Edna Bricht Aus - Sammler Edition

Edna Bricht Aus – Sammler Edition

(Daedalic)

geschrieben von Knud Baier

 

     
 

Auch wenn nicht mehr "Von den Leuten, die Monkey Island gut finden!" auf der Verpackung steht: Daedalic scheint von der "Monkey Island Special Edition" inspiriert worden zu sein und legt das 2008 veröffentlichte "Edna Bricht Aus" in einer Sammler Edition neu auf. Wie man spätestens seit Rolf Herricht und Hans-Joachim Preil weiß, gibt es verschiedene Arten von Sammlern: "Wenn ich SIE so ansehe, was sammeln Sie den schon?" - "Wenn ich SIE so ansehe, fällt es mir gleich ein: Flaschen, Lumpen, Altpapier ..." Richtet sich die "Edna Bricht Aus - Sammler Edition" nun hauptsächlich an Müllsammler, oder taugt das Paket tatsächlich was?

Edna Bricht Aus - Die Geschichte

Zu Beginn des Spiels findet sich Edna ohne jegliche Erinnerung in der Gummizelle eines Sanatoriums wieder. In einem kurzen Dialog mit ihrem Stoffhasen Harvey stellen beide fest, dass Edna gar nicht verrückt ist. Also machen sich Edna und Harvey auf, um aus der Anstalt auszubrechen. Bald erfährt der Spieler, dass der Anstaltsleiter Dr. Marcel schon mehrfach versucht hat, Ednas Gedächtnis komplett zu löschen, aber nie ganz erfolgreich damit war. In einigen Rückblenden werden mehr Details über Ednas Vergangenheit und der Grund, weshalb Dr. Marcel so sehr darauf versessen ist, Ednas Erinnerungen zu löschen, offenbart. Zum Ende des Spiels darf der Spieler dann zwischen zwei Endsequenzen wählen, die sich in der Präsentation allerdings kaum unterscheiden.

Edna Folgt Maus - Die Spielsteuerung

"Edna Bricht Aus" ist ein klassisches Point-&-Click-Adventure und wird ausschließlich mit der Maus gesteuert. Mit der linken Maustaste wird Edna durch die Räume der Anstalt gescheucht und aus den vier Aktionsverben "Ansehen", "Nehmen", "Reden" und "Benutzen" ausgewählt und so mit Mensch, Ding und allem, was Edna sonst noch so über den Weg läuft, interagiert. Mit der rechten Maustaste kann der Spieler eine vordefinierte Standardaktion zu einem interaktiven Objekt ausführen oder gesprochene Sätze überspringen. Nur zum Aufrufen des Spielmenüs und für die Hotspot-Anzeige muss zur Tastatur gegriffen werden. Letztere ist übrigens die einzige Form von Rätselhilfe, die dem Spieler zur Verfügung steht. Man kann zwar auch Harvey mit vielen Dingen kombinieren, bekommt von ihm aber nur selten einen hilfreichen Spruch zu hören.

Besonders hervorzuheben ist, dass das Spiel zu fast jeder möglichen Aktion eine individuell passende Antwort parat hat. So kann Edna mit fast jedem Gegenstand reden und so ziemlich jede freie Fläche im Irrenhaus bekritzeln, zerstören oder beschmieren. Hier kommt Ednas gestörte Persönlichkeit gut zur Geltung und der Spieler kann sich die Zeit mit dem Umgestalten der Räumlichkeiten vertreiben, wenn er gerade keine Lust auf die mitunter absurden Rätsel hat. So bekommt Edna einen Wachmann mit bis zum Bersten gefüllter Blase nicht von den Überwachungsmonitoren weg, indem sie in den überwachten Räumen die Wasserhähne aufdreht, sondern muss in bestimmten Räumen das Licht ein- beziehungsweise ausschalten, damit sich auf den Monitoren ein Muster ergibt.

Edna Sieht Aus! - Die Grafik

An der schon 2008 von einigen Kritikern bemängelten Auflösung von 800 mal 600 Bildpunkten hat sich nichts geändert. Die Optik fällt insgesamt recht minimalistisch aus: Der Comicstil zeigt kaum Details, die Hintergründe sind statisch und die Phasen der Charakteranimationen lassen sich meist an einer Hand abzählen. Ganz nach eigenem Gusto kann man dies als künstlerische Hommage an vergangene Zeiten ansehen, oder man hält es schlicht für veraltete Technik.

Edna Spricht's Aus - Die Vertonung

Die Sätze in "Edna Bricht Aus" sind größtenteils ordentlich und mit viel Witz gesprochen. Dank der unzähligen Interaktionsmöglichkeiten darf der Spieler sich auf weit über dreizehn Stunden gesprochener Texte freuen. Er kann sich aber auch Untertitel anzeigen lassen oder die Sprachausgabe ganz abschalten. Leider werden an ein paar Stellen keine Sätze abgespielt und auch die Untertitel blitzen nur ganz kurz auf.

