World Championship Poker 2 – All In

World Championship Poker 2 – All In (Xbox 360)

(Oxygen Games)

geschrieben von Jan-Tobias Kitzel

 

 
Entwickler: Crave Entertainment
Publisher: Oxygen Games
Genre: Poker-Simulation
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: World Championship Poker 2 – All In
Preis: ca. 40 €
Altersfreigabe: Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß §14 JuSchG

Poker, das Spiel der vielen Möglichkeiten. Leicht zu lernen, hart zu meistern. Aber lassen wir diese platten Sprüche aus der Poker-Mottenkiste mal beiseite: Ein ordentlicher Pokerabend mit Freunden – jedenfalls waren sie das, bevor wir sie abgezogen haben – macht einfach eine Menge Spaß. Mit "World Championship Poker 2 – All In" ("WCP2-AI") versuchen die Entwickler von Crave Games nun, die Gefühle eines siegreichen Flush oder Straight auch an der heimischen Konsole erlebbar zu machen.

Gameplay oder "Wenn der noch einmal blufft, ...!"

"WCP2-AI" empfängt den geneigten Spieler in einem in Comicgrafik gehaltenen Hauptmenü, dessen Logik sich auch auf den zweiten Blick nicht erschließt. Wer ein Tutorial – also eine Einführung in die Spielmechanismen – auf Anhieb unter "Belohnungen" sucht, denkt wohl ähnlich wie die Entwickler. Hat man sich mit den Anordnungen der Optionen aber erst einmal arrangiert, stehen diverse Möglichkeiten offen: ein schnelles Spiel, die Erstellung eines Charakters zwecks Karrieremodus oder ein Onlinespielchen mittels Xbox LIVE. Das Herzstück von "WCP2-AI" stellt die Karriere mittels eines eigens kreierten Spielers dar. Im Erstellungsmenü habt ihr die Möglichkeit, die Äußerlichkeiten eures Avatars nach Herzenswunsch zu gestalten: egal ob Mann oder Frau, hipp oder elegant angezogen, dick oder dünn - der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Selbst abstruseste Variationen wie pinkfarbenes T-Shirt zur Anzughose, dazu Turnschuhe und eine Smiley-Sonnenbrille unter einem Cowboy-Hut sind möglich. Aber wer schon einmal eine der vielen Poker-Shows im Fernsehen verfolgt hat, weiß, dass derlei merkwürdige Gestalten in diesem Geschäft nicht selten sind. Sollte euch nach einiger Zeit das Aussehen eures Charakters nerven, ist auch das kein Problem: Einen Besuch im kostenlosen "Salon" später und ihr könnt die Kleidung kräftig durcheinanderwirbeln.

Nachdem man sich also sein Alter Ego erschaffen hat, findet man sich auf einer Weltkarte im Comicstil wieder. Dort hat man die Möglichkeit, ein Event pro Woche zu besuchen und das mit einem läppischen Startkapital von 2.000 Dollar. Ob ihr also an einem Großturnier, einem elitären Sechs-Mann-Tisch mit hohen Buy-Ins oder aber auch einer gemütlichen Runde bei euch zu Hause mit Einsätzen von wenigen Dollar teilnehmt, ist ganz euch überlassen. Ziel des Spiels ist es, Ruhm und Geld einzufahren. Ersteren erlangt ihr über gutes Spielverhalten (zum Beispiel abgezockte Bluffs), Turniergewinne, dem Ausstatten der eigenen Wohnung mithilfe des erspielten Geldes und das Gewinnen gegen starke Gegner. Geld wiederum erhält man wie immer beim Pokern: durchs Gewinnen. Dabei muss man nicht unbedingt immer den Tisch abräumen; bei einem Turnier reicht es meist, unter die ersten Fünfzehn zu kommen, um einen netten Betrag mit nach Hause nehmen zu können. Beeindruckend ist die große Anzahl an Pokervarianten, die "WCP2-AI" bietet: 19 verschiedene Spielarten lassen keine Wünsche offen. Darunter befinden sich natürlich die aus dem Fernsehen – und meist auch aus der heimischen Runde – bekanntesten Varianten "Texas Hold´em" und "Omaha", aber auch Runden mit Seltenheitswert wie "Crazy Pineapple" locken. Alle Varianten können als "No Limit" und "Limit" gespielt werden. Auch wenn "WCP2-AI" nicht für den Spieler gedacht ist, der noch nie gepokert hat, wäre auch das möglich. Mithilfe des Tutorials und der ungefährlichen Runden im Haus des eigenen Avatars gegen eher durchschnittliche Gegner kann man gefahrlos lernen. Und wenn die Pleite droht, ist da immer noch der virtuelle Pfandleiher oder man erstellt sich einfach einen neuen Charakter mit wiederum 2.000 Dollar Startgeld. So einfach kann das Leben sein.

