Warhammer - Mark of Chaos

Warhammer - Mark of Chaos

(Deep Silver)

geschrieben von Sebastian Schäfer

 

 
Entwickler: Black Hole Games
Publisher: Deep Silver
Genre: Fantasy-Echtzeitstrategie
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Warhammer - Mark of Chaos
Preis: 42,90 € / 58,90 € (Collectors Edition)
Altersfreigabe: Freigegeben ab 12 Jahren gemäß §14 JuSchG

Der Nebel wabert über den Hügelkamm, als Hauptmann Stefan von Kessel mit seinem Regiment imperialer Schwertkämpfer die Anhöhe hinaufsteigt. Oben angekommen, gibt er seinen Männern ein Zeichen, still zu sein. Am Fuße des Hügels kann man zwischen den Bäumen ein Lagerfeuer und etwa 20 Nachtgoblins ausmachen, die dort kampieren. "Ein gefundenes Fressen für uns", denkt sich Stefan und gibt das Zeichen zum Angriff. Die ersten paar Meter geht das Regiment gemächlich vor, bis ein lautes "Charge!" durch die Reihen schallt. Die Männer beginnen, Schlachtrufe auszustoßen und zu laufen. Die Nachtgoblins schrecken wegen der schreienden Angreifer hoch und formieren sich hastig. Ein lautes "Waaagh!" schallt hoch zu Hauptmann von Kessel, und er sieht, wie die Goblins ebenfalls zu laufen beginnen. Sekunden später krachen beide Regimenter ineinander, und ein wildes Gemetzel nimmt seinen Lauf. Der Hauptmann kämpft sich durch die Reihen der Goblins, bis er vor deren Anführer steht. Ein 70 cm großer, grimmig dreinschauender Goblin schaut ihn verdutzt an, bevor ihn das Schwert des Imperialen durchbohrt. Eine Grünhaut nach der anderen geht zu Boden, die restlichen Drei treten aufgeregt die Flucht an. Der Hauptmann bedeutet seinen Männern, sie nicht zu verfolgen und den Weg in Richtung des Dorfes im Norden fortzusetzen.

So oder so ähnlich darf man sich Deep Silvers Strategiemeisterwerk "Warhammer - Mark of Chaos" vorstellen. Wie der Name schon andeutet, orientiert sich das Echtzeitstrategiespiel an dem gleichnamigen Tabletop aus dem Hause Games Workshop.

Es war einmal ...

Die Story stammt aus dem Warhammer-Universum. Zu Beginn darf man sich für eine von zwei großen Kampagnen entscheiden. Dabei kann man wahlweise aufseiten des Imperiums oder des Chaos anheuern. Jede dieser Kampagnen findet während desselben Krieges, aber jeweils auf der Seite des Guten oder des vermeintlich Bösen statt. Beide Möglichkeiten führen zu einem anderen Ende, so dass sowohl die einen als auch die anders gesinnten Spieler ihren Spaß haben werden. Leider ist es nicht möglich, die Story des Spiels, ohne zu viel zu verraten, wiederzugeben. Aus diesem Grunde sei nur soviel angedeutet: Sie ist sehr spannend und hält die eine oder andere unvermutete Wendung für den Spieler parat.

Aus einem Brettspiel wird ohne Probleme ein Computerspiel

Grundsätzlich startet der Spieler auf beiden Seiten mit einer kleinen Armee, bestehend aus drei Regimentern und einem Helden, die aber im Verlaufe des Spiels um weitere aufgestockt werden können. Die Kampfregeln des Spiels wurden eins zu eins vom Tabletop adaptiert und für das Echtzeitspiel umgesetzt. Das stellt allein bereits eine Herausforderung dar, da es sich beim Tabletop um ein rundenbasiertes Strategiespiel handelt. Die Reibungspunkte der beiden Varianten wurden aber so gut kaschiert, dass man selbst als erfahrener Tabletop-Spieler nichts bemerkt.

Jede Kampagne ist in unterschiedliche Missionen respektive Schlachtfelder unterteilt, zwischen denen auf einer dreidimensionalen Übersichtskarte gewechselt wird. Auf seinem Weg von Schlachtfeld zu Schlachtfeld findet der Spieler immer wieder Rastmöglichkeiten und Zeughäuser, wo er seine Armee aufrüsten kann. Das kann er durch Qualität oder Quantität erreichen. Der Spieler hat wahlweise die Möglichkeit, seine Armee durch weitere Einheiten zu verstärken oder vorhandene Einheiten aufzuwerten. Hierbei kann der Spieler aus vielen Aufwertungsmöglichkeiten, die man auch vom Tabletop her kennt, wählen. So steigert eine Einheit durch bessere Waffen ihre Angriffskraft, beschleunigt durch Musikanten die Formationswechsel oder stärkt durch einen Standartenträger die Moral der Truppe. Gleichzeitig werden hier gefallene Truppenteile nachgeordert. Jede der möglichen Aktionen verbraucht Gold, das durch siegreiche Schlachten verdient wird. Komplettiert wird die Übersichtskarte durch optional zu besuchende Schlachtfelder, die zwar keinen gravierenden Einfluss auf die Story haben, aber die strategische Ausgangsposition des Spielers verbessern können.

Startet man eine der vielen Schlachten, wechselt das Spiel in die für diese Art typische frei dreh- und zoombare 3D-Ansicht, die stark an "Warcraft 3" erinnert. Dabei fällt sofort die vielfältige und detailreiche Grafikpracht ins Auge. Sogar in der höchsten Zoomstufe scheinen sich die einzelnen Soldatenmodelle nicht zu wiederholen. Da hüpft das Tabletop-Spielerherz, denn die Miniaturen sind teuer und gleichen sich mit Ausnahme der sehr teuren Zinnmodelle eigentlich immer.

