Command & Conquer 3: Tiberium Wars

Command & Conquer 3: Tiberium Wars

(Electronic Arts)

geschrieben von Hans Thiel

     
 

Es ist nun schon eine ganze Weile her, seit der erste Teil der "Command & Conquer"-Reihe die Herzen der Strategiefans höher schlagen ließ. Mehr als eine Dekade musste ins Land ziehen, damit nach einigen eher unrühmlichen Franchise-Verwertungen der Schwerpunkt wieder auf dem Kampf der GDI gegen NOD und, soviel darf vorweggenommen werden, natürlich gegen deren Anführer Kane liegt.

"Command & Conquer 3: Tiberium Wars" spielt im Jahre 2047; die in den Neunzigern des letzten Jahrhunderts erstmalig aufgetretene Tiberium-Kristallstruktur hat sich über den gesamten Planeten ausgebreitet und große Teile der Erde unbewohnbar gemacht. Die Landflächen werden in drei Zonen unterteilt - rote Zonen für völlig verseuchte und lebensfeindliche Gebiete, gelbe Zonen für Regionen mit hoher Kontamination und einer hohen Sterblichkeitsrate der Bevölkerung und letztendlich die blauen Zonen, die von der GDI kontrollierte Sicherheitsbereiche darstellen, in denen die Tiberiumbelastung minimal und noch so etwas wie zivilisiertes Leben möglich ist.

Im Spiel stehen sich wie gewohnt die beiden Parteien - auf der einen Seite die GDI, auf der anderen die Bruderschaft von NOD - unversöhnlich gegenüber. Während die GDI versucht, die Erde von der Tiberiumverseuchung zu befreien, hält die Bruderschaft, allen voran ihr Anführer Kane, das Tiberium für den Katalysator auf dem Weg zu einer neuen Evolutionsstufe der Menschheit, und versucht ihrerseits, die Ausbreitung der grünen Kristalle zu beschleunigen. Ein überraschender Angriff der Bruderschaft auf die Raumbasis der GDI, auf der sich, wie es der Zufall so will, gerade fast die gesamte Führungselite der GDI aufhält, läutet den Beginn des dritten Tiberiumkrieges ein, und der Spieler kann sich entscheiden, welche der beiden Seiten er zum Sieg führen möchte.

Die Story wird zum Teil über Zwischensequenzen und zum Teil durch einfache Textbeschreibungen vor den Missionen vorangetrieben; im Gegensatz zur gewohnten CG-Einheitskost, geben sich allerdings reale Darsteller die Ehre. Hier liegt sowohl die Besonderheit als auch eine der großen Schwächen des Spiels. Leider schaffen es die Schauspieler meist nicht wirklich, eine glaubwürdige Atmosphäre aufzubauen; die gebotene Darstellung bewegt sich vielmehr auf dem Niveau einer 08/15-Nachmittagssoap und liefert nur spärliche Detailinformationen über die Ereignisse. Bei allem Unbehagen über die teils unterirdische schauspielerische Leistung mag dennoch manchem alten "Command & Conquer"-Veteranen eine Träne der Rührung über die Wange kullern, hat es Electronic Arts doch geschafft, nicht nur einige bekannte Gesichter, sondern eben auch den etwas brüchigen Charme der Zwischensequenzen aus dem Original herüberzuretten.

 

Missionsdesign

Spieltechnisch hat Electronic Arts auf bewährte Kost gesetzt und auf etwaige Experimente in Steuerung und Spielprinzip verzichtet, was größere Überraschungen auf diesem Gebiet ausschließt. Im Großteil der Missionen geht es darum, eine funktionierende Basis aufzubauen und mit den dort produzierten Einheiten die des Gegners von der Karte zu fegen. Finanzieller Dreh- und Angelpunkt ist das Tiberium, das von schwerfälligen Erntemaschinen abgebaut und in speziellen Raffinerien in klingende Münze verwandelt wird.

