Der Pate

Der Pate

(Electronic Arts)

geschrieben von Axel Kleps

Willkommen in der Familie

 

"Ich werde ihm ein Angebot unterbreiten, das er nicht ablehnen kann." Mit diesem Satz ist Francis Ford Coppola im Jahre 1972 mit seinem Meisterwerk "Der Pate" und der schauspielerischen Unterstützung von Don "Marlon Brando" Corleone in die Filmgeschichte eingegangen. In den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde New York von mehreren "Familien" regiert, die sich die Stadt untereinander aufteilten, die Kontrolle über den Alkohol innehatten, die Prostitution und das Glücksspiel entgegen allen Gesetzesvorlagen vorantrieben und auch vor Gewalt nicht Halt machten. In diesem Milieu stand der Pate im Mittelpunkt des Geschehens. Ein Mann mit Prinzipien, ein Geschäftsmann durch und durch, der in der Nachmittagssonne mit seinem Enkel spielt und seine Familie und seine Nachbarn schützt. Konkurrenzkampf, Verrat, Missgunst und Machthunger ist an der Tagesordnung und so dreht sich das ganze Epos um die Familie Corleone, in der die Macht von der einen Generation zu der nächsten weitergegeben wird, das Geschäft immer härter zu sein scheint und die Familie indes zu zerbrechen beginnt. Und nun hat auch ein Außenstehender in Form des Spielers die Chance, Einblick in das Patenleben zu bekommen und aktiv am Geschehen teilzunehmen.

Mobface und andere Techniken

Nachdem die DVD aus der schmucken Hülle entfernt und in das Laufwerk eingelegt worden ist, geht eine mehr als unspektakuläre Installationsroutine ihrer Arbeit nach. Allerdings weicht die Ruhe nach dem Kopiervorgang der kinoreifen Atmosphäre. Einem Paramount-Intro folgt der Startbildschirm mit der klassischen Filmmusik aus "Der Pate". Um ein Spiel zu starten, muss der Spieler sich erst einmal einen Charakter zulegen. Diese so genannte "Mobface Engine" lässt nahezu alle Möglichkeiten einer Gesichtskonstruktion zu, bei der sogar Genrekönige wie "EVE ONLINE" einpacken können. Sämtliche Konturarten, Augenbrauen, Augenfarbe, Haarfarbe und deren Länge und Frisurart, Kinnbreite und vieles mehr lassen eigentlich keinen Wunsch offen. So kann man sich mit dem "Alter Ego" identifizieren und die filmartige Kulisse tut ihr übriges. Irgendwann einmal eingestellt, geht es in den Übungslevel, bei dem die ersten Kampftechniken trainiert werden, die Steuerung an sich bekommt man schrittweise beigebracht, die ersten leichten Aufträge stehen parat und nach und nach wird man immer tiefer in das Spielgeschehen hineingezogen. Nun geht es darum, in allen Stadtbereichen die Kontrolle über sämtliche Geschäfte und Lagerhäuser zu übernehmen, Liquidierungsaufträge auszuführen und in der Hierarchie innerhalb der Familie zu aufzusteigen, bis man eines schönen Tages selbst der Don ist. Die Geschäftsübernahmen gehen immer nach "Schema F" vor sich: Sämtliche Gegner vor und im Laden erledigen, den Ladeninhaber auf verschiedene Arten und Weisen überzeugen, dass die Corleones die beste Lösung für den Wachschutz sind und per Kaltverformung des Inventars oder körperlicher Zuwendung mittels Baseballschläger oder ähnlichem das wöchentliche Schutzgeld einzutreiben. Die Lagerhäuser sind in diesem Falle die härtesten Aufgaben, da viele Wachen mit schwerer Bewaffnung aus allen Ecken kommen und versuchen, unserem Protagonisten das Leben schwer zu machen. Hat man erst einmal die Hindernisse überwunden und den Laden übernommen, so besteht noch die Möglichkeit, die meist darin vorhandenen Safes mit Dynamit zur Öffnung ihrer Türen zu bewegen und die darin enthaltene Geldmenge einzukassieren. Mit Hilfe der dann erhaltenen Gelder kann man bei Schwarzhändlern bestimmte Waffen, Munition, Bomben oder Dynamit erstehen. Durch die systematische Entfernung der gegnerischen Kräfte entsteht nach und nach ein Bandenkrieg, der innerhalb eines Zeitlimits durch die Sprengung eines feindlichen Ladens per Bombe oder per Bestechung eines korrupten FBI-Agenten beendet werden kann. Ebenso bestechlich ist die Polizei, die bei entsprechender Bezahlung bei der Ausübung der meist illegalen Tätigkeiten mindestens ein Auge zudrückt und so kann man sich die benötigte Bewegungsfreiheit erkaufen. Eine Neuerung ist das Überfallen von Lkws, die man auf offener Straße anhalten und nach der Liquidierung der sich im Fahrerhaus befindlichen Leute ausrauben kann. Ebenfalls sind Banküberfälle möglich, wobei man bei erfolgreichem Abschluss die Beute erst in das Corleone-Anwesen bringen muss, bevor es gutgeschrieben wird. So steigt man im Rang innerhalb des Unternehmens und die erhaschten Fähigkeitspunkte sind für die Cleverness, Schuss- u. Kampftechnik und Gesundheit zu verteilen. Da die einzelnen Lokalitäten teils sehr weit voneinander entfernt sind, kann unser Held sich in alter "GTA"-Manier eines Fahrzeugs bemächtigen, um schneller ans Ziel zu kommen. Der Handlungsstrang ist im Prinzip frei erfunden, aber die Entwickler haben die Originalhandlung des Films sehr geschickt mit eingebunden, so dass man endlich auch erfahren kann, wer denn dem armen Pferd des Filmproduzenten den Kopf abgeschnitten oder wer die Pistole für das Restaurantattentat auf der Toilette versteckt hat. So ergibt die Story einen Sinn und das Spiel sorgt so für die Kinostimmung.

