Spider-Man: Edge of Time

Spider-Man: Edge of Time (PS3)

(Activision)

geschrieben von Pavel Girard

 

 
Entwickler: Beenox
Publisher: Activision
Genre: Action
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Spider-Man: Edge of Time
Preis: 69,99 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 12 Jahren gemäß §14 JuSchG

Wie der Titel des Spiels bereits vermuten lässt, dreht sich die vom Spider-Man-Comic-Autor Peter David erdachte Geschichte ganz um das Thema Zeitreisen. Diese sind schon lange nicht mehr nur in der Filmwelt, sondern auch in der der Videospiele beliebt: Bereits 1987 reiste man im ersten "Final Fantasy“-Teil durch die Zeit und 1995 flog man, im Super-Nintendo-Hit "Chrono Trigger“, mit einem Zeitschiff munter durch die Epochen. Modernere Genrevertreter sind beispielsweise die Ego-Shooter "Singularity“ und "Timeshift“, in denen der Spieler sogar selbst die Zeit vor- und zurückdrehen durfte. "Spider-Man: Edge of Time" kommt vom kanadischen Entwickler Beenox, der sich schon für den direkten Vorgänger "Shattered Dimensions“ verantwortlich zeichnete. Schafft es das neueste "Spider-Man"-Spiel, frischen Wind in das Thema bringen und sich gleichzeitig gegen den allseits gepriesenen Konkurrenten "Batman: Arkham City“ zu beweisen?

Zurück in die Zukunft

Industriemagnat Walker Sloan reichen Ruhm und Geld in seiner Zeit nicht aus, deshalb reist er, mittels eigener Firmentechnologie, zurück in die Siebziger Jahre, wo er lange vor der Konkurrenz sein Imperium "Alchemax" neu erschafft. Dieser nicht einzuholende wirtschaftliche Vorsprung macht ihn zum mächtigsten Mann der Erde und eine neue, düstere Alternativwelt ist die Folge. Hier hat die New Yorker Zeitung "Daily Bugle" nie existiert und ihr wohl populärster Mitarbeiter, Peter Parker alias "The Amazing Spider-Man", ist kein Reporter, sondern ironischerweise Mitglied von Sloans eigener Sicherheitstruppe. Schlimmer noch, im Zuge dieser Entwicklungen muss Parker in den Klauen Eddie Brocks, besser bekannt als "Anti-Venom", sein Leben lassen. Miguel O`Hara, der "Spider-Man 2099", kann zuvor jedoch noch Kontakt zu ihm aufnehmen, ihn warnen und so seinen Tod zu verhindern. Fortan arbeiten die beiden "Spinner“ zusammen, um die ursprüngliche Realität wiederherzustellen, ermöglicht wird dies durch ein Kommunikationsportal, das beide Welten miteinander verbindet. Soweit, so logisch.

"Spring nicht, Spidey!"

Während "Shattered Dimensions" verschiedene Gameplay-Ansätze wie etwa Stealth-Abschnitte bot, gibt sich "Edge of Time" da einseitiger und kommt als reines Actionspiel daher. In den Büros, Roboterfabriken und Kanalisationen von Alchemax, die das komplette Setting vorgeben, wütet man sich durch Horden von Sicherheitsteams und ausgebrochenen Testsubjekten. Zwar werden dann und wann auch Schlüssel eingesammelt und Generatoren zerstört, der Fokus liegt aber ganz klar auf den Kämpfen gegen die teils ziemlich hartnäckigen Gegner. Auf diese prügelt man unter Verwendung von zahlreichen Kombos ein und sieht dabei zu, dass man nicht überrannt wird. Taktisch verlaufen die Rangeleien trotz Kombo-Vielfalt nicht, stattdessen ist simples "auf die Tasten hämmern“ die Regel. Noch unkontrollierbarer werden die Kämpfe dadurch, dass Spider-Man weder ausweichen, noch Gegner anvisieren kann. Man kann nur hektisch zuschlagen und sich gegebenenfalls per Netz in Sicherheit bringen, wenn es eng wird. Das frustriert besonders auf den höheren Schwierigkeitsgraden, weil man oft dort trifft, wo man es nicht wollte und stattdessen selbst einstecken muss. Bei der Steuerung der beiden Helden gibt es keine wesentlichen Unterschiede: Während Schläge und Tritte mit derselben Taste ausgeteilt werden, lässt die L2-Taste Peter etwa für kurze Zeit schneller rennen, während Miguel damit einen Köder aussenden kann, der die Feinde ablenkt.

Verschiedenfarbige einzusammelnde Energiekügelchen machen dabei das Spinnenleben etwas erträglicher. Die findet man im Grunde überall, sie werden von Gegnern hinterlassen, springen auf Knopfdruck aus Konsolen oder liegen einfach nur herum. Rote Orbs bringen verlorene Lebensenergie zurück, blaue fungieren als Währung, mit der man neue Angriffe freischaltet. Außerdem gibt es goldene Spinnen, die allerdings wesentlich seltener sind. Sie sind entweder in den Levels versteckt und können per "Spinnensinn" aufgespürt werden oder aber sie werden von härteren Gegnern bewacht. Mit ihnen kann man die elementaren Werte Gesundheit, Schild und Ausdauer verbessern. Zweite Hauptaktivität des Spielers sind Plattforming-Abschnitte, in denen man in den linearen Levels per Punkt-zu-Punkt-Sprung vertikale Schächte erklimmt, Laserbarrieren ausweicht oder sich über Abgründe und Säurebecken schwingt. Besonders hier macht dem Spieler die virtuelle Kamera schwer zu schaffen und mehr als einmal bleibt man irgendwo hängen und stürzt unverschuldet in den Tod.

