Ski Alpin 2006

Ski Alpin 2006

(RTL Playtainment)

Geschrieben von Andreas Berger

 

Sportveranstaltungen dienen nicht mehr nur dem Sport allein. Sie werden zum Event gemacht und ziehen tausende Zuschauer sowie die Medien an. Alles, was Quote bringt, ist gefragt; es wird auch nicht lange damit gewartet, Spiele zu den verschiedensten Sportarten in die Regale zu bringen. Nach dem Skispringen und dem Biathlon ist auch der alpine Skisport wieder ins deutsche Medieninteresse gerückt. Hier sind es zwar weniger die heimischen Stars, die für die Quote sorgen, sondern die alpinen Helden anderer Nationen. Das Label "RTL Playtainment" hat für sein "Ski Alpin 2006" niemand Geringeren als die zurzeit wohl schillerndste Figur des alpinen Skizirkus als Kühlerfigur verpflichten können: Bode Miller.

Gameplay - oder: Speed 2006!

Nach der erfreulich unkomplizierten Installation begrüßt "Ski Alpin 2006" den Nutzer mit einer unerfreulich langen Abfrage des Kopierschutzes auf dem Datenträger, die etwa 35 Sekunden in Anspruch nimmt - SafeDisc lässt grüßen. Hiernach dauert es aber nicht mehr lange, bis das Hauptmenü erreicht ist. Neben den üblichen Optionen zur Einstellung von Grafik, Sound, Tastaturbelegung und Spielbedingungen - hierzu gehört beispielsweise die Wahl der Ego- oder Schulterperspektive - sowie der Vorstellung der Beteiligten liegt das Augenmerk deutlich auf den verschiedenen Spielmodi: Arcade, Karriere, Multiplayer, Schnellstart und Übungsmodus.

Während der Karriere-Modus einen vorher zu erstellenden Fahrer voraussetzt, stehen beim Schnellstart bereits mehrere vorgefertigte Fahrer, festgelegte Strecken und Disziplinen bereit. So kann ohne viel Voreinstellung in diversen Kombinationen losgelegt werden. Hier kann jedoch ausschließlich zu Spaß- und Übungszwecken gefahren werden, da lediglich erzielte Streckenrekorde gespeichert werden. Beim Übungsmodus verhält es sich ähnlich, hier ist jedoch jede nur erdenkliche Variable frei einstellbar: Fahrer, eine der 14 vorhandenen Örtlichkeiten mit ihren Strecken, Wind- und Wetterbedingungen, Disziplin und Schwierigkeitsgrad. Sogar das Wachsen der Skier kann hier anhand der einstellbaren Umwelteinflüsse frei getestet werden. Erzielte Streckenrekorde werden als Trainingsbestwerte gesichert. Im Multiplayer-Bereich kann per LAN oder per Internet - hierbei auch über Direct-IP, man braucht also kein Spieleportal wie Gamespy - mit bis zu zwölf Spielern gegeneinander angetreten werden. Dabei sind Strecke, Wetter und Disziplin frei wählbar. Die Natur der Sportart sieht dabei vor, dass man nacheinander mit seinen Fahrten dran ist. Zur Nutzung der Multiplayer-Option wird jedoch dringend empfohlen, den aktuellsten Patch zu verwenden.

Die Arcade-Variante wiederum stellt einen variablen Schnellstart-Modus dar. Es können hierbei sowohl bereits erstellte Fahrer erwählt oder die beim Schnellstart-Spiel zur Verfügung stehenden Athleten verwendet werden. Hierüber wird auch der Multiplayer-Modus "Hot-Seat" realisiert, das heißt, bis zu zwölf Spieler an einem Rechner sind nacheinander dran. Verschiedene Läufe auf unterschiedlichen Strecken und in allen Disziplinen dürfen völlig wahlfrei zu einem Cup hinzugefügt werden. Alternativ stehen vorbereitete Cups in den jeweiligen Einzeldisziplinen zur Verfügung. Je nach Schwierigkeitsgrad gibt es mehr Strecken: Der einfachste Schwierigkeitsgrad bietet beispielsweise nur zwei Strecken im Slalom-Cup, der Profi-Level hat derer allerdings acht. Eines haben die bisher vorgestellten Spiel-Modi jedoch gegenüber dem Karriere-Modus gemeinsam: Das Spiel entwickelt keinerlei Nachhaltigkeit auf die gewählten Sportler, da weder Training noch sonstige Effekte wie Ausrüstung oder Preisgelder die Werte der gewählten Spielfigur verändern können.

