Test Drive Unlimited (PSP) (Ubisoft) geschrieben von Bernd Wolffgramm
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Am Endes des letzten Jahres veröffentlichten Atari und die Entwickler von Eden Studios das Spiel "Test Drive Unlimited" für die Xbox 360 und etwas später auch für den PC. Das Spiel sollte angeblich das erste "Massively Open Online Racing"-Game sein, abgekürzt MOOR. Mitnichten handelte es sich dabei um einen Matsch-Racer, wie die deutsche Bedeutung des englischen Akronyms vielleicht andeuten mag, sondern um eine reinrassige Fahrsimulation, für deren Szenerie die hawaiianische Insel Oahu ausgewählt wurde. Eine Vielzahl von coolen Autos, ganze Hundertschaften von Rennen, an denen man teilnehmen kann, und ein Onlinemodus, in dem sich der Spieler gleichzeitig mit anderen Fahrern auf der Insel befindet, und mit denen er sich in Rennen messen kann. Nicht alles funktionierte perfekt auf der Xbox 360, aber die PC-Version des Spiels konnte vollends überzeugen; die Bugs des Onlinemodus der ersten Konsolenumsetzung wurden entfernt und die PC-Version eroberte sich eine große Fan-Gemeinde. Nun bleibt es abzuklären, ob es Atari gelungen ist, auch auf der PSP ein Spiel zu präsentieren, das ähnlich begeistern kann wie auf dem PC. Aller Anfang ist ... ziemlich leicht Sobald das Spiel startet, findet sich der Gamer auf Hawaii wieder. Dort soll er ein Auto kaufen, ein Haus mieten und viele Rennen fahren. Das ist so ziemlich alles, was der Fahrer zu Beginn des Games erfährt. Nun ist es kein großer Schock, dass ein Rennspiel keine umfangreiche Storyline hat, aber zu Anfang fühlt sich der Spieler doch etwas allein gelassen. Zu Beginn wird man etwas erschlagen von den Weiten der Spielwelt, von den Markierungen auf der Karte, die schier endlos erscheint, doch relativ schnell findet man heraus, dass großartige Strategien oder Planung in "Test Drive Unlimited" für die PSP keine große Rolle spielen, denn die Rennen selbst sind eigentlich recht simpel: Es geht um Zeitrennen, Platzierungen und um die Erkundung von Oahu. Aller Anfang ist deshalb - auch für absolute Rennspiellaien - leicht. Zuerst gilt es, ein Auto zu mieten; damit soll man dann einige Rennen fahren und etwas Geld verdienen. Von den ersten Prämien kauft man sich dann sein erstes Auto und ein Haus, um es unterzustellen. Alles natürlich im bescheidenen Rahmen, ein aufgemotzter Mittelklasse-Alfa oder -Ford muss zunächst reichen. Auch die Behausung kann sich zwar durchaus sehen lassen, aber sie steht in keiner schönen Gegend. All das zu ändern, ist der Inhalt des Spiels. Jeder neue Schritt wird von einer Stimme aus dem Off ausführlich auf Deutsch erklärt. Das Game selbst nimmt dem Spieler ganz schnell die Angst, dass er etwas falsch machen oder übersehen könnte. Zu Beginn des Spiels sind nur wenige Icons auf der Landkarte aktiv, aber je weiter der Fahrer die Insel erkundet, desto mehr "Points of Interests (POI) werden freigeschaltet. Ist der Spieler eine Straße entlanggefahren, an der zum Beispiel ein Autohändler seinen Fuhrpark präsentiert, dann kann der Fahrer diesen POI in Zukunft per Klick auswählen. So wird der Fahrer ohne großen Zwang dazu gebracht, eine der Grundvoraussetzungen für den Erfolg in diesem Game, die Ortskenntnis, zu erlangen, ohne die Rumgurkerei als überflüssig zu empfinden. Fast jederzeit sind eine Vielzahl von Rennen auf der Insel möglich, und durch seine Straßenkenntnisse