Einen Kasten hier, ein Mausklick da und "Angriff!"

Zu Beginn einer Schlacht hat der Spieler in einem begrenzten Feld seine Regimenter aufzustellen. Während dies anfangs angesichts der großen Entfernung zum Gegner noch wenig Sinn ergibt, kennen Tabletop-Spieler die Situation, in der das Ganze wichtig ist: wenn zwei Armeen sich direkt gegenüberstehen. Und in genau solch einer Situation ist die Startaufstellung wichtiger, als man denken mag. Wie im Tabletop ist es äußerst bedeutsam, dass man die feindlichen Regimenter von der Flanke angreift, um einen strategischen Vorteil zu gewinnen.

Auch wenn die Spielmechanik auf den ersten Blick kompliziert erscheint, und das Regelwerk des Tabletops doch etwas umfangreicher ist, kommt "Mark of Chaos" ohne dickes Begleitheft aus. Dem Spieler sei hier das gut durchdachte Tutorial ans Herz gelegt, das ganz ohne viel lesen zu müssen die Regeln des Schlachtfeldes ausreichend erklärt.

Neben dem schön gestalteten Einzelspielermodus hat Deep Silver dem Spiel auch einen großartigen Multiplayermodus spendiert. Genau wie im Tabletop kann sich der Spieler eine Armee, die in Punkten bewertet wird, zusammenstellen und damit gegen einen anderen Spieler via LAN oder Internet antreten. Die Punktebewertung soll dabei für die Balance sorgen. Ein voll ausgerüstetes Regiment mit Anführer, Musikant und Standartenträger verschluckt leicht genauso viele Punkte wie das bei zwei normalen Regimentern ohne zusätzlichen Schnickschnack der Fall ist. Leider kann man hier lediglich die Völker aus dem Hauptspiel und deren Verstärkungen auswählen. Zwergen-, Skaven- oder Orkspieler müssen auf Verstärkungs- und Söldnereinheiten zurückgreifen, und Untoten- sowie Elfeneinheiten wurden gar ganz weggelassen. Einen Tropfen Wermut gibt es aber für die vernachlässigten Spieler: Deep Silver hat ein Addon mit den bislang schmerzlich vermissten Armeen in Aussicht gestellt.

Grafik und Sound

Die Grafik ist ohne Frage Next-Gen. Bloom-Effekte paaren sich mit "high dynamic range rendering", und kaum eine Figur gleicht der anderen. Vielleicht hätte Deep Silver an einigen Stellen mit dem Weichzeichner sparen können, damit das Ganze nicht ganz so unrealistisch und kitschig erscheint, aber auch darüber kann man noch hinwegsehen. Das Gelände um die Schlachtfelder herum ist teilweise animiert und belebt die Welt von "Mark of Chaos" ein wenig. Die Zinnmodelle sind eindrucksvoll und sehr detailgetreu umgesetzt, und es scheint, als ob Games Workshop hier auch großes Augenmerk darauf gelegt hat. Die Animationen der Figuren sind detailverliebt und realistisch gestaltet. Nach jedem Schuss der Musketenschützen greifen sie zum Ladestock und machen die Büchsen von Hand wieder schussbereit.

Die Geschichte wird zwischen den Missionen durch kleine Videosequenzen erzählt, die leider etwas unter der starken Kompression leiden, und es fällt deutlich auf, dass die Sequenzen des Chaoshelden doch mehr Spezialeffekte zeigen als die der imperialen Kampagne.

Der Sound und die Musik der Videos und des Spiels selbst sind genial in Szene gesetzt und passen fast immer zum aktuellen Geschehen auf dem Schirm. Die Synchronstimmen der wichtigen Charaktere spiegeln perfekt deren Gesinnung und Rasse wieder und fügen sich auch prima in die Geschichte ein. Das Klirren der Schwerter und der Knall der Musketen und Kanonen ist einfach einmalig und harmoniert mit dem Warhammer-Universum.

Mir ist das Herz aufgegangen, als ich gehört habe, dass mal wieder eine Umsetzung des Warhammer-Fantasy-Tabletops geplant ist. Als alter Fan der Serie war ich überglücklich, bis ich hörte, dass keine Untoten- und keine Ork- beziehungsweise Goblinarmeen in das Spiel aufgenommen werden. Das hat mich aber nicht davon abgehalten, dennoch unparteiisch an das Spiel heranzugehen, und mich als überzeugter Nachtgoblin- und Schwarzorkspieler auch einmal an eine imperiale Saubermannarmee heranzuwagen. Und ich muss sagen, das Spiel hat mich positiv überrascht. Anfangs war ich ja noch etwas skeptisch, ob es Deep Silver gelingen wird, die Schwierigkeiten und Probleme der Umsetzung eines rundenbasierten Brettspiels in ein Echtzeitstrategiespiel auf dem Computerschirm zu lösen. Und entgegen meiner Vermutung haben sie es von der Magie bis zum umfallenden Riesen geschafft. Sogar der Multiplayermodus ist perfekt gelungen. Warhammer-Spieler werden mit diesem Stück viel Spaß haben, und auch als Quereinsteiger braucht man sich nicht zu fürchten und wird vielleicht hinterher die eine oder andere Miniatur von Games Workshop kaufen und mit der Tabletopversion beginnen. Insgesamt hat mir das Spiel sehr gefallen.

(01.03.2007)

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