Edna Packt Aus - Das Bonusmaterial

In der DVD-Hülle befinden sich neben dem Handbuch und der Spiel-DVD noch die Audio-CD "Best of Daedalic" und ein blaues Stück Papier. Auf der Musik-CD sind fünf Musikstücke aus "Edna Bricht Aus" enthalten, dazu kommen jeweils vier Titel aus "Harveys Neue Augen", "The Whispered World" und "A New Beginning", sowie zwei Lieder aus "The Chronicles of Shakespeare" und die Titelmelodie zum noch nicht veröffentlichten "Satinavs Ketten". Die 20 Titel erreichen eine Gesamtspielzeit von etwas mehr als 50 Minuten. Was es mit dem blauen Stück Papier auf sich hat, erfährt der Spieler, sobald er "Edna Bricht Aus" installiert: Während der Installation wird ein Programm mit dem Namen "Harvey Rain" gestartet, in dem schrittweise erklärt wird, wie aus dem Stück Papier ein blauer Origami-Hase gefaltet werden kann. Das ist durchaus eine angenehme Art, sich die Zeit während der Installation zu vertreiben.

Die restlichen Bonusinhalte finden sich im eigentlichen Spiel. Beim Spielstart muss zwischen englischer und deutscher Sprache gewählt werden und während des Spiels kann man durch seine Handlungen "Erfolge" freischalten und sich in jedem Raum einen Kommentar von Spieldesigner Jan Müller-Michaelis alias "Poki" anhören. Die Monologe bringen es insgesamt auf über 100 Minuten Laufzeit und sind mit teilweise interessanten Hintergrundinformationen oder kurzen Liedern gefüllt. Leider nuschelt Poki zu oft vor sich hin, was einige der Bemerkungen, mangels Untertiteln, unverständlich macht. Zudem werden einige der Kommentare auch noch mitten im Satz abgebrochen. Wer zum ersten Mal "Edna Bricht Aus" spielt, sollte sich die Kommentare besser noch nicht anhören, da mitunter auch die Lösungen zu einigen der Rätsel verraten werden.

Die ebenfalls auf der Packungsrückseite beworbene Demo zu "Harveys Neue Augen" ist eine nette Dreingabe für alle, die sich kein über 400 MB großes Datenpaket aus dem Internet herunterladen können oder wollen. Böse Zungen nennen die Demo sowie die Musik-CD auch schlicht "Werbung".

Edna Wirft Raus - Die Programmabstürze

"Alle Bytes wurden auf Hochglanz poliert und eingeölt, damit alles flutscht!" steht auf der Packungsrückseite. Noch bevor Edna sich aus ihrer Gummizelle befreien konnten, rutschte das Spiel aber selbst auf einem zu sehr eingeölten Byte aus und schlug knallhart auf dem Boden des Windows-Desktops auf. Und das ist leider kein Einzelfall: In der Übersicht zu den freigeschalteten Erfolgen reicht ein Klick an die falsche Stelle und das Spiel verabschiedet sich mit den Worten "java.lang.NullPointerException". Wenn das Spiel mal nicht komplett abstürzt, begibt es sich beim Wechsel von einem Raum zum nächsten auch gern einmal in eine Endlosschleife und reagiert auf gar keine Eingaben mehr.

Da auch andere Spiele von Daedalic, wie beispielsweise "The Whispered World" und die Demo zu "Harveys Neue Augen", gern ohne ersichtlichen Grund abstürzen, hat der Entwickler als Wiederholungstäter die gelb-rote Karte dafür verdient. Denn wie soll ein Spieler sich in der Welt von Edna heimisch fühlen, wenn man ihn ständig hinauswirft? Wie soll er mit den Charakteren mitfühlen, wenn lästige Programmfehler ihm immer wieder vor Augen führen, dass es sich bei diesen eben doch nur um Pixel in einem fehlerhaften Stück Software handelt?

Über die selbst in der gepatchten Fassung von "The Whispered World" noch vorhandenen Fehler habe ich seinerzeit heftig geflucht. Mit der "Edna Bricht Aus - Sammler Edition" lief es, was die Abstürze angeht, zwar wieder genauso (wenn nicht sogar noch schlimmer), allerdings machte der Humor hier einen Teil der Frustration wieder wett. Ich hatte "Edna Bricht Aus" vorher nie gespielt, und während des Spielens gab "Edna" mir zu keiner Zeit das Gefühl, in den letzten Jahren etwas wirklich Großes verpasst zu haben. Von den Abstürzen mal abgesehen, hat mich das Spiel aber trotzdem gut bis sehr gut unterhalten. Es gibt sehr viel zu erkunden und die Erfolge motivieren besonders dazu, neben der eigentlichen Geschichte allerlei Unsinn auszuprobieren. Bis Daedalic einen entsprechenden Patch zur Verfügung stellt, kann man vom Kauf der "Sammler Edition" aber nur abraten. Wer "Edna Bricht Aus" bereits besitzt, kann auf die Neuauflage ohnehin verzichten: Für ein Spiel, das vor über drei Jahren knapp 25 € kostete, heute noch einmal 20 € zu bezahlen, wird durch das Bonusmaterial definitiv nicht gerechtfertigt. Es sei denn, man will die Entwickler ermutigen, weiterhin Spiele von dieser Qualität (im positiven wie im negativen Sinne) zu veröffentlichen - oder man sammelt ohnehin alles, was einem über den Weg läuft.

(09.11.2011)

 

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