Dungeons & Dragons: Tactics

Dungeons & Dragons: Tactics (PSP)

(Atari)

geschrieben von Roland Kindermann

 

 
Entwickler: Kuju Entertainment
Publisher: Atari
Genre: Taktik-Rollenspiel
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Dungeons & Dragons: Tactics
Preis: 49,95 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 12 Jahren gemäß §14 JuSchG

Wer ein Rollenspiel entwickeln möchte, hat zwei Möglichkeiten: Entweder er denkt sich selbst ein Regelsystem aus, oder er lizenziert eines aus dem Pen-&-Paper-Bereich, was den Vorteil hat, dass bereits umfangreiche, gut ausbalancierte Regeln für viele Aktionen existieren und dass einige Spieler bereits mit den grundlegenden Konzepten vertraut sind. Bei der zuletzt genannten Möglichkeit wurde kein anderes System so oft verwendet wie Dungeon & Dragons (früher Advanced Dungeons & Dragons). Wikipedia beispielsweise listet etwa 150 verschiedene Computer- und Videospiele, die auf Dungeons & Dragons basieren. Darunter befinden sich Klassiker aus den frühen 80er Jahren, sowie die "Neverwinter Nights"-Reihe und natürlich das grandiose "Baldur's Gate", das 1998 das Revival des bereits totgesagten Rollenspiel-Genres einleitete. Nun erscheint das rundenbasierte Rollenspiel "Dungeons & Dragons: Tactics" für die PSP, das auf der aktuellen Regelversion 3.5 basiert. Ob sich der Kauf lohnt, lesen Sie in unserem Test.

Belanglose Story

Eine Gruppe von Abenteurern sucht Informationen über ein uraltes Wesen und stößt dabei auf den Kampf zweier Drachen. So etwa lässt sich die Geschichte von "Dungeons & Dragons: Tactics" zusammenfassen. Besondere Spannung kommt jedoch nicht auf, da die Story belanglos ist und sie in relativ simplen Zwischensequenzen, in denen statische Charakterporträts vor statischen Hintergründen hin- und herbewegt werden, erzählt wird und Sie den zugehörigen Text darüber hinaus selbst mitlesen müssen. Den Ausgang der Geschichte können Sie durch Ihre Aktionen allerdings selbst beeinflussen.

Die Qual der Wahl

Wie fast jedes andere Rollenspiel beginnt "Dungeons & Dragons: Tactics" mit der Charaktergenerierung. Zunächst gilt es dabei, einen Hauptcharakter, der der Anführer Ihrer Truppe ist und den Sie stets dabei haben, zu erstellen. Dazu wählen Sie zunächst das Geschlecht, eines von sieben Völkern - von Mensch bis Halb-Ork - und eine von dreizehn Klassen. Anschließend verteilen Sie Punkte auf die Attribute Ihres Recken und wählen seine Gesinnung sowie eine Gottheit, die Ihr Held anbeten soll. Dann gilt es, Fertigkeiten, Talente sowie - eine entsprechende Klasse vorausgesetzt - Zauber und einen tierischen Gefährten auszusuchen. Nun legen Sie das Aussehen und den Namen Ihres Helden fest. Haben Sie all diese Schritte gemeistert, sind Sie fertig mit Ihrem Hauptcharakter und müssen "nur" noch weitere fünf Recken für Ihre Gruppe, im Fachjargon Party genannt, erstellen.

