Al Emmo: Das Wild West Adventure

Adventures, deren Handlung im Wilden Westen angelegt sind, haben Tradition. Ältere Mitbürger erinnern sich bestimmt noch an Freddy Pharkas, den Cowboy-Apotheker von Sierra aus dem Jahre 1993; jungen Zeitgenossen fällt zu diesem Stichwort wohl eher Fenimore Fillmore ein. Rondomedia hat nun einen weiteren Helden des Wilden Westens nach Deutschland gebracht, einen gewissen Al Emmo. Bereits im November 2006 erblickte er das Licht der Welt in den USA und jetzt soll er sich auch hierzulande einen Namen machen.

Am Bahnhof

Al Emmo ist 42 Jahre alt, Jungfrau und wohnt noch bei seinen Eltern. Eher kleinwüchsig und mit schütterem Haar ausgestattet, tat er sich bis jetzt schwer, die richtige Frau fürs Leben zu finden. Aber dann hatte er eine Idee: Er antwortete auf die Kontaktanzeige einer jungen Frau aus dem Wilden Westen, die in dem malerischen Städtchen Anozira wohnt. Voll der Hoffnung, jetzt endlich sein Glück zu finden, besteigt er den Zug und macht sich auf, seine zukünftige Braut abzuholen. In Anozira angekommen, begibt er sich, wie abgesprochen, sofort in den Saloon und trifft dort die Frau, auf deren Annonce hin er gekommen ist. Sie heißt Ivana Lottakash, ist wunderhübsch und Al Emmo wähnt sich endlich am Ziel seiner Träume. Leider hat die ganze Sache aber einen Haken: Die Traumfrau hat es nur auf das Geld von Mr. Emmo abgesehen und da beginnen die Probleme. Er kann ihr nämlich nicht einmal einen Drink spendieren, denn Mr. Emmo hat sein letztes Geld in die Zugtickets gesteckt. Die Angebetete lässt ihn fallen wie eine heiße Kartoffel und will nichts mehr mit ihm zu tun haben. Da steht Al Emmo nun, allein in einer Stadt, die er nicht kennt, ohne Geld, ohne Frau und der nächste Zug, mit dem er dieses Kaff verlassen kann, kommt in einer Woche. Al tauscht also seinen Rückfahrschein gegen etwas Geld ein und geht zurück in die Stadt. Und wie das Schicksal so spielt, trifft er im Saloon auf die Sängerin Rita Peraldo, die ihn von der Bühne aus anlächelt und in die er sich sofort verliebt. Und so entsteht eine wilde Geschichte, die mit dem Spruch "Gold, Geld und Moneten", der dick auf der Verpackung des Spiels steht, ganz gut beschrieben wird. Al stolpert in ein Abenteuer, in dem es um Liebe und Verrat, Aztekenschätze und Indianer geht.

Im Saloon

"Al Emmo - Das Wild West Adventure" ist ein Point-and-Click-Adventure reinsten Wassers. Kein Wunder, denn das Spiel wurde mit dem Adventure-Game-Studio (AGS) verwirklicht, einer Software, der sich bereits viele semiprofessionelle Abenteuer-Programmierer bedient haben. Zu den zahlreichen Spielen, die mit AGS erstellt wurden, zählen unter anderem Remakes bekannter Spiele wie "Maniac Mansion", aber auch komplett neue Adventures wie "5 Days a Stranger" oder "Apprentice". Auch die Entwickler von "Al Emmo - Das Wild West Adventure" waren früher in der Remake-Szene von Adventures tätig, bis sie sich entschlossen, ein kommerzielles Spiel auf den Markt zu bringen.

Bevor die Handlung um den "Wuchsriesen" Al Emmo beginnt, gibt es eine sehr lange 3D-Intro-Sequenz, die in die Geschichte um den Aztekenschatz einführt. Die Texturen wirken hier ein wenig unscharf, auch steckt in den Details der Gegenstände des Intros noch Verbesserungspotenzial. Dieser Vorspann wirft dadurch ein etwas falsches Bild auf die grafischen Qualitäten des Spiels, denn er entspricht nicht mehr den Standards der heutigen Zeit. Da diese vorweg ablaufende Videosequenz ziemlich lange dauert, bekommt der Spieler hier ein falsches Bild von dem, was ihn im Spiel erwartet. Das eigentliche Game ist komplett in 2D gehalten und genau so, wie es der Spieler erwarten würde: Es gibt jede Menge handgemalte Locations, die, wie die berühmten Vorbilder, im Comic-Stil präsentiert werden. Sobald zum Beispiel eine der handelnden Figuren etwas zu sagen hat, wird ihr Konterfei groß auf dem Bildschirm eingeblendet, Sprechblasen gibt es dabei aber nicht.

Wenn Al Emmo durch die Gebäude der Kleinstadt zieht, kommt es dem Spieler so vor, als ob er dies alles schon mal gesehen hätte, etwa in "Freddy Pharkas - Frontier Pharmacist?. Allerdings muss man natürlich zugeben, dass jede kleine Westernstadt nur über einen Saloon, eine Post, eine Scheune und ein Freudenhaus verfügt; der Ort der Handlung gibt also die Gebäude und die Umwelt vor. Al Emmo selbst ist sehr drollig animiert, seine Gesten wirken sehr exakt und es macht großen Spaß, ihm zuzusehen, wenn er sich zum Beispiel eine Spitzhacke in seine bis unter die Brustwarzen hochgezogene Hose steckt, die in diesem Game als sein Gegenständelager herhalten muss. Auch Regungen wie Überraschung, Verlegenheit, Verliebtheit oder Anstrengung werden ausdrucksstark in Als Gesicht wiedergegeben.