Bei aller Meckerei hat "Spider-Man: Edge of Time" aber dennoch ein Ass im Ärmel: die sogenannte "Quantumkausalität", die ein zentrales Gameplay-Element darstellt. Diese besagt, dass Aktionen in der Vergangenheit die Zukunft unmittelbar verändern können. Das ist praktisch, denn ständig gerät der Vergangenheits-Spider-Man in lebensgefährliche Situationen, aus denen ihm nur der zukünftige heraushelfen kann. Mal muss ein gigantischer Sicherheitsroboter bereits in der Produktionshalle zerstört werden, damit er den anderen Spider-Man nicht zerquetschen kann, ein anderes Mal senkt man Atomreaktoren ab, damit der andere nicht verstrahlt wird. Das alles geschieht unter Zeitlimit und mit einer, von TV-Serien inspirierten, Bild-im-Bild-Darstellung der Zukunftssituation, beides setzt die Spieler unter Druck und motiviert sie gleichermaßen.

Eine weitere Abwechslung vom Action-Allerlei bringen die, aus "God of War 3" oder "Dead Space 2" entliehenen, "Freier Fall"-Abschnitte, in denen das ohnehin recht rasante Spieltempo noch höher geschraubt wird. Mit haarsträubender Geschwindigkeit stürzt man kilometerlange Schächte hinab und weicht dabei allerlei Hindernissen wie Trümmerteilen oder sich bewegenden Röhren aus. Das ist knifflig und man ist dankbar für die fairen Checkpoints, die einem das Spiel setzt.

Scheu vor der Kamera

Die Spielgrafik ist im Großen und Ganzen chic, kann jedoch nicht mit der visuellen Präsentation des Vorgängerspiels oder gar den neuesten "Batman"-Titeln mithalten. Das Gleiche gilt für das generische Level-Design, welches wenig Spezielles bietet. Lediglich der "Hydroponische Garten", in dem mutierte Pflanzenreben die Sci-Fi-Architektur überwuchert haben und man sich durch gigantische Räume schwingt, verbleibt einem in Erinnerung. Trotzdem gibt es immer wieder atmosphärische Momente, wenn etwa Spidey durch einen Lüftungsschacht klettert und die Kamera dabei tollkühn eine 360-Grad-Drehung vollführt. Auch die Zwischensequenzen, die die Geschichte vorantreiben, sehen gut aus und sind dynamisch animiert. Generell ist das größte Manko, dass die Kamera meist viel zu weit von Spider-Man entfernt positioniert ist, sodass man die eigentlich gelungenen Animationen des Spielcharakters gar nicht zu schätzen lernen kann.

John Williams lässt grüßen

Der orchestrale Soundtrack des Spiels gibt sich düster-dramatisch mit elektronischen Einflüssen und passt gut zu Thematik und Geschehen. Stimmig setzt dieser immer dann ein, wenn viel auf dem Bildschirm los ist oder Spider-Man in eine besonders gefährliche Situation gerät. Leider wiederholt sich derselbe Score allzu oft. In den späteren Levels erinnern die Up-Tempo-Streichereinlagen stark an "Star Wars", was zwar dreist ist, der Atmosphäre aber nichtsdestotrotz zugute kommt. Die, ausschließlich englische, Sprachausgabe ist sehr überzeugend und profitiert von den teils prominenten Sprechern, wie etwa Val Kilmer als Walker Sloan. Die im ununterbrochenen Kontakt stehenden Spider-Men reden jedoch im Staccato-Tempo daher und so fällt es oft schwer, dem Geschehen zu folgen, sofern man kein Muttersprachler ist. Die Soundeffekte sind passend, könnten aber etwas knalliger sein.

Fazit

"Spider-Man: Edge of Time" ist, man verzeihe mir die abgedroschene Floskel, ein zweischneidiges Schwert: Bei aller schnellen Action krankt das Spiel an Abwechslungsarmut, die durch eben die repetitiven Kämpfe überhaupt erst entsteht. Die Geschichte ist prinzipiell gut und wird durch die tollen Zwischensequenzen schön präsentiert, durch die Dialog-Erzählweise während des Spielens kann man ihr aber nicht besonders gut folgen. Die größte Stärke des Spiels ist aber, dass oft ein guter Spielfluss entsteht: Es beeindrucken die nicht vorhandenen Ladezeiten, die das Spiel flüssiger, schneller und kurzweiliger erscheinen lassen. Selbst, wenn zwischen den beiden Spielcharakteren und Welten gewechselt wird, geschieht das ohne Unterbrechung. Höchstens eine Zwischensequenz unterbricht das Geschehen, aber selbst diese geht elegant in das Echtzeit-Gameplay über.

Spidey-Fans sollten sich das Spiel also trotz einiger Fehler anschauen, da sie die Action insgesamt bei der Stange halten wird und gerade sie die wirre Story durch Wissen kompensieren können. Sie werden sich aber garantiert darüber ärgern, dass es in "Edge of Time" keine Schurkenansammlung wie in "Arkham City" gibt, lediglich drei Bösewichte darf man bekämpfen. Die werden an dieser Stelle natürlich nicht verraten.

(09.11.2011)

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