Richard Garriott’s Tabula Rasa

Richard Garriott’s Tabula Rasa

(NCsoft)

geschrieben von Carlos Carvalho

 

 
Entwickler: Destination Games
Publisher: NCsoft
Genre: Online-Rollenspiel
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Tabula Rasa
Preis: 39,99 € zuzüglich 12,99 € monatlich
Altersfreigabe: Freigegeben ab 16 Jahren gemäß §14 JuSchG

MMORPGs, also "Massively Multiplayer Online Role-Playing Games", stammen von den früheren Rollenspielen ab, die noch mit Papier und Stift oder Bleifiguren in kleineren oder größeren Gruppen gespielt wurden. Die bekanntesten dürften "Warhammer 40.000" oder "Dungeons and Dragons" sein; so ist es auch nicht verwunderlich, dass diese Sorte von Onlinespielen sehr oft auf Fantasygeschichten basieren. Nur wenige Entwickler trauen sich tatsächlich, Science-Fiction-Hintergründe zu verwenden - meist erst dann, wenn es bereits eine Fan-Gemeinde zum Thema gibt, wie das Beispiel von "Matrix Online" oder "Final Fantasy XI" zeigt. Doch wenn Richard Garriott der Meinung ist, er sollte ein neues MMORPG in genau dieser Richtung entwickeln, steht ihm niemand im Weg. Ganz im Gegenteil, dem weltberühmten Erfinder der "Ultima"-Serie werden alle Wünsche erfüllt, um womöglich erneut einen Meilenstein in der Spielegeschichte zu setzen.

Story

In der nahen Zukunft kommt ein fremdes Raumschiff der "Bane" auf die Erde zu. Völlig unvorbereitet versuchen die Menschen erst einmal, friedlichen Kontakt mit den Aliens herzustellen. Doch diese haben etwas anderes im Sinn und greifen erbarmungslos ein Volk an, das ihnen technisch weit unterlegen ist. Dennoch versuchen die Menschen mit all ihren Mitteln, sich gegen den Angriff zu wehren und schaffen es mit herkömmlichen Waffen und alltäglichen Objekten einige Erfolge zu erzielen. Doch als weitere Raumschiffe der Bane über dem Planeten auftauchen, ist die Vernichtung der Menschheit offenbar unvermeidlich. Überraschenderweise stellt aber die amerikanische Regierung ein bisher geheim gehaltenes Sprungportal bereit, mit dem sie einen kleinen Teil der Weltbevölkerung auf einen anderen Planeten befördern kann.

Dieses Gerät, das aus den Resten eines im Jahre 1984 gefundenen UFOs erschaffen wurde, ist die einzige Rettung für die Menschheit. Auf dem neuen Planeten trifft sie auf weitere, freundlicher gesinnte Aliens, mit denen sie die Organisation "Allied Free Sentients", abgekürzt AFS, gründet. Die eigentlichen Besitzer des Sprungportals, die "Eloh", stellen sich auch als Behüter der Menschen heraus, die wenigen Ausgewählten eine besondere Macht, "Logos" genannt, gegeben haben. Mit den Kräften der "Logos" erhalten diese Personen magische Fähigkeiten, die ihnen eine echte Chance gegen die Bane auf dem neuen Planeten eröffnen. Während des Spiels lernt man weitere "Logos"-Symbole zu interpretieren und somit auch die Sprache und Geschichte dieser alten, weisen Zivilisation kennen.

