Dracula 4 - The Shadow of the Dragon

Dracula 4 - The Shadow of the Dragon (PC)

(Petergames)

geschrieben von Bernd Kasperidus

 

   
 

"Dracula 4 - The Shadow of the Dragon" ist seit 2008 der erste Nachfolger der Dracula-Reihe. Bekannt für die Umsetzung von Bram Stokers "Dracula" erlangte die Serie einen gewissen Ruf für die Qualität der Umsetzung. Bereits 1999 überraschte Microid mit der Umsetzung des Titels für die Spielewelt. Ob dies auch mit dem neuen Ableger der Reihe gelungen ist, soll dieses Review beleuchten.

 

"Was bin ich?"

"Dracula 4" beginnt mit einem Prolog, den jeder Bram-Stoker-Leser sofort erkennen wird. Ein Schiff auf hoher See mitten im Sturm und eine einzelne Person kämpft sich über die Planken. So startet das Spiel in guter Tradition zu seinen Vorgängern. Schon "Dracula" 1 und 2 erzählten den berühmten Roman in einer spielfreundlichen Adaption nach. Trotzdem ähnelt "Dracula 4" mehr seinem direkten Vorgänger, der sich ebenfalls bereits weit vom bekannten Originalroman entfernte. Das Schiff, das der Spieler sieht, ist nicht dazu auserkoren, Dracula nach England zu bringen, sondern soll Bilder eines Sammlers nach Amerika ins Metropolitan Museum of Art überführen. Entsprechend endet der Einführungsfilm auch nicht mit einem menschenleeren Schiff, das in einen Hafen einläuft, sondern der Spieler sieht, wie es kentert.

Hier fängt auch schon die Geschichte von "Dracula 4" an. Wie sich herausstellt, sind die angesprochenen Bilder nicht mit dem Schiff gesunken, sondern offenbar vorher gestohlen worden. Schon wird dem Spieler Ellen Cross präsentiert, eine Restauratorin des Metropolitan Museums, die den Auftrag erhält, eines der Bilder, das in Rumänien wieder aufgetaucht war, zu untersuchen und seine Echtheit zu bestätigen. Ellen wird dem Spieler als eine todkranke Frau vorgestellt, die nicht mehr lange zu leben hat und deswegen diesen Auftrag dankbar als Ablenkung entgegen nimmt.

In Rumänien angelangt, verdichten sich die ersten Hinweise, dass etwas an dem Diebstahl seltsam ist. Prompt kommt die Information aus dem Museum, dass Ellen Cross nach einem weiteren Gemälde im Haus des Sammlers suchen soll. So geht es auf nach Großbritannien zu dessen Familiensitz. Dort erwartet die Restauratorin, die vom Spieler gesteuert wird, allerdings nur dessen Assistent, Adam Stocker. Bei diesem handelt es sich um einen Nachfahren des berühmten Bram Stocker.

Ab hier wird klar, in welche Richtung die Geschichte von "Dracula 4" steuert. Bram Stokers Roman wird dargestellt, als sei er doch mehr als eine gut erzählte Geschichte gewesen. Folgerichtig entdeckt Ellen Cross zum Beispiel eine Grammophon-Aufzeichnung von Mr. Harker, einem weiteren Charakter aus der Dracula-Erzählung. Bei der Suche nach dem vorher erwähnten Gemälde verdichten sich die Hinweise, dass die Erzählung von Vlad Tepes mehr Wahrheiten enthielt, als ein moderner wissenschaftlicher Verstand zugeben mag. Entsprechend düster entwickelt sich die Geschichte in "Dracula 4" weiter.

Nachdem der Spieler in bekannter Point-and-Click-Manier das alte Landhaus samt zugehörigen Friedhof und Familiengruft auseinandergenommen hat, geht es für Ellen Cross weiter nach Istanbul. An jenen Ort, zu dem Hinweise aus dem Landsitz zeigten und wo der Nachfahre des Malers des vermissten Gemäldes lebt.

