Space Empires V

Space Empires V

(Empire Interactive)

geschrieben von Sebastian E.R. Hör

 

     
 

Weltraumstrategiespiele gibt es ja mittlerweile genügend: Ob völlig unabhängig von einer Buch- oder Filmvorlage, wie "Galactic Civilizations II" oder der in Ehren ergraute Klassiker "Master of Orion", oder angesiedelt in einem bekannten Hintergrund, wie "Star Wars: Empire at War": Mittlerweile ist die Auswahl erklecklich. Doch ein Spiel, das bislang für uns Europäer nicht erhältlich war und ausschließlich die US-Strategengemeinde erfreute, ergänzt die Palette um eine Komponente, die man nur als "Hardcore"-Strategie bezeichnen kann.

Der Weltraum - unendliche Weiten

Dieser klassische Einzeiler ist weder sonderlich originell, noch ist seine Erwähnung zur Beschreibung eines Weltraumstrategiespiels einmalig. Dennoch: Es gibt keinen besseren Begriff, um Spieltiefe und Umfang von "Space Empires V" zu erklären. Und es würde den Rahmen dieses Reviews bei weitem sprengen, alle Funktionen, Icons, Einstellungsmöglichkeiten und was es sonst noch so gibt, zu erläutern. Daher gibt dieses Review nur einen groben Überblick über die wichtigsten Elemente.

Generell haben Sie im Hauptmenü die Möglichkeit, sich zwischen einem Schnellstart, einem neuen Spiel, dem Tutorial und einem Szenario zu entscheiden. Letzteres entpuppt sich jedoch schnell als Hülle ohne Inhalt: Missionen oder gar eine Rahmenhandlung gibt es in "Space Empires V" nämlich nicht. Falls Sie das Tutorial gespielt haben - was übrigens höchst ratsam ist - können Sie dieses (warum auch immer Sie das ausgerechnet über den "Szenario"-Button tun wollen sollten) hier laden. Sonst allerdings nichts. Klicken Sie auf "Schnellstart", können Sie ein Standardspiel starten, nur entfallen dabei sämtliche Einstellungsoptionen bis auf die Wahl des Imperiums, für das Sie Partei ergreifen möchten. Insgesamt haben Sie die Auswahl zwischen vierzehn verschiedenen Imperien; allesamt unterscheiden sie sich durch Regierungsform, Gesellschaftsausrichtung und zahlreiche andere Kleinigkeiten. Ein schnelles Spiel ist also die Option für diejenigen, die sich nicht mit der Unmenge von Rädchen herumschlagen möchten, an denen Sie mittels des "Normalen Spiels" drehen können.

Auch hier steht Ihnen ausschließlich das Standardspiel zur Verfügung, Modifikationen von Fans und vonseiten der Entwickler stehen allerdings auf der Spielewebsite zur Verfügung, beispielsweise der "Antares-Mod", der Sie in das Universum des Klassikers "Master of Orion 2" versetzt. Im Hauptspiel haben Sie jedenfalls auch so zahlreiche Hebel, mit deren Hilfe Sie die Galaxie Ihren Wünschen entsprechend gestalten können. Zunächst wählen Sie den Quadrantentyp aus, also ob es sich um einen Galaxisquadranten mittleren Alters handelt, oder ob dieser eher am Rand der Galaxie oder in einem Spiralarm liegt - dies hat Einfluss auf die Anzahl der besiedelbaren Planeten und die Zusammensetzung der Sonnensysteme.

Hernach wählen Sie die Quadrantengröße (in den Stufen "klein", "mittel" und "groß" sowie die Art, wie die Warppunkte, die Sie in ein anderes Sonnensystem transportieren, miteinander verbunden sind und ob es überhaupt welche gibt. Haben Sie das getan, können Sie sich nun Ihr Wunschimperium zusammenbasteln. Sie verfügen über eine Optionsfülle, die ihresgleichen sucht. Neben den üblichen Einstellungen wie Name des Imperiums, Name und Titel des Imperators, dem Logo und dem Schiffstyp können Sie auch noch entscheiden, wie Ihre Rasse heißt, welchen Körperbau (humanoid, echsenhaft, etc.) sie hat, usw.

