Deadhunt

Deadhunt

(RELGames)

Geschrieben von Bernd Wolffgramm

 

Das Spielegenre, das man als Ego- oder First Person Shooter (FPS) bezeichnet, hat sich in mehrere Richtungen entwickelt: Es gibt die Strategie-Shooter, in deren Mittelpunkt die geplante und koordinierte Zielerreichung steht, etwa die Spiele der Medal of Honor-Reihe, dann die Actionshooter, die sich häufig an einer Geschichte orientieren, da wären zum Beispiel FarCry oder Half-Life 2 genannt und die Rollenspiel-Shooter, in deren Mittelpunkt die Ausbildung und Ausrüstung des Spielers steht; DeusEx 2 ist so ein Spiel. Und dann gibt es da noch die Games, die überhaupt nicht versuchen, das Ballern hinter irgendeiner Geschichte oder Logik zu verstecken. Solch ein Spiel ist Deadhunt.

Der Zombie in seiner sozialen Umgebung

Man kann wohl davon ausgehen, dass jeder in seiner Nachbarschaft einen Zombie wohnen hat, manche kennen sogar einen aus der eigenen Familie. Er ist unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen und lebt seitdem mit seiner Familie eher zurückgezogen irgendwo in einer Doppelhaushälfte am Ende der Straße. Der Zombie ist nicht besonders kontaktfreudig und ist deswegen als "komisch" verschrien. Der einzige Mensch, der ihn wirklich zu Gesicht bekommt, ist der Postbote. Es gibt kaum Untersuchungen über das Leben eines Zombies, aber glaubt man einer Studie, die 1992 in den USA gemacht wurde, dann fährt der durchschnittliche Untote einen japanischen Mittelklassewagen, liebt französische Filme der schwarzen Reihe und steht auf Erdbeer-Milchshakes. Ob er Sport- oder Tanzveranstaltungen aufsucht, darüber ist nichts bekannt. Einmal im Jahr allerdings macht er sich auf die Reise zum Deadhunt, der großen Menschenjagd.

Nachlaufen für Fortgeschrittene

Das Spiel ist eigentlich schnell erklärt: Der Spieler findet sich zu Beginn eines Levels in einer Art Talkessel wieder. Zunächst steht er in der Mitte der Arena und ist allein. Diese Einsamkeit ist aber nicht von langer Dauer, denn schon nach wenigen Sekunden erheben sich die Zombies aus ihren Gräbern, die am Rande der Spielfläche angelegt wurden. Die Untoten schütteln sich kurz, versuchen die Lage zu sondieren und sobald sie Witterung aufgenommen haben, laufen sie in Richtung des Spielers - und zwar alle! Keiner der Zombies verharrt an seinem Grab oder sucht sich eine günstige Stelle für einen Überfall, alle rennen zum Spieler, als ob er sie magnetisch anziehen würde. Man kann hier wirklich von einem Kesseltreiben im eigentlichen Sinne des Wortes sprechen. Der Spieler versucht, sich gegen die Zombies zu verteidigen, dafür steht ihm in jeder Ebene aber nur eine vorgegebene Waffe zur Verfügung, immerhin gibt es für verschiedene Missionen unterschiedliche Schießeisen. Immerhin ist er damit besser ausgerüstet als die Feinde, die nur auf Handwaffen wie Keulen, Äxte und Sensen zurückgreifen können.

Ziel des Spiels ist es, zu überleben, bis der Level plötzlich endet. Leider ist es nicht immer ganz klar, was denn nun dazu führt, dass man in die nächste Ebene kommt, aber ganz nebenbei gesagt: Das interessiert im Moment des Gefechts auch überhaupt nicht, weil ein strategisches Vorgehen, etwa der Art, dass man sich einem bestimmten Zombie widmen möchte, gar nicht möglich ist. Man hat genug damit zu tun, sich dieser riesigen Horde der Verfolger zu erwehren. Horde ist in diesem Fall genau das richtige Wort, denn ca. 20 bis 30 Untote heften sich an die Fersen des Gejagten. Es bleibt dem Spieler nichts weiter übrig, als zu rennen, zu schießen und ab und zu die Powerups und Runen aufzuheben, die dann auf der Bildfläche erscheinen, wenn bestimmte Eventtrigger ausgelöst wurden. Diese Goodies beeinflussen entweder die Fortbewegung (schneller Laufen oder Zeitlupenmodus) und die Gesundheit des Spielers, oder sie haben einen Effekt auf seine Verteidigungsfähigkeit. So gibt es Runen für Munition, Durchschlagskraft, Bomben und Schutzschild und in Missionen, wo es auf die Punktezahl ankommt, auch Artefakte für Punktboni.