Trotz aller Spannung stecken in "Dracula 4" auch einige Kritikpunkte. Lang und breit wird die Krankheit der Hauptprotagonistin Ellen Cross erzählt aber später nichts weiter daraus gemacht. Die einzigen Referenzen auf diese ominöse Krankheit sind kleine Rätselspiele bei denen der Spieler die diversen Medikamente, mit denen Ellen Cross ausgestattet ist, erforschen muss. Auch ist die Geschichte extrem kurz. Nach Istanbul endet "Dracula 4" mit einem Cliffhanger und dem Hinweis, dass es in "Dracula 5" weiter geht. Last but not least, "Dracula 4" ist ein Vampirspiel mit ohne Vampire. Zwar werden immer wieder Hinweise auf Vampirismus gegeben und auf die ursprüngliche Dracula-Geschichte Bezug genommen, aber den Holzpflock und die Knoblauchkette kann der Spieler getrost in der Asservatenkammer belassen.

Weiterhin gibt es auch an der Technik etwas zu mäkeln. "Dracula 4" macht den Eindruck, als ob noch immer die Engine von 1999 benutzt wird. So ist z. B. keine Möglichkeit vorgesehen, die Bildschirmauflösung anzupassen, auf einen anderen Monitor zu legen oder das Spiel wenigstens in den Fenstermodus zu versetzen. Stattdessen bleibt "Dracula 4" stur bei der vorher eingestellten Desktopauflösung und skaliert seine Bilder entsprechend, was gerade bei modernen Großmonitoren nach einer Weile fürchterlich auf die Augen geht. Außerdem wurden die Dialoge nicht ins Deutsche übersetzt. "Dracula 4" wartet hier mit der "Originalton mit Untertitel"-Lösung auf. Was schade ist, da man hier mehr damit beschäftigt ist zu lesen, anstatt sich von der Geschichte in den Bann ziehen zu lassen.

 

Grafik

Ein Point-and-Click-Adventure lebt von seiner Grafik. Da wird die Geschichte erzählt, da werden die Hinweise gegeben. Bei "Dracula 4" sind diese Grafiken auch durchaus gelungen, sie sind detailreich und den jeweiligen Schauplätzen angemessen. Zwischensequenzen erzählen die Story weiter und lockern das Gameplay durch kleine bewegte Bilder auf. Es bleibt trotzdem ein "aber".

So seltsam es sich für ein Vampirspiel anhört, die Bilder wirken blutleer und leblos, die Animationen hölzern. Es fehlen die kleinen Dinge, die ein Bild oder eine Szenerie lebendig machen wie zum Beispiel Blätter, die sich im Wind bewegen, wenn der Sound doch eindeutig das Geräusch von Wind enthält. Auch die einzelnen Orte wirken blutleer, denn es fehlen die kleinen Dinge, die sagen: "Dieser Platz ist nicht nur eine Bühnenkulisse, hier lebt ein Mensch". Symptomatisch hierfür sei das Hotelzimmer in Istanbul genannt, das mit anderen Texturen auch als Operationssaal in einem Medizinspiel durchgehen würde.

 

Sound

Passend zu den jeweiligen Lokalitäten offeriert "Dracula 4" die jeweilige Sounduntermalung. Dabei gibt es auch diverse Geräusche für gelöste Rätsel oder sonstige Interaktionen. Zwischensequenzen und Unterhaltungen sind mit Sprachausgabe hinterlegt. Hierbei gibt es jedoch das schon erwähnte Problem der Originalsprache mit Untertiteln. Ansonsten gehört das Spiel in soundtechnischer Sicht eher zu den unauffälligen Vertretern des Genres.

 

   
 

 

 


Fazit

"Welches Schweinderl hättens den gern?"

Wenn es so etwas wie Schizophrenie bei Spielen gibt, wäre "Dracula 4 - The Shadow of the Dragon" mein Kandidat dafür. Aus der Sicht eines Point-and-Click-Fans macht das Spiel Spaß, die Rätsel sind gut gemischt und variieren von einfach bis anspruchsvoll. Was mich jedoch ärgert, ist, dass so leichtfertig versäumt wurde, aus etwas Gutem etwas Außergewöhnliches zu machen. Symptomatisch dafür sind einerseits die Grafik und die Engine sowie insbesondere die Geschichte. Eine Vampirgeschichte ohne Vampire ist jetzt nicht so außergewöhnlich, was jedoch auffällt, mit einem anderen Box-Text hätte "Dracula 4" auch eine Sherlock-Holmes-Geschichte oder eine Spieladaption von "Sturm der Liebe" sein können. Daher kann ich sagen, die 30 Euro sind für einen Point-and-Click-Fan sicher gut angelegtes Geld, man darf sich nur nicht zu sehr über den Inhalt ärgern.

(09.09.2013)


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