Vor dem Karriere-Start steht die Erstellung eines Fahrers, es sei denn, man zieht es vor, die Karriere des Bode Miller nachzuspielen. Neben dem Namen und der Nationalität - es stehen gut 20 Länder zur Auswahl - entscheidet man sich für eines der neun wählbaren Gesichter. Hier fällt auch gleich das erste Manko ins Gewicht: Es können keine weiblichen Athleten erstellt werden. Gerade im alpinen Skisport sind Frauen sehr bekannt, beliebt und auch sehr erfolgreich, warum in "Ski Alpin 2006" nur Männer die Pisten hinab jagen dürfen, bleibt Geheimnis von "49Games". Weniger ins Gewicht fällt, dass einem Südkoreaner trotzdem europäische Gesichtszüge zugeordnet werden dürfen. Außer Nationalität und dem Gesicht lassen sich keine weiteren körperlichen Attribute verändern. Je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad stehen unterschiedlich viele Talentpunkte, maximal erreichbare Fähigkeiten und verschieden hohes Startkapital zur Verfügung. Hier wird ebenfalls darüber entschieden, ob während eines Rennens Torfehler gemacht werden dürfen und welche Konsequenzen sie jeweils haben. Anfänger dürfen bis zu fünf Fehler machen, wofür ihnen jeweils zwei Sekunden auf die erreichte Zeit angerechnet werden, für Profis bedeutet ein Torfehler die Disqualifikation, wie im wahren Leben.

Das Sportlerleben beginnt in der Juniorenklasse, die insgesamt nur elf Rennen vorsieht. Mit dem zu gewinnenden Geld können Trainer und Wachsmeister engagiert werden und diverse Ausrüstungsgegenstände erworben werden. Durch Absolvieren verschiedener Aufgaben werden bessere Skier oder Helme freigespielt, es lohnt sich also, mal bei den Aufgaben nachzusehen. Die erworbenen Sportgeräte lassen sich allerdings nicht farblich verändern, so fährt eben jeder, der den gleichen Anzug erworben hat, auch in der gleichen Farbe herum. Schade. Gerade das richtige Wachsen der Skier stellt am Anfang ein Problem dar, ist jedoch mit ein wenig Ausprobieren und mathematischem Geschick leicht zu erlernen. Das Geld für den Wachser kann man sich so schnell sparen. Es ist außerdem möglich, Wetten auf die eigene Leistung abzuschließen. Leider sind nur Wetten auf den eigenen Sieg gestattet. "RTL Skispringen 2006" aus dem gleichen Haus macht es hier viel besser und lässt auch andere Wettbedingungen zu. Ebenso wenig kann sich der alpine Skifreund um das Sponsoring kümmern. Der Geldfluss außerhalb der recht geringen Preisgelder verkommt zum Zufallsprodukt, wie die Ereigniskarten beim Monopoly. Im Laufe einer Karriere wiederholen sich dabei die Ereignisse.

Wiederholung ist auch die Devise während der einzelnen Saisons. Jedes Jahr zum gleichen Datum findet das gleiche Rennen in der gleichen Disziplin statt. Hier hätte man ein wenig mehr Erfindungsreichtum erwarten können. Jede Liga findet ihren jährlichen Abschluss in den Meisterschaften zu jeder einzelnen Teildisziplin. Diese Championate finden auch immer in Aare/Schweden statt. Dass sich insgesamt auch die Kurse nicht verändern - selbst beim Slalom stecken die Tore immer gleich im Schnee der gerade aktuellen Piste - lässt so eine gewisse Kontinuität erkennen. Der Kenner des Ski-Zirkus´ wird auch die alpine Kombination - der Wettbewerb, der je einen Durchgang Abfahrt und Slalom beinhaltet - vermissen, die in "Ski Alpin 2006" schlichtweg nicht stattfindet. Allerdings mindert dies die Qualität des eigentlichen Herzstückes des Spiels, dem Skifahren, in keiner Weise. Insbesondere bei den geschwindigkeitsintensiven Disziplinen wie Abfahrt und Super-G stellt sich sehr schnell der Rausch der erlebten Beschleunigung ein. Bei Geschwindigkeiten von bis zu 180 km/h, die man auch zu fahren glaubt, wendet sich der Blick auch von der Umgebung ab und konzentriert sich voll auf das Geschehen. Bei den zur Technik hin ausgelegten Disziplinen, wie Riesenslalom und Slalom, ist das Speed-Gefühl auch stets präsent. Man huscht nur so um die Torstangen. Hier ist "49Games" eine gute Umsetzung gelungen. Die Ego-Ansicht stellt dabei noch ein gewisses Schmankerl dar, wird aber wohl nicht alle Spieler begeistern können. Aber die Frage der Perspektivenwahl stellt sich ja auch bei jedem Autorennspiel aufs Neue.

