Empire Earth 3

Empire Earth 3

(Vivendi Games)

geschrieben von Sebastian E.R. Hör

 

 
Entwickler: Mad Doc Software
Publisher: Vivendi Games
Genre: Echtzeitstrategie
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Empire Earth 3
Preis: 44,95 €
Altersfreigabe: Keine Jugendfreigabe gemäß §14 JuSchG

Vor knapp sechs Jahren erblickte mit "Empire Earth" eines der umfangreichsten Echtzeitstrategiespiele aller Zeiten das Licht der Welt. Zwanzig Nationen und vierzehn Epochen, von der Vorzeit bis zum Nanozeitalter, standen den Spielern zur Verfügung und wollten gemeistert werden. Die große Stärke des Spiels war jedoch auch seine große Schwäche: Der riesige Umfang ließ Spiele abseits der Kampagne, ob im Mehrspieler- oder im Einzelspielermodus, zu einem Marathon werden. Dank der nahezu unendlichen Ressourcen und des großzügigen Einheitenlimits entbrannten Materialschlachten sondergleichen, deren Dauer teilweise die Zehn-Stunden-Marke überschritt.

Im Nachfolger, der 2005 erschien, wurde die Anzahl der Zivilisationen und Zeitalter leicht reduziert, vierzehn Nationen und fünfzehn Epochen bedeuteten einen leichten Rückgang; dennoch blieb "Empire Earth II" eines der umfangreichsten Strategiespiele. Jetzt, im Jahr 2007, erscheint der dritte Teil der Reihe und bringt eine radikale Reduzierung der oben genannten vermeintlichen Stärken der Serie mit sich. Ob dies "Empire Earth" auch für den Gelegenheitsspieler interessant macht, erfahren Sie in unserem Test.

"Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln." - Carl von Clausewitz

Das Interessanteste zuerst: "Empire Earth III" erhielt keine USK-Freigabe. Warum, das wissen nur die zuständigen Sachbearbeiter - dass die Pixelsoldaten bei ihrem Ableben rote statt blaue oder grüne Flüssigkeit hinterlassen, rechtfertigt jedenfalls kaum die Verweigerung der Jugendfreigabe.

Sei dem wie immer: Der Einstieg in das Spiel gestaltet sich angenehm leicht. Ein Tutorial erklärt den Neulingen im Genre in vier Lektionen die grundlegenden Schritte, beispielsweise, wie man Einheiten selektiert, dem Feind zu Leibe rückt oder Technologien erforscht. Veteranen der Echtzeitstrategie können sich die ersten drei Kapitel der Einführung getrost schenken, die Steuerung erfolgt genreüblich mit der Maus - Rechtsklick für Bewegungen und Angriffe, Linksklick zur Einheitenselektion, dem Gebäudebau oder der Erforschung von Technologien. Erst im vierten Kapitel lohnt sich auch für die alten Hasen ein Blick in die Einführung: Hier wird das Herzstück von "Empire Earth III" erklärt: der Weltherrschaftsmodus.

"Besser einander beschimpfen als einander beschießen." - Winston Churchill

Der Globus ist in verschiedene Provinzen eingeteilt, die zu Beginn von Eingeborenenstämmen bevölkert sind, von denen sich einige über Tributzahlungen, andere hingegen über den Einsatz einer überlegenen Militärmaschinerie davon überzeugen lassen, ihr Territorium mit Ihrem Reich zu teilen. Um den Grundstein für Ihr künftiges Imperium zu legen, müssen Sie zuerst eine Provinz erobern. Dazu wechselt das Spiel von der Globusansicht in die Schlachtperspektive. Dort setzen Sie sich genreüblich mit den ansässigen Konkurrenten auseinander; wie erwähnt, entweder in Form von Tributzahlungen oder durch militärische Gewalt.

Wie bereits in "Empire Earth II" ist das Schlachtfeld in mehrere Gebiete unterteilt, deren Anzahl je nach Lage der Provinz variiert (wenn es sich beispielsweise um einen Distrikt mit Inseln handelt, gibt es weniger Territorien als zum Beispiel in großflächigen Kontinentalarealen, wie beispielsweise Russland). Um eines davon zu erobern, genügt es im Falle eines herrenlosen Gebietes, ein Stadtzentrum zu errichten; ist das Territorium bereits von einem Ihnen feindlich gesonnenen Stamm oder einer Nation besetzt, müssen Sie deren Hauptgebäude zerstören und ein eigenes errichten. Sobald Sie sämtliche Feinde entweder assimiliert (durch Tributzahlungen) oder eliminiert haben, gehört die Provinz Ihnen.

