Sniper: Ghost Warrior

Sniper: Ghost Warrior (PS3)

(Daedalic)

geschrieben von Oliver Domke

 

     
 

Normalerweise erscheinen Spiele heutzutage erst für Xbox 360 und PlayStation 3 zusammen etwas vor der PC-Version. Bei "Sniper: Ghost Warrior" war das etwas anders, da erscheint jetzt erst die Variante für die Sony-Konsole, während die anderen beiden Versionen bereits 2010 in den Regalen standen. Die Bewertungen für das Spiel waren nicht überragend, aber lagen weit über dem, was die Spieler sonst vom polnischen Entwickler City Interactive im Bereich Ego-Shooter kannten. DLH.Net hat die Versionen des letzten Jahres nicht getestet. Aber wenn man die PS3-Version betrachtet, sollten die Kritikpunkte eher auf hohem Niveau angesiedelt gewesen sein. Denn die Version, die jetzt im Test war, macht einen guten Eindruck. Scheinbar haben sich die Programmierer die Anmerkungen zum Spiel zu Herzen genommen und etwas nachgelegt.

Story

Einer der Kritikpunkte war die schwache Geschichte gewesen, an der sich die Helden entlanghangelten. Wie der Titel schon vermuten lässt, behandelt "Sniper: Ghost Warrior" nicht die übliche Story der Ein-Mann-Armee, die durch das Spiel walzt und alles plattmacht, was ihr in den Weg kommt. Diesmal ist der Held ein Scharfschütze, der losgeschickt wird, um anderen Teams aus scheinbar sicherer Entfernung Feuerschutz zu geben und um sich vor allem um Einsätze zu kümmern, in denen Auffallen nicht gefragt ist. Dass es dann häufig anders als geplant kommt, muss Sergeant Tyler Wells (Codename: Razor Six Four) am eigenen Leib erfahren, als er den Auftrag bekommt, den Drogenbaron General Vasquez aufzuhalten, der Geschäfte mit Terroristen macht und in Südamerika für Unruhe sorgt. Wie erwartet, geht aber alles schief: Der Boss flieht und es stellt sich heraus, dass auch Pläne für eine Atombombe im Spiel sind.

Vergleicht man die Story von "Sniper: Ghost Warrior" mit aktuellen Ego-Shootern, wie "Homefront" oder "Bulletstorm", dann erscheint die Geschichte von "Sniper: Ghost Warrior" wirklich etwas dünn. Im Grunde laufen alle Missionen gleich ab: Razor Six Four erhält per Knopf im Ohr einen Auftrag, die Anweisungen dazu bekommt er entweder von seinem Beobachter oder von einer weiblichen Stimme aus der Zentrale. Solange er nicht auffällt, wird er von seinen Verbündeten durch den Dschungel und kleine Zeltlager oder Dörfer geleitet. Interessanterweise endet diese Unterstützung in dem Moment, wo er auffliegt. Dann muss er sich allein zum Evakuierungspunkt durchschlagen.

Gameplay

"Sniper: Ghost Warrior" ist weiterhin ein Ego-Shooter – mit dem kleinen Unterschied, dass das Waffenarsenal etwas beschränkt ist: Der Held verfügt über ein Scharfschützengewehr und eine schallgedämpfte Pistole. Das Gewehr variiert dabei etwas, mal ist ein Schuss aus der Waffe nicht zu hören, manchmal macht er aber soviel Krach, dass die Affen im Urwald von den Bäumen fallen. Da Nicht-Auffallen bei den Missionen sehr wichtig ist, wundert man sich schon, warum Razor Six Four nicht immer eine lautlose Wumme mitnimmt. Die Pistole kann der Soldat vor allem dann einsetzen, wenn es Gegner geschafft haben, den Scharfschützen zu enttarnen und sich dann ziemlich schnell und geschickt anpirschen. Die Bewegungen der Bösewichte sind auf der Mini-Map zu verfolgen. So der Held den Feind vorher schon einmal gesehen hat, kann er sich auf den Kampf auf kurze Distanz vorbereiten und zur Pistole greifen. Allerdings ist die Karte so klein, dass man nicht erkennen kann, von woher genau ein Feind kommt, nur dass er auf dem Weg ist, kann man sehen.