Karten und Missionen

Anstatt den Spieler mit einer enormen, unübersichtlichen Welt zu konfrontieren, die ihn erst einmal völlig überfordert, ist die Welt in "Tabula Rasa" in verschiedene Karten unterteilt. Zwischen den Karten kann man mit Raumschiffen oder über Portale reisen, wobei man allerdings in weitere Abschnitte des Spiels gelangt. Es lohnt sich deshalb, alles auf einer Karte zu erledigen, bevor man zur nächsten, deutlich schwierigeren, reist. Auf jeder Karte ist eine große Anzahl an Missionen zu finden, die von unterschiedlichen Personen in verschiedenen Quartieren zu bekommen sind. Den aktuellen Stand jeder Mission kann man sich in einem eigenen Menü anschauen, er wird aber auch im normalen HUD oben rechts angezeigt. Die meisten Missionen bestehen darin, dass man etwas angreifen, verteidigen, sammeln oder jemanden begleiten und beschützen soll. Viele der Aufgaben setzen sich aus einzelnen Abschnitten zusammen, so dass der Spieler verpflichtet ist, herumzureisen und die Karte gut kennenzulernen. Zwischen den Quartieren bewegt man sich allerdings am schnellsten durch kleine Sprungportale, womit dem Spieler viel Zeit und Rennerei erspart werden. Interessant ist auch, dass man weitere Missionen gelegentlich per Radio bekommt.

Wie bei den meisten MMORPGs sind alle Spieler gleichzeitig auf den Karten. So ist es leichter für einzelne Gamer, Hilfe in Rat und Tat von anderen zu erhalten. Monster "respawnen" recht schnell, meist durch den Transport von Raumschiffen, so dass man sich selten ärgert, wenn man einen "Kill" nicht bekommen hat. Auf jeder Karte gibt es noch zusätzlich besonders abgeschlossene Bereiche, die aus "Instanzen" bestehen. Diese kann man allein oder besser noch in Gruppen betreten, denn sie enthalten deutlich schwierigere Aufgaben. In ihnen respawnen Monster üblicherweise nicht wieder, und noch nicht beendete Missionen enden mit einem Fehlschlag, sobald man die Instanz wieder verlässt. Man sollte also sicher sein, dass man einen ausreichend hohen Level besitzt oder Teil einer ausreichend starken Gruppe ist, denn man muss alles auf einmal schaffen. In jeder Instanz befinden sich ein eigenes Krankenhaus und ein Verkäufer, so dass man selbst nach dem Tod sein Glück erneut versuchen kann, ohne alles wiederholen zu müssen.

Bewaffnung und Ausrüstung

Neben der "Logos"-Technologie stehen dem Spieler als Bewaffnung hauptsächlich diverse Schusswaffen zur Verfügung. In "Tabula Rasa" können Spieler unter anderem Pistolen, Maschinengewehre, Schrotflinten und Laserwaffen kaufen und verwenden. Jede Waffe verursacht eine bestimmte Art von Schaden, der von normalem physischem Schaden über EMP-Angriffe, die nur Rüstungen und andere technische Geräte beschädigen, bis hin zu einem durch biologische Waffen verursachten reicht, der Kreaturen vernichten, aber die Ausrüstung nicht beeinträchtigen kann. Die Munition für die besten Waffen ist zugleich auch die teuerste; man sollte sich also genau überlegen, wann man was braucht. Jede Person verfügt in Abhängigkeit von seiner Ausrüstung über andere Stärken und Schwächen hinsichtlich seiner Verteidigungsmöglichkeiten; das Gleiche gilt aber auch für die Gegner. Man sollte also darüber nachdenken, welche Waffen man in welcher Situation verwendet. Ebenso sollte die Rüstung mit Bedacht gewählt werden. Normale Ausrüstung besitzt keine Boni außerhalb eines reinen Schutzwertes gegen physischen Schaden, man kann sie jedoch so verändern, dass sie auch andere Schäden verstärkt abwehrt.