Nach Ihrem Sieg kontrollieren Sie eine Provinz und gebieten über eine Armee, deren Zusammenstellung Sie jederzeit durch Linksklick auf die entsprechende Figur in der Globusansicht ändern können. Jetzt können Sie festlegen, welche Ausrichtung Ihre Provinz haben soll; zur Auswahl stehen "Militär", "Imperium", "Handel" und "Forschung". Jedes Territorium hat für diese vier Kategorien einen bestimmten Wert; insofern ist es sinnvoll, das Gebiet auf den Aspekt auszurichten, der den größtmöglichen Vorteil bringt. In Ihrer ersten Provinz ist das zwingend der Bereich "Militär", denn sobald die Anzahl der Armeen, die Sie ausgehoben haben, die Höchstzahl an möglichen militärischen Verbänden übersteigt, können Sie Ihre Truppen solange nicht bewegen, bis Sie eine weitere Provinz entsprechend ausgerichtet haben.

In der Globusansicht läuft das Spiel übrigens, im Gegensatz zum Schlachtmodus, rundenbasiert ab. Das bedeutet, dass Sie, bevor Sie eine Runde beenden können, vorher alle Konflikte, symbolisiert durch ein rotes Blinken im entsprechenden Gebiet, lösen müssen. Dazu stehen Ihnen, je nach Anzahl Ihrer und gegnerischer Armeen, zwei Möglichkeiten zur Auswahl: Entweder greifen Sie höchstpersönlich in die Auseinandersetzungen ein oder Sie lassen die Schlacht von der KI berechnen. In diesem Fall wird die Weltkugel auf das entsprechende Gebiet zentriert und die Züge der Kontrahenten laufen rundenbasiert ab. Diese Option ist übrigens nur bei drückender Überlegenheit der eigenen Truppen zu empfehlen; im Test schaffte es der Computer regelmäßig, Schlachten zu verlieren, die bei persönlichem Eingriff ohne größere Probleme hätten gewonnen werden können.

Während einer Runde können Sie Ihren Armeen Marschbefehle in die angrenzenden Provinzen erteilen - und wenn dort mit Widerstand zu rechnen ist, dürfen Sie auch mehrere Verbände in dasselbe Gebiet entsenden. Nach Abschluss der Runde bewegen sich Ihre und die gegnerischen Einheiten dann gemäß Ihren Anweisungen in die entsprechenden Gebiete. Darüber hinaus erhalten Sie jede Runde Punkte für "Imperium", "Handel" und "Forschung", je nachdem, wie viele davon Ihre Provinzen generieren.

"Nur Tote haben das Ende des Krieges gesehen." - Plato

Ein Linksklick auf ein Gebiet öffnet am rechten unteren Bildschirmrand ein Informationsfenster, in dem Sie, je nach Ausrichtung, zusätzliche Armeen (Militär), Spione (Imperium) oder Handelsrouten (Handel) errichten können. Darüber befindet sich das Diplomatiemenü, über das Sie mit den verschiedenen Konkurrenten um die Weltherrschaft verhandeln können. Ein Balken über dem Symbol des jeweiligen Imperiums zeigt Ihnen, wie es um die bilateralen Beziehungen bestellt ist; je voller die Leiste ist, desto besser Ihr Verhältnis zum jeweiligen Reich. Es gibt drei diplomatische Haltungen: "Verbündet", "Neutral" und "Feindselig", wobei letzteres bedeutet, dass es zu Kampfhandlungen mit dem jeweiligen Reich kommen wird. Zudem haben Sie die Möglichkeit, zeitlich begrenzte oder zu brechende Bündnisse mit einem anderen Imperium einzugehen, diesem zur Verbesserung der Beziehungen Tributzahlungen zukommen zu lassen oder gemeinsame Sache gegen einen Gegner zu machen.

