Captain America: Super Soldier (XBox 360)

Captain America: Super Soldier (XBox 360)

(SEGA)

geschrieben von Alexander Eschner

 

 
Entwickler: Next Level Games
Publisher: SEGA
Genre: Jump'n'Run, Beat'em Up
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Captain America: Super Soldier
Preis: 49,99 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 16 Jahren gemäß §14 JuSchG

Immer dann, wenn die Bösewichte dieser Welt sich vereinen, um die Welt zu unterjochen, können die Vereinigten Staaten von Amerika auf ein breites Spektrum von Superhelden zurückgreifen. Dieses Mal wird vom Comicverlag Marvel, der wohl patriotischste aller Helden entfesselt: Captain America. Ihn erwartet jedoch keine leichte Aufgabe, er muss die nationalsozialistischen Deutschen bezwingen, die aufgrund von Genmanipulation langsam in Europa die Oberhand gewinnen.

Am Anfang war die Mutation

Wir schreiben das Jahr 1944. Irgendwo in einem Schützengraben in Frankreich beginnt das Spielgeschehen. Die amerikanische Infanterie steht plötzlich einer völlig neuen Situation gegenüber. Die deutsche Armee ist scheinbar in den Besitz einer neuen Technologie gelangt, die ihrer Zeit weit voraus ist. Doch damit ist es noch nicht getan. Die deutschen Soldaten selbst verfügen über unmenschliche Fähigkeiten, denn einige von ihnen wurden Teil von Experimenten mit dem Decknamen "Projekt Masterman", die das Erbgut verändern. So wurde bei allen die Kommunikation zwischen den Augen und dem Hirn um das Dreifache erhöht. Somit können all diese Truppeneinheiten ihr feindliches Ziel dreimal schneller als natürlich erkennen und eliminieren. Jene Soldaten stehen unter dem Befehl von "Hydra", einer geheimen Organisation, die mit den Nazis kooperiert, um schnellstmöglich ihre eigenen Ziele zu verwirklichen. Niemand geringerer als Red Skull, der direkte Gegenspieler unseres Protagonisten Captain America, leitet diese Organisation. Das Primärziel der üblen Schergen ist die Aktivierung des sogenannten Schläfers, einer unvorstellbaren Waffe, die das Machtverhältnis der ganzen Welt zugunsten von "Hydra" verändern soll. Um das zu verhindern, schicken die Vereinigten Staaten ihren eigenen genetisch manipulierten Supersoldaten ins Rennen: Captain America.

Das erste Kapitel beginnt in einer regnerischen Nacht an der Front Frankreichs. Bereits bei der ersten Zwischensequenz bekommt der Spieler einen Eindruck davon, was passiert, wenn die Soldaten von "Hydra" in das Kampfgeschehen eingreifen. Die meisten GIs werden überrannt oder ziehen sich panisch zurück. Doch es keimt Hoffnung auf, als der Held zum ersten Mal die Bildfläche betritt. Kaum ist dies geschehen, darf der Spieler auch schon die Kontrolle übernehmen. Das erste Kapitel fungiert als Tutorial. Hier werden erste Schritte und Kampftechniken sowie die Handhabung des Schildes erklärt. Mit ihm kann man beispielsweise gegnerische Angriffe, egal ob nah oder fern, blocken. Der Schild dient Captain America nicht nur als wertvolle Deckung, sondern kann auch als Fernkampfwaffe verwendet werden. Durch kraftvolles Werfen können schon so manche Gefahrenquellen aus der Distanz beseitigt beziehungsweise geschwächt werden. Das Tutorial ist für Einsteiger gut gelungen. Der Spieler weiß sich bereits nach ein bis zwei Minuten selbst zu helfen. Das liegt gewiss daran, dass die Erklärungen beziehungsweise Aufgaben gut nachvollziehbar sind. Hilfreich für den Spieleinstieg ist eine funktionierende Steuerung, dies ist den Entwicklern definitiv geglückt. Ist das erste Kapitel abgeschlossen, geht es zügig in der Geschichte voran und das eigentliche Missionsziel von Captain America kristallisiert sich heraus. Der Geheimdienst der Vereinigten Staaten hat Wind von der Aktivierung des "Schläfers" bekommen und prompt entschieden, dass der Protagonist dies verhindern muss. Es bleibt ihm also keine andere Wahl, als in die Höhle des Löwen zu gehen. Die Höhle ist in diesem Fall ein, wenn man von den Bombardierungsspuren absieht, recht schön aussehendes bayrisches Schloss in den Alpen. Dieses Schloss ist allerdings nicht nur das Hauptquartier der "Hydra", sondern auch das Forschungszentrum des "Projekt Masterman" - somit auch genau der entscheidende Ort, wo der Schläfer erwachen soll.

