Sam & Max - Im Theater des Teufels (Daedalic) geschrieben von Knud Baier
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Keine Panik! Auch wenn das Finale der zweiten und der Titel der dritten Staffel von "Sam & Max" anderes vermuten lassen, haben die neuen Episoden (fast) nichts mit dem Leibhaftigen zu tun. In dieser Staffel der episodischen Abenteuer von Hund Sam und Hase Max dreht sich alles um Max und dessen neu erworbene, übersinnliche Fähigkeiten. DLH.Net hat Aufstieg und Fall des mächtigen Max' mit- und überlebt und verrät, ob es sich um Teufelszeug im positiven oder negativen Sinne handelt. Tales of Sam & Max Max' Fähigkeiten, deren Ursprung und die Folgen sind der rote Faden, der sich durch alle fünf Episoden der dritten Staffel zieht und die Geschichten nahtlos miteinander verbindet. Ähnlich wie in "Tales of Monkey Island" gibt es auch in "Theater des Teufels" einen Erzähler, der zu Beginn der Episoden die bisherige Handlung noch einmal kurz zusammenfasst, was für Käufer der Staffel-DVD aber eher nebensächlich ist. Alles beginnt damit, dass Max in der Gasse neben dem Bürogebäude des detektivischen Duos ein Spielzeug findet, mit dem er in die Zukunft sehen kann. Durch diese Entdeckung wird der Weltraumgorilla Sunkaffe, der selbst nach den magischen Spielzeugen sucht, zur Erde gelockt. Schnell stellt sich heraus, dass es sich bei Stunkaffe um einen intergalaktischen Verbrecher handelt, der aus dem "Straf-Raum" ausgebrochen ist. Die gesamte erste Episode verbringen Sam und Max mit dem Versuch, ihn dorthin zurückzuschicken. Nach der Verbannung von Stunkaffe entdecken Sam und Max einen Filmprojektor und mehrere Filmrollen, auf denen ihre Vorfahren Sameth und Maximus und deren Ausflug in "Das Grab des Sammun-Mak" zu sehen sind. Durch Max' Fähigkeiten schlüpfen die beiden in die Rollen ihrer Vorfahren und erleben das gesamte Abenteuer aus deren Perspektive. Die Geschichte erlebt man aber nicht in chronologischer Reihenfolge, sondern muss zwischen den einzelnen Filmrollen wechseln, um an einer anderen Stelle der Geschichte die Informationen zu finden, die zur Lösung der Rätsel führen. "Sie haben Max' Hirn entführt!" - Der Titel der dritten Episode sagt eigentlich schon alles. Zu Beginn der Episode rast ein wütender Sam im Stil eines Film Noir durch die Straßen von New York und prügelt mit klassischen Verhörtechniken Informationen aus diversen Passanten heraus. Das offensichtliche Ziel ist, Max' Körper wieder mit dessen Gehirn zu vereinigen, doch dazu muss zunächst eine unheilige Allianz zweier Bösewichte gebrochen und anschließend der zwischenzeitlich wiedererweckte ägyptische Kindkönig Sammun-Mak vom Thron gestürzt werden. "Jenseits der Puppengasse" präsentiert sich wie ein klassischer Zombiefilm, auch wenn es sich hier nicht um Zombies, sondern um eine Horde halbnackter Sam-Klone handelt. Zunächst flüchten Sam und Max vor den "Doggelgängern" in Stinky's Diner und verschanzen sich dort mit Stinky und Opa Stinky. Nachdem Sam und Max einen Fluchtweg gefunden haben, gilt es natürlich herauszufinden, woher die Klone kommen und zu welchem Zweck sie erschaffen wurden. Zum Ende liefert sich Max ein Duell mit dem Bösewicht, um dessen finsteren Plan zu durchkreuzen. Zu Beginn der letzten Episode "Die Stadt, die nicht zu schlafen wagt" hat sich Max in ein riesiges, tentakelbewachsenes Monster verwandelt (Cthulhu lässt grüßen). Dieses Monster