Gameplay und Spielmodi

Das Spiel ist fast frei von jeglichen Optionen, lediglich die Tasten sind frei belegbar und davon benötigt man gar nicht so viele: Laufen in die vier Richtungen, Schusstaste, einen Action-Key zum Aufnehmen der Goodies, Reload, die Feuertaste und die Taste zum Werfen der Bombe, die man ab und zu aufnehmen kann. Die aus anderen Egoshootern bekannten Strafe-Bewegungen sind leider nicht vorhanden, diese Art der Fortbewegung würde dem Spiel (und damit den Chancen des Spielers zu überleben) allerdings gut zu Gesicht stehen. Es gibt auch noch die Möglichkeit einen Jump-Key zu vergeben, wozu der allerdings gut ist, bleibt schleierhaft, da im ganzen Spiel nicht einmal gesprungen werden muss.

Der Spieler kann zwischen drei verschiedenen Modi wählen: Die wohl am häufigsten ausgewählte - weil auch abwechslungsreichste - Variante ist der Karrieremodus. Der Spieler muss Level für Level gewinnen, dann werden die folgenden Hetzjagden freigeschaltet. Vier verschiedene Karrieren mit jeweils zehn Missionen warten darauf, freigespielt zu werden. Die einzelnen Gefechte finden in zwei unterschiedlichen Terrains statt. Eine Systematik, wann entweder der Talkessel oder aber die rostbraune Opfergedenkstätte zu durchlaufen sind, ist nicht zu erkennen. Die Ziele der Missionen sind sehr abwechslungsreich, mal geht es einfach nur darum, eine bestimmte Anzahl von Gegnern zu eliminieren, dann wieder muss man bestimmte Feinde besiegen oder eine festgelegte Anzahl von Runen aufnehmen. Jede der 40 Missionen hat ein anderes Ziel, jeweils die letzte Mission einer Episode wird durch einen Levelboss beendet. Der dem Game beiliegende Text spricht zwar davon, dass der Spieler im Karrieremodus seinen Kämpfer entwickeln kann, das ist aber zu dick aufgetragen, denn eine kontinuierliche Charakterausbildung findet nicht statt, lediglich das Aufheben von Goodies sorgt für eine temporäre Veränderung der Fähigkeiten. Die anderen beiden Modi beziehen sich nur auf eine einzige Kampfrunde. Bei Survival geht es ganz einfach darum, so viele Punkte wie möglich zu sammeln, die dann in eine Highscore-Tabelle eingetragen werden. Etwas seltsamer erscheint einem da schon der Greed-Modus, bei dem die erreichte Punktzahl auf null sinkt, sobald man gestorben ist. Ziel ist es hier also, so viele Punkte wie möglich zu sammeln und dann das Spiel rechtzeitig zu beenden, bevor man zum Opfer der Zombies geworden ist.

Zu Beginn eines jeden Gemetzels wird der Gamer auf der Spielfläche abgesetzt, er bekommt dann einen Hinweis, was zu tun ist, um die Mission erfolgreich zu beenden. Die Waffe kann er nicht auswählen, sie ist fest vorgegeben. Und das ist auch fast schon der Hauptunterschied zwischen den Missionen und der Faktor, der entscheidet, ob eine Mission eher schwer oder sehr schwer, um nicht zu sagen fast unmöglich, zu gewinnen ist. Bekommt man eine Maschinenpistole oder ein Sturmgewehr gestellt, dann hat man wegen der geringen Durchschlagskraft und Treffgenauigkeit viel mehr Probleme, als wenn man mit der Schrotflinte oder gar der automatischen Shotgun ausgerüstet wird. Da sich alles im Nahkampf abspielt, ist die Schrotflinte natürlich die effektivste Waffe.

Der Spieler läuft das ganze Gemetzel über entweder vor- oder rückwärts, je nachdem, wo die meisten Gegner sind. Eigentlich sind sie überall und man steckt auch andauernd Treffer durch die Zombies ein. Es stellt sich häufiger das Gefühl ein, dass die Trefferabfrage des Games nicht so genau ist, wie sie sein sollte, denn auch wenn ein Untoter mehr als drei Armlängen vom Spieler entfernt steht, kann er Körpertreffer erzielen, was einigermaßen unrealistisch ist, da er nur über Schlagwaffen verfügt. Der Spieler ballert die ganze Zeit über auf die Zombies, kurz unterbrochen von Nachladezeiten, die angesichts der Übermacht der Jäger subjektiv immer zu lange dauern.