Der Mann, der alles kann

Natürlich bleibt die Ankunft von Captain America nicht unentdeckt, zumal der Protagonist nur mit einem Flugzeug weiter in das Feindesland eindringen kann. Es kommt, wie es kommen musste: Die ersten Flaktürme eröffnen erbarmungslos das Feuer und beschädigen den Flugtransporter stark: so sehr, dass er nicht einmal den vorgesehenen Absprungpunkt erreicht. Die einzige Option, die bleibt, ist der vorzeitige Ausstieg aus der klapprigen Mühle. Nach einer eher unsanften Landung durch ein Hausdach kommt der Spieler endlich wieder zum Zug. Das erste Missionsziel besteht darin, ein funktionstüchtiges Funkgerät zu finden, um dem eigenen Hauptquartier Bericht zu erstatten. Aufgrund der Tatsache, dass dieser Titel nicht komplett linear verläuft, hat man eine Karte, auf der die Missionsziele markiert sind. Somit hat der Spieler immer einen Orientierungspunkt und kann quasi sein Ziel nicht verfehlen. Allerdings ist es keine Garantie dafür, ohne Probleme dorthin zu gelangen. Es stehen zum Teil ganze Heerscharen von Soldaten bereit, um genau das zu verhindern. Glücklicherweise ist der Superheld ein Kampfsportass. Denn der Schwerpunkt des Spiels liegt eindeutig bei der Prügel-Action. Mit einer Vielzahl von Schlägen, Tritten und Griffen biegt man sich jeden Gegner zurecht. Die Handgemenge machen einen Heidenspaß und sind zum Teil denen von "Batman: Arkham Asylum" ebenbürtig. Zum Teil muss der Spieler während eines Kampfes auch Quicktime-Events meistern. Diese tauchen natürlich erst bei knackigen Gegnern, wie den stark gepanzerten und mit Raketenwerfern ausgerüsteten, "Brennern", auf. Große Mengen von Feinden kann der Held aber auch mithilfe der Umgebung kleinkriegen. Es lohnt sich, immer mal Ausschau nach Sprengfässern oder Gastanks zu halten. Mit einem gezielten Wurf beseitigt man unter Umständen gleich mehrere feindliche Ziele. Durch gutes Kämpfen kann der Spieler auch seine Energieleiste füllen. Ist dies erst einmal geschehen, stehen neue, kräftigere Schläge oder spezielle Manöver zur Verfügung. Eine dieser speziellen Aktionen ist eine Grifffolge, in der der Gegner entwaffnet wird, um ihn anschließend mit der eigenen Waffe niederzustrecken. Für gute Kombinationen wird der Spieler mit Multiplikatoren belohnt, die dann mehr Energie in die Leiste fließen lassen. Allerdings bekommt der Held diese Boni auch, wenn er gut kontert, blockt oder ein abgefeuertes Projektil zum ursprünglichen Besitzer zurückschleudert. Sollte die Energieleiste komplett gefüllt sein, kann der "Super Captain" aktiviert werden, eine Art Raserei, die alles und jeden in die Knie zwingt. Gerade bei Bosskämpfen bildet diese eine sehr hilfreiche Option.