Bedienung - oder: Was kostet dieses Gamepad bitte im Dutzend?

Während in den Menüs die Maussteuerung vorherrscht, regiert während der Rennen das Joypad. "Ski Alpin 2006" kann zwar auch mittels Keyboard gesteuert werden, die Bedienung per analogstickbewährtem Joypad ist hier aber klar vorzuziehen. Allerdings setzt die Steuerung des Ski-Asses eine steile Lernkurve beim Spieler voraus. Ein Tutorial sucht man vergeblich und schon bald stellen sich die ersten Frustmomente ein. Dies liegt nicht an der ungenauen Steuerung, sondern mehr an der hohen Geschwindigkeit des Spiels, unfair postierten Toren oder kleinen Sprüngen in der Strecke, die das Einschlagen der gewünschten Richtung sehr ungünstig beeinflussen. Auch das haargenaue Umsteuern der gestellten Hindernisse, um vielleicht entscheidende Zehntelsekunden zu gewinnen, stellt selbst mit Joypad eine gewisse Schwierigkeit dar. Mit einer digitalen Steuerung - Steuerkreuz oder gar Tastatur - ist hier mit nur wenig Erfolg zu rechnen. Mit dem richtigen Pad hat man bald ein Gefühl für den Skifahrer. Da nur drei Tasten und der Analog-Stick zu bedienen sind, eine Taste für die Beschleunigung, eine zum Springen und die letzte zum Kanten, also zum scharfen Anreißen von Kurven, fällt die fahrerische Eingewöhnung leicht. Es dauert jedoch einige Zeit, bis man die Strecken der Profi-Saison soweit beherrscht, in Strecken-Kenntnis und Steuerfähigkeiten, dass dem Joypad kein vorzeitiges Ende an der Zimmerwand mehr droht.

Grafik - oder: Kann man am PC-Bildschirm schneeblind werden?

Da "Ski Alpin 2006" kaum mit die Ladezeit verlängernden Intro- oder Ladeschirmen nervt, befindet sich der Spieler alsbald im langweiligen, aber zweckmäßigen Hauptmenü, durch dessen halbtransparente Buttons ein sich drehendes Matterhorn zu sehen ist. Diese Menüoptik zieht sich durch das gesamte Spiel und wirkt bald vertraut. Natürlich liegt der grafische Schwerpunkt des Spiels auf der Darstellung der Pisten und der Landschaften um diese herum. Je nach Wetter - die Wettereffekte wie Nebel, Schneefall oder Regen werden sehr realitätsnah dargestellt - kann man mehr oder weniger weit in die Landschaft hinaus schauen. Der Schwerpunkt der Entwickler lag dabei offenbar nicht unbedingt auf der absoluten Detailtreue, sondern auf dem Genuss für das Auge. So entdeckt man einzelne Hütten in den Bergen und die Zuschauer begrüßen den Athleten mit einem Blitzgewitter aus den Fotoapparaten. Ein Highlight ist sicherlich der Sonnenuntergang über den Bergen von Val d'Isere, für den die Grafiker offensichtlich ein großes Faible hatten. Noch weniger als bei den Landschaften hielt man sich an die Originalpisten. Erkennbar wird dies an der Abfahrt in Wengen, die sich im Spiel anders darstellt als dies im Fernsehen der Fall ist - z.B. der steile Sprung am Ende des Flachstücks zur Beginn der Strecke ist in der Software-Variante sehr entschärft. Dafür sehen die Strecken mit ihren klein Hütten, den Fangnetzen und den dahinter stehenden Zuschauern allesamt gut aus. Die Darstellung der Fahrer hätte hingegen feiner sein dürfen, insgesamt sehen sie doch ein wenig kantig aus. Schade ist auch, dass in der Solo-Karriere immer nur die eigene Fahrt nach der Ankunft im Ziel betrachtet werden kann. Die fehlerlosen Fahrten der Konkurrenz können leider nie betrachtet werden.