Grafik und Sound

Wenn man das Spiel installiert und feststellt, dass das Game nur ganze 30 MB groß ist, ist spätestens hier klar, dass Deadhunt kein Grafik- und Soundmonster wie etwa FarCry oder Half-Life 2 sein kann. Und genau diese Vermutung bestätigt sich auch schnell. Es gibt im Karrieremodus zwei Spielflächen. Da ist zum einen ein eher heller Talkessel, auf dessen Grund sich eine Rasenfläche befindet und in dessen Mitte eine Steinstruktur aufgebaut wurde, die an die Gebilde von Stonehenge erinnert. Die zweite Arena ist etwas dunkler gehalten, ebenfalls ein Talkessel, alles schimmert rötlich wie Sandgestein und in die Umrandung ist ein Altar eingelassen. Damit sind die beiden Ebenen komplett beschrieben. Etwas mehr haben sich die Leute von RELGames bei den Zombies einfallen lassen. Es gibt eine schier unüberblickbare Menge von Skins für die Untoten und diese sind auch noch mit wechselnden Waffen ausgerüstet. Die Palette reicht vom fast nackten, grünen Zombie mit einer Keule bis zum golden glänzenden, voll eingerüsteten Zombiekönig mit einer messerscharfen, übergroßen Axt. Dazu gibt es verschiedene Zombietypen wie etwa Skelette oder Ritter, abgerundet wird die Palette der Gegner durch Spinnen und diverse Levelbosse. Nun sollte man die Euphorie über die Gestaltung der Untoten aber nicht ausufern lassen. Detailtreue, Animationen und 360-Grad-Drehungen sucht man vergebens, für jeden Zombietypen gibt es genau vier Erscheinungsformen: Einen Untoten sieht man entweder von vorn oder hinten, oder er läuft schräg links oder rechts neben dem Spieler.

Der Sound ist schlichtweg mies, das war auch nicht anders zu erwarten. Es gibt die klassische Hintergrundmusik, die in Deadhunt ziemlich rockig anmutet, aber trotzdem nach ein paar Minuten nervt. Hat man das Gedudel abgeschaltet, dann hört man nur noch das Gestöhne der Untoten, die bei Körpertreffern so eine Art Kuhlaut von sich geben. Und man hört das Getippel der Zombiefüße, das den Spieler das ganze Gefecht über verfolgt.

Als DLH.Net von RELGames das Angebot bekam, Deadhunt zu begutachten, habe ich zunächst die nur 10 MB große Demoversion heruntergeladen und angespielt. Es war schnell ersichtlich, dass dieses Spiel nicht mit irgendeinem Egoshooter der heutigen Zeit verglichen werden kann, dafür ist die Grafik viel zu dürftig, eine Handlung sucht man vergebens, ebenso einen Multiplayer-Modus. Aber da war irgend etwas, das mich faszinierte. Also habe ich die Vollversion angefordert und staunte nicht schlecht, als diese auch nur 30 MB groß war und quasi per Mail kam.

Jeder, der Egoshooter der neusten Generation spielt, kann alle sein Künste in diesem Spiel vergessen. Beweglichkeit, Geduld oder Zielgenauigkeit sind in Deadhunt nicht gefragt, dafür aber gut trainierte Fingermuskeln. Es geht nur darum, zu laufen und zu schießen, um nichts Anderes. Das kann allerdings ziemlich schwierig sein und der eine oder andere Adrenalinstoß wird dem Spieler durch den Körper rauschen. Auch Gefühlsregungen wie Ärger, Protest und Glücksmomente werden dem Spieler nicht fremd sein. Wer also ein Spiel sucht, das einen kurzen Kick verspricht, der wird mit Deadhunt gut bedient sein. Es kann aber auch sein, dass den geneigten Zocker das Spiel nicht mehr loslässt, dann sind dem Käufer 20 - 30 Stunden Spielspaß gewiss.

Das Spiel ist komplett auf Englisch, ein Handbuch sucht man vergebens, es gibt lediglich so etwas wie einen kurzen Beitext, der die wesentlichen Features des Spiels erklärt, allerdings benötigt auch kein Mensch für dieses Spiel ein Manual. RELGames ist ein kleines, russisches Entwicklerlabel, alle Mitarbeiter heißen mit Nachnamen Mikov. Ihr Erstling Deadhunt ist klein, aber fein. Deadhunt ist ein Downloadspiel und wird über den Servicedienst RegNow vertrieben, der über eine deutsche Seite verfügt. Das Spiel ist mit $19.95 eventuell etwas zu teuer, $10.00 wären vermutlich auch genug gewesen. Aber bei dem zur Zeit günstigen Dollarkurs kann man sich das vielleicht leisten.

(16.04.2005)

Entwickler: RELGames  
Publisher: Download über Webseite
Genre: Egoshooter
Releasedate: Bereits im Handel
Homepage: Deadhunt
Altersfreigabe:  keine Einstufung

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