Saints Row IV

 

Die vierte Ausgabe der "Saints Row"-Franchise wurde kurz vor der diesjährigen gamescom auf den Markt gebracht und damit endete die Zeit des Wartens auf neue Abenteuer der Fans der 3rd Street Saints, deren Karriere nun schon seit September 2006 verfolgt werden kann. Zunächst nur auf der Xbox 360 verfügbar, ist das Spiel des Entwicklerstudios Violation nun auch für Playstation 3 und Windows PC zum Verkaufsschlager geworden. Die Serie hat in ihrem Lebenszyklus viele Wandlungen durchgemacht und dieses Review soll einen Einblick darüber bieten, ob die Weiterentwicklung auch im neusten Teil gelungen ist.

Die Geschichte der 3rd Street Saints

Die Erstausgabe des Spiels ist bereits sieben Jahre alt, damals war noch klar, dass auf einer Konsole kein PC-vergleichbares Spielen jemals möglich sein würde. Die Handlung des ersten Teils spielt in der Stadt Stilwater, in der vier Gangs um die Vorherrschaft in der Unterwelt kämpfen. Der Hauptcharakter des Spiels schließt sich den 3rd Street Saints an, von deren Anführer er in einer gefährlichen Situation gerettet wird. Die Hauptaufgaben bestehen darin, die anderen Banden aus der Stadt zu vertreiben. Aufgrund der "Gewalt um der Gewalt willen", wurde die deutsche Version stark gekürzt, die internationale Ausgabe gar indiziert.

Das gleiche Schicksal ereilte in Deutschland auch die Fortsetzung des Bandenkampfs in "Saints Row 2", das im Oktober 2008 für PS3, Xbox 360 und PC (Januar 2009) erschien. In dem Open-World-Titel geht es darum, die alte Gang wieder zusammenzurufen und erneut den Kampf um die Macht in Stilwater aufzunehmen. Neben drei neuen Konkurrenz-Gangs kam ein multinationaler Konzern namens Ultor als Gegner hinzu. Zudem wurden viele Nebenmissionen eingeführt, neben der Macht und Geld wurde der erarbeitete Respekt zu einem wichtigen Erfolgsfaktor. In "Saints Row 2" erarbeitet sich die Gang einen Pop-Status, der für das nachfolgende Spiel wichtig sein wird.

Im November 2011 erschien "Saints Row: The Third", an dessen Beginn der Umzug in eine neue Stadt namens Steelport steht. Auch hier müssen die Saints ihre Macht aufbauen und verteidigen, die Hauptfeinde sind das Syndicate und STAG, eine paramilitärische Gruppe, die die Saints aus ihrem Hoheitsgebiet vertreiben will. Die Bande hat mittlerweile einen Status, der auch die Politik verängstigt und verdient mit ihrem Image mittlerweile mehr Geld als mit illegalen Machenschaften. Mit der dritten Ausgabe der Bandensaga beginnt der Inhalt total abzudrehen, von Bezug zur Realität kann hier nicht mehr gesprochen werden. Da wäre zunächst der Charaktereditor, der den Helden in jedes nur vorstellbare Äußere transformieren kann. Jede Körperpartie kann millimetergenau verändert werden, mehrere Millionen Kombinationen sind möglich. Hinzu kommen Nebenmissionen wie Versicherungsbetrug, Zerstörungswut und das Töten von Maskottchen in der Show Professor Genki's Super Ethical Reality Climax. Und es gab nicht Wenige, die sich fragten: Was - zum Teufel - werfen die Entwickler ein?

Die Gegenwart der 3rd Street Saints

Bis jetzt haben die Saints gegen rivalisierende Banden, Verbrecher-Syndicate, multinationale Konzerne, paramilitärische Verbände und die Politik gekämpft. Alle Elemente des Spiels wurden immer extremer und realitätsferner. Fans hatten sich nach dem Ende von "Saints Row: The Third" gefragt, wie kann man den bisher angerichteten Unsinn noch fortsetzen oder gar steigern? Was kommt nach dem pinkfarbenen Riesendildo?