Aufstieg, Klassen und Klonen

Beim Sammeln von Erfahrungspunkten steigen Spieler selbstverständlich in höhere Stufen auf. Erreicht man einen bestimmten Level, so wird man vor die Entscheidung zwischen zwei Klassen gestellt. Dreimal spezialisiert man sich bis zum derzeitigen Maximum bei Stufe 50 (genauer gesagt bei Level 5, 15 und 30), es gibt also insgesamt 14 Klassen in "Tabula Rasa". Mit jedem Aufstieg kann man bessere Ausrüstung tragen und bessere Waffen verwenden. Jede Klasse besitzt allerdings eigene tragbare Gegenstände sowie unterschiedliche magische Tricks oder Fähigkeiten. Damit der Spieler sich nicht ärgert, weil er die "falsche" Klasse gewählt hat, kann er sich in bestimmten Abschnitten des Spiels klonen lassen. An solchen Stellen speichert man die aktuellen Eigenschaften des Charakters. Man kann also zu jeder Zeit mit der anderen Figur in einer anderen Klasse weiterspielen, ohne das Spiel komplett von vorne anfangen zu müssen. Die Klone müssen sich allerdings selbst um ihre Ausrüstung kümmern. Einige Truhen verteilt im Spiel machen den Tausch von Gegenständen zwischen Klonen einfacher.

Bei jedem Aufstieg in einen neuen Level erhält der Spieler weiterhin drei Eigenschafts- und zwei Fertigkeitspunkte. Die Eigenschaftspunkte kann er auf drei Parameter verteilen, die jeweils zwei von drei unterschiedlichen Werten beeinflussen: Lebenspunkte, Magiepunkte oder Regenerationsgeschwindigkeit. Die Ausrüstung hat auf diese Werte zusätzlichen Einfluss, so dass man sich nicht lange zu ärgern braucht, wenn man sich bei einem Aufstieg falsch entschieden hat. Die Fertigkeitspunkte sind, wie man sich denken kann, für die Fertigkeiten der Charaktere reserviert. Trotz des Aufstiegs in neue Klassen kann man immer noch in die Skills der alten investieren, um so zum Beispiel besser heilen zu können oder mehr Schaden mit Handwaffen zu verursachen. Jede Fertigkeit kann fünfmal verbessert werden, allerdings steigt auch die Anzahl der pro Verbesserung benötigten Punkte linear an.

Das Heads-Up-Display

Das HUD sieht zunächst sehr sparsam aus, besitzt aber alles, was ein Spieler benötigt: von der Waffen- und Fähigkeitenauswahl (fünf freie Slots jeweils) über die Minikarte mit integriertem Zoom und dem Missionsstatus bis hin zu den üblichen Balken für Magie- und Lebenspunkte. Möchte man mit dem HUD interagieren oder zu einem der Menüs gehen, hält man die "STRG"-Taste gedrückt. Damit öffnet sich ein Radialmenü, von dem aus man Zugang zu allen vorhandenen Möglichkeiten hat. Während man sich im Radialmenü oder einem der Untermenüs befindet, hat man keine Kontrolle über die Spielfigur. Man sollte also nur in sicheren Zonen auf sie zugreifen. Leider ist das HUD recht inflexibel, was Position oder Größe angeht, stört aber in den meisten Fällen nicht.

Der wesentlichste Nachteil des HUDs ist allerdings die Chatfunktion. Sie verfügt über sehr hilfreiche unterschiedliche Ebenen - von Team- oder Clan-Chats über Gruppensuchen-Räume bis hin zu normalen, lokalen Gesprächen. Der Chatraum für globale Gespräche wird allerdings leider völlig zu Diskussionen über Star Trek sowie über Gott und die Welt missbraucht. Man sucht also schnell den entsprechenden Filter, um derartige spielfremde Gespräche auszublenden, erfährt dann allerdings auch einiges nicht mehr.

Crafting

Die vielen besonderen Waffen im Spiel kann man in Crafting-Stationen zerlegen, um an die einzelnen Komponenten zu gelangen. Diese kann man in andere Waffen einbauen, wobei natürlich das Risiko besteht, sowohl Waffe als auch Komponente zu verlieren. Dazu benötigt man zusätzliche Bauanleitungen, die man meistens bei gefallenen Gegnern findet. Dieses System erlaubt Spielern, Waffen und Ausrüstungsgegenstände genau nach ihren Wünschen zu konstruieren, sowie Farben für Klamotten herzustellen. Darüber hinaus ist die Bastelei eine Methode an Geld zu kommen, beziehungsweise überhaupt etwas mit den vielen gesammelten Gegenständen anzufangen. Einen richtigen Markt im Spiel findet man allerdings nicht, man kann sich auch nicht im Craften verbessern, um damit noch außergewöhnlichere Gegenstände zusammenzubauen.