Hilfe für Anfänger

Dungeons & Dragons-Neulinge dürften sich also bereits zu Beginn des Spiels verloren fühlen. Glücklicherweise gibt es für jeden Schritt beim Erstellen des Charakters einen praktischen "Automatisch auswählen"-Button, der Ihnen bei Bedarf die Arbeit abnimmt. Wenn Sie möchten, können Sie beispielsweise die wichtigen Attributspunkte automatisch verteilen lassen und Fertigkeiten und Talente selbst aussuchen. Außerdem ist es möglich, die vorgeschlagenen Einstellungen noch einmal zu überarbeiten. Die genannten Komfortfunktionen sind nicht nur beim Erstellen des Charakters verfügbar, sondern bei jedem Levelaufstieg. Außerdem können Sie Ihre Recken auch aus einer Auswahl fertiger Charaktere wählen. Wer es ganz eilig hat, entscheidet sich für "Schnellstart" und beginnt die Kampagne direkt mit einer komplett voreingestellten Gruppe. Sollte sich später zeigen, dass Ihre Zusammenstellung nicht ganz optimal ist, können Sie zwischen den Missionen weitere Kämpfer anheuern. In den Einsätzen haben Sie aber stets höchstens fünf Recken plus Ihren Hauptcharakter dabei.

Zwei Aktionen pro Runde

Während viele Dungeons & Dragons-Spiele versuchen, das rundenbasierte Regelsystem in Echtzeit zu simulieren und es dabei zwangsläufig stark vereinfachen, geht "Dungeons & Dragons: Tactics" einen anderen Weg, indem es versucht, möglichst viele Regeln möglichst exakt zu abzubilden. Dabei wird auch das Rundensystem übernommen. Dementsprechend sind im Kampf alle Beteiligten der Reihe nach am Zug. Wer zuerst handeln darf, hängt dabei vom Initiativwert ab und wird an der rechten Seite des Bildschirms angezeigt. In jeder Runde kann jeder Akteur eine Bewegungs- und eine Standardaktion ausführen. Die Bewegungsaktion dient dazu, den Standort des Charakters zu verändern, einen Ausrüstungsgegenstand zu ziehen oder eine Armbrust nachzuladen. Bögen hingegen braucht man nicht extra nachzuladen. Standardaktionen dienen dazu, einen Gegner anzugreifen, einen Zauber zu wirken oder einen Trank zu einzunehmen. Alternativ können Sie Ihren Charakter auch ein zweites Mal bewegen. Hinzu kommen noch Befehle, die sowohl die Bewegungs- als auch die Standardaktion verbrauchen, wie beispielsweise ein Angriff mit zwei Waffen, und solche, die keine Aktion in Anspruch nehmen, wie das Fallenlassen eines Gegenstandes.

Taktische Feinheiten

Seinen taktischen Anspruch bezieht "Dungeons & Dragons: Tactics" zum Teil aus der großen Anzahl verfügbarer Aktionen. So gilt es bereits bei einer simplen Fortbewegung, verschiedene Möglichkeiten abzuwägen. Wollen Sie beispielsweise Felder, die in der Reichweite eines gegnerischen Nahkämpfers liegen - so genannte bedrohte Felder - durchqueren, empfiehlt es sich, die Option "Turnen" zu wählen. So vermeiden Sie, unterwegs per "Gelegenheitsangriff" attackiert zu werden. Dafür müssen Sie allerdings in Kauf nehmen, dass sich die zurücklegbare Entfernung halbiert. Charaktere, die Rüstungen tragen, können zwar nicht turnen, aber sich zurückziehen. Das schützt Sie nur auf dem ersten bedrohten Feld vor einem Gelegenheitsangriff und kostet zudem beide Aktionen einer Runde. Eine weitere Möglichkeit, ein so genanntes bedrohtes Feld zu verlassen, ist die Option "Schritt", die gar keine Aktion kostet, jedoch nur über ein Feld hinweg reicht und jede weitere Bewegung in derselben Runde verhindert. Der Schritt eignet sich besonders gut, um die Position eines Nahkämpfers zum Gegner zu verbessern, beispielsweise um ihm den Weg zu den Fernkämpfern zu versperren oder ihn mit zwei Helden in die Zange zu nehmen, was einen saftigen Angriffsbonus bringt.

