Anno 1404 (Ubisoft) geschrieben von Manuela Loritz
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Im März 1998 erschien mit "Anno 1602" der erste Teil der Strategie-Serie, die mittlerweile wohl jedem Spieler ein Begriff ist. Der Nachfolger "1503" wurde vor allem wegen seiner Geschichte gelobt, galt aber vielen als zu komplex. "1701" wiederum war gut für Einsteiger, wurde gegen Ende aber etwas eintönig. Seit 25. Juni 2009 ist nun mit "Anno 1404" der jüngste Teil der Serie im Handel erhältlich. Dieses Mal erkundet, baut und produziert der Spieler im Mittelalter und lernt dabei die Kultur und Technik des Orients kennen. Entwickler Related Design hat viele Neuerungen eingebaut und mit Kampagne, Endlosspiel und Szenarien weit über 100 Spielstunden geschaffen. Zeit der Abenteuer und Entdeckungen Lord Richard Northburgh ist in Sorge: Sein Vetter, der Kaiser, leidet seit einiger Zeit an einer mysteriösen Krankheit. Die letzte Hoffnung zur Heilung scheint der Bau des Kaiserdoms zu sein, den der Lord errichten will. Dafür benötigt er dringend die Unterstützung des Spielers, der, ausgestattet mit einem Schiff und wenigen Vorräten, die Nachbarinsel besiedelt. Doch der Bau des Doms muss verschoben werden, Kardinal Lucius bereitet den Kreuzzug gegen den Orient vor. Alle sind verpflichtet, ihm zu helfen, doch während der Vorbereitungen wird deutlich, dass dabei nicht alles mit rechten Dingen zu geht. Installation "Anno 1404" ist mit dem Kopierschutz von "TAGÈS" geschützt. Das bedeutet, dass während der Installation der im Handbuch angegebene Key Code online übertragen werden muss. Gleichzeitig wird die Installation auf drei verschiedene Computer begrenzt. Für jede Änderung der PC-Komponenten, zum Beispiel dem Austausch des Mainboards, wird eine Neuaktivierung verlangt. Ändern sich die Komponenten nicht, kann das Spiel beliebig oft auf einem PC in- und deinstalliert werden. Eine Zurücksetzung der Aktivierung ist nicht möglich. Die verschiedenen Spielmodi Fans des Multiplayer-Modus werden enttäuscht sein, denn das Spiel ist bisher allein den Solisten vorbehalten. Ob und wann der Multiplayer mit einem Add-On nachgeliefert wird, ist im Moment noch nicht bekannt. Für die Einzelspieler bietet das Spiel drei unterschiedliche Varianten: Zum einen die Kampagne, die eine gute Einführung in die Funktionen des Spiels bietet und vor allem für Einsteiger geeignet ist. Wer stundenlangen Spielspaß möchte, für den bietet das Endlosspiel genau das. Zum Sieg in den ebenfalls zur Verfügung stehenden Szenarien führt die Erfüllung von mehreren Zielvorgaben, die von leicht bis schwer gestaltet sind. Die Kampagne oder Das lange Tutorial In der acht Kapitel umfassenden Kampagne lernt der Spieler alle grundlegenden Funktionen des Spiels kennen. Anstelle eines Tutorials steht dem Spieler mit Lord Northburgh ein hilfreicher Berater zur Seite. Das Ziel der Entwickler, das Spiel auch für Einsteiger zu gestalten, ist mit der Kampagne gelungen: Der Lord bietet für Neulinge eine gute Unterstützung, Profis und Kenner der Serie werden vor allem in den ersten Missionen unterfordert sein. Dennoch lohnt es sich auch für Letztere einmal, einen Blick in die Kampagne zu werfen: Zum einen kommt hier die eigentliche Geschichte zur Geltung, die das erste Zusammentreffen mit dem Großwesir im Orient erklärt und damit die Grundlage für die beiden weiteren Spielvarianten ist. Zum anderen hat "Anno 1404" einige Neuerungen zu bieten. Schon zu Beginn der ersten Mission fällt eines besonders