Anno 2070

Anno 2070

(Ubisoft)

geschrieben von Christian Dabelstein

 

     
 

Das "Anno"-Franchise existiert nunmehr seit 13 Jahren und hat bisher wagemutige Abenteurer mit in die vergangenen Tage der Entdecker genommen. Mit "Anno 2070" wagt Ubisoft nun den Schritt in die Zukunft, in der sich die Welt am Rande einer Umweltkatastrophe befindet. Drei Jahre hat die Entwicklung des Spiels in Anspruch genommen und der Sprung in das Morgen ist ein sehr wagemutiges Unterfangen, da bis jetzt alle vorhergegangenen Teile stets in einer belegbaren Vergangenheit mit teilweise historischem Hintergrund spielten. Das Entwicklerstudio Related Designs hat sich sogar mit Climate Media Factory, einem interdisziplinären, praxisnahen Entwicklungslabor, getroffen, um den ökologischen Fortgang zu präsentieren und in einer fiktiven Zukunft ein möglichst authentisches Szenario aufzuzeigen. DLH.Net hat sich an Bord eines Handelsschiffes begeben und den wagemutigen Pionieren über die Schulter geschaut.

Morgen wird heute schon gestern sein!

Wir schreiben das Jahr 2070, die globale Klimakatastrophe ist zwar ausgeblieben, jedoch sind durch verschiedene Faktoren, unter anderem dem Schmelzen der Polkappen, die Meeresspiegel stark angestiegen und haben ganze Kontinente überflutet. Die Welt hat sich ebenso stark gewandelt wie die Menschen; Regierungen gibt es nicht mehr, zwei mächtige Fraktionen buhlen um die Herrschaft über das Wasser, nicht ahnend, dass es unter dem Meeresspiegel eine dritte Fraktion geschafft hat, sich neu zu formieren und zu gruppieren. Dies ist die Welt von "Anno 2070", sie besteht aus vielen Inseln verschiedener Größe, die weit verstreut über den ganzen Globus liegen.

Neues Spiel, altes Prinzip, na das ist doch Öko-Logisch!

Bevor das fröhliche Siedeln losgehen kann, muss erst einmal ein "U-Play"-Konto eingerichtet werden. "U-Play" fungiert als Bonusplattform von Ubisoft und belohnt den Spieler beim Erreichen bestimmter Ziele, wie etwa das Besiedeln der ersten Insel, mit Bonuspunkten, die für diverse Extrainhalte, zum Beispiel einen zusätzlichen Warentransporter oder eine Extramission, eingetauscht werden können. Nach dem Spielstart erscheint erst einmal die Kommandozentrale, die gleichzeitig das Hauptmenü ist. In diesem Stützpunkt hat der Spieler Zugriff auf verschiedenen Funktionen, hier können Entdecker Nachrichten an andere Abenteuer einsehen, schreiben und verschicken, sowie das eigene Benutzerprofil mit im Spielverlauf verdienten Karrierepunkten aufwerten. Die Einsatzkarte, das Welt- und das Tagesgeschehen sowie ein bisschen Diplomatie in Form von Wahlen finden ebenfalls ihren Platz in der Kommandozentrale. Über die Einsatzkarte werden die Kampagne, die Einzelmissionen, das Endlosspiel sowie der Multiplayer-Modus gestartet.