Bei den Indianern

Die Beurteilung des Sounds sollte man in zwei Kategorien einteilen: Da ist zum einen die musikalische Untermalung der einzelnen Szenen sowie die Umsetzung der Umweltgeräusche. Dies ist wirklich gut gelungen. Im Saloon greift ein Klavierspieler in die Tasten, bei der Scheune hört man Pferdegeräusche und die Indianer vergnügen sich in ihrem eigenen Kasino bei dem Geklimper von Einarmigen Banditen. Jede Location hat so eine eigene Soundkulisse. Zum anderen kann man die Stimmen der handelnden Charaktere betrachten. Bereits der erste Mensch, den Al Emmo auf seiner Reise trifft, spricht bayrisch, wenig später trifft Mr. Emmo dann auf Indianer, die sächsisch sprechen. In dem Westernumfeld wirkt das natürlich witzig, aber je länger die Konversationen dauern, desto peinlicher wirken die deutschen Mundarten. Diese künstliche Witzigkeit wäre gar nicht nötig, denn die Gespräche selbst wurden ziemlich gekonnt aus dem Englischen in Deutsche lokalisiert und sind wirklich lustig. Es steht zu vermuten, dass die Übersetzung fast besser ist als das Original, denn die Kommentare von Al Emmo und dem Erzähler sind wirklich köstlich. Was auf jeden Fall besser gemacht worden ist als bei der amerikanischen Originalfassung, ist die Auswahl der Stimmlage von Mr. Emmo. Diese hört sich in "Al Emmo and the lost Dutchman's Mine" so an, als hätte man einer Maus stundenlang auf den Schwanz getreten, Donald Duck spricht dagegen mit einer sonoren Tiefstimme. In Deutschland hat Al Emmo eine angemessene Stimme, so wie es sich für einen etwas zu klein geratenen 42-jährigen gehört.

 

In der Mine

Wesentlich für ein Adventure sind vor allem die Rätsel; sind sie zu schwer, zu leicht oder gut ausbalanciert? Point-and-Click-Adventures sind da irgendwie alle gleich. Man nimmt alle tragbaren Gegenstände mit und wenn man vor einem Rätsel steht, dann versucht man sich aus dem Inventar etwas zu basteln oder aber die Items direkt zu benutzen. Das ist bei "Al Emmo - Das Wild West Adventure" nicht anders. Das Spiel besteht aus mehreren Orten mit jeweils verschiedenen Bereichen, die alle durch Wege verbunden sind. Durch laaaaaange Wege! Einige der Rätsel des Spiels erfordern viel Laufarbeit. So gibt es zum Beispiel eine Stelle im Game, an der Mr. Emmo für eine Strandschönheit eine Sonnenmilch herstellen muss, weil der Krämer im Dorf diese nicht vorrätig hat. Also zieht Al Emmo los und besorgt die Zutaten, das ist noch normal. Aber jedes Mal, wenn er die Milch "an die Frau? bringen will, hat diese immer etwas auszusetzen. Die Sonnencreme stinkt ihr zu sehr, dann ist sie zu rau und dann zu dünnflüssig. Al Emmo macht also vier Reisen ins Umland der Stadt, um die Badenixe zufrieden zu stellen. Alle Rätsel sind ziemlich aufwendig, was sowohl die Sucherei angeht als auch die dazugehörige Informationsbeschaffung. Bei einigen Rätseln wird dem Spieler aber auch geholfen, ohne dass dieser es besonders abfragt. So sagt zum Beispiel der Schmied zu Al Emmo: "Soll ich erst noch mit einem Tipp vor Ihrem Kopf hin- und herwinken, wie man den Esel dazu bekommt, endlich loszutraben?" Das ist dann der berühmte Wink mit dem Zaunpfahl. Generell kann man aber sagen, dass man zwar viel Zeit aufwenden muss, um die Rätsel zu lösen, aber mit einiger Geduld werden auch ungeübte Abenteurer zu einer Lösung kommen.

Gegen Ende des Spiels kommt es neben den Rätseln noch zu einer weiteren Klippe; das Game bekommt eine Action-Komponente. Einige Aufgaben müssen nicht nur richtig erkannt, sondern auch noch schnell und im richtigen Moment gelöst werden, ansonsten stirbt der Held und das Spiel ist aus. Zum Glück hat man bei Versagen die Möglichkeit, die betreffende Szene nochmals zu spielen. Dankenswerterweise wird er nicht zu seinem letzten Savegame zurückversetzt, sondern direkt an die Stelle, wo er sich neu der Herausforderung stellen muss.


Fazit

Und wieder am Bahnhof

Auch wenn Al Emmo wie eine Mischung aus Larry Laffer, Tony Tough und Freddy Pharkas wirkt, ist sein Charakter wirklich gelungen. Das Spiel verneigt sich respektvoll vor den alten Sierra-Adventures, ohne dabei wie eine blanke Kopie zu wirken. Es bleibt sogar zu spekulieren, ob der Name Al Emmo nicht an den Erfinder der alten Sierra-Spiele, Al Lowe, erinnern soll. Letztlich ist aber Himalaya Studios ein witziges Adventure-Game gelungen, das sich vor allem diejenigen ansehen sollten, die sich schon immer gefragt haben: "Wieso gibt es eigentlich die lustigen alten Point-and-Click-Adventures nicht mehr?" (13.08.2007)


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