Tastenchaos?

Inhaber eines vielknöpfigen Gamepads und der entsprechenden Erfahrung können sich freuen, denn die Steuerung wurde 1:1 von der Konsolenversion übernommen. Mittels Pad ist die Spielbarkeit etwas weicher, aber die meisten PC-Spieler sind nun mal die Maus-Tastatur-Kombination gewohnt. So geschieht anfangs das Unvermeidbare: Zuerst wird gefummelt, dann geht’s zur Sache, also fast wie im richtigen Leben. Wenn man nach den anfänglichen Problemchen erst einmal hinter den Sinn gestiegen ist, warum die Steuerung per Tasten und Maus so entwickelt wurde, dann kann auch ein PC-Freak sich einer anspruchsvollen Fingerakrobatik erfreuen. Es ist nicht nur damit getan, per Cursortasten von A nach B zu laufen oder zu fahren, auch die Gegner wollen geschlagen, durchgeschüttelt, erwürgt, erschossen oder durch eine Ladentheke geworfen werden. Erstaunlicherweise geht das alles nach relativ kurzer Zeit gut von der Hand und die Bewegungsabläufe automatisieren sich. Das Führen der Fahrzeuge ist ebenfalls problemlos und das Fahrverhalten gleicht eher einem Arcade-Racer als einer Simulation. Es ist also nicht weiter schwierig, sich mit hoher Geschwindigkeit und unter Zuhilfenahme der Hupe durch den Verkehr zu bewegen. Bei zu viel Schaden am Fahrzeug ändert sich das Erscheinungsbild des Boliden, aber als Schadensmodell kann man es nicht bezeichnen. Wenn das Auto schlussendlich in Flammen aufgeht, sollte man sich schnellstens aus dem Fahrzeug entfernen, da es nach ein paar Sekunden explodiert und unser Held würde "kaltgestellt". Allerdings ist der virtuelle Tod nicht ganz so tragisch, da man im Krankenhaus oder beim nächstgelegenen Arzt kostenpflichtig aufwacht und von dort aus die Mission wiederholen kann. Ok, das klingt nicht realistisch, aber praktisch ist es allemal. Auch die Speicherfunktion ist altbekannt, da dieses Vorgehen bei der "GTA"-Reihe abgekupfert wurde. Durch den Kauf von Appartements kann man sich überall auf der Karte Speicherpunkte zulegen und auch dort Energie tanken sowie Waffen oder Munition aufnehmen.

Grafikpracht?