Kontrollpunkte, Landezonen und PvP

Um den Krieg in "Tabula Rasa” zu verdeutlichen, kämpfen Menschen und die Bane-Armee erbittert um bestimmte Quartiere. Solche besonderen Orte werden immer als Kontrollpunkte oder Landezonen bezeichnet und können von beiden Seiten des Krieges besetzt werden. Riesige Schlachten vor diesen Festungen können mehrmals in jeder Stunde stattfinden und bieten dem Spieler die Möglichkeit, tatsächlich Einfluss auf seine Umgebung zu nehmen.

Hat man einen anderen menschlichen Charakter verärgert, kann man ihn schnell auswählen und zum Duell fordern. Sobald einer der beiden besiegt wurde, ist das Duell beendet. Man kann aber auch, sollte man Teil eines Clans sein, an einem Krieg zwischen Spielern teilnehmen. Man darf allerdings nicht vergessen, dass man von Aliens und feindlichen Kreaturen gesucht wird und auch während der Kämpfe gegen menschliche Spieler das Ziel von NPC-Angriffen sein kann.

 

Shooter vs. MMORPG

Die Idee Richard Garriotts, mit einem Shooter ein neues Konzept des MMORPGs zu entwickeln, ist leider nicht perfekt gelungen. In "Tabula Rasa" werden Schüsse vor dem Feuern berechnet, nicht beim Auftreffen auf den Feind. So fliegen manche Kugeln dem Spieler hinterher und man kann ihnen kaum ausweichen. Das verschreckt Shooterfans, die dank Titeln wie "Battlefield" oder "Call of Duty" deutlich Besseres gewohnt sind. Allerdings lässt sich das wegen der riesigen Anzahl von Spielern und der Entfernung der Server, die zu Pings von über 500 Millisekunden führen kann, nicht vermeiden. Dafür kann man "Tabula Rasa" selbst auf langsamen Servern problemlos spielen, ohne unter allzu langen Latenzzeiten zu leiden. Ohne Scharfschützengewehre, Kopfschüsse oder fliegende Körperteile ist "Tabula Rasa" leider ein MMORPG, das sich in dieser Hinsicht nur durch die weiter reichenden Waffen von den Konkurrenzspielen unterscheidet.

Minimale

- Microsoft Windows Vista/XP

- 2.5 GHz Intel Pentium 4 oder entsprechender AMD Prozessor

- 512 MB RAM

- DVD-ROM

- 5 GB Festplattenplatz

- ATI Radeon 9600 oder NVIDIA GeForce FX 5700 Grafikkarte mit 128MB VRAM

- 16-bit Soundkarte

- Internetverbindung

- DirectX 9.0c


Fazit

   Trotz des nicht perfekten Shootermodus' ist "Tabula Rasa" ein sehr spannendes und schnelles Spiel. Die geheimnisvolle Geschichte der weisen Eloh-Zivilisation fesselt Gamer lange Zeit an den Bildschirm. Die sehr steil verlaufende Lernkurve bringt Neulinge innerhalb weniger Minuten voll bewaffnet und hoch motiviert an die Front. Und die Gruppenbilden-Funktion benötigt so wenige Handgriffe, dass man lieber in wenigen Sekunden beginnt, mit völlig Fremden zu kooperieren, als stundenlang auf bekannte Gesichter zu warten. Natürlich hat das Spiel noch einige Bugs, die nach und nach ausgebessert werden, es wird aber interessant sein, zu sehen, was NCsoft aus dem Titel in Zusammenarbeit mit den Fans macht. Viel Potenzial ist auf jeden Fall da. Das einzige nennenswerte Manko des Spiels ist die viel zu kurz geratene Bedienungsanleitung, die dazu führt, dass neue Spieler in der Spielwelt zunächst häufig auf die Hilfe anderer angewiesen sind. (19.11.2007)


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