weiß er, wie er zu ihnen gelangt und wie wohl der Kurs aussehen wird. Um die letzte Hilfestellung zu geben, wird eine Minimap eingeblendet, auf der ein GPS-System den kürzesten Weg zu einem POI oder Rennen berechnet hat. Die Modi Leider ist die Vielfalt der Rennmodi nicht so groß: Es gibt die typischen Straßenrennen, bei denen bis zu sieben Kontrahenten über den Kurs fegen können, sowie ganz normale Platzierungsrennen, in denen es darum geht, als Schnellster ins Ziel zu kommen oder aber zumindest als Dritter, denn alle Fahrer auf dem Siegertreppchen bekommen eine Belohnung in Form von Pokalen und Credits. Oder es gibt Races, in denen die Zeit eine große Rolle spielt; von anderen Racing Games wie "Burnout Legends" oder "Asphalt 2 Urban GT" kennt man die Modi mit den Speedtraps oder die Checkpoint-Races. Eine Besonderheit hat "Test Drive Unlimited" aber, nämlich die sogenannten Meisterpunkte. Sie kann man erhalten, wenn man im Frei-Fahrt-Modus an Einzel- oder Multiplayer-Herausforderungen teilnimmt und coole Aktionen wie Driften, lange Sprünge oder Windschattenfahren auf den Asphalt zaubert. Das, was die Faszination von "Test Drive Unlimited" ausmacht, ist der originalgetreue "Nachbau" der Insel mit all seinen unterschiedlichen Wegcharakteristika. Es gibt die geraden Hochgeschwindigkeitsstrecken genauso wie die Hügelanfahrten, bei denen man sich durch ein Nadelöhr zwingen muss, um auf der Route zu bleiben. Wegen der fehlenden Variabilität der Rennen ist der Racer geneigt, an so vielen wie möglich teilzunehmen, um zumindest eine Menge Geld zu verdienen. Diese Credits kann der Fahrer dann dazu benutzen, sich neue Autos zu kaufen, um in höhere Rennklassen aufzusteigen, um dann wiederum noch mehr Geld zu verdienen. Da ist die PSP-Version der PC-Version sehr ähnlich, auch hier versucht man schnell von den Grundmodellen von VW, Chrysler und Alfa zu den exoterischen Rennwagen von Lamborghini, Ferrari und Aston Martin aufzusteigen. Im Gegensatz zu den anderen Versionen des Spiels gibt es auf der PSP keine Motorräder, was aber auch nicht so schlimm ist, denn schließlich sind die Bikes eher ein Schwachpunkt bei den anderen Portierungen. Mehr, mehr, mehr ... Eine große Auto-Sammlung aufzubauen, ist der Schlüssel zum Erfolg in "Test Drive Unlimited". Man braucht Rennwagen aus allen Klassen (A- bis G-Klasse), um für alle Races gewappnet zu sein, denn für einige Herausforderungen muss der Fahrer im Besitz eines Autos einer bestimmten Klasse sein, um an ihnen teilnehmen zu können. Einige Rennen erfordern sogar ein bestimmtes Auto. Wenn man diese Vehikel nicht besitzt, kann man sie sich aber bei den oben schon erwähnten Autohäusern auch leihen, die dem Fahrer die Autos für einen Zeitraum von 10 bis 30 Minuten zur Verfügung stellen. Das reicht meistens aus, um an einem Rennen teilzunehmen. Hat man erst einmal mehrere Autos gekauft, kommt man irgendwann nicht mehr darum herum, zu einem Immobilienmakler zu fahren und ein größeres Haus zu kaufen, denn schließlich steht jedem einzelnen Ride ein Einstellplatz zu. Jedes Haus hat seinen eigenen Stil und mindestens vier Garagenplätze. Letztlich dient das Haus nur als eine Art Ausgangsbasis für alle Fahrten, hier gehen die News ein und man kann die Rennergebnisse und Statistiken ansehen. Fahrende Hindernisse Solange man offline fährt, wird man feststellen, dass die Möglichkeiten der KI-gesteuerten Rennteilnehmer begrenzt sind. Die