Am Anfang des Spiels gibt es ein kurzes Tutorial, in dem der Held nicht wie gewöhnlich als Rekrut präsentiert wird, sondern als erfahrener Frontsoldat, der seinerseits den Neulingen zeigt, wie man mit den Waffen umzugehen hat. Interessanterweise wird er auch an einem Sturmgewehr ausgebildet, dessen Verwendung in der PlayStation-3-Version gar nicht mehr so recht gefragt ist. So gab es in den Originalen für die Xbox 360 und PC mehrere Missionen, in denen der Scharfschütze dann auch im Team durch ein Dorf stürmt, um den Drogenbaron zu jagen. Dabei sind dann vor allem seine Häuserkampffähigkeiten gefragt, die er bei der Sony-Konsole aber nicht braucht. Scheinbar ist das auch eine Reaktion auf die Kritiken des letzten Jahres: An dieser Stelle wurde die Handlung umgeschrieben, um die als zu kurz kritisierte Spieldauer etwas zu verlängern. Insgesamt wurden "Sniper: Ghost Warrior" durch Skriptänderungen ca. eine bis zwei Stunden Action hinzugefügt. Das macht das Spiel nicht zu einem Marathonlauf, aber wirkt sich sehr positiv aus: Der Singleplayer-Modus kann so die zehn Stunden erreichen, dazu kommen noch einige Extra-Herausforderungen auf neuen Karten.

"Sniper: Ghost Warrior" ist in erster Linie ein Spiel, in dem Schleichen zum Erfolg führt. Die einzige Entscheidung, die der Spieler treffen muss, ist die, ob er versucht, mit so wenig oder gar keinem, falls er zum Beispiel losgeschickt wird, eine Bombe zu legen, Feindkontakt auszukommen, oder ob er aus sicherer Entfernung alle Bösewichte ausschalten möchte. Hat der Held erst mal einen Checkpoint erreicht, dann gibt es keinen Weg zurück. Da es – wie in jedem PlayStation-3-Spiel – über den Auftrag hinaus, den Drogenbaron und seine Schergen zu erschießen, jede Menge Geheimnisse, Trophies genannt, zu entdecken gibt, liegt es nahe, die Feinde zu jagen, damit man sich in aller Ruhe der Suche und Lösung der Geheimnisse widmen kann. Einzelne Trophies erfordern aber genau das Gegenteil, zum Beispiel: "Schließe die Mission 'Im Schutze der Dunkelheit' ab, ohne dass die Wachen Alarm auslösen.". Aber Missionen dieses Typs kann man dann später einzeln nachspielen.

Gerade die Alarm-Funktion ändert jede Mission grundlegend. Ist es keinem der KI-Schergen gelungen, den Helden zu entdecken, sind seine Angriffe aus der Entfernung relativ sicher ... solange er mit dem ersten Schuss auch wirklich trifft. Die Feinde verfügen über einen Adlerblick. Sie sind in der Lage, nach Schüssen, die das Ziel verfehlen, den Scharfschützen auf jede Entfernung innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde zu entdecken und dann Alarm auszulösen. Das ist zwar nicht besonders realitätsnah, steigert aber die Spannung im Spiel ungemein. Das bedeutet zum Beispiel, dass bei Schüssen auf Gruppen von Feinden, die Gefahr sehr hoch ist, entdeckt zu werden, auch wenn man einen Fiesling getroffen hat, weil die anderen ja verfehlt wurden. Das bedeutet, dass man sich genau überlegen sollte, von wo man schießt und auf welchen Feind. Viele Spieler empfinden diese Aufmerksamkeitsüberlegenheit der Feinde als unfair, sie wirkt aber sehr spannungsfördernd.