Zu den Online-Funktionen des Spiels gehören die "Welt- und Tagesgeschehen", dies sind extra Online-Aufgaben, die es zu lösen gilt, hier wird entweder allein oder mit anderen zusammengespielt, um unterschiedliche Aufgaben, die von Ubisoft gestellt werden, zu lösen. Die "Weltgeschehen" betreffen globale Missionen, die es zu schaffen gilt, wobei "global" bedeutet, dass alle Ergebnisse gesammelt werden, um ein vorherbestimmtes, weltweites Ziel zu erreichen und bei den Tagesgeschehen sind täglich wechselnde Aufgaben zu bestehen. Durch die Wahlen ist es möglich, das Gleichgewicht in der Spielwelt zu manipulieren, sie finden regelmäßig statt und bestimmen für einen festgelegten Zeitraum die Machtverhältnisse. Während der Regierungszeit erhält die gesamte fiktive Spielwelt diverse Boni, zum Beispiel erhöhte Steuereinnahmen. So haben alle Spieler mit einem Online-Zugang die Möglichkeit die fiktive Abenteuerwelt aktiv mitzubestimmen. Die Geschichte in der Kampagne handelt von der außer Kontrolle geratenen künstlichen Intelligenz "F.A.T.H.E.R.", die Handlung entfaltet sich langsam und führt den Spieler sachte an die Welt von "Anno 2070" heran. Das Prinzip ist das gleiche wie bei allen vorhergegangenen "Anno"-Teilen, so werden wieder Stadtzentren platziert, um der Bevölkerung weiteren Wohnraum auf einer Insel zu geben, und Handelsstationen errichtet, um die Produktionsreichweite auszubauen. Weiterhin gilt es, die Bedürfnisse der verschiedenen Zivilisationsstufen zu befriedigen und bei diesem Thema wird es dann schon etwas komplexer und anfangs sogar verwirrend, denn die Rassen der Ecos, Tycoons und Techs haben sehr unterschiedliche Ansprüche, während die Tycoons mit Fast Food zufriedenzustellen sind, möchten die Ecos lieber Tee und die Techs bevorzugen Nahrung aus Algen.

Ganz neu sind die Archen, dabei handelt es sich um unbewegliche Stützpunkte, die im weiteren Spielverlauf ausgebaut werden können. Eine weitere interessante Funktion dieser schwimmenden Inseln ist das integrierte Lager, welches in jedes Spiel mitgenommen werden kann. Dies bedeutet, dass es möglich ist, im Endlos-Spiel Rohstoffe einer bestimmten Art in das Lager der Arche zu platzieren, die beim Beenden der Partie erhalten bleiben und auch in eine neu gestartete Kampagnenmission mitgenommen werden können. Eine weitere Neuerung sind die zwei wählbaren Parteien, die gespielt werden können, da gibt es zum einen die Naturverbundene "Eden Initiative", kurz "Ecos", die sich der erneuerbaren Energien verschrieben hat und zum anderen die "Global Trust", genannt "Tycoons", die auf eine schnelle Wirtschaft ohne Rücksicht auf die Umwelt setzt. Dabei ist es bei "Anno 2070" sehr wichtig auf die Ökobilanz zu achten, denn werden zu viele Gebäude der Tycoons gebaut, ohne der Natur einen Ausgleich zu bieten, wird die Gefahr von Katastrophen, zum Beispiel in Form von Bränden, die nur durch den Bau einer Feuerwehr zu bekämpfen sind, größer. Im weiteren Spielverlauf wird der Spieler dann kurzerhand erschlagen von der Fülle der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, da nach dem Erreichen der verschiedenen Zivilisationsstufen, durch das Erfüllen verschiedener Bedürfnisse, wie zum Beispiel dem Bau von einem Kasino oder dem Anbau von Tee, beide Fraktionen gleichzeitig spielbar werden.

Doch damit nicht genug, es gibt noch eine dritte Partei, die allerdings erst im weiteren Spielverlauf auftritt, die "Techs" genannte Fraktion "S.A.A.T", dies steht für "Scientific Academy for Advanced Technologies", sie bildet die fortschrittlichste Fraktion in "Anno 2070". Durch das Spenden von finanziellen Mitteln wird ihre Technik, welche Bauen und Siedeln Unterwasser ermöglicht, freigeschaltet. Die Kampfdynamik wurde stark geändert, die Landtruppen wurden komplett aus dem Spiel entfernt und durch Luftfahrzeuge ersetzt, somit entfallen zumindest die aus den vorhergegangen Teilen bekannten Übernahmeangriffe mit Fußtruppen, die einfach an einer Küste abgesetzt werden.

Endlose Mehrspielerschlachten!

Der Mehrspieler-Modus in "Anno 2070" ist etwas versteckt unter dem Endlos-Spiel als extra einstellbare Option zu finden. Hier ist es, wie in jedem vorhergegangenen Anno-Teil möglich, wie im Endlos-Spiel die Abenteuer-Welt nach eigenem Gusto anzupassen. Von der Größe der Inseln über die Menge an Rohstoffen über die Wahl der computergesteuerten Mit- und Gegenspieler bis hin zu den Siegesbedingungen ist alles einstellbar. Weiterhin kann sich der Spieler nun direkt für eine Partei, die er vertreten möchte, entscheiden, diese kann dann auch von einem zweiten Spieler mitgespielt werden. Das hat den Vorteil, dass die Aufgaben untereinander aufgeteilt werden können, sodass sich ein Spieler zum Beispiel um die Siedler und deren Bedürfnisse kümmert, während der zweite Befehlshaber sich auf die Industrie konzentriert.

