ist der Rollenspiel-Teil wie auch der Rest von "Afterlight" komplexer ausgefallen als im Vorgänger. Denn neben den fünf Attributen (zum Beispiel Stärke oder Intuition) und zehn Fähigkeiten (wie Schnellschuss oder Ausweichen), findet sich nun eine dritte Kategorie mit einer Vielzahl von Fertigkeiten. Darunter fallen Skills á la "Anzugtraining" – was Aktionen wie das Ducken erst ermöglicht – oder das galaxiebekannte "Schießtraining". Dies waren allerdings nur zwei Beispiele aus dem militärischen Bereich; weiterhin gibt es nämlich noch die beiden Klassen "Technik" und "Wissenschaft". Die meisten Charaktere haben lediglich eine dieser Klassen, manche aber auch zwei. In jeder Profession werden separat Erfahrungspunkte gesammelt, sodass Figuren fast immer unterschiedlich hohe Levels in ihren Klassen haben. Bei einem Aufstieg kann erstens ein Attribut um eine Stufe angehoben werden, das Spektrum reicht hier von "jämmerlich" bis "übermenschlich". Zweitens gibt es pro Level einen Lernpunkt für den entsprechenden Bereich. Diese sind zur Ausbildung nötig, wobei die Fertigkeiten selbstverständlich in den Kosten variieren. So benötigt der Charakter für die Basis-Skills nur ein bis höchstens drei, für fortgeschrittene Trainingsprogramme hingegen immer mindestens drei Punkte. Auch hier gilt es ein bisschen zu experimentieren, bis man sich einen Überblick und etwas Orientierung verschafft hat.

Ähnlich verhält es sich mit der Forschung: Aufgeteilt in verschiedene Kategorien, eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten und Wege. Denn nahezu jede neue Technologie führt zu weiteren Forschungsschritten, außerdem triggern auch Story-Ereignisse und andere Geschehnisse des Öfteren frische Optionen. Da aufgrund der leider sehr spärlichen Beschreibungen selten abzuschätzen ist, was genau der nächste Fortschritt mit sich bringt, muss sich der Spieler erst mal vor allem an den Namen orientieren. Allerdings hat das Ganze auch seinen Reiz: Es wird nicht zu viel verraten, zumal Forschungsergebnisse eben auch nicht immer prognostizierbar sind. Außerdem trägt die Vielzahl und Art der Technologien ihren Teil zu der dichten Atmosphäre und guten Hintergrundgeschichte bei. Einzig die Präsentation gemeisterter Schritte irritiert da etwas. Denn aus unerklärlichen Gründen wird lediglich kurz vom Laborleiter mitgeteilt, dass die Forschung an dem Projekt XY erfolgreich abgeschlossen wurde. Um weitere Informationen zu erhalten, muss der Spieler nun im entsprechenden Menü unter dem Reiter "erforscht" in der immer länger werdenden Liste nachsehen. Aber auch hier findet er kein Bild, keine Aufzählung nun freigeschalteter, neuer Technologien oder gar eine Liste von dadurch verfügbaren Items oder Skills. Nein, abermals starrt ihn aus einem kleinen Fensterchen ausschließlich ein nackter Text entgegen – schade.

Im Gegenzug fällt das erweiterte Diplomatie-Menü mit seinen vielfältigen Optionen gleich positiv auf. Hier wurden die Möglichkeiten zur Interaktion mit den anderen Fraktionen des Mars deutlich gemehrt. Denn je nach Beziehung zu den Parteien – zu denen, soviel sei verraten, auch die Reticulaner gehören – stehen unterschiedliche Aktionen zur Auswahl: Der Spieler kann versuchen Territorien und (leider vorgegebene) Ausrüstungspakete zu tauschen, Ressourcenlevel zur Verfügung zu stellen beziehungsweise zu erbitten oder neues Personal für seine Truppe zu ergattern. Natürlich kann im Diplomatie-Menü auch der Krieg erklärt werden ...