Hier scheiden sich die Geister. Einerseits sind die Videosequenzen zwar nicht zeitgemäß, aber der urige Look verleiht dem Geschehen den Charme der dreißiger Jahre. Andererseits ist allerdings wenig Abwechslung geboten. Die Bäckereien, Kneipen und Lagerhäuser sehen sich alle sehr ähnlich, die Straßenschluchten sind mit teils verwaschenen Texturen versehen worden, die Fahrzeuge sind erst als Schatten auf dem Boden sichtbar und "bloppen" dann anschließend ins Bild und genau so verhält es sich mit den NPC`s, die sich nur farblich voneinander unterscheiden. Da bot das Spiel "Mafia" aus dem Jahre 2002 doch mehr Grafikpracht und verwöhnte so die Spieleraugen. Neben den Nachteilen muss man auch einen zweifelhaften Vorteil hervorheben, denn die Gewaltorgien sind qualitativ gut in Szene gesetzt worden und bieten neben der Vielfalt der Aktionen auch eine Vielfalt der so genannten "Finishing Moves". Mal davon abgesehen sehen die Gebäude im Inneren recht nett aus und viele Einzelheiten sind liebevoll realisiert worden. Auf den Theken stehen Flaschen und Aschenbecher, überall liegen Heftchen herum, tanzende Frauen und rauchende Leute entfachen eine Partyatmosphäre, deren Schmuddellook man sich kaum entziehen kann. Auf den Straßen fliegen Papierschnipsel im Wind umher und all diese kleinen Extras lassen den geneigten Spieler nicht mehr los.

Musik wie im Film?

Wer kennt die Musik nicht? Nino Rota hat damals ein Meisterstück abgeliefert und der Titelsong des Films fand auch Einzug in das Spiel. Erfreulich ist auch die Lokalisierung des Titels, denn alle Texte, Untertitel und die Sprachausgabe sind komplett ins Deutsche übersetzt worden. Die Sprecher sind weitgehend die originalen Synchronsprecher oder wurden durch sehr ähnlich klingende Leute ersetzt. Sehr professionell ist auch die Produktion der Sounds und übrigen Soundeffekte. In den Kneipen dudelt die für die Zeit typische Musik, die NPCs unterhalten sich über Gott und die Welt, allerdings wiederholen sich die Themen relativ oft. Lautstark und sehr realistisch gehen auch die Schießereien und Explosionen vonstatten und sorgen in kniffligen Spielsituationen für Stress und Spannung.

Das ultimative Mafiaspiel?

Die Erwartungen waren hoch und wurden leider nicht ganz erfüllt. Was an guter Qualität im Soundbereich produziert wurde, hat leider nicht Einzug bei der Grafik gehalten. Die Wischiwaschitexturen auf den Straßen und die niedrige Anzahl an verschiedenen Lokalitäten lassen den Titel eher zu einem "Mafia-Beat'em Up"-Spiel verkommen, als dass eine Mafioso-Simulation zu Tage tritt. Da hat "Mafia" die Nase weit vorn. Allerdings sind die Geschäftsübernahmen gut, aber auch äußerst brutal dargestellt worden. Die Aktionen ähneln teilweise stark einer Exekution, das Blut fließt in Fontänen durch das Bild, wenn der Kopf des Gegners durch physikalische Einwirkung eines Baseballschlägers nachgibt. Eben wegen dieser Action hat der Titel natürlich keine Jugendfreigabe, denn "Der Pate" gehört definitiv nicht in Kinderhände. Hier meckern wir zwar auf sehr hohem Niveau, aber die Entwicklungszeit und die daraus resultierende Erwartungshaltung war sehr hoch und leider wurde das Produkt dem Ruf nicht ganz gerecht. Das Spiel macht Spaß, gar keine Frage, aber etwas mehr haben wir uns doch alle erhofft. Vielleicht schiebt EA noch einen Patch hinterher, der die leichten Grafikprobleme behebt und für etwas mehr Abwechslung sorgt. Da würde der eine oder andere Mafiapate zugreifen und seine dunkle Seite ausleben wollen.

(18.04.2006)

- Windows 2000/XP

- Intel Pentium 3 oder Athlon mit 1,4 GHz

- 256 MB RAM

- DirectX 8.1 kompatible Grafikkarte mit 64 MB

- Soundkarte

- 5 GB unkomprimierter Festplattenspeicher

Entwickler: EA Redwood Shores
Publisher: Electronic Arts
Genre: Action
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Der Pate
Preis: ab 45,- €
Altersfreigabe: Keine Jugendfreigabe gemäß §14 JuSchG

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