Hard Reset

Hard Reset

(Flying Wild Hog)

geschrieben von Andreas Schippers

 

 

Jeder kennt sie, die "guten, alten Shooter", in denen ein Action-Feuerwerk das nächste jagt, und in denen sich die Feuertaste nur selten erholen kann. Die polnische Software-Schmiede Flying Wild Hog möchte mit ihrem Erstlingswerk "Hard Reset" daran anknüpfen. Ob der Versuch von Erfolg gekrönt ist und wie es um die spielerischen Ideen steht, erfährt man nachfolgend.

Mensch gegen Maschine

"Hard Reset" versetzt den Spieler mitten in die düstere Cyberpunk-Zukunft des Jahres 2436. Die Menschheit hat sich in der letzten Metropole Bezoar verschanzt und sucht dort Schutz vor den Maschinen. Mitten in dieser letzten Festung steht "The Sanctuary", ein Datenspeicher, in dem Billionen digitalisierte Seelen gespeichert sind. Der Job der Hauptfigur Major Fletcher ist es, diesen Datenspeicher zu schützen. Bei einem Überfall der Maschinen auf einen Sektor von Bezoar deckt er eine Verschwörung auf, die seine Welt für immer verändern wird.

Alt oder doch neu?

Die Umsetzung der klassischen Shooter-Prinzipien gelingt "Hard Reset" durchweg gut mit vereinzelten Abstrichen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit den stets in Masse auftretenden Gegnern lernt der Spieler sehr schnell, dass es oftmals gar nicht darum geht, alle mechanischen Widersacher mit der eigenen Waffe ins digitale Nirvana zu befördern. Viel mehr bietet "Hard Reset" die Möglichkeit, mit der Umwelt zu interagieren. Glücklicherweise ist stets ein Gegenstand in der Nähe, der sich mittels Beschuss entweder zur Explosion oder zur Überspannung bewegen lässt und somit die rollenden Bomben oder laufenden Kreissägen, die dem Spieler ans Leder wollen, in Einzelteile zerlegt - Partikelfeuerwerk garantiert! Sind erst einige Wellen an Gegnern dezimiert, bessert sich auch der Kontostand auf. Die verwendete Währung heißt N.A.N.O. und kann auf drei Arten erworben werden: durch das Erledigen von Gegnern, als Goodie, das aufgesammelt wird oder am Ende eines Levels, wenn die Spielstatistik bewertet wird. Ist der digitale Kontostand ausreichend hoch, wird in Upgrades investiert. Das Angebot ist unterteilt in drei Kategorien: "Combat Gear Updates" bieten Verbesserungen von zusätzlichen Lebenspunkten bis hin zum Schildemitter an und steigern so die Überlebenschancen von Major Fletcher."The N.R.G. Weapon" beinhaltet alle Updates für die mitgeführte Energiewaffe, wodurch diese zum Beispiel schneller schießt oder Gegner betäubt."CLG Firearm Upgrades" schlussendlich nennt sich die Kategorie, in der alle Gimmicks für die zweite standardmäßige Schnellfeuerwaffe angeboten werden.

Jede der drei aufgezählten Kategorien ist weiter unterteilt, so dass insgesamt 45 Upgrades zur Wahl stehen. Ist erst genügend N.A.N.O. in der digitalen Kasse, kann so die Spielweise festgelegt werden. Granatwerfer, Shotgun oder doch lieber zielsuchende Plasma-Projektile? "Hard Reset" lässt den Spieler frei entscheiden. So lohnt es sich definitiv, jeden Gang von Bezoar zu erforschen, nicht nur um die atmosphärisch gut gestaltete Stadt kennenzulernen, sondern es gilt ebenso, jede Menge Geheimverstecke zu entdecken. Ob auf Vordächern, die nur mit gezielten Sprüngen erreicht werden können, bis hin zu Verstecken hinter Mülleimern oder Autos, in Bezoar ist praktisch immer etwas zu finden. Erwartet man aus einschlägigen Spielen desselben Genres noch großteils Medikits, so bietet "Hard Reset" hier oftmals N.A.N.O. oder "unnütze" Munition. Eine seltsame Aussage für einen ShoFoter, aber Tatsache, denn beide Waffen (egal mit welchen Upgrades) laden ihren Munitionsvorrat zumindest teilweise selbstständig auf, so dass ein Magazin für den Raketenwerfer fast schon kosmetische Wirkung hat und im späteren Spielverlauf nur noch selten aufgesammelt wird. Der Schild, mit dem Major Fletcher sich gegen seine Widersacher schützt, ist ebenfalls nach kurzer Zeit wieder bei voller Leistung. Lediglich die Lebensenergie lädt sich nicht von selbst wieder auf, was dank des Schilds jedoch selten kritisch wird. Wenn die kostbaren Lebenspunkte doch einmal auf einen bedrohlich niedrigen Wert sinken, verfällt Major Fletcher in eine Art Bullettime, in der sich die Gegner in Zeitlupe bewegen, die Bewegungen beschleunigt sind und Abstand von den aggressiven Gegnern erreicht werden kann.