ernährt sich durch Sporen, welche die Form von Max' Kopf haben, von den Träumen der Einwohner New Yorks. Sam stellt eine Einsatztruppe zusammen, die in den Körper des Monsters reist, um Max zu retten. Die Staffel endet in einem Finale, bei dem sich nicht einmal der sonst so gefühlskalte Agent Superball die Tränen verkneifen kann. Die Welt durch Max' Augen sehen "Im Theater des Teufels" ist das erste Abenteuer von Sam und Max, in dem Max tatsächlich vom Spieler kontrolliert werden kann. Durch ein Symbol in der rechten oberen Bildecke kann zwischen Sam und Max hin und her gewechselt werden, aber wirklich steuern lässt sich Max in der Regel nicht. Die Kamera wandert lediglich in die Ego-Perspektive von Max und zeigt die momentan verfügbaren Spielzeuge. Bewegen kann man Max in diesem Zustand nicht, es kann lediglich die Blickrichtung geändert werden. Sobald eines der Spielzeuge ausgewählt wurde, wird es entweder direkt benutzt oder kann mit einem anderen Objekt in der Spielwelt kombiniert werden. Mögliche Interaktionspunkte werden in diesem Modus durch funkelnde Sternchen angezeigt, was übrigens die einzige Form von Hotspot-Anzeige im Spiel ist. Neben der bereits erwähnten Kraft "Zukunftsvision" stehen Max im Verlauf des Spiels unter anderem noch Teleportations-, Bauchredner-, Formwandlungs- und Gedankenlesefähigkeiten zur Verfügung. Die Anwendungsmöglichkeiten sind allerdings begrenzt: Teleportieren kann man sich nur in die Nähe eines Telefons, dessen Nummer Max bereits kennt, und zur Formwandlung muss Max zunächst ein Bild des Gegenstandes kopieren, dessen Form er annehmen soll, bevor die Fähigkeit angewendet werden kann. Auch die Zukunftsvisionen verraten, besonders im späteren Spielverlauf, nur sehr wenig über die Lösungen der Rätsel, damit das Spiel nicht zu leicht und damit langweilig wird. Steuerung aus der Hölle Der wahre Grund, weshalb die dritte Staffel "Im Theater des Teufels" heißt, ist wohl die Steuerung. Telltale hat nämlich die klassische Point-&-Click-Steuerung der ersten beiden Staffeln durch das grauenhafte, auf Gamepads zugeschnittene System aus "Tales of Monkey Island" ersetzt. Das bedeutet, dass die Spielfiguren nicht mehr einfach zu der Stelle laufen, auf die der Spieler geklickt hat, sondern direkt gesteuert werden müssen. Das kann sowohl mit den WASD- oder den Pfeiltasten auf der Tastatur als auch mit der Maus geschehen. Für die Maussteuerung muss die linke Maustaste gedrückt gehalten werden, wodurch auf dem Bildschirm ein Analogstick angezeigt wird, der dann durch das Bewegen der Maus in die entsprechende Richtung gelenkt wird. Das System ist allerdings so schwammig, dass Sam fast nur durch die Gegend eiert. Darüber hinaus wird im Hilfemenü des Spiels auch die Tastenbelegung für Gamepads angezeigt, allerdings ließ sich das Spiel mit keinem der getesteten Gamepads steuern. Angesichts der Tatsache, dass man nach wie vor mit der Maus auf die Interaktionspunkte klickt und die Spielfigur in diesen Fällen sogar selbstständig an die entsprechende Stelle läuft, wirkt die direkte Steuerung am PC deplatziert und überflüssig. Sie hat auch noch einen weiteren Nachteil: Bei der herkömmlichen Point-&-Click-Steuerung wird der begehbare Bereich der Spielwelt dadurch begrenzt, dass der Spieler nur die Orte anklicken kann, die auch von der Kamera gezeigt werden. Dadurch, dass man die Spielfigur nun direkt steuern kann, läuft der