Am linken unteren Bildschirmrand befindet sich das Ereignislogbuch, das Sie über alle relevanten Ereignisse der Runde und über Ihre Missionsziele informiert. Apropos: Obwohl es an einer Rahmenhandlung fehlt (wozu auch, als wäre die Macht alleine nicht Motiv genug, die Weltherrschaft zu erringen), erhalten Sie gelegentlich sowohl in der Globusansicht als auch im Schlachtenmodus Missionen, wie beispielsweise, eine Prinzessin aus den Fängen eines feindlichen Stammes zu retten, was Ihnen wiederum den Beistand der Ureinwohner einbringt, zu denen sie gehört. Das lockert die ansonsten sehr monotonen Schlachten und das Erobern der Provinzen ein wenig auf, aber alles in allem ist der Weltherrschaftsmodus relativ linear: Gebiete erobern, Forschen, Verteidigen - bis die Welt Ihnen gehört.

Zuletzt noch ein Wort zu den "Imperiumstechnologien": Am linken oberen Rand befindet sich eine Leiste, die Technologien der Kategorien "Militär", "Handel" und "Imperium" enthält. Sie müssen in chronologischer Reihenfolge erforscht werden und kosten eine bestimmte Anzahl an Imperiums- und Handelspunkten. So erlaubt es Ihnen die Erforschung der Korruption im Handelsbereich beispielsweise, bei Entsendung eines Spions in eine feindliche Provinz einen Teil der dort erwirtschafteten Ressourcen für sich abzuzweigen.

"Die Menschheit muss dem Krieg ein Ende setzen, oder der Krieg setzt der Menschheit ein Ende" - John F. Kennedy

Der Schlachtenmodus ist, wie bereits erwähnt, Echtzeitstrategie-Standardkost; das gilt auch für die Partien im "Scharmützel"-Modus, an denen maximal acht Spieler teilnehmen können. Der Unterschied dort ist nur, dass die Forschung statt auf der (logischerweise nicht vorhandenen) Globuskarte nun während der Schlacht in den Stadtzentren betrieben werden muss. Und da vorhin die Rede von einer radikalen Reduktion der Zeitalter und Imperien die Rede war: Es gibt mit "Osten", "Naher Osten" und "Westen" nur noch drei verschiedene Zivilisationen, die sich dafür aber, im Gegensatz zu den Vorgängerspielen, nicht nur in Details, sondern grundlegend voneinander unterscheiden, sowohl bezüglich der Einheiten, Gebäude und Technologien als auch im Grafikstil.

Es gibt außerdem nur mehr fünf Epochen - "Antike", "Mittelalter", "Kolonialzeit", "Moderne" und "Zukunft" mit den jeweils typischen Einheiten. Das beschleunigt den Spielverlauf deutlich, da sich die Kontrahenten nun nicht mehr ellenlange Wettläufe darum liefern, wer als erstes ins höchste Zeitalter vorstoßen kann. Auch das Ressourcensystem hat eine Neuerung erfahren: Die Unterteilung in Holz, Stein und Eisen wurde aufgehoben, es gibt in "Empire Earth III" nur noch die beiden Kategorien "Ressourcen" und "Vermögen". Ersteres wird erwirtschaftet, wenn Sie ein Lagerhaus neben einer (übrigens nie versiegenden) Rohstoffquelle errichten, letzteres wird durch Marktplätze erzeugt. Während Technologien, Einheiten- und Gebäudeupgrades vornehmlich Vermögen benötigen, kosten Einheiten zumeist Ressourcen.

Das neue Ressourcensystem hat allerdings seine Tücken, ob im Weltherrschafts- oder im Scharmützel-Modus: Pro kontrolliertem Territorium können Sie maximal einen Marktplatz errichten - und da in den meisten Fällen auch nur eine Rohstoffquelle vorhanden ist, dauert es häufig mehrere Minuten, bis ausreichend Materialien vorhanden sind, um weitere Gebiete zu erschließen und dort an zusätzliche Ressourcen zu kommen. Das macht den Weltherrschaftsmodus umso frustrierender, denn dank der dusseligen KI muss man die Schlachten häufig selbst austragen und kann die ersten fünf Minuten nichts weiter tun als warten und beten, dass der Gegner nicht plötzlich mit all seinen Einheiten an die eigene Tür klopft. Ebenso ärgerlich ist es, dass Sie Rohstoffquellen, die von anderen Spielern abgeerntet werden, selbst dann nicht nutzen können, wenn der betreffende Gegner bereits vernichtet wurde. Solange sein Gebäude steht, können Sie keines errichten - und sollten Sie mit der ausgeschiedenen Partei verbündet gewesen sein, sind Sie erst recht aufgeschmissen, denn eine "Feuer erzwingen"-Funktion fehlt dem Spiel.

