Deponia

Deponia (PC)

(Daedalic Entertainment)

geschrieben von Samet Eroglu

 

     
 

"Elysium. Ein Paradies auf Erden. Zumindest besser als auf Deponia", denkt sich Rufus, der Held von Daedalics neuster Kreation. Vom Leben auf Deponia hat Rufus die Nase voll, er möchte nicht mehr im Schrott leben, zwischen all den alten Autos und Häusern mit Blechdächern. Deswegen hat er den Ehrgeiz, die schwebende Stadt Elysium zu erreichen und seinem alten Leben den Rücken zu kehren. Hoch angepriesen und von Gerüchten umgeben, will er unbedingt nach Elysium, auch sein Vater soll dorthin gegangen sein und ihn ganz allein zurückgelassen haben. Ungeachtet davon, dass ihn seine Mitbürger wegen seines Plans verspotten, gibt Rufus nicht auf und versucht immer wieder die gelobte Stadt zu erreichen. Währenddessen geht er bedauerlicherweise nicht seinem Tagewerk nach, sondern, schnorrt sich bei seiner Ex-Freundin durch und verursacht in seinem Heimatdorf Kuvaq bei seinen Versuchen und waghalsigen Plänen zum Erreichen von Elysium, Kummer und Ärger.

Rufus, ein Genie oder doch ein Tagträumer?

Ständig versucht Rufus, einen seiner "Perfekten Pläne" in die Tat umzusetzen, doch leider vernebelt ihm meist seine hochmütige, geradezu selbstverliebte Art, die Aussicht auf Erfolg. Unzählige Male ist er bereits auf dem Weg zum Ziel abgestürzt, explodiert, verletzt, verbrannt und noch vieles mehr, nur um am Ende immer dasselbe Resultat zu erleben: Misserfolg. Dabei kann sich Rufus gar nicht mit seinem derzeitigen Leben abfinden, obwohl ihn seine Exfreundin Toni bei ihr leben lässt, durchfüttert und sogar die Hausarbeiten übernimmt, die Rufus vernachlässigt, versucht er nicht, einmal den Hauch von Dankbarkeit zu zeigen. Im Gegenteil, er empfindet den Umgang mit ihm sogar als unangebracht und fühlt sein Genie als nicht gewürdigt. An dieser Stelle muss man Rufus auch mal Recht geben, denn an Ideenreichtum mangelt es ihm in wirklich nicht. Genug "Material" (Schrott) hat Rufus auch um sich, um mal eben eine Rakete zu basteln, die in nach Eylisum befördern soll, aber auch das hilft nicht, denn leider ist er mit sehr viel Ungeschick und Unglück geradezu gesegnet.

Der Tag, an dem es fast geklappt hat

Genau an diesem Tag steigt der Spieler ins Geschehen ein. Rufus geht den Plan nochmals durch, um sein lang vorbereitetes Vorhaben umzusetzen. Er will sich mit einer Rakete auf eine Monorail schießen, dies sind fliegende Kreuzer der "Organon", welche den Müll von Elysium nach Deponia "befördern" … jedenfalls nennen sie dies so, denn sie werfen ihn einfach weg. Die Organon patrouillieren zwischen Deponia und Elysium, sie versuchen, Aufstände und Fluchtversuche der "Deponianer" zu verhindern. Dabei ist den Organon jedes Mittel, das zum Zweck dient, recht. Rufus sieht eine Möglichkeit, nach Elysium zu gelangen, indem er sich in die Monorail einschleicht. Dabei ist eine Rakete zwar nicht das geeignetste Fahrzeug, doch es klappt. Nach seinen unzähligen Versuchen schafft es Rufus zum ersten Mal soweit weg und sogar sein Koffer mit Proviant übersteht den Flug. Auf der Monorail entdeckt Rufus zu seiner großen Verwunderung, dass er nicht allein ist, sondern mit einer Elysianerin, namens Goal, bei den Triebwerken steht. Sie entdeckt Deponia und ist ganz außer sich, da sie eine Kundschafterin von Elysium ist. Doch in diesem Moment trifft auch die Patrouille von Organon ein. Nach einem kurzen Dialog wird klar, dass die Männer etwas aushecken und bedrohen Goal. Rufus, der von Goal ganz betört ist, entschließt sich sie zu retten. Doch beim Versuch Goal vor den Wachleuten zu retten passiert Rufus ein Missgeschick. Anstatt die Wachleute mit dem Müll auf Deponia hinabzuwerfen, betätigt Rufus den Hebel, um Goal mitsamt dem Müll nach Deponia zu befördern. Von den Wachen entdeckt wird auch Rufus von Bord geschmissen und landet wieder auf Deponia.

Am Boden der Tatsachen

Wieder festen Boden unter den Füßen, bemerkt Rufus die Aufregung in seinem Heimatdorf Kuvaq. Eine Elysianerin ist vom Himmel gefallen und in einen tiefen Schlaf versunken. Obwohl Rufus allen erzählt, dass er Goal gerettet hat, glaubt ihm keiner. Ganz im Gegenteil, alle meinen, dass Rufus wie immer Unheil anrichten wird und natürlich ist auch niemand überrascht, dass Rufus wieder zurückgekehrt ist. Rufus kann sogar deutlich die Enttäuschung bei seinen Mit-Deponianern sehen, dass er die Reise heil überstanden hat. So überlegt sich Rufus aus reinster Nächstenliebe, Goal wieder aufzuwecken und zurück nach Elysium zu bringen. Da sieht natürlich Rufus sofort die Gelegenheit, dass Goal für ihn das Ticket nach Elysium darstellt. So geht Rufus auf ein Abenteuer, ohne zu ahnen, was ihn noch alles erwarten wird.