Mars Attacks!

Und spätestens an diesem Punkt kommt die schon erwähnte Einsatztruppe ins Spiel. Wie aus den Vorgängern bekannt, legt der Spieler zuvor die Besetzung samt Ausrüstung fest. Das Team gelangt dann mittels eines Transport-Ufos zum Ort des Geschehens. Jetzt wechselt das Spiel aus der Globus-Ansicht in eine zunächst isometrische Perspektive und ins SAS (nein, nicht die britische Spezialeinheit, sondern das "Simultaneous Action System"). Das heißt, von nun an läuft alles in pausierbarer Echtzeit ab. Die Truppe des Spielers startet vor ihrem Gefährt im roten Wüstensand. Eine geografische Karte in der oberen rechten Bildschirmecke sorgt für die Orientierung im immer unterschiedlich großen Einsatzgebiet. Die Begrenztheit der meist recht überschaubaren Gegend, beziehungsweise der Übergang an den Kartenrändern, wird hierbei geschickt durch wirbelnden Sand und die Umrisse ferner Berge und Dünen kaschiert. Überhaupt wirken die Karten gewissenhaft und in sich stimmig gestaltet; vor der an sich eher kargen Wüsten-Kulisse sorgen natürlich wirkende Strukturen (wie Hügel) und Objekte (wie Felsen und Bauwerke) zumindest für ausreichend Abwechslung. Gut, etwas mehr Deckung oder häufiger auftretende Gebäude könnte man sich schon wünschen – doch auch hier hält sich ALTAR sehr gut an den gewählten Stil, was wiederum der unterschwellig bedrohlichen Stimmung zugute kommt.

Das oben angesprochene SAS funktioniert folgendermaßen: Jede Aktion der Figuren als auch der Gegner dauert eine gewisse Zeit, für gewöhnlich etwa zwischen einigen Zehntel- und einer Hand voll Sekunden. Alles läuft also in Echtzeit ab, die Bewegung, Schießen, ein Medikit aus dem Rucksack holen und so weiter. Leider sind die Zeitkosten der einzelnen Aktionen, die nämlich mehr oder weniger beliebig aneinandergereiht werden können, nicht immer klar erkennbar. Dafür grenzen sich die bis zu sechs Charaktere des Teams farblich gut voneinander ab genau wie ihre Laufwege auch. Mannigfaltige Einstellungen, die allerdings nicht ausnahmslos sofort zur Verfügung stehen, bieten dem Spieler die nahezu volle Kontrolle über seine Streiter. So kann man zwischen verschiedenen Haltungen wie zum Beispiel "gebückt" und unterschiedlichen Bewegungsarten wie "rennen" wählen. Auch die Feuermodi sind natürlich, je nach Waffe, einstellbar. Denn die Echtzeit lässt sich zwar jederzeit unterbrechen, doch das hilft kaum, wenn der Gegner schneller schießt ... Gelegentlich besteht in Missionen auch die Möglichkeit, teilweise sogar die Notwendigkeit, mit Gegenständen zu interagieren. In diesem Zusammenhang erhalten Charaktere, die nicht nur der Soldaten-Klasse angehören, auch Extra-Erfahrungspunkte. Die Standard-Missionen haben allerdings meistens nur die Eliminierung aller Gegner zum Ziel, im späteren Spielverlauf variieren die Aufgabenstellungen dafür öfter, und auch die KI legt – im Vergleich zu den dummen Sicherheits-Drohnen – mächtig zu.