Alles in allem wirkt "Empire Earth III" recht unausgegoren, das gilt sowohl für das Ressourcensystem als auch für das Einheitenbalancing und die künstliche Intelligenz. Im Test kam es häufiger vor, dass die eigenen Truppen sich trotz Marschbefehls nicht vom Fleck bewegten oder die erteilten Anweisungen ignorierten und munter auf andere Ziele als die vorgegebenen eindroschen. Auch die Wegfindung bedarf einer Überarbeitung, denn schon ein leichter Terrainunterschied bewegt insbesondere Belagerungswaffen dazu, dort zu verharren. Hoffentlich schaffen die Entwickler von Mad Doc hier in Form eines Patches noch Abhilfe.

"Der Krieg hat seine Erscheinungsform geändert" - Herfried Münkler

Die optische Präsentation von "Empire Earth III" weiß zu gefallen. Sie gehört zwar nicht zu den besten im Genre und ist vom Niveau eines "World in Conflict" weit entfernt, aber sie ist dennoch atmosphärisch und schafft durch zahlreiche Details, wie die wogenden Wellen, die in der Globusansicht vorüberziehenden Wolken und die abwechslungsreich designten Karten, eine gelungene Atmosphäre. Die Bewegungsanimationen der Einheiten können nicht ganz mithalten und wirken ein wenig abgehackt und auch die Zerstörungsstadien an den Gebäuden wirken nicht überzeugend.

Am schlimmsten ist aber die Performance. Sobald sich eine mittelgroße Schlacht anbahnt, geht "Empire Earth III" in die Knie. Nun werden Sie sich denken: "Gut, dann drehe ich eben die Details ein wenig herunter." Von wegen. Es ruckelt auf hohen wie auf niedrigen Details ungefähr gleich stark, also gönnen Sie sich wenigstens grafisch ansprechende Ruckelorgien. Es sei angemerkt, dass der Egoshooter "Bioshock" auf dem Testsystem ruckelfrei auf hohen Details lief - dass dann ein grafisch weit anspruchsloseres Echtzeitstrategiespiel in die Knie geht, ist schlichtweg inakzeptabel! Etwas Abhilfe schafft lediglich das Beenden des Spiels von Zeit zu Zeit; das garantiert wenigstens ein paar Minuten ruckelfreies Vergnügen.

"Wer auf den Krieg vorbereitet ist, kann den Frieden am besten wahren." - George Washington

Akustisch ist "Empire Earth III" größtenteils gelungen. Der bombastische Soundtrack unterstreicht gekonnt das epische Flair des Spiels und unterstützt die Atmosphäre durch packende Rhythmen. Allein die Abwechslung fehlt etwas, und im Schlachtenmodus ist die Musik irgendwann auch eher störend als motivierend, so dass man sie über kurz oder lang abschalten wird. Die Kampfgeräusche wissen hingegen durchweg zu gefallen, das Klirren von Schwertern und das Einschlagen von Kanonenkugeln in Mauern klingen authentisch. Lustig sind übrigens die Kommentare der Einheiten; es ist einfach amüsant, wenn der Baumeister kurz vor Weihnachten "Werkzeuggurt, klingelingeling" sagt - andere Sprüche hingegen nerven gewaltig, beispielsweise (ebenfalls vom Baumeister): "Entschuldigung. Grade noch in Hand bohren - autsch!". Nichtsdestotrotz, der Sound bietet noch die geringste Angriffsfläche für Kritik.

 


Fazit

   Ich habe mich wahnsinnig auf "Empire Earth III" gefreut. Ich hatte bereits die Vorgänger gespielt und dementsprechend groß waren meine Erwartungen, die aber teilweise stark enttäuscht wurden. Die mangelhafte Wegfindung und der etwas öde Weltherrschaftsmodus sind ja noch verzeihlich, aber das Ressourcensystem ist Mist, von den Performanceeinbrüchen gar nicht zu reden. Andererseits finden sich auch viele gute Ansätze, beispielsweise macht die Verschlankung an Zivilisationen und Epochen das Spiel deutlich schneller, der genannte Weltherrschaftsmodus weiß, obwohl arm an Abwechslung, durch strategische Tiefe zu gefallen. Auch die gelegentlich erteilten Missionen machen Spaß. Grundsätzlich kann man sagen: "Empire Earth III" ist ein gelungenes Spiel, das Einsteigern ins Genre zu empfehlen ist; Veteranen sollten sich den Kauf aber auf jeden Fall gut überlegen. (05.12.2007)


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