Wie Sie sehen, ist also bereits die Wahl der richtigen Art der Fortbewegung nicht trivial. Ähnlich sieht es auch in anderen Bereichen des Kampfes aus. So stehen den Nahkämpfern beispielsweise eine ganze Reihe taktischer Varianten zur Verfügung: Sie können beispielsweise einfach auf den Gegner einprügeln, ihn aber auch mit einer Finte aufs Glatteis führen oder mit einem defensiven Angriff der die Auswirkungen des Gegenangriffs mindern. Weitere taktische Tiefe bringt die Möglichkeit, sich auf einen Angriff vorzubereiten, der dann erfolgt, sobald ein Feind in Reichweite kommt. Sollte Ihnen die Aktionsreihenfolge einmal nicht passen, können Sie einen Ihrer Recken auch dazu veranlassen, zunächst abzuwarten und seine Aktionen später auszuführen. Außerdem müssen Sie auf die Sichtverhältnisse achten.

Umfangreiches Menü

In "Dungeons & Dragons: Tactics" können Sie keinen Befehl erteilen, ohne zuvor durch Betätigen der Kreuztaste das Menü zu öffnen. Es ist recht logisch aufgebaut. So finden Sie beispielsweise alle speziellen Fortbewegungsarten unter dem Punkt "Bewegen", bei dem Sie mit einem Druck nach rechts auf dem Steuerkreuz ein Untermenü aufklappen. Alternativ können Sie auch direkt den Kreuz-Button drücken und so die Standard-Bewegung auswählen. Für die gängigsten Befehle müssen Sie sich also nicht extra durch Untermenüs hangeln. Nicht zuletzt wegen des für Rollenspiel-Verhältnisse doch recht kleinen PSP-Bildschirms ist das Menü aber relativ verschachtelt und unübersichtlich. Wollen Sie beispielsweise einen Zauber auswählen, ist das erst im dritten Untermenü möglich. Praktischerweise können Sie jederzeit per Druck auf die Dreieckstaste eine detaillierte Beschreibung des aktuell ausgewählten Menüeintrags einblenden. Handelt es sich beispielsweise um eine Aktion, erfahren Sie mehr über ihre Auswirkung und darüber, ob es sich um eine Standard- oder eine Bewegungsaktion handelt. Zusätzlich zu der praktischen kontextsensitiven Hilfe gibt es auch noch ein Handbuch, das allerdings nur die einfachsten Grundlagen abdeckt, sowie ein umfangreiches Glossar, das die wichtigsten Begriffe der Dungeons & Dragons-Welt erläutert. Leider kann man es nur aus dem Hauptmenü des Spiels aufrufen. Wer wirklich alles verstehen möchte, ist aber vermutlich mit dem offiziellen Dungeons & Dragons-Handbuch am besten bedient.

Strapazen bei größeren Strecken

Während des Kampfes ist die Bedienung von "Dungeons & Dragons: Tactics" zwar ein wenig umständlich, richtig schlimm wird es jedoch erst, wenn keine Gegner mehr in der Nähe sind. Dann können Sie Ihre Party zwar frei von jeglichen Rundenzwängen bewegen, müssen aber dennoch weiterhin jeden Charakter einzeln befehligen, was insbesondere dann nervt, wenn Sie eine größere Entfernung überbrücken möchten, zumal Ihre Leute sich dabei regelmäßig gegenseitig im Weg stehen, wenn es eng wird. Eine einfache "als Gruppe bewegen"-Funktion hätte hier leicht Abhilfe schaffen können. Ein weiteres Problem besteht darin, dass Sie bisweilen nach verbleibenden Gegnern suchen müssen, um eine Mission abzuschließen. Wenn Sie zu diesem Zweck mit Ihrem schnellsten Mann die Karte absuchen wollen, werden Sie regelmäßig unterbrochen, da das Spiel automatisch nach jeder zweiten Aktion einen anderen Charakter auswählt, und Sie anschließend mit der "L"- und der "R"-Taste mühsam wieder zu Ihrem Aufklärer wechseln müssen.

