Tekken 6

Tekken 6 (PS3)

(Namco Bandai)

geschrieben von Witali Blum

 

 
Entwickler: Namco Bandai
Publisher: Namco Bandai
Genre: Beat'em'Up
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Tekken 6
Preis: 47,45 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 16 Jahren gemäß §14 JuSchG

Der Prügel-Hit "Tekken" geht in die sechste Runde und erscheint für die zwei wichtigsten Konsolen der nächsten Generation – Playstation 3 sowie Xbox 360. Die bisherige Exklusivität zu Sony wird aufgegeben, um einen größeren Kundenkreis zu erreichen. Es bleibt nur noch die Frage, ob sich so viele Menschen überhaupt für den Beat'em'Up-Titel interessieren sollten. Das folgende Review versucht den Lesern einen kleinen Einblick in das gewaltige Tekken-Universum zu verschaffen und die Neuerungen des Spiels hervorzuheben.

Round One!

Die Hintergrundgeschichte aller Tekken-Titel basiert hauptsächlich auf dem innerfamiliären Zwist einer mächtigen japanischen Familie, die es sich zur Regel gemacht hat, dass das körperlich stärkste Mitglied gleichzeitig als Oberhaupt totale Befehlsgewalt über alle Macht und Ressourcen hat, die ihr zur Verfügung stehen. Das ist nicht wenig, denn die Mishimas besitzen unter anderem eine Zaibatsu (japanisch für "internationaler Großkonzern") sowie eine eigene Armee – die Tekken (japanisch für "eiserne Faust") Force. Den Leitspruch aus "Spiderman" – "Große Macht bringt große Verantwortung mit sich" – kann man unter den geschilderten Umständen getrost vergessen, da der aktuelle Alleinherrscher stets eifersüchtig über seine Position wacht und alle möglichen Nebenbuhler bereits im Entwicklungsstadium abserviert. Zu den Opfern zählen sogar die eigenen Sprösslinge wie beispielsweise Kazuya, der von seinem Vater Heihachi nach einem verlorenen Kampf in einen Abgrund geworfen wurde. Natürlich beabsichtigte das Familienoberhaupt damit keinen heimtückischen Mord, sondern wollte seinen Sohn mit diesem Ritual stärker machen. Er hatte Erfolg – der Junge überlebte und war verständlicherweise wegen der drastischen Lektion mächtig sauer auf seinen alten Herrn.

Da ein Gewaltherrscher auch seine Macht demonstrieren muss, veranstalten die Mishimas regelmäßig ein Kampfkunstturnier, in dem das Oberhaupt im Finale gegen den besten Kämpfer antritt. Viele Kontrahenten folgen dem Ruf der japanischen Großfamilie, weil der Gewinner ein sehr hohes Preisgeld erhält. Kazuya nutzt jedoch den Wettbewerb dazu, um seinen Vater zu besiegen und ihn der gleichen "stärkenden" Unterrichtsmethode zu unterziehen. Fortan übernimmt er die Führung über die Zaibatsu sowie die Armee. Der Sieg hat jedoch einen bitteren Beigeschmack, weil der vormals verstoßene Sohn Gerüchten zufolge übernatürliche Kräfte genutzt haben soll, um Heihachi zu entmachten. Obwohl der Mishima-Konzern unter der Führung des Neulings zu einer ungeahnten Größe heranwächst, gibt es in den eigenen Reihen immer noch Leute, die die Legitimität seiner Führungsposition anzweifeln. Kazuya veranstaltet daraufhin einen weiteren Kampfwettbewerb, um sich den Herausforderern zu stellen. Dummerweise ist sein Alter auch wieder mit von der Partie. Als Heihachi seinen Sprössling erneut im Zweikampf besiegt, verwandelt sich der Sohn in einen Teufel und unterliegt trotzdem. Dieses Mal macht der Unterlegene einen "Ausflug" in das Innere eines Vulkans.