Click Click, Point Point

Zur Spielmechanik muss eigentlich nicht viel gesagt werden. Es ist einfach das klassische Point and Click. Der Spieler fährt mit der Maus über Objekte oder Personen und kann per Linksklick mit ihnen interagieren und sie per Rechtsklick betrachten. Demjenigen, dem das schwerfällt, bekommt vor dem Spielbeginn sogar noch ein lustiges Tutorial spendiert. Per Mausrad kann der Spieler sein Inventar öffnen oder die Steuerung so einstellen, dass sich das Inventar öffnen soll, sobald sich der Mauszeiger am Bildschirmrand befindet. Wie auch in den vorherigen Titeln von Daedalic, kann der Spieler sich durch das Drücken der Leertaste alle integrierbaren Objekte und Personen zeigen lassen. Beim Wechseln von Orten kann man per Doppelklick sich etwas Zeit sparen, da sich Rufus dann sofort am Schauplatz befindet und so der Spieler nicht abwarten muss, bis Rufus einmal komplett über den Bildschirm gelaufen ist. Die Spieler, die keine Dialoge oder das Herumrätseln mögen, diese sind wahrscheinlich bei Point and Click-Spielen generell falsch, denn genau diese Elemente sind die Herzstücke des Genres. Da Rufus nur durch Dialoge erfährt, wie ein Knobelrätsel zu lösen ist, ein Problem beseitigt oder man alle witzigen Sprüche erleben will, muss der Held mit jeder Person sprechen und alle Objekte betrachten. Hier kann der Spieler auch erkennen, wie viel Mühe investiert wurde, um Rufus als interessanten Charakter zu zeichnen. Der Spieler empfindet nicht nur Sympathie für seinen Protagonisten, sondern er fühlt sogar mit Rufus mit. Schnell hat sich Rufus ins Herz des Spielers geschlichen und trotz seiner arroganten und tollpatschigen Art Tränen vor Lachen erzeugt. Jedes gelöste Rätsel ist nicht einfach ein Fortschritt für Rufus, sondern löst auch beim Spieler Glücksgefühle aus.

Unvergleichbar

Diejenigen, die jetzt "Deponia" mit Daedalic´s letztem Spiel "Harveys Neue Augen" vergleichen wollen, werden sich schwertun. Zwar sind beide Spiele Point and Click-Adventures und auch beide eher lustig, aber das wäre wie, wenn jemand "Mario Kart" mit "Colin McRae" vergleichen würde. Beides sind zwar Rennspiele, sprechen aber ganz andere Genrefans an. Während bei "Harveys Neue Augen" oder "Edna bricht aus" die Zeichnungen kunterbunt und verrückt sind, hat "Deponia" detaillierte und realistischere Zeichnungen, weshalb das Spiel eher mit "The Whispered World" und "A New Beginning" vergleichbar ist. In jeder einzelnen Zeichnung sieht man, wie viel Liebe und Aufwand in die Gestaltung hineingesteckt wurde. Die Charaktere ähneln zwar eher denen von "Harveys Neue Augen" oder "Edna bricht aus", die Umgebungsgrafiken jedoch können mit "The Whispered World" mithalten. Die Dialoge sind witzig und die Rätsel lösbar. Eine sehr gute Mischung auf beiden Spielegattungen.

Eine Welt für sich

Die einzelnen Schauplätze sind sehr lebendig. Mal fliegt ein Schrottvogel durch die Luft oder ein kleiner Hubschrauber düst durch die Bildschirmecke. So bleiben die einzelnen Orte recht einzigartig und unterscheiden sich stark voneinander. Die Cutscenes, an welchen nicht gespart wurde, geben dem Spiel mehr Action und Geschwindigkeit und lockern das Gameplay sehr auf. Nachdem sie nach und nach freigespielt wurden, können diese im Hauptmenü auch erneut angesehen werden. Die Atmosphäre ist genial und der Spieler kann in eine fremde Welt eintauchen und Stunden damit verbringen, ohne die reale Welt zu vermissen. Die Synchronisation ist wie schon bei den bereits oben genannten Titeln einfach großartig. Auch Jan Müller-Michaelis hat wie schon in "Harveys Neue Augen" wieder Songs beigetragen. Der Soundtrack ist zwar vollkommen passend, aber nach einer Weile recht eintönig, da sich ein bestimmter Track sehr oft wiederholt. An dieser Stelle hätte es vielleicht für die einzelnen Orte etwas mehr Abwechslung geben können. Wenn der Spieler wirklich mal irgendwo feststeckt, nicht weiterkommt und dabei die ganze Zeit dieselbe Melodie hört, wird es etwas nervtötend. Auch haben sich ein paar kleine Clippingfehler eingeschlichen, die den Spielspaß jedoch nicht mindern.

Ein erstklassiges Point and Click-Adventure: Obwohl es viele andere gute Adventures gibt, wird aber meiner Meinung nach, keine anderen Adventures so liebevoll erstellt wie die von Daedalic. Der Stil und die Zeichnungen sind einfach nur genial. Obwohl mir auch "Harveys Neue Augen" Spaß gemacht hat, empfinde ich "Deponia" einfach viel spannender und lustiger. Die Atmosphäre, die im Spiel aufgebaut wird, ist unglaublich. Ich hatte sehr viel Spaß und werde es sicherlich auch noch öfters spielen. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass ein Nachfolger erscheint und mich wieder in die abenteuerlustige Welt von Deponia entführt. Zu guter Letzt muss noch die Preispolitik gelobt werden, denn das Spiel ist jeden Cent wert zu einem sehr fairen Preis.

(15.03.2012)

 

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