Die Römer (CDV) geschrieben von Nico Meißner
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Mit "Die Römer" bringt CDV das erste Strategiespiel dieses Jahres, das sich mit dem Aufbau eines Gemeinwesens zur Zeit des römischen Imperiums beschäftigt, auf den Markt. Ob es den Römern gelingt, die Messlatte für die nachfolgenden Konkurrenten ("Caesar IV" und "CivCity: Rom") höher zu legen, wurde in der Volksversammlung des DLH.Net diskutiert: Homo ludens, der spielende Mensch Nach einem netten, aber aussagelosen Intro steht der Spieler erstmal vor der Wahl, sich - ganz konventionell - alleine in die Kampagne zu stürzen, aus einem der vorgegebenen Szenarien zu wählen oder einfach im Frei-Bauen-Modus nach Herzenslust zu schalten und zu walten. Einen richtigen Multiplayer-Modus gibt es leider nicht, es besteht lediglich die Möglichkeit, via Internet seine Highscores zu vergleichen. Im Falle der Kampagne präsentiert sich dem angehenden Statthalter zu Beginn eine Karte Mitteleuropas, auf der verschiedene Städte des römischen Imperiums zur Auswahl stehen. Hierbei ist das solide Tutorial über das erste Dutzend Missionen verteilt, da fast jede dieser Städte einen speziellen Hintergrund hat, der den Spieler vor immer andere Herausforderungen stellt. So liegt z.B. Toletum in einer trockenen Gegend, in der leicht Brände entstehen, während Syracusae von einem Schlag recht anspruchsvoller und aufsässiger Bürger bevölkert wird. Anhand dieser Problemstellungen führt der Berater in Form von Pop-up-Fenstern komfortabel durch die Grundlagen des Spiels und erweitert das Repertoire der verfügbaren Gebäude, beginnend bei der einfachen strohgedeckten Hütte, über die elementaren Rohstoffproduktionsstätten bis hin zum imposanten Kolosseum. In medias res, mitten in die Dinge hinein Ist die Wahl getroffen, beginnt das Spiel mit einer Missionsbesprechung, in der, neben einem kleinen Flavour-Text, die Ziele beschrieben werden, bevor es nahtlos ins Geschehen übergeht. Hier starten die meisten Städte mit einer Hand voll Bürgern, ebenso vielen Sklaven und nicht mehr als einem Statthalterpalast. Aufbauend auf dieser schmalen Basis gilt es nun, aus den paar Hütten eine florierende und prosperierende Stadt von opulenter Schönheit und attraktivem Ruf zu schaffen. Dies vollzieht sich in bekannter "Caesar"-Manier, d.h., dass man Baumaterialien sammelt, Nahrung und Luxusgüter produziert, öffentliche Gebäude, wie z.B. Altäre, nach denen es dem Volk verlangt, errichtet und ab und an auch ein paar Barbaren vertrimmt, während das Volk wächst und sich in Form von Ständen entwickelt. Hierbei findet man sich durch die bequeme und durchdachte Steuerung und, nicht zuletzt, aufgrund der Vertrautheit der Mechanismen schnell sehr gut zurecht. Auch die Eigenart, dass nur die Sklaven als Transport- und Bautruppen fungieren, während richtige Bürger nur "ehrbaren" Berufen nachgehen, stellt keine Einstiegshürde dar. Trotzdem muss man immer ein Auge auf das Arbeitspensum haben, da sonst eine kostspielige Neuanschaffung von zehn weiteren Zwangsarbeitern ansteht, bzw. die Arbeit liegen bleibt und es sogar zu Aufständen kommen kann. Pro domo, für das Haus So besteht, was ein anständiger Römer ist, nicht nur auf seine eigenen vier Wände und genug Nahrung, sondern will auch unterhalten und geachtet werden. Unterhaltungsmöglichkeiten gab es im alten Rom genug, wie man nicht erst seit "Gladiator" weiß: Theater