Umfangreicher Einzelspielermodus

"Dungeons & Dragons: Tactics" ist in mehr als 30 Missionen unterteilt, von denen einige optional sind. Zwischen den Einsätzen wechselt das Spiel auf eine Weltkarte. Auf ihr sehen Sie Dörfer, Städte, Tempel, Sümpfe und Wälder als Icons. Die genannten Orte lassen sich allerdings nur im Verlauf von Missionen besuchen. Aktionen wie der Kauf eines Gegenstandes oder das Anheuern eines Charakters finden direkt auf der Karte in Menüs statt. Zwischen den Missionen sollten Sie vor allem die Inventare Ihrer Leute sortieren, den Vorrat an Heiltränken und Munition aufstocken und nicht benötigte Gegenstände verkaufen. Das ist besonders umständlich, da Sie dauernd zwischen den Menüs "Gegenstände tauschen", "Ausrüsten" und den Charakterbildschirmen wechseln müssen, wenn Sie herausfinden wollen, wer welchen Gegenstand gebrauchen könnte. Vor allem fehlt eine Funktion, mit der sich die Werte eines Gegenstandes komfortabel mit denen des aktuell ausgerüsteten vergleichen lassen. Stattdessen müssen Sie jedes Mal per Viereck-Taste von der Rucksack- auf die Ausrüstungsseite des Inventars wechseln und dabei auch noch einmal per Kreuz-Taste bestätigen, dass Sie dies auch tatsächlich möchten.

Sollten Sie trotz des großzügigen Umfangs einmal genug vom Einzelspieler haben, können Sie mit bis zu drei Freunden eine Mehrspieler-Partie veranstalten. Dazu stehen vier verschiedene Modi, von denen einer kooperativ ist, zur Verfügung. Dabei spielen Sie jedoch nicht eine ganze Kampagne, sondern nur einzelne Ebenen. Wahlweise starten Ihre Charaktere bereits auf einem relativ hohen Level.

Schicke Grafik mit weniger schicken Animationen

Auf Standbildern kann sich die Grafik von "Dungeons & Dragons: Tactics" durchaus sehen lassen. Die Charaktere selbst sind ebenso detailliert dargestellt wie die vielfältigen Umgebungsgrafiken, die von unterirdischen Dungeons bis zu Holzstegen in den Wipfeln eines Waldes reichen. Sogar schicke Licht- und Schatteneffekte werden unterstützt. Einen weniger guten Eindruck hinterlassen die Animationen. So wirken beispielsweise die Bewegungen ausgesprochen abgehackt. Angriffe und Zauber sehen etwas realistischer aus. Auf Wunsch können Sie in den Schachmodus wechseln, der beispielsweise die Bewegungsanimationen stark beschleunigt und in dem Sie nicht auf das Ende einer Kampfanimation warten müssen. Etwas problematisch ist die Kamera, da auch die am weitesten herausgezoomte Einstellung nur mäßig dazu geeignet ist, sich einen Überblick zu verschaffen.

Zweckmäßiger Sound

Auch die Vertonung des Geschehens ist eher zweckmäßigen und trägt wenig zur Atmosphäre bei. Ebenso wie die Hintergrundgeräusche wirken die Kampf- und Zaubereffekte bisweilen etwas künstlich, lassen dafür aber sofort erkennen, ob eine Attacke erfolgreich war oder nicht. Der orchestrale Soundtrack gehört zum gehobenen Fantasy-Standard. Besonders gut gelungen ist das atmosphärische Lied, das bei Darstellung der Übersichtskarte zu hören ist.

Fazit

"Dungeons & Dragons: Tactics" bietet genau das, was der Titel vermuten lässt: Das altbewährte Regelsystem wird detailliert umgesetzt wie in kaum einem anderen Spiel und bietet dementsprechend vielfältige Möglichkeiten, Ihre Taktik zu perfektionieren. Tüftler und Rollenspiel-Fans, die das Dungeons & Dragons-System bereits kennen oder bereit sind, sich einzuarbeiten, bekommen ein sehr umfangreiches Spiel, an dem es, abgesehen von der teils zu umständlichen Bedienung, wenig zu bemängeln gibt.

(23.10.2007)

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