Das Schießen mit dem Scharfschützengewehr ist die zentrale Tätigkeit des Helden im Spiel. "Sniper: Ghost Warrior" versucht, dieses so realitätsnah wie möglich darzustellen. Der Schütze befindet sich häufig mehrere hundert Meter vom Ziel entfernt. Folglich beeinflussen die Entfernung selbst, aber auch der Wind natürlich die Flugbahn des abgefeuerten Projektils. Wie aus anderen Shootern bekannt, verfügt der Held über ein zoombares Zielfernrohr, das neben der Entfernung auch die Windstärke anzeigt. Im Okular gibt es deswegen eine Skala, die anzeigt, wie viel höher der Schütze das Gewehr ansetzen muss, um die sich senkende Flugkurve der Patrone einzukalkulieren. Dafür entwickelt der Spieler schnell ein Gefühl, denn jeder Strich auf der Skala bedeutet eine Entfernung von 50 Metern. Zwei Faktoren spielen beim Schuss noch eine große Rolle, die Seitenwindstärke und natürlich die Bewegung des Feindes, der typischerweise nicht regungslos in der Gegend herumsteht. Diese drei Faktoren führen dazu, dass das Spiel keine Jahrmarktschießbude, sondern sehr spannend ist.

Außerdem muss noch gesagt werden, dass die Feinde sehr genau auf fast jede Entfernung treffen können, egal mit welcher Waffe. Bei jedem Treffer verliert der Held ca. 50 Prozent seiner Gesundheit, so dass der Seargent Wells nach zwei Gegentreffern die Radieschen von unten betrachtet. Das Spiel startet daraufhin am letzten Speicherpunkt neu, was teilweise stundenlanges Spiel vernichtet, vor allem dann, wenn man im Feindesland unterwegs war, Geheimisse zu lüften. Natürlich sind auch die Evakuierungspunkte im Level so gelegt, dass sich der Spieler durch diverse Gegneransammlungen kämpfen muss, etwas Unterstützung findet Tyler Wells dabei in den Medizinspritzen, die er in den Hütten der Feinde finden kann.

Präsentation

"Sniper: Ghost Warrior" für die PlayStation 3 wurde aufgrund der Chrome-Engine 4 in 1080p realisiert, die beim Erscheinen der Versionen für die Xbox 360 und den PC vor einem Jahr absolut auf dem technischen Stand der Zeit war. Sie beweist vor allem dann ihre Stärken, wenn der Spieler das Zielgebiet aus der Ferne betrachtet. Sobald Wells das Gewehr ansetzt, sieht er zunächst alles etwas verschwommen, bis sich das Auge an die Entfernung gewöhnt und "nachjustiert" hat. Dieser Effekt wirkt sehr realitätsnah und sieht gut aus; Licht-Schatten-Effekte wurden ebenfalls mit viel Liebe zum Detail realisiert. Ein paar Abstriche muss die Grafik-Engine machen, wenn es zur Darstellung der ganz nahen Umgebung kommt. Liegt der Held zum Beispiel in einem Farn-Feld auf der Lauer, dann merkt man, dass Gräser und ähnliche Bodenvegetationen kaum den Boden berühren, auch die Kollisionsabfrage mit der Bodenvegetation wirkt unecht. Das ist schade, denn von ferne sehen Büschel und Blätter sehr schön aus. Es gibt noch weitere kleinere Kritikpunkte, die teilweise auch auf das Gameplay Einfluss haben. So zieht die Spielfigur die Waffe automatisch nach oben, wenn der Held nah genug an ein Objekt herantritt bzw. kriecht. Das bedeutet, dass man zurückrobben muss, um schießen zu können, das nervt etwas.

