Harry Potter und der Orden des Phoenix

Harry Potter und der Orden des Phönix

(Electronic Arts)

geschrieben von Jana Voth

     

. K. Rowling hat mit den Büchern der Reihe "Harry Potter" einen ungeahnten Erfolg gelandet, der den kleinen Zauberer sogar ins Kino und auf den heimischen PC (oder die heimische Konsole) brachte. Fans sind sich zumeist einig, dass dabei lange nicht alle Bände gleich faszinierend sind. Noch mehr Uneinigkeit herrscht darüber, welcher Band nun der "Schlechteste" und welcher der "Beste" ist. Das lässt sich dabei leicht erklären: Frau Rowling legt in nahezu jedem Buch andere Akzente und trifft damit auch den einen Leser mehr und den anderen weniger. Gleiches gilt sicherlich für die Spiele; während das erste schlicht und einfach Jump & Run war, hat sich da doch einiges getan, bis man nun bei einer ausgereiften Hogwarts-Kopie samt Schauspielerkopien angelangt ist.

Story oder "Ähm, ja ... wo bin ich jetzt?"

Vornweg sei gesagt, dass man allein mit dem Spiel keine Chance hat, die Geschichte von "Harry Potter und der Orden des Phönix" wirklich zu begreifen und es sich damit durchaus lohnt, sich Film - oder lieber noch Buch - auch danach noch zu Gemüte zu führen. So ist man bei Spielbeginn mit einem dicken Jungen unterwegs, als plötzlich Dementoren auftauchen. Kurz darauf findet man sich in einem Versteck wieder; ohne zu erfahren, wer der Junge war oder was das für ein Versteck ist. Eingeweihte erkennen den kleinen Dursley und das Hauptquartier des Orden des Phönix wieder; Unwissende ignorieren die Story und kommen auch so ausgezeichnet durchs Spiel. Große Teile des Geschehens im Buch werden nur am Rande erwähnt oder ganz ausgelassen, was beim Umfang des Werkes jedoch nachvollziehbar ist.

Die Kurzfassung ist nun diese: Harry will sein fünftes Jahr in Hogwarts, einer Magieschule nahe London, beginnen, trifft aber in den Sommerferien auf so genannte "Dementoren", gefährliche Monster, die es speziell auf Harry abgesehen haben. Er wendet nun einen Schutzzauber an, um sie loszuwerden. Leider ist es für Magier unter siebzehn Jahren verboten, Magie in Anwesenheit von Muggeln (normalen Menschen) anzuwenden. Das wäre nur erlaubt, wenn es Notwehr gewesen wäre. Da das Ministerium aber der Meinung ist, dass die Dementoren gar nicht hätten da sein können und Harry lügen würde, soll er von der Schule verwiesen werden. Schließlich behauptet er ja auch, dass "Du weißt schon, wer" (ein erzböser Magier) zurückgekehrt sei, was ja absolut unmöglich ist. Der Schulverweis kann dank eines Augenzeugen vermieden werden, aber das Ministerium schickt eine Gesandte nach Hogwarts, die vorerst als Lehrerin ein Auge auf die Schule werfen soll.

Steuerung oder "Harry, links ist die andere Richtung!"

Tatsächlich ist das Steuern von Harry in diesem Spiel eine Kunst für sich. Rein theoretisch lässt er sich mit den "WASD"-Tasten bewegen und mit den Pfeiltasten bzw. der Maus lässt sich die Blickrichtung von Harry verändern. Gerade in engeren Regionen reagiert Harry aber so eigenartig auf Hindernisse, dass er gerne mal beschließt, nicht nach links sondern nach rechts zu laufen. Richtig extrem wird es, wenn man ihn mit Hilfe von "Shift" auf ein schnelleres Tempo bringen will. Ähnlich verrückt ist die Kamera, die schon mal hinter Wandteppichen verschwindet und damit den Blick aufs Geschehen ganz verwehrt. Die einzige Möglichkeit des Spielers, irgendwie direkt auf die Kameraführung einzuwirken, ist das Heranzoomen per "C"-Taste. Hier gibt es zwei Arten: In den einen Regionen kann man damit durch Harrys Augen und auch die kompletten 360° Sichtwinkel um ihn herum ansehen, in den anderen Regionen zoomt man damit nur näher an Harry heran und sieht ihn zusammen mit seiner nahen Umgebung, ohne dabei noch groß durch die Gegend scrollen zu können. Die erste Variante ist natürlich sehr praktisch, aber leider eben nicht immer nutzbar. Beide Varianten sind aber nicht nur zum Umschauen gut, sondern auch, um noch versteckte, ungelöste Rätsel zu finden. Objekte, an denen noch etwas erledigt werden muss, fangen in diesem Modus an, aufzublinken. Zusätzlich erscheint eine Anzeige mit einer Prozentzahl, die angibt, wie viel von dem aktuellen Ort schon erkundet wurde.