Des Weiteren können Sie sich für eine von zehn Regierungsformen entscheiden, die unterschiedliche Boni bringen. So mindert die Anarchie zwar signifikant Loyalität, Kriegstoleranz und Spionageabwehr Ihrer Rasse, verschafft ihr dafür jedoch auch hohe Boni bei Forschung und Assimilierung fremder Bevölkerungen, während das Kollektiv die Loyalität, die Spionageabwehr und die Kriegstoleranz der Rasse fördert, was aber zulasten von Forschung und Assimilierung geht. Ferner können Sie noch einen Gesellschaftstyp auswählen, also ob Ihre Zivilisation eher kriegerisch oder eher künstlerisch veranlagt ist; auch dies bringt natürlich Boni in verschiedenen Bereichen.

Sie verfügen außerdem über 2.000 Rassenpunkte, die Sie in verschiedene Fähigkeiten Ihres Volkes investieren können, sodass Sie beispielsweise über eine Gesellschaft aus dummen Bauern, (minus fünf Prozent Forschung und Biostoffgewinnung), die dafür aber tapfere und kräftige (plus fünf Prozent Kampfmoral, Bodenkampfschaden und Kampfstärke der Schiffscrews) Krieger sind, gebieten.

Doch was Sie beim Erstellen des eigenen Imperiums als erfreulich tiefgängig ansehen, entpuppt sich spätestens nach der Erstellung des zweiten Computergegners als langwierige Tortur: Für jeden der KI-Schergen müssen Sie dieselben Einstellungen tätigen wie für sich selbst - Sie können zwar einige der Merkmale per Zufall bestimmen lassen (z. B. den Namen oder die Atmosphäre der Heimatwelt), aber die meisten müssen Sie von Hand festlegen. Was den Gelegenheitsspieler abschreckt, gilt Hardcorestrategen natürlich als das Nonplusultra an Spieltiefe.

Zu guter Letzt können Sie sich noch diverse Technologien mit Hilfe von "Forschungspunkten" direkt zum Spielstart freischalten, doch der Technologiebaum ist derart riesig und ausdifferenziert, dass Sie bei den ersten Partien garantiert nicht wissen werden, welche Technologie für welche Strategie zielführend ist. Anschließend dürfen Sie sich - wenn Sie möchten - noch eine Geschichte über die Herkunft Ihres Imperiums ausdenken und es dann erstellen.

Doch damit nicht genug, es gibt noch viel zu tun: Die maximale Einheitenzahl im Weltraum und die höchstmögliche Zahl an Schiffen pro Spieler will bestimmt, die Sichteinstellungen festgelegt und noch viele weitere Optionen wollen entsprechend den Wünschen des Spielers gesetzt werden. Haben Sie dann auch die Siegbedingungen festgelegt (z. B. "höchste Technologie", was den ersten Spieler mit mindestens 80 Prozent des Technologiebaums zum Sieger kürt), dürfen Sie loslegen.

Space-Klick-Opera

Im Spiel selbst dürfen Sie Welten besiedeln, Technologien erforschen, in unbekannte Systeme vordringen und noch einiges anderes mehr - wie gesagt, die Spieltiefe ist enorm. Sie beginnen in der Regel mit Ihrer Heimatwelt sowie einer bestimmten Menge an Hauptressourcen, von denen es drei gibt: Mineralien, Biostoffe sowie radioaktive Mineralien. Zudem benötigen Sie Forschungs- und Spionagepunkte, deren Verwendungszweck selbsterklärend sein sollte. All diese Ressourcen gewinnen Sie durch entsprechende Gebäude auf Ihren Planeten und diese benötigen Sie auch, um Schiffe zu bauen und instand zu halten.

Gebäude errichten Sie über die entsprechende Bauleiste eines Planeten, in der Sie so lange Objekte platzieren können, bis der auf einer Welt verfügbare Platz ausgereizt ist. Schiffe entwerfen Sie mithilfe des Schiffsdesigners - auch hier haben Sie die Qual der Wahl. Nicht nur, dass Sie zunächst aus einem von fünf Fahrzeugtypen (Basis, Satellit, Schiff, Truppe und Waffenplattform) auswählen dürfen, nein, Sie haben auch unzählige Objekte zur Auswahl, die Sie darauf oder darin (je nach gewähltem Fahrzeugtyp) platzieren können - und es werden, je nach Forschungsstand - immer mehr. Hilfreich hierbei ist ein kleines Fenster, das Ihnen anzeigt, was Sie in das Fahrzeug Ihrer Wahl noch einbauen müssen, um es voll funktionsfähig zu machen. Ärgerlich hierbei: Dass ein Raumschiff natürlich einen Antrieb benötigt, um sich fortzubewegen, wird nicht berücksichtigt. Das heißt, Sie lernen nach der Trial-and-Error-Methode: Sie bauen ein Schiff und wenn es nicht losfliegt, haben Sie das Triebwerk vergessen. Erfreulich ist, dass Sie über den "Automatisch Fertigstellen"-Button aus vorgefertigten Entwürfen wählen und diese dann gegebenenfalls geringfügig anpassen können.

