Kane & Lynch 2 - Dog Days (Square Enix) geschrieben von Jan-Tobias Kitzel
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Kane und Lynch als durchgeknallte Psychopathen und notorische Verbrecher zu bezeichnen, ist noch deutlich zu freundlich: Dieses Duo Infernale besteht aus den durchgeknalltesten Psychopathen dieses Planeten. Leichenberge türmen sich überall dort auf, wo sie hinkommen und auch wenn einer von ihnen vorgibt, nur zum Besten für seine Familie zu handeln, hat Kane dennoch gegen sinnlose Gewalt nicht allzu viel einzuwenden. Mit diesem Hintergrund hat sich damals der erste Teil des Spiels nicht nur positives Feedback abgeholt, einigen war die Idee, menschenverachtende Verbrecher zu spielen, die Tote nur im Dutzend zählen, einfach zu heftig. Aber wenn man die moralische Komponente mal außen vor lässt, war der erste Teil von "Kane & Lynch" ein vernünftiges Actionspiel, das zwar hier und da etwas mehr Feinschliff benötigt hätte, aber insgesamt durchaus spielenswert war - im Gedächtnis blieb es in jedem Fall. Nachdem wir im Rahmen eines "Ersteindrucks" bereits einen Blick auf "Kane & Lynch 2 - Dog Days" geworfen haben, ist es nun an der Zeit, euch das fertige Review zu liefern, das auch Antwort auf die Frage gibt, wie gut denn der Multiplayer geworden ist. Gameplay Lynch wohnt nach den Wirren des ersten Teils mittlerweile in Shanghai und hat dort einen derart großen Deal an Land gezogen, dass er seinen Kumpel Kane einlädt und in die Glitzer-Metropole einfliegen lässt. Kane gibt zwar vor, nur Geld für das Leben mit seiner Tochter verdienen zu wollen, aber das hält ihn nicht davon ab, auch wieder bei einem auf Gewalt hinauslaufenden Verbrechen mitzumachen. Denn was keine allzu große Überraschung sein dürfte: Es geht natürlich schon am Anfang alles schief und das Duo Infernale muss sich seinen Weg durch Shanghai freischießen. Zunächst, um den Job doch noch zu schaffen, dann, um mit heiler Haut aus der Sache heraus zu kommen. So steuert ihr Kane oder Lynch durch die diversen, völlig linearen Schlauch-Levels und ballert, was das Zeug hält. Rätseleinlagen oder Entscheidungspunkte sucht ihr vergeblich, hier geht es um Kugeln im Hunderterpack, nicht mehr, nicht weniger: Balleraction geradeheraus. Der Stil ist dabei gewöhnungsbedürftig, da die Designer sich dafür entschieden haben, alles im Wackelkamerastil von Youtube zu inszenieren. Gerade in den ersten Minuten revoltiert so mancher Magen, mit der Zeit gewöhnt man sich aber an diese Art der Inszenierung. Während ihr euch durch die Levels kämpft, bekommt ihr so manches Schießgerät in die Hand, dürft Umgebungsteile zerstören (zum Beispiel Schilder oder Feuerlöscher, die nett explodieren) und schwimmt nach kurzer Zeit bereits im Blut der darniederliegenden Feinde. Während ihr in der Originalfassung von "Kane & Lynch 2 - Dog Days" nicht nur Polizisten, sondern auch Zivilisten als menschliche Schutzschilde nutzen könnt, ist das in der zensierten deutschen Fassung nicht möglich, was manche Levels schwerer macht, als von den Entwicklern eigentlich gedacht. Insgesamt schwankt der Schwierigkeitsgrad trotz Einstellmöglichkeiten beträchtlich, von ziemlich leicht bis Bissspuren im Keyboard ist alles dabei. Action ist also durchaus vorhanden, aber so wirklich will der Funke nicht dauerhaft überspringen. Während die Ballerei in den ersten Levels noch nett daherkommt, erscheinen danach trotz wechselnder Locations nur noch Wiederholungen: noch ein schlauchartiger Level, noch ein Überfall von Banden oder Polizei, noch eine per Skript ausgelöste Gegnerschwemme. Dass ferner viele Waffen aufgrund des zu geringen Schadens oder der zu hohen Streuung (sprich alle Maschinenpistolen und Schrotflinten) einfach keinen Sinn ergeben und somit nur noch Sturmgewehre und Pistolen wirklich genutzt werden, schmälert die an sich große Waffenauswahl beträchtlich. Das teilweise geringe Feedback der