ins Auge: "Anno 1404" ist einfach zu bedienen und Aktionen immer nachvollziehbar. Funktioniert eine Produktionsstätte nicht mehr, reicht ein Klick auf das Gebäude und die Ursache des Problems ist ersichtlich. Doch damit noch nicht genug der Verbesserungen: Handelsrouten sind über das neue Strategiemenü handlich und simpel einzurichten. Einfach die Kontors anklicken, die miteinander Waren austauschen sollen und das Schiff, schon ist eine neue Route eröffnet. Per Drag-and-Drop lassen sich Waren zwischen Kontor und Schiffen austauschen. Das vereinfacht die wichtigsten Bestandteile der "Anno"-Serie - Aufbau der Siedlung, Produktion und Handel von Waren - ungemein. Im Spiel trifft man auf mehrere Verbündete und alle werden im Laufe der Zeit mit einer oder mehreren Bitten auf den Spieler zukommen. Von "Suche bitte drei Ritter in deiner Stadt" bis zur Erfüllung von Warenlieferungen oder der Zerstörung von feindlichen Schiffen ist alles dabei. Als Dankeschön gibt es nützliche Belohnungen und Ruhmpunkte mit denen man Verbesserungen, wie mehr Lagerkapazität, Zivilisationsaufstieg oder Saatgut, kaufen kann. Das sorgt für regelmäßige Abwechslung und zusätzliche Motivation, vor allem da die Aufträge sich gut in die Handlung einfügen. Im Verlauf der Kampagne entsteht eine Stadt, die der Spieler verwaltet. Leider ist sie kaum individuell gestaltbar, da sie zu Beginn jedes Kapitels durch eine bereits im Spiel vorgegebene ersetzt wird. Diese ist dann auf die Bedürfnisse der Mission angepasst und die Produktion funktioniert ohne Probleme. Allgemein tauchen in der Kampagne hauptsächlich Aufgaben auf, die ohne große Schwierigkeiten gelöst werden können. Das verhindert bei Anfängern Frustmomente, ist aber ein weiterer Grund für Profis, diese Missionen eventuell beiseite zu lassen, wenn kein Auffrischungsbedarf bei der Bedienung besteht. Der Warenkreislauf hat sich in "Anno 1404" im Gegensatz zu den Vorgängern stark vergrößert: Insgesamt sind 64 Waren vorhanden, die teilweise für neue Produktionsabläufe sorgen. So ist zum Beispiel Hanf nicht nur für die Produktion von Seilen notwendig, sondern auch für Kleidung. Indigo wird für Teppiche und Bücher gebraucht. Das macht eine durchdachte Stadtplanung unumgänglich. Die ist sowieso notwendig, da es nicht mehr möglich ist, alle Bewohner des Ortes in eine höhere Zivilisationsstufe aufsteigen zu lassen, da es nur eine begrenzte Anzahl von Aufstiegsrechten für die Bevölkerung gibt. Hier hat sich der Entwickler am Mittelalter orientiert, in der die Ständegesellschaft kaum Veränderungen zugelassen hat. Diese Rechte können automatisch oder manuell vergeben werden. Je nach Zivilisationsstufe haben die Einwohner - wie in der Serie üblich - ganz unterschiedliche Bedürfnisse: Ist der Bauer noch mit Fisch als Nahrung zufrieden, möchte der Patrizier Fisch, Gewürze und Brot. Sind die Bedürfnisse zu einem gewissen Prozentsatz erfüllt, steigen die Bewohner in der Stufe auf. Das Menü dafür ist übersichtlich und sehr verständlich. Mit dem Aufstieg der Bevölkerung verbunden ist die Erforschung des Morgenlandes, denn spätestens mit Erreichen der Stufe Bürger verlangen die Einwohner nach Gewürzen, die nur auf den südlichen Inseln des Orients angebaut werden können. Mit der Entdeckung des Orients erhält der Spieler nach und nach neue Techniken und mit Nomaden und Gesandten neue Bevölkerungsgruppen. Die Freischaltung von Gebäude muss man sich erst durch Handel, erfüllten Aufträgen und Ruhmpunkte verdienen. Das ist schlüssig, schließlich