Der alte Mann vermutet, in ferner Zukunft erneut von seinem besessenen Sohn angegriffen zu werden, und nimmt daher seinen Enkel Jin, der aus einer Verbindung zwischen Kazuya und Jun Kazama hervorgegangen ist, unter seine Fittiche. Inzwischen formiert sich Widerstand gegen die Allmacht der Mishima-Zaibatsu. Ein Konkurrenzunternehmen Namens "G-Corporation" mischt sich finanziell sowie militärisch in die Geschäfte des japanischen Großkonzerns ein. Wie es der Zufall will, hilft genau diese Firma dem gefallenen Sohn mittels modernster Gentechnik wieder auf die Beine, so dass er erneut versuchen kann, seinen Rachegelüsten nachzugehen. Eine Gelegenheit bietet sich abermals beim nächsten Kampfkunstturnier. Jedoch hält dieses Mal der Enkel seinen Vater kurz vor dem finalen Endkampf auf und erhält als Dank von seinem Großvater einen Kopfschuss. Glücklicherweise scheint die Fähigkeit zur Transformation in einen Dämon auch auf die nächste Generation übergegriffen zu haben, so dass der junge Mann die Verletzung überlebt. Der verwandelte Jin ist dermaßen mächtig, dass Kazuya und Heihachi sich gemeinsam gegen die neue Bedrohung stellen. Derweil nutzt die G-Corporation die Gunst der Stunde und greift das Trio mit tödlichen Robotern an, die sich selbst in die Luft sprengen.

Devil-Jin kann unverletzt auf schwarzen Schwingen entkommen, während sein Vater und Großvater von der Explosion meilenweit durch die Luft geschleudert werden. Nahezu zeitgleich kann Jinpachi Mishima, der ebenfalls von einem Dämon besessen ist, aus seinem Gefängnis entkommen, in das ihn vor langer Zeit sein Spross Heihachi gesperrt hatte. Fortan übernimmt er die Stelle des Familienoberhaupts. Seine Herrschaft dauert jedoch auch nur bis zum Finale des nächsten Turniers der Eisernen Faust. Jin Kazama besiegt seinen Urgroßvater, reißt die Macht an sich und erklärt kurz darauf der ganzen Welt den Krieg. In "Tekken 6" erfährt man, warum der sonst friedliebende junge Mann es sich in den Kopf gesetzt hat, die ganze Erde in Aufruhr zu versetzen. Sein Ziel ist es, das ursprüngliche Böse, das hinter dem Leid und Machtstreben in der Mishima-Familie steckt, endgültig zu zerstören. Der Krieg scheint irgendwie für sein Vorhaben wichtig zu sein – alles Weitere würde schon zu viel verraten. Parallel zu der Hauptgeschichte erzählt "Tekken" ebenfalls die Einzelschicksale der Kämpfer, die entweder aus persönlichen Gründen oder einfach wegen des Preisgeldes am Kampfturnier teilnehmen.

Fight!

"Tekken"-Veteranen brauchen nicht zu fürchten, dass ihr Lieblingsprügelspiel komplett umgestaltet worden ist, denn die Entwickler bleiben ihren Kerndisziplinen wie einfache Steuerung, gute Grafik und ausgewogener Mehrspielermodus treu. Es gibt aber auch einige Neuerungen, die die Leser interessieren sollten. Eine davon ist beispielsweise der Kampagnenmodus, in dem der Spieler endlich in zusammenhängenden Videosequenzen die gesamte Hintergrundgeschichte vermittelt bekommt. Nach den Filmen folgen anschließend einige Missionen in 3D-Umgebung, wo man mit einem der 40 möglichen Charaktere zahlreiche Standardgegner sowie einen Levelendboss besiegen muss. Die Aufgabe ist keineswegs so einfach, wie sie sich anhört, da die vom Spieler gesteuerte Figur nur rudimentäre Nahkampfangriffe zur Verfügung hat – zwei Arten von Faustschlägen, Tritten und ein Superangriff. Darüber hinaus ist der Lebensbalken äußerst kurz und kann nur gelegentlich durch das Einsammeln von bestimmten Items aufgefrischt werden. Der Frustfaktor ist dementsprechend groß, wenn man sich mühevoll durch Massen an namenslosen Kontrahenten gekämpft hat, nur um danach von einem übermächtigen Boss ungespitzt in den Boden gerammt zu werden. Ferner gibt es ein Zeitlimit für die einzelnen Spielabschnitte, das aber nicht nennenswert den Schwierigkeitsgrad erhöht, weil die Levels äußerst kurz geraten sind. Es stellt sich an dieser Stelle die berechtigte Frage, warum tut man sich als Spieler überhaupt den Kampagnenmodus an, wenn gleich die nächsten Unterpunkte im Hauptmenü zum gewohnten 2D-Kloppen einladen? Die Antwort ist wie immer: Geld und Gegenstände. Beides kann man nur in diesem Modus in großer Anzahl sammeln und damit das Aussehen der Spielfiguren aufbessern. Während der Missionen verleihen die gefundenen Kleidungstücke sowie Waffen bestimmte Boni wie beispielsweise zusätzlichen Elementschaden am Feind oder mehr Lebensenergie. Im Mehrspieler- und Arcademodus haben sie aus Balancegründen einen rein optischen Nutzen.