Wie es sich für ein richtiges Hardcore-Weltraumstrategiespiel gehört, schicken Sie Ihre Einheiten nicht einfach nur per Rechtsklick durch das Vakuum - ein Klick auf eines der Hexfelder des entsprechenden Sonnensystems öffnet ein Menü, in dem die Befehle und die entsprechenden Tastenkürzel dargestellt werden. Sie bewegen Ihre Schiffe also per "Gehe zu"-Befehl oder mit dem entsprechenden Hotkey ("Ü"). Auch für den Flug durch einen Warppunkt will das Schiff noch einmal den entsprechenden Befehl, selbst wenn Sie es ausdrücklich auf das betreffende Feld beordert haben - umständlich.

Von diesen Befehlen gibt es noch unzählige, beispielsweise "Nächstmöglich reparieren", der das Schiff an die nächste Reparaturstation schickt sowie Zusatzbefehle für die Flottenbildung und Frachtaufnahme. Treffen Sie auf ein fremdes Schiff, können Sie mit der Zivilisation des Besitzers Handel treiben und diplomatische Beziehungen aufnehmen, natürlich auch in sehr detailliertem Maße: Sie können bestimmen, welche Elemente Abkommen enthalten (etwa, ob Sie das Minenfeld eines PC-Spielers durchfliegen dürfen etc.) und wie diese gewichtet werden. Aber da auch die Diplomatie ihre Grenzen hat, denkt man unweigerlich an das Zitat von Carl von Clausewitz: "Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln." Der Kampf läuft, im Gegensatz zum Rest des Spiels, in Echtzeit ab; Sie haben die Wahl zwischen strategischem (der PC steuert Ihre Schiffe und Sie sehen zu) und taktischem Kampf, in den Sie selbst eingreifen können. Doch das ist eine wenig ratsame Vorgehensweise für unerfahrene Spieler: das Geschehen ist zu unübersichtlich, als dass man wesentlich bessere Ergebnisse als der Computer erzielen könnte.

Wie das große Vorbild

Grafisch hat "Space Empires V" einiges mit "Master of Orion 2" gemeinsam - mit dem Unterschied, dass letzteres 1996 erschienen ist und ersteres 2007. Der Weltraum ist völlig statisch und, bis auf Gaswolken und ähnliche spielrelevante Objekte - farbarm, die Schiffe sind fast völlig von den sie überlagernden Symbolen verdeckt und die Welten sind zwar verschieden eingefärbt und unterscheiden sich in der Größe, wirken aber so trostlos, dass sich keine vernunftbegabte Spezies jemals dort ansiedeln würde. Die einzelnen Menüs und Untermenüs sind dank verschiedener Filterfunktionen zwar gut strukturiert, wirken aber insgesamt zu überladen. Gut ist hingegen die Möglichkeit, sehr weit aus dem Geschehen herauszuzoomen, um wirklich alles im Blick zu haben. Durch den geringen grafischen Aufwand hält sich außerdem der Hardwarehunger von "Space Empires V" in engen Grenzen.

Exploration of Space

Der Sound unterstreicht in sehr schöner Weise das Ambiente des Spiels: Ein kurzer, wie die Windows-Systemtöne anmutender Klang unterstreicht Klicks in den Menüs, im Spiel ist keine Hintergrundmusik zu hören, von gesprochenen Texten ganz zu schweigen - aber welcher echte Stratege braucht das schon?


Fazit

   "Space Empires V" ist ein Spiel für Hardcore-Strategen, wie ich an mehreren Stellen schon sagte. Die Optionsvielfalt und Spieltiefe garantiert für eben diese stunden-, ja wochen- und monatelanges Vergnügen, Gelegenheitsspieler werden jedoch davon erschlagen. Zumal das Tutorial, das über Textboxen abläuft, nicht hilfreich ist: Was man dort lernt, hat man dank der schieren Fülle an Einstellungsmöglichkeiten gleich wieder vergessen und ist so schlau als wie zuvor. Die triste Optik ist, wie der sparsame Sound, zweckmäßig und für Hardcore-Strategen absolut ausreichend, Gelegenheitsspieler sollten jedoch lieber zu "Galactic Civilizations II" greifen. (06.08.2007)


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