Infolge der drei verschiedenen Kameraperspektiven kommt am Pokertisch gute Atmosphäre auf, unterstützt vom glaubhaften Spielverhalten der digitalen Konkurrenten. Gerade an großen Tischen sind viele unterschiedliche Spielercharaktere versammelt: Der schnelle Zocker, der große Bluffer, die abgezockte Spielerin, die kein Blatt verschmäht, der Vorsichtige und noch viele mehr. Dadurch gleicht kein Spiel dem anderen. Auffällig ist lediglich, dass die virtuellen Gegner etwas zu häufig zum Einsatz all ihrer Spielchips ("All In") neigen, aber das ist zu verschmerzen. Laune macht es allemal, dem Typen mit der Kroko-Weste über dem Rip-Shirt die letzten Chips abzunehmen. An den Endtischen der großen Turniere begegnet ihr auch immer mal wieder echten Stars der Pokerszene und habt die Möglichkeit, euch mit ihnen zu messen. Darunter sind unter anderem Howard Lederer, Annie Duke und Robert Williamson III.

Aber auch gegen normale Pokerspieler ist "WCP2-AI" auf alle Fälle herausfordernd: Bis die großen Gewinne sprudeln, dauert es einige Zeit, und die künstliche Intelligenz der virtuellen Gegner sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Allzu häufiges Bluffen oder ein unbedachtes Bet-Verhalten bedeuten das schnelle Aus. Aber da sind ja auch noch die Erfahrungspunkte, um dem entgegenzuwirken: Ab und zu erhaltet ihr solche, mit denen ihr eurem Avatar bestimmte Fähigkeiten erkaufen könnt. Für Anfänger beispielsweise lohnt es sich, in "Hand Strength" (keine Sorge, das Spiel ist mit Ausnahme weniger Begriffe auf Deutsch) zu investieren. Ab sofort befindet sich neben eurem Blatt eine Prozentanzeige, die euch eure Gewinnchance angibt. Auf Stufe 1 zeigt sie nur die Stärke vor dem Flop (den ersten drei Tisch-Karten) an, auf Stufe 2 hingegen schon durchgehend im ganzen Spiel. Genauso gut könnt ihr eure Erfahrungspunkte aber auch in das Talent investieren, Bluffs der Gegner leichter zu erkennen oder einmal im Spiel das Glück per Knopfdruck auf eurer Seite zu haben. Für Langzeitmotivation ist also gesorgt.

Leider muss bei "WCP2-AI" auch erwähnt werden, dass das Spiel ab und zu ohne ersichtlichen Grund abstürzt. Wenn so etwas mitten in einem "All In" passiert, ist das mehr als ärgerlich. Der Fairness halber soll aber auch erwähnt werden, dass derartige Abstürze selten auftreten. Einen sicheren Absturz hingegen könnt ihr produzieren, wenn ihr bei einer Runde "Texas Hold´em" im Optionsmenü auf "Stack Options" geht. Warum das den Entwicklern verborgen geblieben ist, obwohl sie sonst mit "WCP2-AI" ordentliche Arbeit abgeliefert haben, bleibt ein Rätsel.

Grafik oder: "Ihhh, eine pinke Schirmmütze!"

"WCP2-AI" ist grafisch solide. Die Spieler sind durchgehend nett animiert und die Atmosphäre am Spieltisch auch optisch gut eingefangen. Ein Grafik-Highlight ist "WCP2-AI" sicherlich nicht, braucht es aber auch gar nicht zu sein: Das Spiel an sich steht klar im Vordergrund und mehr als eine ordentliche Aufmachung ist daher nicht vonnöten. Lob verdienen die Designer für die drei unterschiedlichen Kameraansichten: Ihr habt die Wahl, ob ihr dem Geschehen aus der Vogelperspektive, einer dem jeweiligen Spieler folgenden Standkamera oder sogar der Ego-Perspektive eures Charakters folgen wollt.

Sound oder: "Der – Spieler – gewinnt – mit – zwei - Neunen!"

Der Soundbereich ist die Schwachstelle von "WCP2-AI": Der Sprecher am Ende einer Runde klingt wie ein Roboter, der aus einzelnen Wörtern jeweils die Sätze baukastenartig zusammensetzt. Die Musik dümpelt auf schlechterem Fahrstuhl-Niveau dahin. Da können auch die ordentlich vertonten Sprüche der virtuellen Gegner das Ruder nicht mehr herumreißen.

Fazit oder: "Gentlemen, ihre Einsätze bitte!"

"World Championship Poker 2 – All In" stellt sich als solide und auch langfristig motivierende Pokersimulation heraus. Den Nervenkitzel eines echten Spiels von Angesicht zu Angesicht kann es natürlich nicht ersetzen, für die Pokerrunde zwischendurch, aber auch zum Einüben von Taktiken und dem Kennenlernen bisher unbekannter Pokervarianten drängt es sich hingegen geradezu auf. Angesichts der für eine Simulation guten Grafik und fordernden künstlichen Intelligenz lassen sich die (seltenen) Abstürze und die einfach nur schlechte Musik verschmerzen, zumal sie im Optionsmenü abschaltbar ist. Und wer den Karrieremodus trotz des spaßigen Charakterausbaus nach einiger Zeit nicht mehr sehen kann, kann immer noch echten Mitspielern per Xbox LIVE das Spielgeld aus der Tasche ziehen. Für gerade einmal vierzig Euro ist "World Championship Poker 2 – All In" für alle Pokerfans oder solche, die es werden wollen, durchaus zu empfehlen.

(28.02.2008)


Fazit

oder: "Gentlemen, ihre Einsätze bitte!"


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