Das letzte Ritual - In Memoriam 2

Das letzte Ritual - In Memoriam 2

(Frogster Interactive Pictures)

geschrieben von Philipp Arnold

 

 
Entwickler: Lexis Numérique
Publisher: Frogster Interactive Pictures
Genre: Alternative Reality Game
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Das letzte Ritual
Preis: 35,90 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 16 Jahren gemäß §14 JuSchG

Ein Serienkiller läuft frei in Europa herum: der Phoenix. Seine erste Mordserie liegt bereits fünf Jahre zurück. Die Polizei bekommt ihn nicht zu fassen. Die Auswahl seiner Opfer scheint anfangs wahllos über ganz Europa verteilt. Der Phoenix spielt mit seinen Häschern, ja, er sendet ihnen sogar mehrere verschlüsselte CDs zu, um unter anderem mit seinen Taten zu prahlen. In den ersten beiden Datenträgern enthüllt der Killer Schritt für Schritt seine Ziele. Er ist ebenso wie ein Geheimbund namens "Manus Domini" (zu deutsch: "Die Hand des Herrn"), dessen Mitglieder er nacheinander über den Jordan schickt, hinter dem geheimnisvollen Codex 14 her. Dabei folgen die Tatorte dem Reiseweg Giordano Brunos, einem Philosophen der Renaissance, den der Serienmörder als so etwas wie seinen Meister betrachtet. Am Ende der zweiten CD scheint es, als hätte der Phoenix sein Ziel erreicht und den Codex endlich in seinen Besitz gebracht. "Das letzte Ritual" knüpft an diese Ereignisse an und nimmt den Faden dort auf, wo "In Memoriam" und dessen Addon aufgehört haben. Alle drei Spiele gehören zu einem Genre, das bis jetzt nur von einer kleinen Fangemeinde geschätzt wird: so genannte "Alternative Reality"-Spiele. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass das Spiel nicht nur aus dem Teil besteht, den man im Laden kauft und auf seiner Festplatte installiert, sondern auch Gebrauch von anderen Medien macht, mit denen sich der Spieler auseinandersetzen muss. Dies geschieht zumeist via Internet oder E-Mail, bei einigen Games dieses Genres jedoch teilweise sogar über Fax oder Telefon. So aufdringlich ist "Das letzte Ritual" aber glücklicherweise nicht.

Weitreichende Story

Der zweite Teil von "In Memoriam" basiert auf demselben Konzept wie sein Vorgänger. Durch das Lösen von Rätseln, die der Killer auf eine DVD gepackt hat, folgt man seinen Spuren und erhält Informationsbrocken, die letztlich die Pläne und Absichten des Phoenix aufdecken. Ging es im ersten Teil noch um eine merkwürdige Schriftrolle, genannt Codex 14, der schließlich doch dem Phoenix in die Hände fällt, muss man dieses Mal herausfinden, was der Killer mit dem Manuskript vorhat und warum der Journalist Jack Lorski, der bereits im ersten Teil als Geisel für den Mörder herhalten musste, umgebracht wurde.

Wenn man einmal von der etwas unglaubwürdigen Tatsache absieht, dass es der Polizei nicht gelingt, eine DVD zu entschlüsseln, sie aber stattdessen der Öffentlichkeit überlässt, liest sich die Story, die sich das französische Entwicklerteam hat einfallen lassen, wie ein spannender Krimi. Richtig zu wundern beginnt man sich, wenn man beispielsweise über den Tod von Jack auf Seiten wie der Libération.fr liest. In dieser seriösen französischen Nachrichtenquelle findet man mit etwas Gewühle im Archiv einen ausführlichen Artikel über den Mord. Es gibt noch viele andere Internetseiten dieser Art, die die Geschichte des Falls "Phoenix" behandeln und mit denen man während des Spiels konfrontiert wird. Viele davon erwecken nicht den Eindruck, als handle es sich dabei um Teile eines Spiels.

Als zentralen Anlaufpunkt gibt es zwei Internetseiten, die sich mit der Jagd nach dem Phoenix beschäftigen. Die Seite des ersten Spiels (http://www.phoenix-killer.info) liefert Hintergrundinformationen zu ihm und dem ICPA (International Committee for the Phoenix Arrest), einer privaten Organisation, die sich das Ziel gesetzt hat, den Phoenix zur Strecke zu bringen. Praktischerweise findet man dort auch eine Übersicht über die bisherigen Ereignisse, interessante Fakten zu wichtigen Personen oder Gegenständen und viele Links, die den Spieler noch tiefer in die Welt des Killers eintauchen lassen. Die andere Webseite (http://phoenix-investigators.org) bietet eine Plattform für die Zocker von "In Memoriam 2". Hier lässt sich, ähnlich wie in einem Forum, ein Profil anlegen, das es dem Spieler ermöglicht, andere Mitspieler zu kontaktieren und um Unterstützung zu bitten. Das klingt zwar ganz gut, hat aber ein paar kleine funktionelle Schönheitsfehler. Zum Beispiel gelangt man erst einmal zur französischen Version der Sei