Der Sound im Spiel ist angemessen, manchmal nervt die Hintergrundmusik etwas, wenn sie Geschwindigkeit aufnimmt, um künstlich Spannung zu erzeugen, manchmal auch an falscher Stelle. Die Synchronisierung ist eher unauffällig, dafür hat man ab und zu das Gefühl, in einem "Star Wars"-Film zu sein. Denn jedes Mal, wenn der Held in den Zoom-Modus schaltet, hört man im Geiste "Ich bin dein Vater, Luke". Scheinbar hat der Held beim Schießtraining nicht aufgepasst, wie er seinen Atem besser kontrollieren kann. Razor Six Four atmet wie Darth Vader unter seiner Maske und das ist immer wieder überraschend.

 

  

Fazit

Die Handlungen des Scharfschützen Tyler Wells unterscheiden sich ziemlich von den Aufgaben der Helden, die man aus anderen Ego-Shootern kennt: Infiltrieren, unauffällig sein, möglichst nicht schießen und dann warten, warten und nochmals warten, bis die Zielperson erscheint. Ganz so schlimm ist es in "Sniper: Ghost Warrior" für die PlayStation 3 nicht. Wells gerät aber nur in Feuergefechte, wenn er mit seinem ersten Schuss nicht trifft. Dann allerdings entwickeln die Feinde Adleraugen und extrem hohe Schussgenauigkeit. Den Auftrag durchzuführen, fällt dementsprechend sehr schwer, gerät sogar vereinzelt unmöglich zu gelingen. Diese Notwendigkeit, nicht aufzufallen und beim ersten Schuss zu treffen, macht das Spiel gleichwohl sehr spannend, wenn auch nicht besonders abwechslungsreich. Der Singleplayer-Modus auf Schwierigkeitsstufe "Schwer" ist eine Herausforderung und besser gelungen als die beiden ersten Versionen für die Xbox 360 und den PC, wenn man den Rezensionen des letzten Jahres glauben darf. Der Multiplayer-Modus ist meiner Meinung nach nur dazu da, einige Mehrspieler-Trophäen vergeben zu können, da gibt es wesentlich bessere Genre-Vertreter. First-Person-Shooter-Freunden, die auch sonst nicht in Cowboy-Manier ihren Gegnern begegnen, sei "Sniper: Ghost Warrior" für die PlayStation 3 aber durchaus empfohlen. Ich persönlich würde mir vor diesem Hintergrund sogar eine Fortsetzung der Abenteuer um Razor Six Four wünschen.

(26.05.2011)


Fazit

   Die Handlungen des Scharfschützen Tyler Wells unterscheiden sich ziemlich von den Aufgaben der Helden, die man aus anderen Ego-Shootern kennt: Infiltrieren, unauffällig sein, möglichst nicht schießen und dann warten, warten und nochmals warten, bis die Zielperson erscheint. Ganz so schlimm ist es in "Sniper: Ghost Warrior" für die PlayStation 3 nicht. Wells gerät aber nur in Feuergefechte, wenn er mit seinem ersten Schuss nicht trifft. Dann allerdings entwickeln die Feinde Adleraugen und extrem hohe Schussgenauigkeit. Den Auftrag durchzuführen, fällt dementsprechend sehr schwer, gerät sogar vereinzelt unmöglich zu gelingen. Diese Notwendigkeit, nicht aufzufallen und beim ersten Schuss zu treffen, macht das Spiel gleichwohl sehr spannend, wenn auch nicht besonders abwechslungsreich. Der Singleplayer-Modus auf Schwierigkeitsstufe "Schwer" ist eine Herausforderung und besser gelungen als die beiden ersten Versionen für die Xbox 360 und den PC, wenn man den Rezensionen des letzten Jahres glauben darf. Der Multiplayer-Modus ist meiner Meinung nach nur dazu da, einige Mehrspieler-Trophäen vergeben zu können, da gibt es wesentlich bessere Genre-Vertreter. First-Person-Shooter-Freunden, die auch sonst nicht in Cowboy-Manier ihren Gegnern begegnen, sei "Sniper: Ghost Warrior" für die PlayStation 3 aber durchaus empfohlen. Ich persönlich würde mir vor diesem Hintergrund sogar eine Fortsetzung der Abenteuer um Razor Six Four wünschen. (26.05.2011)


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