Der zweite Schwerpunkt des Spiels liegt auf der Fortbewegung. Wer glaubt, dass Captain America nur zu Fuß unterwegs ist, irrt gewaltig. Aufgrund seiner akrobatischen Fähigkeiten kann der Supersoldat viele Hindernisse umwandern beziehungsweise überwinden. Es kommt häufig vor, dass der Spieler klettern, sich an Rohren schwingen oder an Wänden entlang rennen muss. Diese eher ungewöhnliche Fortbewegungsmethode ist beim Spiel allerdings essenziell. Ohne die Turnübungen würde so manches Ziel unerreichbar bleiben. Glücklicherweise ist die Handhabung sehr simpel gestaltet, dadurch wird gewährleistet, dass die Kletterpartien nicht zu schwierig sind. Wer sich dabei aber entspannt zurücklehnt, versperrt sich die Möglichkeit, zusätzliche Energie einzusacken. Bei jedem Absprung kann der Held nämlich den "perfektes Timing"-Bonus erhalten. Sehr positiv aufgefallen ist ebenfalls, dass es eine ganze Menge Dinge gibt, die gesucht und gefunden werden wollen. Die Bandbreite reicht von Dossier-Mappen über Keramikeier und andere Statuen bis hin zu Filmrollen. Jeder dieser Gegenstände hat eine positive Wirkung auf den Spieler. Dosiermappen bringen "Informationspunkte", mit denen sich der Held Upgrades freischalten kann. Statuen bringen neue Tagebucheinträge ans Licht der Welt. Diese erzählen eine Geschichte, die den Spieler mit genug Hintergrundwissen versorgen, um die aktuellen Geschehnisse besser zu verstehen. Ein wahrer Leckerbissen sind die Filmrollen. Sobald eine gefunden worden ist, kann diese im Pausenmenü aufgerufen werden. Die Filme enthalten Informationen über gegnerische Einheitentypen und offenbaren so manche Schwachstelle. Es gibt auch sogenannte "Grundpläne", die dauerhafte Boni gegen Einheiten enthalten. Soldaten bleiben länger liegen oder erleiden mehr Schaden. Mit anderen Worten: Es lohnt sich wirklich, in jeder Ecke nach etwas zu suchen.

Zudem sei erwähnt, dass der Spieler oft Barrieren gegenübersteht. Oft genug müssen Türen aufgebrochen, Hebel gezogen und Sprengsätze gezündet werden. Am einfachsten sind die Hebel aufzuspüren. Hat der Spieler einen entdeckt, braucht er diesen nur noch zu bedienen. Sprengsätze hingegen werden eher im linearen Spielgeschehen verwendet. Der Held bekommt früh signalisiert, wann es etwas zu sprengen gilt. Den Sprengsatz anzubringen ist mit einem Knopfdruck erledigt. Das Problem ist meistens eher, dorthin zu gelangen und genug Zeit zur Verfügung hat, um dies unauffällig über die Bühne zu bringen. Meistens müssen vorher sogar noch Stromkreise überbrückt werden. Dies hingegen ist eine Aufgabe, die dem Spieler etwas Fingerspitzengefühl abverlangt. Da das Überbrücken nur durch Kurzschließen erreicht werden kann, führen unüberlegte schnelle Bewegungen zu Stromschlägen, die sowohl die Gesundheits- als auch die Energieleiste schrumpfen lassen. Am schwierigsten zu knacken sind Türen, die über ein Zahlenschema verschlossen sind. Um diese Türen zu öffnen, muss der Protagonist zwei unterschiedliche Codes miteinander abgleichen. Dabei ist nur eine Zahl oder nur ein Buchstabe identisch. Findet man das gesuchte Zeichen, müssen diese übereinandergelegt werden. Anfangs ist dies noch simpel gehalten, im weiteren Spielverlauf werden es immer mehr Zeichen, die sich nach Verstreichen einer vorgegebenen Zeit auch noch verändern.

Ein weiterer Pluspunkt sind die freischaltbaren Upgrades. Diese werden allerdings erst freigegeben, sobald man über genügend Informationspunkte verfügt. Erhalten kann man sie durch versteckte Gegenstände, Erfüllen von Missionszielen oder natürlich auch durchs Kämpfen. Die Upgrades umfassen neue Konterschläge oder die Option, mehr Gegner mit nur einem Schildwurf zu verletzen. Zwar gibt es insgesamt nur neun Stück, aber jedes bringt einen signifikanten Vorteil.