Zunächst einmal macht man den Anführer der 3rd Street Saints zum Präsidenten der Vereinigten Staaten und sucht einen neuen Gegner für ihn. Da sich die USA als Beschützer der Erde sehen, muss ein Außerirdischer als Feind herhalten. Das Zin Empire kommt unseren Planeten besuchen und den fiesen Aliens gelingt es, den Präsidenten und seine Gang in einer virtuellen Realität von Steelport einzusperren. Ziel ist es also, aus der Gefangenschaft auszubrechen und das Zin Empire zu vertreiben, diese außerirdischen Mieslinge nehmen also die Stelle der menschlichen Gangs der vorherigen Spiele als Hauptfeind ein.

Die virtuelle Gegenwart wurde nur aus einem Grund eingeführt: Wenn man es mit einem außerirdischen Feind mit ebensolchen Fähigkeiten zu tun bekommt, kann man nur mit Superkräften zurückschlagen und in einer computergenerierten Zweitrealität ist es möglich, die Superkräfte zu erlauben, die man für die Story benötigt. Im Grunde fühlt sich die vierte "Saints Row"-Ausgabe an wie "Saints Row: The Third" mit Cheats. Es sind genau die Fähigkeiten, die man sich in so manch anderem Spiel wünschen würde, beispielsweise Supergeschwindigkeit, Telekinese, Monstersprünge über Häuser und Flüsse oder die Möglichkeit, kleine Erdbeben auszulösen.

Gameplay

"Saints Row IV” beginnt wie sein Vorgänger, man muss sich mit dem Tausendsassa-Editor einen Charakter erstellen. Dabei kann man entweder einen von Grunde auf neuen Spieler erstellen oder es wird eine andere Figur importiert. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel, seinen lieb gewonnenen Saints-Leader aus "Saints Row: The Third" wiederzuverwenden oder auf die offizielle Website hochgeladene Charaktere importieren, dazu muss man sich kurz anmelden und eine eigene Figur freigeben.

Sobald die Gestaltung des Aussehens abgeschlossen ist, spielt sich "Saints Row IV” wie seine beiden letzten Vorgänger. Man muss sich in einer offenen Welt zurechtfinden, dem Haupthandlungsstrang im Kampf gegen die Zin und ihren brutalen Anführer folgen und massenhaft Nebenmissionen erledigen. Diese Sidequests bestehen zum größten Teil auf einer Aneinanderreihung von ähnlichen Kleinaufgaben (bestehe ein Rennen, knacke das Kombinationsschloss eines Ladens und bringe einige Feinde um), als Belohnungen winken bei erfolgreichem Bestehen Geld und Respekt. Davon können in öffentlich zugänglichen Läden entweder Waffen, Kleidung oder Schönheitsoperationen erworben werden.

All das ist im Grunde schon aus dem Vorgängerspielen bekannt, die Wertigkeit der verfügbaren Waren hat sich allerdings stark verändert. In "The Third" war es noch sehr wichtig, über gut ausgebaute Autos zu verfügen, jetzt kann man fast ohne Autos, und demnach auch ohne Reparaturen, aus. Der Spieler benutzt fast nur seine Superkräfte, alle Orte sind mit Riesensprüngen gut zu erreichen. Und wenn man mal eine weit entfernte Position erreichen will, dann bestellt man sich einen Hubschrauber oder eine fliegende Untertasse, die UFOs können jederzeit telefonisch von Gangsterkollegen angefordert werden. Man macht fast alles aus der Luft, weil zum Beispiel besondere Fundstellen nur von oben zu entdecken sind. So findet man Autos, die geklaut werden müssen, viel schneller als beim Vorgänger und braucht auch nicht minutenlang hinter dem Zielgefährt hinterherjagen. Autos sind in "Saints Row IV" allenfalls Munition für Telekinese-Attacken.

Manchmal überraschen die Nebenmissionen auch und eine ganze andere Aufgabenkategorie erscheint, so findet man sich vielleicht in einem Textabenteuer oder einem Sidescroller Beat-Em-Up wieder. So nimmt "Saints Row IV" andere Spiele auf die Schippe, manchmal ist es sofort klar, welches Spiel hier persifliert wird und mal kommt diese Erkenntnis erst später, dass auch hier Anleihen genommen wurden.