Gegner enden öfter im Schlamm oder verunfallen als der Gamer selbst. Den einzigen Vorteil, den sie dem Menschen gegenüber haben, besteht darin, dass sie über schnellere Autos verfügen. Der Spieler wird viele Rennen wiederholen müssen, um sich an die Kurse zu gewöhnen, und dann hat er eine Chance, mit den KI-Fahrern mitzuhalten. Wenn er eine Weile hinter ihnen herfährt, wird er feststellen, dass sie immer an den gleichen Stellen bremsen und Gas geben, geskriptetes Fahren ist hier an der Tagesordnung. Nur wenn der menschliche Fahrer sie rammt, geraten sie für einen Moment "aus dem Tritt", bis die Hauptroutine wieder greift. Das ist aber auch schon das einzig Negative, das man über die In-Car-Action sagen kann. Das Fahrverhalten ist solide, die Fahreigenschaften der verschiedenen Autos sind tatsächlich unterschiedlich: Ein höherklassiges Auto ist nicht nur einfach schneller, sondern komplett anders. Nichtsdestotrotz lernt der Spieler schnell, die verschiedenen Autos zu beherrschen; mit etwas Übung weiß er, wann er bremsen und wann er Gas geben muss. Natürlich ist er nicht allein auf der Straße, es gibt da die schon beschriebenen KI-Fahrer, die an den Rennen teilnehmen, und dann noch unbeteiligten Traffic. Die Rennen finden nicht auf abgesperrten Kursen statt, sondern mitten im normalen Straßenverkehr. Wenn der Fahrer mit einem anderen Auto zusammenstößt, wird die Polizei alarmiert; die ist allerdings viel nachsichtiger als es ihre Kollegen in anderen Rennspielen sind. Rammt der Fahrer zum Beispiel einen Truck, dann hört man, wie das Auto im Polizeifunk zur Fahndung ausgeschrieben wird. Steht nicht gerade ein Peterwagen neben dem Gamer, dann braucht er sich aber nur zehn Sekunden ordentlich zu verhalten, und die Fahndung wird aufgegeben. Ist der Fahrer gerade in einem Online-Race, dann erscheinen überhaupt keine Cops. Komischerweise führt das fehlende Eingreifen der Polizei dazu, dass der Fahrer etwas entspannter die Schönheit der Insel Oahu erkundet und verleitet nicht zu ungehemmtem Heizen. Online-Modus Das, was aber "Test Drive Unlimited" von anderen Rennsimulationen unterscheidet, ist der Online-Modus. Über WLAN kann sich der Fahrer auf dem Server einwählen und dann ... ist überhaupt nichts anders als im Offline-Modus. Jedenfalls sieht es auf den ersten Blick so aus. Der erste erkennbare Unterschied besteht darin, dass die Autos plötzlich Namen haben. Hinter den Namen verbergen sich die anderen Gamer, die ebenfalls auf dem Server eingeloggt sind. Nun kann man mit diesen anderen Menschen etwas machen oder auch nicht. Man kann ganz in Ruhe seine eigenen Herausforderungen fahren, wie man das auch im Offline-Modus gemacht hätte. Aber das ist natürlich nicht die Grundidee des Internetspiels. Man soll sich natürlich mit anderen Menschen Rennen liefern. Sieht man einen anderen Fahrer, kann man ihm durch Betätigen der Lichthupe signalisieren, dass man gern ein Rennen fahren möchte. Der andere Fahrer hat dann die Möglichkeit, den fahrbaren Untersatz des möglichen Kontrahenten zu prüfen und gegebenenfalls die Herausforderung anzunehmen. Der Initiator legt dann per Klick einen Zielpunkt auf der Karte fest und schon geht es auf der Stelle los. Jeder Fahrer kann nun seine Ortskenntnisse ausnutzen und versucht, als Erster im Ziel anzukommen. Das ist die einfachste Form der Herausforderung, für mehr Planung gibt es die Klubs und den Drive-In. Der Letztere ist