Ein weiteres, sehr interessantes Kapitel der Steuerung sind die Zauber. Man wirkt sie á la "Black & White" durch Bewegungen der Maus. Dabei spielt nicht nur die korrekte Ausführung der Bewegung eine Rolle, sondern auch das Tempo. Sehr amüsant, wenn auch leider nicht immer effektiv. Je nach Maus kann es mühselig werden, den Computer davon zu überzeugen, dass man die Maus nur von oben nach unten und nicht im Kreis bewegt. Allerdings reagieren die meisten zu verzaubernden Objekte scheinbar empfindlicher auf die Zauber, die für sie gedacht sind, als auf andere. Wirklich schwierig ist das Ganze also nicht, außer man weiß eine Kleinigkeit nicht: Die Zauber lassen sich auch durch die Tastatur wirken. Und damit nicht noch jemand dadurch fast in den Wahnsinn getrieben wird, soll es hier kurz erklärt werden: Im Spiel gibt es die ein oder andere Stelle, an der die Zauber sehr schnell hintereinander gewirkt werden müssen. Die Maussteuerung ist aber unter Umständen sehr träge und somit kann es quasi unmöglich sein, die Aufgabe mit der Maus zu lösen. Für diesen Fall sollte man wissen, dass sich die Zauber auch durch die Pfeiltasten wirken lassen und das mit erheblichem Geschwindigkeitsgewinn. Allerdings wird beispielsweise der Zerstörungszauber nicht durch eine kreisartige Bewegung aktiviert, sondern nur durch "hoch" und "runter" im Wechsel.

Das Labyrinth von Hogwarts

Man hat sich sehr darum bemüht, Hogwarts den Büchern und Filmen entsprechend darzustellen. Und das Originalschloss ist ja nicht gerade klein. Somit ist das Ergebnis riesig aber auch nicht sonderlich übersichtlich geworden, obwohl schon viele Räumlichkeiten etwas verkleinert wurden und sicherlich auch der ein oder andere Raum fehlt. Durch dieses Gewirr aus Gängen, Portraitgeheimgängen und sich (wirklich) bewegenden Treppen werden hart gesottene Fans bald allein finden. Für den Normalverbraucher wurde aber die "Karte des Rumtreibers" eingebaut. Sie ist nicht ganz der Film- bzw. Buchvorlage entsprechend, aber hilfreich alle Male. Auf ihr ist ein abstrahierter Grundriss vom Spiel-Hogwarts abgebildet. Sie lässt sich mit der Umschalttaste aktivieren. Mit der Pfeiltaste nach rechts bekommt man dann zusätzlich eine Auflistung der aktuellen Aufgaben und dazugehörigen Personen. Die Pfeiltaste nach links offenbart eine Liste aller begehbaren Orte von Hogwarts. Sowohl die Orte als auch die Personen kann man nun anwählen. Dadurch erscheint eine Markierung des Orts/der Person auf der Karte und wenn man zurück in die normale Ansicht geht, zeigen schwarze Fußabdrücke auf dem Boden, in welche Richtung man gehen muss.

An fast jedem Ort in Hogwarts befinden sich Rätsel; an manchem mehr, an anderen weniger. Es gibt eine bestimmte Anzahl von Grundrätseln (nicht mehr als ein Dutzend), die sehr häufig auftauchen. Zur Lösung verwendet man fast ausschließlich Zauber. Besonders der Schwebezauber "Wingardium Leviosa" und der Zerstörungs-/Verbrennungszauber "Reductio" scheinen es den Entwicklern angetan zu haben, denn an unzähligen Stellen muss man Dinge per Schwebezauber (zu-)ordnen oder nur anheben. Noch häufiger kommt es vor, dass Fackeln, Kerzen und andere Lichtquellen angezündet werden müssen. Von den Standardminirätseln abgesehen gibt es auch etwas komplexere, die ein Mindestmaß an Kombinationsfähigkeit abverlangen. Eine dritte Art Rätsel fordert die Erkundungslust und den Willen, einfach alles auszuprobieren und eine letzte Art besteht darin, Harry quer durch die Burg zu schicken, um mit bestimmten Leuten zu reden und Gegenstände zu finden. Im Schwierigkeitsgrad variiert wird das Ganze durch bei Bedarf eingefügte Zeitlimits.

"Expecto Patronum!"