Spieler an vielen Stellen zwangsläufig gegen unsichtbare Wände, die die Umgebungen einfach nur künstlich wirken lassen. Wie schon der große deutsche Philosoph Atze Schröder sagte: "Man gewöhnt sich an alles, aber schön isses nich!" Aber es gibt auch positive Aspekte bei der Steuerung. Sobald ein Hotspot angeklickt wurde und Sam sich in Bewegung setzt, verschwindet der Mauszeiger und der Spieler kann Sam mit einem weiteren Klick rennen lassen. So läuft man nicht Gefahr, mit dem zweiten Klick einen anderen Gegenstand zu erwischen. Mit der rechten Maustaste kann die Aktion auch abgebrochen werden, was den Mauszeiger wieder erscheinen lässt. Das neue Dialogmenü erinnert stark an Spiele wie "Mass Effect": Die Optionen sind kreisförmig angeordnet und statt des zu erwartenden Satzes wird nur das grobe Thema angegeben. Durch farbige Markierungen kann man erkennen, welche der Optionen noch nicht komplett abgearbeitet wurden, sodass man kaum etwas in den Dialogen übersehen kann. Düster und dreckig So sieht Stinky's Diner aus, nachdem Opa Stinky zurückgekehrt ist. Aber auch sonst gehört die quietschbunte Optik der ersten beiden Staffeln der Vergangenheit an. Bedingt durch die düstere Geschichte sind die meisten Orte zerstört, dreckig und generell ziemlich heruntergekommen. Auch technisch sieht man "Sam & Max - Im Theater des Teufels" deutlich an, dass seit "Season One" schon ein paar Jahre vergangen sind. Den Charakteren wurden zwar ein paar mehr Details spendiert, aber so ganz auf der Höhe der Zeit ist die Optik nicht mehr. Das können auch die, bei den Oberflächenstrukturen exzessiv eingesetzten, Bump Maps und das künstliche Bildrauschen nicht kaschieren. Hier gibt's was auf die Löffel Zunächst die gute Nachricht: Das hyperkinetische hasenartige Ding namens Max wird in der dritten Staffel wieder von Sandra Schwittau gesprochen, die unserem kleinen Kumpel schon in "Season One" und in der CD-Version des uralten "Sam & Max - Hit the Road" ihre Stimme lieh. Nun zur nicht ganz so guten Nachricht: Hans-Gerd Kilbinger, der in den bereits genannten Vorgängern in die Rolle des Sam schlüpfte, ist im "Theater des Teufels" leider nicht mehr dabei. Sam spricht nun mit der Stimme von Claus Brockmeyer, der in einer anderen Rolle schon in "Season One" zu hören war. Glücklicherweise klingt der neue Sam fast genauso wie der alte, sodass man schon sehr genau hinhören muss, um den Unterschied zu erkennen. Auch sonst ist gut die Hälfte der aus "Season One" bekannten Sprecher wieder mit dabei. Bis auf wenige Ausnahmen, wie zum Beispiel im Fall von Stinky, sind die Sprecher motiviert und die Betonung passt zur Spielsituation. Ein fettes Lob gibt es vor allem für den aus der zweiten Staffel bekannten Stuttgarter Jürgen, der nun in einem herrlichen schwäbischen Dialekt spricht. Übersetzung mit kleinen Fehlern und Macken Leider ist die deutsche Übersetzung nicht ganz fehlerfrei. Im Vorspann der dritten Episode hat sich zum Beispiel ein ganz offensichtlicher Tippfehler eingeschlichen, denn dort lautet der deutsche Titel: "Sie haben Amx' Hirn entführt!" Das ist zwar kein schwerwiegender Fehler, aber er ist so offensichtlich, dass man sich ernsthaft fragen muss, wie er von der Qualitätssicherung übersehen werden konnte. Die Probleme mit der deutschen Sprachausgabe sind da schon etwas schlimmer: Dass die Wiedergabe mitten im Satz abgebrochen wird, ist eher die Regel als die