Waffen (Trefferfeedback) trägt seinen Teil dazu bei, dass "Kane & Lynch 2 - Dog Days" im Mittelmaß versinkt und das offene Ende nach circa zehn Stunden Spielzeit eher nicht im Gedächtnis bleibt. Multiplayer "Kane & Lynch 2 - Dog Days" wartet mit drei Multiplayer-Modi auf: "Fragile Alliance", "Undercover Cop" und "Räuber und Gendarm". In den ersten beiden erobert ihr mit euren Mitstreitern eine Geld- oder Drogenlieferung und müsst euch anschließend zum Fluchtfahrzeug durchschlagen, während die Cops versuchen, euch aufzuhalten. Wer stirbt, wird als Cop wiedergeboren. Und natürlich seid ihr alle Berufsverbrecher ohne Ehre, also dürft ihr euch auf dem Weg zur Flucht gegenseitig über den Haufen schießen und die Kohle des Gefallenen einsacken. Vertrauen ist hier fehl am Platze. In "Undercover Cop" kommt als kleines Schmankerl noch hinzu, dass einer von euch eigentlich ein Polizist ist und euch während des Raubzugs jederzeit erschießen kann, ohne im Gegensatz zum "normalen" Verräter besonders gekennzeichnet zu werden. Die Kartenauswahl ist vernünftig und spiegelt die bekannten Locations aus dem Einzelspielermodus wieder. "Räuber und Gendarm" hingegen ist die "Kane & Lynch 2 - Dog Days"-Machart von Team-Deathmatch. Einfach zwei Teams, die sich gegenseitig abknallen. Der Multiplayer-Part ist vernünftig gemacht, krankt aber darunter, dass es keine dedizierten Server gibt, sondern jeder normale Spieler Host sein kann. Größere Latenzschwankungen sind damit vorprogrammiert. Server selbst herauszusuchen, ist ebenfalls nicht drin, es winkt Matchmaking à la "Modern Warfare 2". Ferner ist die Anzahl der Spieler im Augenblick des Tests zu gering, es dauert mitunter zehn oder mehr Minuten, bis sich genügend Leute für ein Spiel gefunden haben. Dass es keine Ping-Anzeige gibt und man nervende Quatschkameraden, die ihr Mikro für ihren besten Freund halten, nicht stumm schalten kann, sind dann noch die I-Tüpfelchen auf dem bestenfalls durchschnittlichen Multiplayer-Part von "Kane & Lynch 2 - Dog Days". Design - Grafik und Sound Die bereits erwähnte Wackelkamera prägt den Stil des Spiels. Zusammen mit den "dreckigen" Levels zeichnet sie eine düstere, harte Stimmung. Den Leveldesignern ist in jedem Fall ein Lob auszusprechen, für das eintönige Gameplay können sie ja nichts. Die Locations sind abwechslungsreich. Einzig die Frage, warum beispielsweise Geschlechtsteile, Kopftreffer und erschossene Polizeihunde verpixelt werden, Folterszenen mit Messern aber in Nahaufnahme gezeigt werden, können wohl nur die Herren Entwickler beantworten. Konsequent ist die Entscheidung in jedem Fall nicht. Die grafische Qualität ist im Mittelmaß anzusiedeln. Während die meisten Animationen nett gemacht sind und auch die Gesichter zu überzeugen wissen, haben sich doch hier und da eine matschige Boden- und Wandtextur oder wie angeklebt wirkende Haare eingeschlichen. Der Sound trägt seinen Teil dazu bei, die Stimmung schön düster zu halten: Knackiger Waffensound, gute Umgebungsgeräusche, verstörende Musik, all das webt einen harten Stilteppich. Die mal wieder herben Sprüche der beiden Hauptdarsteller vervollständigen das Bild und fügen sich perfekt in die gute Sound-Abteilung ein. "Kane & Lynch 2 - Dog Days" krankt leider genau an der Stelle, in der ein gutes Actionspiel punkten muss: Die Ballerei muss Spaß machen. Die zahllosen Wiederholungen im Stile von "Gegnerschwemme - kurze Erholung - nächster Schwall Gegner" funktionieren hier aber einfach nicht, zu eintönig ist das Treiben. Da können die düsteren Hauptdarsteller mit ihren derben Sprüchen, das gute Location-Design und auch der schöne Sound das Eisen nicht mehr aus dem Feuer holen. "Kane & Lynch 2 - Dog Days" versinkt im Action-Einerlei und kann somit zum Vollpreis nicht empfohlen werden - als kleine Abwechslung irgendwann zum Budgetpreis durchaus. (20.09.2010)
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