High Fidelity – Technik

In grafischer Hinsicht vermittelt "Afterlight" einen wechselnden Eindruck: Während bei wichtigen Dingen – zum Beispiel den Figuren – offensichtlich viel Wert auf klare Texturen und detaillierte Darstellung gelegt wurde, wirken viele andere, weniger elementare Bereiche, ziemlich schlicht. Die schon erwähnte, minimalistische Optik bei der Forschung fällt beispielsweise hierunter. Ansonsten überzeugt das Spiel grafisch, auch die "eingesparten" Zwischensequenzen wurden durch die animierten Charakter-Portraits sehr gut kompensiert. Denn sowohl die Sprecher der Figuren als auch ihre Mimik ergeben glaubhafte und stimmungsvolle Persönlichkeiten. Darüber hinaus zeigt sich der Sound solide, wenn auch nicht außergewöhnlich. Die vier Kamera-Modi in "Afterlight" sind, von ein paar unangenehmen Ausnahmen abgesehen, bestens geeignet, das Spielgeschehen aus allen Perspektiven zu verfolgen. Zwar verdecken gelegentlich Erhebungen oder Gebäude die Sicht, und die automatische Kamera gibt sich gerne etwas störrisch – doch ansonsten erfüllen die Modi die Anforderungen bestens. Besonders die "Einheit" genannte Einstellung bietet mit ihrer First-Person-Optik eine interessante Perspektive.

Alien 1-3

Die Weiterentwicklung der UFO-Reihe durch ALTAR ist an den drei Teilen deutlich abzulesen. Besonders dieser Teil, "Afterlight", wartet mit diversen neuen Konzepten und Erweiterungen alter Elemente auf. Allein die Idee, die Handlung von "Afterlight" parallel zu "Aftershock" stattfinden zu lassen, eröffnet einige interessante Story-Möglichkeiten. Auch das komplexere Ausbildungs- und Rollenspielsystem greift die Elemente der Vorgänger auf und entwickelt sie sinnvoll weiter. Die drei Klassen verwirren anfangs zwar erst mal gehörig, doch nach einer gewissen Eingewöhnungszeit zeigen sich die Vorteile deutlich. Denn da jede Handlung durch Charaktere ausgeführt werden muss, macht es Spaß, beispielsweise einen Techniker zum Minen- und Erkundungsexperten zu schulen oder einen Soldaten-Wissenschaftler zum Feldsanitäter auszubilden. Im Prinzip ähnelt das Spiel "Aftershock" sehr, doch praktisch alles ist umfangreicher und größtenteils doch anwenderfreundlicher geworden. Zum Beispiel wurden die nervigen Verbindungsröhren des Vorgängers auf der Erde zurückgelassen, das rudimentäre Diplomatiesystem gehört der Vergangenheit an. Besonders fällt dabei auch das vielfältigere Basis-Management auf. Neben den Ausbaumöglichkeiten des Hauptquartiers will nämlich auch die Zuteilung der Labor-, Trainings- und anderer Plätze gut durchdacht organisiert werden.

Mit "UFO: Afterlight" ist ALTAR meiner Meinung nach der krönende Abschluss des UFO-Dreiklangs gelungen. Während die Vorgänger noch unter diverseren Unstimmigkeiten und nur ansatzweise umgesetzten Ideen krankten, entfaltet der dritte Teil der Reihe sein ganzes Potenzial – sowohl in erzählerisch-dramaturgischer als auch in spielerischer Hinsicht. Auch das SAS wurde, abgesehen von Kleinigkeiten, wie die ganze Technik optimiert. Alles in Allem erzeugt "Afterlight" die bisher dichteste Atmosphäre und bietet die ausgeprägteste Spieltiefe. Insofern sollten Fans der Serie auf jeden Fall begeistert sein; und auch Anhänger der – damals ja noch in Runden ablaufenden – Original-Teile dürften sich von der stimmungsvollen und geheimnisumwitterten Geschichte an die guten alten Zeiten der X-Com erinnert fühlen. "Afterlight": Wasser auf dem Mars, Aliens auf der Erde – das ist Science-Fiction der Extra-Klasse, gemischt mit sehr guten Strategie- und Rollenspielelementen!

(21.02.2007)

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