Sound - oder: Bin ich schon drauf?

Die musikalische Begleitung des Ski-Spektakels dürfte bei den meisten zu Diskussionen führen. Immer präsent, sei es während des Aufenthalts innerhalb der Menüs oder während des Rennens; das immer gleiche Musikstück wird mit der Zeit einfach nervig und wird in den Soundoptionen vom User wohl bald deaktiviert werden. Ob sich der Spieler des Kommentatorenteams auf ähnliche Weise entledigt, ist fraglich. Zwar sind wirklich alle Sprüche des bemüht lustigen Pärchens schnell bekannt, allerdings bekommt man von ihnen während des Rennens immer mal wieder Hinweise darauf, wie denn nun die eigene Fahrweise ist, insbesondere was die Ausnutzung der Ideallinie, das Touchieren der Tore oder aber die Sprünge angeht. Die restliche akustische Präsentation ist ohne Frage gelungen. Seien es die Geräusche, die der Wind verursacht, das Vorbeihuschen an den Bäumen und Toren, die Anfeuerungsrufe der Zuschauer - "hopp, hopp, hopp, hopp" - oder aber das Knarzen, dass die Bretter auf dem weißen Untergrund hervorrufen, alles fügt sich passend in die Atmosphäre, die den meisten zumindest aus dem Fernsehen vom alpinen Skisport bekannt sein dürfte.

Testsystem:

- WinXP

- AMD 64 3500+

- 2 GB RAM

- 16x DVD-ROM

- Radeon X800XL mit 256 MB

- Creative Audigy 2 ZS

Entwickler: 49Games
Publisher: RTL Playtainment
Genre: Sportspiel
Releasedate: bereits erhältlich
Homepage: Ski Alpin 2006
Preis: 29,95 € (PC) 39,95 € (PS2)
Altersfreigabe: Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß §14 JuSchG

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Fazit

   - oder: Da geht noch was! "Ski Alpin 2006" ist kein schlechtes Spiel. Für ein absolutes Topspiel fehlt aber auch noch einiges. Es fängt damit an, dass ich zwar als Bode Miller auf die Piste gehen kann, aber außerhalb des Multiplayer-Bereichs nicht gegen ihn antreten kann. Bis auf seinen Namen und die Namen der Ski-Orte sind keinerlei Lizenzen vorhanden, die Namen der Fahrer quasi alle frei erfunden. Das Wett-System ist ebenfalls sehr unerfreulich: Solange ich noch keine Rennen gewonnen habe, brauche ich noch keinen Euro in die Wetten zu investieren, da ich nicht auf Mitstreiter setzen kann. Zu einem Manager-Part gehört auch das Managen der eigenen Sponsoren, die sind hier leider nur ein Zufalls-Produkt. Dafür verkaufe ich aber fünf Mal meine Ausrüstung, mit der ich Profi geworden bin. Seltsam. Warum darf ich nicht als Frau auf die Piste? Dazu noch die ständig gleichen Pisten und der immer gleiche Jahresablauf innerhalb einer Saison. Dies ist etwas, das sich "49Games" für das nächste Spiel dieser Reihe dringend vornehmen sollte zu verbessern. Ansonsten bleibt ein Spiel, das einen relativ leichten Einstieg in den alpinen Ski-Zirkus bietet und auch eine Menge Spaß macht. Das Geschwindigkeitsgefühl beim Hinabpreschen der Hänge ist einfach klasse und auch bei den technischen Disziplinen bin ich immer mittendrin und auch motiviert. Da die Rennen höchstens fünf Minuten in Anspruch nehmen, ist "Ski Alpin 2006" auch ein Spiel für zwischendurch. Wer allerdings einmal eine Karriere durchgespielt und die diversen Weltcups errungen hat, der wird ein wenig überrascht sein, wie leicht der Start in eine neue Karriere nun fällt, selbst im höchsten Level. (24.01.2006)


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