und Kolosseum bieten auch anspruchsvollen Damen und Herren zeitgemäße Ablenkung, während die Tavernen und Gärten vor allem für das einfache Volk Zerstreuung bieten. Religion hingegen wird als sinnstiftender Kompensator für das leidgebeutelte Leben eines Römers durchaus von allen "Bildungsschichten" benötigt. Um es zu einem besseren Status in der Gesellschaft zu bringen, bedarf es, neben der Befriedigung der standesabhängigen Grundbedürfnisse, einer prestige-reichen Wohngegend. Während Güter wie z.B. Lebensmittel, Kleidung und Olivenöl also einen Aspekt der Bedürfnisse darstellen und Religions- und Unterhaltungsgebäude einen weiteren, bilden Ansehen und Prestige den Dritten. Denn nur wer in der Nähe eines Altars oder Monuments, wie z.B. eines Triumphbogens, wohnt, kann auch in einen höheren Stand in der Gesellschaft aufsteigen: Das Haus, von dem es vier Typen gibt (Magalia, Casa, Domus und Villa), wandelt sich, wird größer und komfortabler. So entsteht aus einer Strohhütte des Typs Magalia ein geziegeltes Casa. Gleichzeitig wird der Novize zum Lehrling befördert, was seine Produktivität im Beruf steigert, danach folgen noch Fachkräfte und Meister. Auf diese Weise steigt nach und nach auch das Ansehen der Stadt selbst, was den Bau weitere Monumente und ähnlichem ermöglicht, außerdem verbessert sich mit den größeren und schöneren Gebäuden natürlich das Aussehen der wachsenden Ansiedlung. Mel et fel, Honig und Galle Dieses vertraute Schema, mit gleicher Thematik bekannt aus der "Caesar"-Reihe, ist dann auch der größte Kritikpunkt an "Die Römer": Denn optisch hübsch verpackt und auf die römische Thematik stimmungsvoll zugeschnitten, mangelt es dem Spiel doch etwas an innovativen Spielprinzipien. Auch wenn es eine Vielzahl an Gebäuden und Ressourcen gibt, wirkt Weniges herausragend oder neuartig. So reiht sich Mission an Mission, man hilft Stadt für Stadt beim Erblühen und schlägt sicher halb Gallien auf dem Felde, ohne dass sich das Spiel maßgeblich verändert. Allerdings scheint es fast, dass das auch nicht der Anspruch des Spiels ist, zumal auch das Wirtschaftssystem eine gewisse Oberflächlichkeit offenbart: Sobald man einmal die nötigen Farmen gebaut hat, steht auch schon die Versorgung der Novizen. Allerdings lässt sich lediglich über eine einzige Statistik überprüfen, ob die Wirtschaft läuft. Weiterhin lassen sich die Mängel eines Viertels nur über dessen Taverne einsehen, auch Transport- und Zuteilungsprioritäten lassen sich nicht festlegen, Bürger können weder aus ihrem Haus geworfen noch gezielt einzeln entlassen werden. Daher läuft das Spiel nett vor sich hin, die Bürger und Sklaven wuseln umher, des Nachts gleicht das Städtchen einem kleinen Lichtermeer. Doch vielmehr kommt auch nicht. Klar, die Bürger verlangen mit steigendem Level nach immer größeren Bauten, z.B. dem Badehaus oder der philosophischen Akademie. Auch will der Städtebau gut und vorausschauend geplant werden, da alle Gebäude einen gewissen Radius haben, innerhalb dessen sie wirken. Man muss sich um genug Marktplätze und Tavernen kümmern, die den Leuten etwas Entspannung und Verpflegung bieten, man hat für genug Präfekturen, Wachtürme und Kasernen zu sorgen, um ausreichend Schutz vor Feinden von innen und außen zu gewährleisten ... Wie gesagt, alles nichts Neues. Trotz allem fesselt "Die Römer" erst mal für ein paar Stunden, bevor man alles gesehen und erlebt hat: Mal entzündet sich