Das HUD ist sinnvoll platziert und bietet bei Bedarf schnell Informationen, anstatt sie zu verstecken. Sollte der Spieler in einem der großen Levels doch einmal die Orientierung verloren haben, so kann er mit einem Tastendruck einen Orientierungspfeil aktivieren, der zum nächsten Ziel führt. Gespeichert wird in "Hard Reset" genauso wenig wie manuell nachgeladen. Meist ist man vom plötzlichen Ende eines Abschnitts ein wenig überrascht. Die Verteilung der Speicherpunkte ist fair, jedoch kommt trotzdem der Wunsch nach einer freien Speichermöglichkeit auf. Die Hintergrundgeschichte von "Hard Reset" wird im Comic-Stil mit Sprachausgabe während der Ladezeiten erzählt. Ungeduldigen Spielern bleibt hier die Entscheidung überlassen, ob sie sich die zwei- bis dreiminütigen Comicstrips anschauen möchten, nachdem der Ladebalken bereits voll ist. Charaktere wie Major Fletcher entwickeln hierdurch nur wenig Tiefgang und wirken fast schon oberflächlich, da Emotionen selten ersichtlich und oftmals nur Umrisse von Personen erkennbar sind. Dies wird auch durch die Verwendung einer teilweise recht derben Ausdrucksweise in der Audioausgabe der Comics nicht verbessert. So wird zwar versucht, den Hauptcharakter als pessimistischen Einzelgänger darzustellen, dies gelingt aber nur im Ansatz.

Ein Fest für die Sinne

Den Kern von "Hard Reset" bildet die eigens hierfür entwickelte Road-Hog-Engine. Durch die stets düstere Umgebung werden wahrscheinlich nicht alle grafischen Möglichkeiten der Engine ausgespielt. Hier greift die eingebaute Havok-Physik dem Spielgeschehen unter die Arme und beschert dem Spieler ein wörtlich zu nehmendes optisches Feuerwerk an Effekten. Lichtbögen, explodierende Autos, Gegner, denen die Rüstung weggeschossen werden kann und gut gestaltete Wettereffekte lassen grafisch nur wenige Wünsche offen. Trotz aller Grafikeffekte ist "Hard Reset" nicht so leistungshungrig, wie zu vermuten wäre. Selbst auf Durchschnittsrechnern sollte das Spiel flüssig laufen, ohne all zu große Abstriche an den Grafikdetails machen zu müssen.

Der Soundtrack fügt sich dezent in die düstere Atmosphäre ein und unterstreicht diese. Wenn gerade wieder die nächste Welle Gegner anstürmt, wechselt sie auf fast schon fetzigen Rock. Die Geräusche der Gegner hätten ein wenig abwechslungsreicher gestaltet werden können, werden aber meist schnell durch die anhaltenden Explosionen überlagert. Zwar wird der Wunsch, den Soundtrack getrennt vom Spiel zu erwerben eher vereinzelt auftreten, für das Gesamterlebnis "Hard Reset" ist er dennoch sehr passend gewählt.

Wer gern Shooter spielt und sich an einer Story mit ein paar Kanten nicht stört, wird "Hard Reset" mögen. Das Cyberpunk-Setting der Umgebung und die Metropole Bezoar sind sehr gut umgesetzt. Je weiter man "Hard Reset" spielt, desto mehr fällt auf, dass die Evakuierung des Sektors wohl mehr als nur gründlich war. Der Spieler begegnet lediglich einem einzigen Menschen im gesamten Spiel - von anfänglichen Funksprüchen der Einsatzzentrale einmal angesehen. Zwar fallen Parallelen zu diversen Kino- und Spiele-Blockbustern auf, die aber nicht störend wirken - im Gegenteil: Man nimmt sie als gegeben hin. Das Design der mechanischen Gegner ist angepasst, lässt den Spieler allerdings ein wenig Vielfalt vermissen. Der Studio-Boss der Softwareschmiede Flying Wild Hog hat in einem Interview geäußert, dass man sich an "guten, alten Shootern" orientieren will. Dies ist mit "Hard Reset" gelungen, ohne dass den Entwicklern der Mut eigene Ideen einzubringen verloren gegangen ist. Ein insgesamt gelungenes Erstlingswerk.

(05.10.2011)

Windows XP/Vista/7

2,5 GHz Pentium 4/Athlon 64

2 GB RAM

4 GB freier Festplattenspeicher

Grafikkarte mit 512 MB (Geforce 8800GS/Radeon HD 3870)

DirectX-9-kompatible Soundkarte

     
   
   
   
   
   
   

Kommentare:
Der Kommentar wurde gespeichert!
The Captcha element applies the Captcha validation, which uses reCaptcha's anti-bot service to reduce spam submissions.

Hard Reset
Hard Reset
Hard Reset
Hard Reset
Hard Reset
Hard Reset
Hard Reset
Hard Reset