Das klassische "Tekken" erfährt der Spieler abseits des Kampagnenmodus, wo er sich nach Herzenslust gegen menschliche Gegner online oder computergesteuerte Kontrahenten offline austoben kann. Alle 40 Spielfiguren stehen von Anfang an uneingeschränkt zur Auswahl, so dass man nicht, wie in den bisherigen Titeln, das Spiel gefühlte tausend Mal durchspielen muss, um eine komplette Kämpferliste zu haben. Neben alten Bekannten aus "Tekken 5: Dark Resurrection" wie Dragunov, Heihachi oder Yoshimitsu trifft man auch auf acht neue Protagonisten, von denen sechs Personen spielbar sind. Dazu zählen: Leo, Miguel, Zafina, Bob, Lars und Alisa und sie nutzen die Kampfstile Kung Fu, Savate, Kalarippayat sowie Karate. Die letztgenannte Person ist übrigens ein Gynoid und verwendet im Kampf eingebaute Extras wie beispielsweise ein Jetpack oder Vibroklingen. Selbstverständlich gibt es eine Rangliste, die den Erfolg des Spielers – auch gegen seinen Willen – im Internet präsentiert, sofern er seine Playstation 3 nicht manuell vom globalen Netzwerk getrennt hat. Ferner kann man nun die Kämpfe aufzeichnen und veröffentlichen. Es ist ebenfalls möglich, einen eigenen Kämpfer zu erstellen und ihn mit zahlreichen Kostümen oder Accessoires wie Sonnenbrillen zu personalisieren.

Leider hat der sechste "Tekken"-Titel auch seine Tücken. Die Tatsache, dass das Spiel für Konsolen mit einer internen Festplatte gedacht ist, haben die Entwickler als eine Einladung verstanden, sehr viele Grafikdetails und Animationen in Arenen oder an Charakteren zu integrieren. Das hat zur Folge, dass "Tekken 6" zwar schön anzuschauen ist, aber ohne vorherige Installation verhältnismäßig lange Ladezeiten vor jedem Kampf hat. Die Kampftipps, die während des Ladevorgangs eingeblendet werden, sind nur für Neulinge wirklich brauchbar. Für alte Hasen, die bereits die Serienvorgänger gezockt haben, besitzen die Ratschläge ungefähr die gleiche Aussagekraft wie "Zum Abwischen des Hinterns bitte Klopapier nutzen." Ein weiteres Ärgernis ist die Systemabfrage, auf welcher Seite man am liebsten kämpfe – links oder rechts. Auch wenn man bereits eine entsprechende Antwort gegeben hat, fragt "Tekken 6" spätestens beim nächsten Spielstart erneut nach. Schließlich sollte man noch erwähnen, dass der Titel nicht gerade einsteigerfreundlich ist, denn zum einen ist der Endgegner noch schwieriger zu besiegen als derjenige aus "Streetfighter IV" und zum anderen ist es nun möglich, den Gegner in einem Kampf zu "jonglieren". Das bedeutet, man kann nun einen Feind mit einem kräftigen Schlag in die Luft schleudern und ihn anschließend mit einer passenden Kombo so lange durchprügeln, bis er nur noch mit einem kleinen Rest an Leben auf dem Boden aufschlägt. Der Spieler, der jongliert wird, kann sich auf keine Weise vor den Angriffen schützen und muss frustriert zusehen, wie ein Profi ihn vorführt. Der neue Rage-Modus, in den eine schwer verletzte Spielfigur gerät, hilft nicht wirklich, das Gefälle zwischen Neuling und Veteran zu beseitigen, weil die verstärkten Angriffe des Unterlegenen erst mal überhaupt den Opponenten treffen müssen.