Der schöne Schein

Optisch kann "Captain America: Super Soldier" durchaus überzeugen. Die Bewegungsanimationen wirken realitätsnah. Es gibt kaum hölzerne oder ruckartige Bewegungen, die den Eindruck schmälern. Dies lässt auf eine gute "Motion Capturing”-Arbeit schließen. Nur so lässt sich auch der Schauspieler Chris Evans, der im Spielfilm "Captain America" die Hauptrolle übernommen hat, ins Spiel integrieren. Allgemein betrachtet leistet die Spiel-Engine eine solide Arbeit. Es gibt selbst bei bildgewaltigen Explosionen oder bei einer Vielzahl von Gegnern kaum nennenswerte Ruckler. Dabei werden unzählig viele Licht- und Schatteneffekte generiert. Ebenfalls eine Augenweide sind die Szenen, in denen der Held seine starken Angriffe ausführt. Dabei wird die Kamera in die Nähe des Auftreffpunktes des Schlages gesetzt. Jetzt darf sich der Betrachter über die Gesichtsentgleisung freuen, die dem Kontrahenten widerfährt, während er hilflos nach hinten taumelt. Einziger Wermutstropfen ist die Tatsache, dass manchmal einige Texturen verwaschen wirken. Dies fällt zwar im Eifer des Gefechts kaum auf, dafür dann aber umso mehr, wenn es mal nichts zu beseitigen gibt. Positiv ist aufgefallen, dass es so gut wie keine Clipping-Fehler gibt. Bis auf ein oder zwei Schnitzer, die beim Werfen des Schildes aufgefallen sind, bleibt das Spiel davon verschont. Selbst die verwendete physikalische Berechnungsmethode lässt kaum zu wünschen übrig. Alles fällt oder stürzt so, wie es sollte. Selten gelingt es dem Spieler, die physikalischen Gesetze zu brechen. Manchmal jedoch setzt die Berechnung aus und der Held schafft es, Gegner in eine massive Betonwand einzuarbeiten. Ob dies so gewollt ist, bleibt offen - immerhin verfügen Superhelden auch über eine super Schlagkraft. Das Ganze wird durch eine komfortable Sichtweite abgerundet. Einige Ziele lassen sich schon mal aus größeren Distanzen erspähen. Hilfreich ist die Sichtweite auch, wenn der Spieler Heckenschützen aus dem Weg räumen muss. Immerhin schlagen diese Alarm, wenn man von ihnen entdeckt wurde. Ebenfalls anerkennenswert ist die Tatsache, dass dieser Titel komplett in stereoskopischem 3D (Anaglyph) spielbar ist. Darunter leidet erstaunlicherweise noch nicht einmal die Leistung. Alles in allem kann man sagen, dass die Entwickler hier richtig gut gearbeitet haben.

Klangvolle Welten

Auch in puncto Musik- und Geräuschkulisse haben die Entwickler nicht gegeizt. Jeder Schlag endet mit einem krachenden Aufprall. Der Spieler kann jeden Schritt wahrnehmen, den er selbst macht oder der von anderen verursacht wird. Wenn das Schild geworfen wird, hört man metallische Geräusche, die vom Wind verursacht werden. Natürlich auch dann, wenn es im Kampf benutzt wird. Explosionen hallen mit großer Wucht aus den Lautsprecherboxen. Der Spieler kann sogar Gespräche zwischen den Wachen abhören und vieles mehr. Ebenfalls gut gelungen ist die Synchronisierung. In der englischen Ausgabe spricht sogar Chris Evans selbst. Aber auch die deutsche Sprachausgabe braucht sich nicht zu verstecken. Zwar wirkt nicht alles emotional korrekt, dafür aber überwiegend glaubhaft. Erstaunlicherweise kommt in vielen Szenen durchaus Stimmung auf. Ein wahrer Leckerbissen sind die voll synchronisierten Tagebucheinträge und Filmrollen. Diese sind sogar auf "alt" getrimmt. So hört der Spieler während eines solchen Films Musik, die aus einem Grammofon erschallt. Hierbei kann man sogar gelegentlich das Kratzen mit der Nadel auf der Platte hören. Bei den Tagebucheinträgen fühlt sich der Spieler so, als würde er einer Erzählung lauschen. Die musikalische Klangwelt ist immer der Umgebung angepasst. Bei brenzligen Situationen, wie bei einer Sprengung, wird eine dynamischere Musik eingespielt, die Gefahren signalisiert. Insgesamt betrachtet hat man auch hier wenig falsch und viel richtig gemacht.

Fazit

Es gab schon etliche "Spiele zum Film", die man durchweg als Katastrophe bezeichnen konnte. Bei "Captain America: Super Soldier" ist dies glücklicherweise nicht der Fall. Eine gelungene und spannende Geschichte, die dazu auch noch ansehnlich verpackt wurde und die durch eine gute Synchronisierung noch nicht einmal ins Lächerliche gezogen wird. Für Fans auf jeden Fall ist dieses Spiel mehr als nur einen Blick wert. Alle Genreliebhaber sollten diesen Titel nicht sofort verschmähen und es einfach mal ausprobieren. Denn Captain America bildet mit Sicherheit einen der besten Kandidaten aus der Rubrik "Spiel zum Film".

(05.09.2011)

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