Das Spielprinzip

Das Spiel besteht aus acht Kapiteln mit jeweils vier Rätseln. Die meisten Rätsel bestehen aus zwei Teilen, wobei jeder Teil zwar für sich unabhängig ist, jedoch oft dieselbe Thematik behandelt. Als Anreiz gibt es nach jeder Lösung ein Video zu sehen, das entweder einen Teil der Ermittlungen von Jack Lorski zeigt oder ein weiteres Stück der Suche Jessica Moses' nach ihrem verschwundenen Bruder. Um die Rätsel zu lösen, muss der Spieler sämtliche Register ziehen. Internetrecherche, Bildschirmlupe, seine Augen und Ohren und auch ab und an das Wörterbuch beziehungsweise die Übersetzungshilfe, denn oft führen einen die Rätsel quer durch das Internet auf englische, französische, spanische oder italienische Seiten. Auch eine scharfe Kombinationsgabe und viel Geduld sind hilfreich. Die Lösung der Rätsel läuft fast immer darauf hinaus, eine bestimmte Zahlen- oder Buchstabenkombination herauszufinden. Dies geschieht zumeist über eine Auswahl mit der Maus, aber gelegentlich müssen Lösungsworte auch über die Tastatur eingegeben oder bestimmte Objekte in die passende Reihenfolge geschoben werden.

Glücklicherweise ist man nicht allein. Per E-Mail erhält man reichlich Unterstützung. Manchmal kommt eine Mail, die dem Spieler die Installation neuer Tools ermöglicht wie zum Beispiel einer Lupe oder einem Decoder, die ihm bei der Entschlüsselung der Rätsel helfen sollen. Sollte man nicht weiter wissen, landet auch mal eine E-Mail mit einem Tipp zu manchen Rätseln in der Mailbox. Einige Mails kommen von Mitgliedern der ICPA oder sogar vom Phoenix persönlich und sollen die Illusion erwecken, in einer realen mit wirklichen Akteuren zu stecken. Antwortet man jedoch auf eine solche Mail, bleibt die Gegenseite stumm. Also doch nur ein automatischer Dienst. Wer aber weitere Hilfe benötigt, kann sich auf der offiziellen Seite der ICPA Hilfe von richtigen Mitspielern holen oder sich ein paar inoffizielle Hilfen im Internet suchen. Zum Abrufen der E-Mails oder Recherchieren im Internet lässt sich problemlos mit der Tastenkombination "Alt-Tab" aus dem Spiel herausspringen, alternativ kann man auch die eigens dafür im Hauptmenü liegenden Buttons benutzen.

Gruselige Atmosphäre

Bei Grafik und Sound kann "Das letzte Ritual" weitere Pluspunkte sammeln. Die Rätsel sind schaurig-gruselig gestaltet und äußerst kreativ in Szene gesetzt. Sei es der Körper eines Toten, dessen Rücken akribisch untersucht werden muss, oder seien es eine Reihe Augen, die plötzlich beginnen, wie wild zu blinzeln. Aber auch wenn die Rätsel sehr aufwendig gemacht sind, fehlen manchmal die Verbindungen zur eigentlichen Geschichte - oder sind die Gedankengänge des Phoenix einfach zu verquer? Die Atmosphäre ist schaurig-düster und wird von allen möglichen unheimlichen Geräuschen und Melodien perfekt untermalt. Das macht "Das letzte Ritual" zu einem der Spiele, die zart besaitete Menschen nicht unbedingt allein im Dunkeln spielen sollten. Die Videos, die als Zwischensequenzen dienen und immer mehr von den Geschichten der beiden Hauptakteure preisgeben, wirken wie authentische Amateuraufnahmen und lösen damit ein bisschen das "Wie geht es weiter"-Suchtgefühl aus.

 


Fazit

   "Das letzte Ritual" ist nüchtern betrachtet nichts anderes als eine Sammlung von Shockwave-Rätseln, Videoschnipseln und Webseiten. Dennoch ist es mehr als die Summe seiner Teile. Die Rätsel sind abwechslungsreich und gut gemacht. Dem Spiel gelingt es hervorragend, eine beklemmende Atmosphäre zu schaffen, die nur durch die Ausflüge ins bunte Internet unterbrochen wird. Die Geschichte um das Spiel herum ist wunderbar in Szene gesetzt und lässt den Spieler lange im Internet stöbern, lesen und völlig in die Welt des Phoenix abtauchen. Alles in allem entsteht der Eindruck, dass sich auch mit geringen Hardwareanforderungen ein packendes Spiel erschaffen lässt, das für so manche gruselige Nacht sorgen kann. Für Rätselfreunde und Internetjunkies ist "Das letzte Ritual" auf jeden Fall empfehlenswert, wohingegen Ungeduldigen sowie Menschen ohne zumindest oberflächliche Englischkenntnisse ebenso von einem Kauf abgeraten werden muss wie Leuten ohne Internetzugang. Auch als Geschenk unter dem Weihnachtsbaum ist "Das letzte Ritual nicht unbedingt geeignet, hat es doch eine Alterseinstufung ab 16 Jahren erhalten. (28.11.2206)


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