You win!

Die Steuerung von "Tekken 6" hat sich zum Glück nicht geändert. Noch immer hat der Spieler zwei Tasten für die Fäuste und zwei für die Füße und dennoch besitzt jeder der 40 möglichen Charaktere eine sehr lange Liste an möglichen Angriffen und Kombos, die im Trainingsmodus eingesehen werden kann. Ein anderes Beat'em'Up-Highlight dieses Jahres, "Street Fighter IV" sollte sich vielleicht davon eine Scheibe abschneiden. Es ist jedoch ärgerlich, dass die gleiche Variation an Kampftechniken den Spielfiguren in der Kampagne auf einmal nicht mehr zur Verfügung steht und sie sich wie ganz normale Straßenschläger gegen übermächtige Feinde behaupten müssen.

Perfect!

Die Fortsetzung eines Beat'em'Ups muss in der Regel neue Kämpfer, viele Arenen sowie zahlreiche grafische Details bieten, um Fans der Serie ausreichend zufriedenstellen zu können. "Tekken 6" erfüllt diese Voraussetzungen problemlos. Allerdings merkt man dem Spiel an, dass die Entwickler mehr damit vorhatten. Der Kampagnenmodus wirkt wie die Pre-Alpha-Version eines Rollenspiels, das bestimmt Spaß gemacht hätte, wäre es konsequent umgesetzt worden. Stattdessen wurde daraus eine Erweiterung im klassischen "Double Dragon"-Stil, die eine 3D-Umgebung vortäuscht. Natürlich sind alle Objekte in der Kampagne auch wirklich räumlich in drei Dimensionen zu sehen, doch es fehlt an Bewegungsfreiheit. Darüber hinaus sind die Levels extrem kurz, linear und wirken grafisch nicht mehr zeitgemäß. Die Kernkompetenzen von "Tekken 6" sind eindeutig die Arena-Kämpfe, in denen viele Grafikdetails und Animationen das Auge des Spielers erfreuen. Ebenso qualitativ gut sind die zahlreichen Zwischensequenzen, die sich am japanischen Animé-Stil orientieren und natürlich nicht mit Fotorealismus aus Spielen wie "Uncharted 2" verglichen werden sollten.

Die Soundkulisse von "Tekken 6" ist hervorragend, da sehr viele wohlklingende Musikstücke die Zweikämpfe untermalen. Dabei muss man beachten, dass jede Arena ein Thema hat, das erstaunlich gut durch die jeweilige Melodie betont wird. Die deutsche Synchronisation ist im Spiel praktisch nur in Textform vorhanden, so dass Menüs sowie Untertitel in der Landessprache gelesen werden können. Die Dialoge in den Zwischensequenzen sind merkwürdigerweise entweder japanisch oder englisch, je nachdem aus welchem Land der Charakter kommt. Trotzdem scheinen die Spielfiguren überhaupt keine Probleme zu haben, sich gegenseitig zu verstehen. Vor allem im Kampagnenmodus wirkt dieser Faux-Pas unfreiwillig komisch. Japan-Fans werden sich dafür vermutlich freuen, ihr Vokabular auffrischen zu können.

Fazit

"Tekken 6" ist eine würdige Fortsetzung der Serie, die treue Fans nicht enttäuschen wird, weil viele Stärken des Spiels im aktuellen Titel noch weiter verbessert worden sind. Die riesige Menge an Charakteren, Arenen sowie Kampftechniken lässt die Konsolen-Kämpferherzen höher schlagen, während der onlinefähige Mehrspielermodus genug Kurzweil bietet. Darüber hinaus sind die Kämpfe auf den mannigfaltigen Schauplätzen schön anzusehen und zu hören. Der neue Kampagnenmodus fällt leider aus dem Rahmen der guten Präsentation und stört erheblich den positiven Gesamteindruck. Vermutlich wäre es besser gewesen, ihn komplett wegzulassen.

(08.12.2009)

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