Ausnahme, und an ein paar Stellen fehlt die Sprachausgabe gleich komplett. Das führt dazu, dass mindestens ein Rätsel ohne aktivierte Untertitel gar nicht gelöst werden kann, weil die Sätze abgebrochen werden, bevor die wichtigsten Hinweise genannt wurden. Von den sporadischen Tipp- und Rechtschreibfehlern mal abgesehen, fallen die Untertitel auch dadurch negativ auf, dass sie nicht immer identisch zum gesprochenen Satz sind. So liest man in den Texteinblendungen beispielsweise die vollkommen unpassende NS-Vokabel "Endlösung", die von dem Sprecher glücklicherweise nicht in den Mund genommen wurde. Ein weiterer Makel der Staffel: Ein Programmfehler setzt regelmäßig alle Einstellungen einzelner Episoden auf die Standardwerte zurück, sodass Auflösung, Detailgrad, Untertitel und so weiter erneut auf die gewünschten Werte eingestellt werden müssen. Hierbei handelt es sich offensichtlich um einem Fehler im Launcher-Programm, von dem aus man eine der fünf Episoden wählen, das Bonusmaterial durchstöbern oder das Spiel deinstallieren kann: Der Launcher scheint jedes Mal die Einstellungen derjenigen Episode zu löschen, die als erste von dort aus gestartet wird. Legen Sie sich einfach für jede Episode eine separate Verknüpfung an und starten Sie die Episoden ausschließlich über diese Verknüpfungen, dann sollten Sie keine Probleme mit "vergessenen" Einstellungen haben. Einen Patch, der diese Probleme beseitigt, sollten Sie nicht erwarten. Bei Daedalic gibt es derzeit leider keine Pläne in dieser Richtung. Bonus ohne Bonusmaterial In der Packung befindet sich noch eine zweite DVD mit allen sechs Episoden der mittlerweile in "Sam & Max Save The World" umgetauften ersten Staffel. Die Episoden sind ausschließlich in der deutschen Version enthalten und das dazugehörige Handbuch sowie das Bonusmaterial sucht man vergebens. "Im Theater des Teufels" liegt sowohl in der deutschen als auch in der englischen Fassung vor, ein "richtiges" Handbuch bietet es aber auch nicht. Es befindet sich lediglich ein "Notizbuch" in der Packung, das auf zwei Seiten die wichtigsten Infos zur Steuerung zusammenfasst. Zur dritten Staffel ist glücklicherweise Bonusmaterial vorhanden: ganze elf Konzeptzeichnungen, eine Menge gestellter und nachbearbeiteter Screenshots sowie fast eine halbe Stunde Videomaterial. Das "Bloopers"-Video, das verpatzte Sprachaufnahmen zeigt, entpuppt sich jedoch als Werbung für die englische DVD-Version, die zusätzlich Audiokommentare, das komplette "Bloopers"-Video und mehr enthalten soll. Schade, dass diese Inhalte in der deutschen Version fehlen. "Sam & Max - Im Theater des Teufels" glänzt mit viel Humor, neuen Spielelementen, einer ordentlichen deutschen Vertonung und einer mitreißenden Geschichte mit vielen Wendungen. Was die Steuerung und die vielen kleinen Fehler in der deutschen Version angeht, könnte ich an dieser Stelle wieder den großen deutschen Philosophen zitieren, aber das wäre redundant. Mich haben die Macken in der Übersetzung jedenfalls nicht dazu bewegt, zur englischen Fassung zu wechseln - ganz im Gegensatz zur deutschen Sprachausgabe der zweiten Staffel, doch das ist ein anderes Thema. Wenn Sie von "Tales of Monkey Island" gut unterhalten wurden oder Sie witzige Adventures im Allgemeinen mögen und mit der verkorksten Steuerung leben können, dürfen Sie hier zuschlagen. (24.11.2011)
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