Die Waffen der 3rd Street Saints

Seit der Einführung des pinkfarbenen Riesendildos ist die "Saints Row"-Reihe für ihre verrückten Waffen bekannt. Diese Tradition wird in der aktuellen Ausgabe fortgesetzt. Zum Glück kommen diesmal auch die Zocker in Deutschland in den Genuss aller Tötungsinstrumente. Zunächst hatte die USK eine Alterskennzeichnung verweigert, aber nachdem Deep Silver in einem Widerspruchsverfahren nachweisen konnte, dass der deutlich überzeichnete und bewusst unrealistisch gehaltene Ansatz von "Saints Row IV" von niemandem übersehen werden kann, erschien ein "Saints Row" zum ersten Mal ungeschnitten in Deutschland.

Während man die Dubstep Canon abfeuert, fügt sie beim Auftreffen schweren Schaden zu und spielt dabei Dubstep Musik ab. Sie bringt die in der Nähe stehenden Fahrzeuge und Passanten dazu, im Rhythmus zu tanzen. Der Inflationsstrahl ist eine neue Waffe, die den Kopf von Gegnern aufbläst, bis er platzt. Weitere Wummen werfen Schwarze Löcher oder schießen Feinde (ebenso wie Freunde oder auch Unbeteiligte) hoch in die Luft. Im Laufe des Spiels hat man auch immer mehr Zugriff auf Alien-Waffen.

Die Präsentation der 3rd Street Saints

Es ist relativ einfach, sich vorzustellen, wie "Saints Row IV" aussieht, nämlich genauso wie sein Vorgänger. Das heißt, es gibt relativ viele matschige Texturen und unklare Schatten. Dafür sehen die Spezialeffekte wieder großartig aus, wenn es rummst und knallt, sollte man genauer hinsehen, denn diese Elemente sind wirklich nett gestaltet.

Es fällt äußerst unangenehm auf, dass es in jeder Szene so aussieht, als müsste das Spiel erst "scharf ziehen". Zum Beispiel in einer Szene vor einer Mauer sieht man an vielen Steinen erst einmal nur Pixel, die in Sekundenschnelle zu detaillierten Mauersteinen werden. Das sieht dann zwar so aus, als ob das in der virtuellen Realität so gewollt sei, es nervt aber gewaltig und es entstehen kleine Ruckler.

Die Musik des Spiels ist besonders gut gelungen. Bekannte Titel wechseln sich mit unbekannten Stücken ab, dies gilt für die Untermalung während der Game Action als auch für die Songs aus dem Autoradio. Die absolut witzigste Stelle im ganzen Spiel ist das Duett vom Saints-Leader und seinem Freund Pierce, an der sie Paula Abduls "Opposites attact" auf gerade zu göttliche Weise intonieren! Hätten sie doch lieber nur dem Autoradio gelauscht.

Schön wäre es natürlich gewesen, wenn das Spiel eine komplett deutsche Lokalisierung erfahren hätte, leider muss man mit Untertiteln vorlieb nehmen. Die (optisch sehr kleinen) deutschen Texte verschwinden vor allem in längeren Gesprächen manchmal sehr schnell.


Fazit

"Saints Row IV" ist ein Open-World-Spiel, das unglaublich viel Spaß macht. Die Handlung, die Waffen, die Superkräfte und der Humor geben dem Spiel einen unverwechselbaren Stil. Diejenigen Spieler, die vor allem Spaß mit in einem Action-Adventure wollen, sollten unbedingt zugreifen. Ich persönlich - als großer "Saints Row"-Fan - hatte mir im Vorfeld die Frage gestellt, ob der Publisher-Wechsel von THQ zu Deep Silver dem Spiel schaden würde, und war gespannt, ob die Hinwendung zu noch mehr Klamauk das Gameplay zerstören würde. Ersteres kann man bestimmt verneinen, bei der zweiten Frage bin ich ambivalent,, denn wesentliche Spielelemente wurden geändert, die Superkräfte verändern das Gameplay stark. Alles in allem sind die Kritikpunkte aber Meckern auf ganz hohem Niveau und nicht nur die Zocker, die keinen der Vorläufer gespielt haben, werden bestens unterhalten werden.

(20.09.2013)


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