in "Test Drive Unlimited" kein Ort der schnellen Nahrungsaufnahme, sondern quasi eine zentrale Stelle, bei der man vordefinierte Rennen hinterlegen kann, denen sich dann andere Fahrer anschließen können. Der Klub hingegen ist so etwas wie der Clan des Online-Fahrers. Für richtig viel Geld kann man seinen eigenen Automobilklub eröffnen und andere Fahrer einladen, ihm beizutreten. Einige Rennen stehen nur den Klubleuten zur Verfügung; zu ihnen gehört beispielsweise die Möglichkeit, gegen andere Klubs im Wettstreit anzutreten Einer der Hemmschuhe des Onlinesystems besteht darin, dass es schwer ist, gezielt Fahrer auf der Insel zu finden, da der Server dem Fahrer immer nur eine bestimmte Anzahl von menschlichen Fahrern einblendet. Das ist natürlich sinnvoll, denn man stelle sich vor, dass man alle PSP-Spieler auf einer Karte sehen könnte. Aber so ist es eben schwerer, seine "Buddies" zu finden. Dennoch ist es eindrucksvoll, wie die Entwickler es geschafft haben, die Onlinewelt ohne große Änderungen der Offlinewelt einzubetten. Das Manko der zu wenig unterschiedlichen Race-Modi wird durch die Möglichkeiten des WLAN-Spiels mehr als wettgemacht. Technik Der letzte Blick auf "Test Drive Unlimited" für die PSP soll auf die Technik und die Umsetzung gerichtet werden. Wie oben schon erwähnt, lädt Oahu zum Cruisen ein. Das hat damit zu tun, dass die Insel mit viel Liebe zum Detail abgebildet wurde und die Rides aussehen, als kämen sie blank geputzt von einer Autoshow. Natürlich kann man wegen der fehlenden Hardwarepower die PSP-Version hinsichtlich der Grafik nicht mit der PC- oder Xbox 360-Version vergleichen, aber schaut man sich die anderen Racer auf dem PSP-Markt an, dann ist TDU wirklich gut gelungen. Die Framerate ist O.K., die Ladezeiten sind wirklich erstaunlich kurz und die Karte ist riesig. Und im Test kam es auch nicht vor, dass selbst in Highspeed-Verfolgungsrennen irgendwelche Grafikfehler auftraten. Bei der Musik haben sich die Entwickler gedacht: "Lass uns doch für jeden Geschmack etwas anbieten", und so entstand die Idee des Autoradios, das bestimmte Tracklisten aus den verschiedensten Musikrichtungen bereithält. Die Stilarten, die man auswählen kann, lauten: TDU-Soundtrack, "Maximale Beats", "Fette Grooves", "Chillige Vibes", "Rock Radio", "Radio Klassik", "Radio DJ" und "Sweet Sound". Außerdem gibt es eine Favoritenliste. Teilweise wurden bekannte Songs lizenziert, so kann man in der Rocksparte zum Beispiel die Band Alpinestars mit Brian Moloko (Sänger von Placebo) hören oder aber in der Klassikabteilung die Fünfte Symphonie von Beethoven. Jede Sparte kann mit etwa zehn Songs aufwarten. Im Gegensatz zu vergleichbaren Spielen, die meistens nur einen einzigen Titelsong bereithalten, wird die Musik in "Test Drive Unlimited" von großer Abwechslung bestimmt. Fazit In der Welt der PSP-Racer gibt es wohl kein Spiel, in dem Offline- und Onlinemodus so stark ineinander übergehen wie bei "Test Drive Unlimited". Auch wenn es nicht ganz so viele Rennmodi gibt, wie erwartet, lädt das Spiel zum Cruisen und zum Racen ein. Trotz der Beschränkungen der PSP gegenüber anderen Systemen wie der Xbox 360 oder dem PC hat es Atari geschafft, ein Spiel auf den Markt zu bringen, das Mobile-Player lange in den Bann zieht, ja zum Teil sogar süchtig macht, weil man immer noch mehr von der Insel erkunden will. Dieses MOOR ist ein Muss für alle PSP-Racer-Fans. (26.04.2007) |