muss das Vertrauen der fremden Kultur erst einmal erarbeitet werden. Die Kreuzzüge waren alles andere als eitel Sonnenschein, deswegen gibt es auch in "Anno 1404" Situationen, die nur mit Hilfe des Militärs gelöst werden können. In der Kampagne muss die mittelalterliche Welt vor dem machthungrigen Oberen der Welt beschützt und Verbündeten zur Seite gestanden werden. Im Gegensatz zu den restlichen Funktionen im Spiel ist das Kampfsystem nicht ganz so gut gelöst. Es gibt keine einzelnen Einheiten sondern ein Heerlager, das die Soldaten beherbergt. Über das Heerlager werden die Befehle Angriff, Unterstützung, Verlagerung oder Abbruch der Aktion befehligt. Das ist zwar eine einfache Lösung, dennoch gibt es kaum Situationen, in denen der Spieler eingreifen muss. Damit bleibt er die meiste Zeit passiv und schaut dem Treiben nur zu. Das Spiel zeigt die Chancen für einen Sieg oder Niederlage im Kampf zwar an, erklärt aber nicht, warum die Chancen gut oder schlecht stehen. So ist nicht immer nachvollziehbar, warum man eine Niederlage einstecken musste. Das Gleiche gilt für die Schlachten auf dem Meer: Nur das angegriffene Schiff reagiert auf den Kanonenbeschuss, sind weitere Schiffe in der Flotte, ankern sie unbeteiligt am Schauplatz oder fahren weiter. Die Umsetzung des Militärs ist leider nicht gelungen, das ist schade, da "Anno 1404" ansonsten bei der Bedienung und Umsetzung alles richtig macht. Mit einer Spielzeit von mehr als 20 Stunden bietet die Kampagne bereits ausreichend Spielspaß, allerdings ohne Wiederspielwert, dafür ist die Handlung zu streng linear aufgebaut. Doch niemand muss sich sorgen, schließlich gibt es noch die Möglichkeit der Szenarien. Sech Szenarien, sechs Mal eine Herausforderung "Anno 1404" bietet sechs Szenarien mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Jedes Mal müssen vorgegebene Ziele erreicht werden. Bei erfolgreichem Abschluss erhält der Spieler jeweils einen neuen Titel, wie zum Beispiel "Baumeister", den er in seinem Onlineprofil veröffentlichen kann. Die zu erfüllenden Aufgaben erfordern meist die Errichtung eines speziellen Gebäudes, Ansiedlung von einer bestimmten Zivilisationsstufe oder die Anhäufung von Gold. So verlangt zum Beispiel die einfache Stufe "Kurfürst" die Anhäufung von 150.000 Goldmünzen und insgesamt 5.000 Einwohnern, von denen 2.000 Adlige sind. Im Gegensatz dazu erlangt der Spieler den Titel Imperator nur, wenn er der letzte Überlebende in der Spielwelt ist, alle Errungenschaften erhalten hat, den Kaiserdom und die Sultansmoschee gebaut und eine Million Goldstücke gesammelt hat. Wenn dann noch die richtige Anzahl Gesandte und Adlige in seinen Städten leben und er fünfzehn Aufträge für den Sultan oder Kaiser erfüllt hat, dann hat er sich seinen Titel auch wirklich verdient. Wie der Spieler die Ziele erreicht, ist ihm überlassen. Die Szenarien sind damit eine Mischung aus Kampagne und Endlosspiel. Die Monumentalbauten Kaiserdom, Sultansmoschee und Speicherstadt - die in den Szenarien und Endlosspiel - gebaut werden dürfen bzw. müssen, bieten lang anhaltenden Spielspaß und motivieren. Wer will nicht gerne einmal in mehreren Stufen die Bauphasen dieser Bauten sehen und einen Blick darauf werfen. Zumal der Bau dieser Gebäude die bisherige Stadtplanung über den Haufen wirft, denn die Monumentalbauten benötigen viel freien Baugrund und Ressourcen. Wer bei der Kampagne Komplexität vermisst, findet sie spätestens hier. Beratung und Hilfe erhält der Spieler auch in den Szenarien