ein Haus, was sich zu einem wahren Flächenbrand ausweiten kann, dann wütet die Pest, weil es noch keinen Kräuterladen gibt und schließlich mangelt es an Brot, weil man zu wenig Mehl produziert hat. Sind diese Probleme dank der Baumöglichkeit während aktiver Pause gelöst, greifen die Barbaren an und die Sklaven im Nordviertel rebellieren wegen des hohen Arbeitspensums... Zumal viele Kleinigkeiten für eine dichte Atmosphäre sorgen: Allein die Option, das Spiel komplett in lateinischer Sprache zu spielen, verdient eigentlich schon irgendeinen Award! Doch trotz der putzigen Tavernengäste und der historischen Authentizität fehlt irgendwann noch etwas, wo z.B. "Caesar" die Möglichkeit des persönlichen Aufstiegs des Charakters des Spielers anbietet bzw. sogar voraussetzt. Grafik, Steuerung und Sound Wie schon erwähnt, überzeugt das Spiel grafisch durch eine schöne, klare Optik und viele, stimmungsvolle Details, die es zu einer Freude machen, sich zurückzulehnen und seine Mannen einfach mal etwas machen zu lassen. Bemerkenswert ist dabei, dass das Spiel zwar nicht eben geringe Mindestanforderungen hat, aber dafür auch bei niedrigsten Einstellungen noch gut aussieht und außerdem auch auf hohen Einstellungen immer sehr flüssig läuft. Lediglich Probleme mit der Schattendarstellung und die Instabilität auf unserem Testsystem schmälerten dieses technische Erlebnis gelegentlich etwas. Die Steuerung ist wirklich kinderleicht, da es, außer dem Linksklick auf ein Gebäude, sowieso nur noch das Baumenü gibt, welches, ähnlich einer Blume, in mehrere Ebenen gefächert strukturiert ist. Ansonsten funktioniert auch hier alles nach altbewährtem Rezept - Zoomen und freies Drehen - einzig die Karte verwirrt mangels Nord-Markierung etwas. Zum Sound lässt sich leider nicht viel sagen, da er über den guten Durchschnitt nicht hinauskommt, wobei die nichtvorhandene Sprachausgabe kaum stört. Obwohl ein paar flotte (lateinische) Sprüche sicher nicht geschadet hätten... Summa summarum "Die Römer" ist vielleicht nicht der Erste unter Gleichen, sondern eher das erste Spiel dieses Jahres unter mehreren der gleichen Thematik. Das Spiel macht Spaß, keine Frage. Allerdings geht es über ein nettes kleines Aufbaustrategiespiel nicht hinaus, eher im Gegenteil. Denn wo "Anno" oder "Tropico" auf ein komplexes, doch kontrollierbares, Wirtschaftssystem und individuelle Bedürfnisse der Bürger Wert legen, begnügt sich "Die Römer" mit einigen Elementen dieser komplexen Vorbilder. Dadurch steigt in Verbindung mit der sehr anwenderfreundlichen Steuerung und dem einsteigerfreundlichen Prinzip auf jeden Fall die Zugänglichkeit des Spiels für Genrefremde oder Spieleanfänger. Wenn man eher auf ein entspanntes, relativ stressfreies Spielerlebnis ohne stundenlange Hintergrundüberlegungen Wert legt und auch einem gewissen "Knuddelfaktor" nicht abgeneigt ist, sind "Die Römer" sicher einen Blick wert. Auf der anderen Seite dürften alte Hasen und Freunde der völligen Kontrolle wenig Langzeitmotivation finden, es sei denn, sie lassen sich noch von dem historischen Kontext und dem Latein-Feature begeistern. Außerdem kommt die Atmosphäre einer römischen Stadt zwar recht gut herüber, doch leider erreicht sie nicht die gleiche Dichte eines "Caesar 3", so dass man den "Römern" im Vergleich leider einfach keine vollmundige Empfehlung aussprechen kann. (28.07.2006)
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