Selten, aber es kommt auch im Spiel vor, dass Harry tatsächlich kämpfen muss. Dazu stehen ihm eine gute Hand voll defensive und offensive Zauber zur Verfügung. Wirklich was passieren kann aber nicht; die drei "unforgivable curses" sind nicht dabei. Leider sind die Kämpfe auch nicht sonderlich spannend, sondern sehr kinderfreundlich gehalten. Das Niveau zieht sich so durch das gesamte Spiel und ist damit sehr angenehm für Kinder und Einsteiger, auch wenn es da so manches "aber" gibt. Bestimmte, erklärende Texte werden für Kinder vielleicht etwas zu schnell wieder ausgeblendet und andere Dinge werden gar nicht erklärt. Des Weiteren fehlt eine gewisse Übersichtlichkeit bei den ganzen Aufgaben, von denen schon einmal einige zeitgleich laufen können. Man vergisst einfach, ob man gerade Gegenstand X für Person Y besorgen wollte oder Gegenstand X schon hat und nur noch hinbringen wollte. Ein Inventar fehlt leider. Abschließend seien noch einige Minigames erwähnt, die (fast) alle nicht zum Weiterkommen in der Hauptstory wichtig sind, aber trotzdem Spaß machen. Da hätten wir "Zauberschach", im Grunde Muggel-Schach nur mit schönerer Grafik, "Koboldstein", was man nach verschiedenen Regeln spielen kann, aber alles eigentlich Muggel-Murmel-Spielen entspricht, und "Knallpoker", Muggel-Memories mit Zeitdruck. Sowohl das Erkunden als auch das Erfüllen von Aufgaben bringt "Entdeckerpunkte" ein, die in einem Belohnungsraum Videos und Pokale freischalten.

Hogwarts in neuem Glanz

Dafür, dass J. K. Rowling die Burg eher unheimlich und düster geplant hatte, ist die Spielversion sehr hell und freundlich geworden. Ein paar Ausnahmen gibt es natürlich immer (zum Beispiel den Kerker samt Snape und Slytherins), aber gerade die Höfe wirken wie kleine Märchenparadiese. Die Grafik ist durchweg sehr detailliert und stark an der Vorlage vom Film orientiert. Sehr positiv fallen die leicht zu erkennenden Gesichter auf, der erste Wermutstropfen ist aber nicht weit: Bei den Frisuren hat man sich viel künstlerische Freiheit herausgenommen; Hermine wurde kurzerhand blondiert und Mr. Black, Harrys Patenonkel, hat braune wenn nicht gar hellbraune Haare bekommen, was bei dem Namen ja nicht gerade berauschend ist. Ansonsten gibt es überall noch Ecken und Kanten. So manche Umsetzung sieht etwas lächerlich aus (die Apparatur, die den Punktestand der vier Häuser anzeigt) und trotzdem sind vor allem die weitläufigen Landschaften mit Blick auf die Burg und "Eulerei" einfach fantastisch gelungen. Noch ein kleines Manko: Wer sich die "große Treppe" genau anschaut, bemerkt, dass da gewaltiges Portrait-Recycling betrieben wurde. Man findet manche Herren und Damen nicht nur doppelt wieder.

Sound

Die lizenzierte Originalmusik in das Spiel einzubinden, hat seinen Zweck wirklich erfüllt: Die Atmosphäre ist toll und gewinnt noch weiter durch die Vertonung von vielen Originalsprechern aus dem Film sowie Originalgeräuschen. Potter-Fans werden sich hier heimisch fühlen. Das Einzige, was wirklich stört, ist, dass sich bestimmte Dialogfetzen andauernd wiederholen. So ist es nervig, wenn man gerade eine bestimmte Quest erfüllt und Hermine andauernd nachfragt, ob man denn auch wirklich noch an der Aufgabe arbeitet. Aber es kommt auch vor, wenn man beim Vorbeigehen an Schülern Gesprächsfetzen hört und so unzählige Male im Verlaufe des Spiels erfährt, dass das eine Mädchen (Oder waren es doch mehrere?) dank Beziehungen ihrer Familie nach der Schule im Ministerium arbeiten wird.

Fazit

Fans werden begeistert sein, endlich mal in "Harry Potter und der Orden des Phönix" durch die Hallen von Hogwarts wandern und dabei auch noch vertraute Klänge und Stimmen vernehmen zu können. Junge Adventure-Fans und Einsteiger in dem Genre werden für den Schwierigkeitsgrad dankbar sein. Erfahrene Adventure-Fans, die eine Herausforderung suchen, sowie Leute, die mit dem kleinen Zauberer so gar nichts am Hut haben, sollten die Finger von dem Spiel lassen.

(26.07.2007)

 

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