durch Lord Northburgh, der der erste Handelspartner ist. Das Endlosspiel - endloser Spielspaß Im Endlosspiel liegt alles in den Händen des Spielers, auch die Siegbedingungen. Zwar stehen die üblichen drei Schwierigkeitsgrade zur Verfügung, wer das Spiel aber individuell gestalten - vereinfachen oder noch einmal erschweren - will, begibt sich in das Optionsmenü in dem über 50 Einstellungen an die eigenen Spielerfähigkeiten angepasst werden können. Von der Stärke und Zahl der Computergegner, über die Ausgangs- hin zu den Siegbedingungen. Der Wiederspielwert ist also gesichert. Zwar beginnt auch das Endlosspiel relativ gemütlich und einfach, wird aber im Laufe des Aufbaus immer komplexer. Einwohner sind nicht mehr so geduldig wie in der Kampagne und auch Bettler wollen in die Stadt. Diese kann der Spieler entweder in einem Armenhaus aufnehmen - dafür zahlen sie kaum Steuern und das Gebäude kostet Unterhalt - oder er verweigert ihnen den Zutritt, was im Anschluss zu einem Überfall der Abgewiesenen sorgen kann. Der Spieler entscheidet, ob er lieber auf Diplomatie oder Militäreinsatz setzt. Nebenaufträge müssen nun - wie in den Szenarien auch - unter Zeitdruck erfüllt werden, bleiben aber dennoch immer lösbar. Im Spiel tauchen verschiedene Helfer auf: Hexen, die dafür sorgen können, dass die Pest nicht ausbricht oder ein Alchimist, der gegen Warenlieferungen Verbesserungen erforscht. Die Akademie der Weisen erhöht die allgemeine Produktion und erforscht dabei auch ab und zu Items, die als Verbesserungen eingesetzt werden können. Das Endlosspiel wird nie langweilig oder eintönig, ständig gibt es neue Aufgaben zu erledigen und das motiviert. Liebe zum Detail Die Grafik in "Anno 1404" ist hervorragend und mit viel Liebe zum Detail umgesetzt. Es macht schon alleine Spaß zu sehen, wie sich die Wellen des Meeres am fahrenden Schiff brechen und das Wasser in der Sonne glitzert. Die Bewohner beleben die Welt, wie in keinem anderen Spiel der Serie: Beim Zoom in die Stadt hört man den Marktschreier seine Waren anbieten, sind die Bürger unzufrieden demonstrieren sie mit Holzschildern, jeder Arbeiter geht seinen Aufgaben nach, Kinder spielen, während die Reichen vor dem Wirtshaus feiern und Handelsschiffe das Kontor anfahren. Besitzer älterer PCs werden Abstriche bei der Grafik machen müssen, das Optionsmenü bietet allerdings ausreichend Einstellungen, um das Spiel trotzdem flüssig genießen zu können. Die Musik ist orchestral umgesetzt und bietet eine gute Soundkulisse für das Spiel. Die Charaktere sind gut vertont und werden dadurch zu Verbündeten, die individuelle Eigenschaften und Ansichten besitzen. Die Umgebungsgeräusche sind sehr gut umgesetzt und abwechslungsreich. Wer zu viel Zeit am Stück mit "Anno" verbringt, wird nach zwei Stunden freundlich darauf hingewiesen, doch einmal eine Kaffeepause einzulegen. Das ist leichter gesagt als getan, denn Monumentalbauten, zusätzliche Belohnungen und die Zielvorgaben motivieren ungemein. Dabei verbindet das Spiel vorbildlich Komplexität mit Einsteigerfreundlichkeit. Der Orient als neue Kultur fügt sich passend in die Geschichte ein und fordert zusätzlich, indem er neue Möglichkeiten bei der Planung und Produktion bietet. Egal welche Aufgaben sich dem Spieler bieten, sie bleiben immer nachvollziehbar und übersichtlich. Für die Konkurrenz wird es schwer werden, denn "Anno 1404" ist das Aufbauspiel, an dem sich zukünftige Spiele messen müssen. (13.07.2009)
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