Durch die Integration von "U-Play" gibt es auch ein Chat- und Nachrichten-Management, mit dem schnell neue Mitstreiter gefunden werden können. Das Chatfenster ist auch während einer Online-Partie offen, so dass es möglich ist, während einer Partie global um Hilfe zu fragen oder Tipps zu geben.

Ruhige Rhythmen im Wechsel mit pompösem Orchester!

Die orchestrale Untermalung ist meist ruhig gehalten, passt sich aber der jeweiligen Situation an, so gibt es etwa bei heiklen Aufträgen oder Kämpfen schnellere und auch etwas härtere Töne auf die Ohren. Die Synchronisation ist gut und verständlich, alle computergesteuerten Mitspieler haben unterschiedliche Stimmen, stellenweise sogar mit diversen Akzenten, was ihnen einen sehr hohen Wiedererkennungswert verleiht. Viele Kommentare, die zwischendurch von der Bevölkerung oder den Gegnern und Mitspielern fallen, sorgen unter anderem für so manchen Schmunzler, sei es die einfache Bemerkung des Händlers, der in den Gewässern kurz haltmacht und nicht lange bleiben kann, weil er vom Zoll gejagt wird, oder die Drohungen von Piraten und Kopfgeldjägern. Die Soundeffekte sind sehr gut gelungen, angefangen von dem Plätschern der Wellen bis hin zu den Waffensounds. Auf hoher See sind unter anderem die Gesänge der Wale und das neckische Gekicher der Delfine zu hören und über das Land fliegen kreischende Möwen hinweg. Das alles ergibt eine lebendig und real wirkende Spielwelt.

So wird mal mein Haus aussehen!

Die Grafik ist äußerst gelungen, das neue futuristische Setting wird glaubhaft dargestellt, vorbei sind die Zeiten, in denen es den Anschein hatte, dass sich die Grafik seit "Anno 1503" kaum veränderte und in einem stagnierenden Zustand befand, da sich die Gebäude, in den vorhergegangenen Teilen, immer sehr stark ähnelten. Alle Gebäude sowie die Fahrzeuge sind hier liebevoll im Science-Fiction-Stil neu entworfen, animiert und sehr detailliert in Szene gesetzt worden. Dabei sieht das Spiel auch auf niedrigster Detailstufe noch sehr gut aus, wirklich atemberaubend wirkt es auf höchstem Detailgrad. Wie in allen vorhergegangenen Teilen lebt auch diesmal wieder die Spielwelt auf, Vögel ziehen ihre Bahnen, Wale, Delfine, Haie und weitere Tiere tummeln sich im Meer und reagieren sogar auf vorbeifahrende Schiffe. Einzig das die Gebäude sofort, ohne eine Aufbau-Animation, platziert werden ist schade, dafür bewegen sich Menschen und schwebende Gleiter gut animiert durch die Städte, es ist sogar möglich den Agrarrobotern bei der Arbeit, zum Beispiel beim Holzfällen, zuzusehen, was dem Gesamtbild der angehenden Metropole leben einhaucht.

 

 


Fazit

Alte Anno-Hasen werden sich schnell heimisch fühlen, "Anno 2070" spielt sich erfrischend anders und doch gewohnt, wie der Vorläufer "Anno 1404". Die Kampagne von "Anno 2070" ist mit elf Missionen leider etwas kurz geraten, das Hauptaugenmerk liegt bei diesem Titel vielmehr auf dem Endlos-Spiel und Mehrspieler-Modus, was dem ganzen einen sehr hohen Wiederspielwert gibt. "Anno 2070" weiß zu begeistern und auch neue Entdecker werden sachte an das Spiel herangeführt, um einen Neueinstieg in die Anno-Welt zu erleichtern, somit ist das Spiel für jeden Aufbau-Simulations-Fan, und auch solche, die es werden wollen, sehr zu empfehlen. (26.01.2010)


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