Dem Spieler stehen zwei Kampagnen mit jeweils mehr als einem Dutzend Missionen zur Verfügung. Die bespielten Karten werden teilweise bei beiden Kampagnen genutzt und jeweils aus der anderen Perspektive erlebt, was beim Durchspielen zum einen oder anderen Déjà-vu führen dürfte. Zwischen den Standard-Aufbaumissionen finden sich ab und an einige modifizierte Aufgabenstellungen, wie zum Beispiel eine bestehende Basis einen bestimmten Zeitraum zu verteidigen oder mit einer festgelegten Truppenanzahl eine alte Basis zu reaktivieren. Zwischendrin findet sich die ein oder andere Schutzmission, in der es gilt, Personen, Fahrzeuge oder Gebäude vor der Zerstörung zu bewahren.

Wie erwähnt, keine Überraschungen, aber durchaus abwechslungsreiche Kost, die mit Haupt- und Nebenzielen sowie einem in drei Stufen wählbaren Schwierigkeitsgrad sowohl für Einsteiger als auch für gestandene Commander einige Stunden Spielspaß bereithält. Negativ anzumerken ist, dass sich der Computergegner in der Kampagne vielerorts recht passiv und berechenbar verhält, was sicher zum großen Teil dem meist krassen Kräfteungleichgewicht zu Beginn jeder Mission geschuldet ist. Dennoch wäre es gerade für erfahrene Spieler wohl interessanter gewesen, wenn der Gegner Richtung, Stärke und Art eines Angriffs etwas mehr variieren würde.

 

Intelligenz?

So merkwürdig das klingen mag, aber aus unerfindlichen Gründen scheint sich gerade bei der KI sowohl der eigenen Einheiten als auch der Gegner in all den Jahren nicht viel getan zu haben. Größere Truppenverbände, die sich über einen Engpass quälen müssen, wählen gern einen einfacheren Weg, auch wenn er mitten durchs feindliche Feuer führt, anstatt nacheinander die Stelle zu passieren. So kommt es oft vor, dass unbeaufsichtigt auf Reise geschickte Einheiten plötzlich in mehreren Kleingruppen über die Karte irren und mühselig wieder eingesammelt werden müssen, falls das der Gegner nicht bis dahin schon getan hat.

Und - altgediente "Command & Conquer"-Spieler können ein Lied davon singen - die Einheit mit dem merkwürdigsten Verhalten ist und bleibt der Tiberiumernter. Stoisch verfolgen diese riesigen Maschinen ihren Weg und wandern von einem Tiberiumfeld zum nächsten. Egal wo es auch liegen mag, und sei es mitten in der gegnerischen Basis. Hier hätte ein wenig mehr Feinsteuerung entweder im Verhalten der Einheit oder in den Eingriffs- und Kontrollmöglichkeiten des Spielers sicher gut getan. Eventuell in Form einer festzulegenden Maximalentfernung zur Raffinerie oder durch markierte Zonen, in die sich der Ernter nicht begeben darf. Zudem neigen Ernter, die ein und dieselbe Raffinerie bedienen, dazu, sich gegenseitig zu blockieren. Ist ein Ernter fertig mit dem Abbau, wird die Tiberiumraffinerie für ihn blockiert, egal wie weit er noch entfernt ist und ob ein anderer Ernter in der Zwischenzeit locker hätte seine Ladung loswerden können.

 

Einzelgefecht/Multiplayer

Ein wichtiger Part eines jeden Strategiespieles ist natürlich die Möglichkeit, sich nicht nur mit der KI, sondern auch mit menschlichen Gegenspielern zu messen. Hier zeigt sich dann die gesamte Bandbreite möglicher taktischer Finessen, die, das Spiel ist ja noch jung, auch durchaus noch ausgeweitet werden können.

In den Einzelgefechten gegen die KI wird deutlich, wie stark sie sich im normalen Spielverlauf zurückhält. Angriffe erfolgen wesentlich abwechslungsreicher und stärker und können den Spieler durchaus gehörig ins Schwitzen bringen. Hinzu kommt, dass der Computer latent unfair spielt – auch ohne Aufklärung scheint er immer ziemlich genau zu wissen, wo sich die vitalen Punkte der Spielerbasis befinden und sucht sie gezielt mit Einheiten oder Orbitalschlägen heim.

Beim Spiel gegen menschliche Gegner ist grundsätzlich alles zu erwarten, erst recht, wenn es nicht gute Bekannte, sonder völlig Fremde sind, gegen die der Spieler antritt. Vom stümperhaften Kleinstrategen bis hin zum minutiös planenden Feldherrn ist alles zu finden. Für ausreichend Abwechslung ist also gesorgt. Nur das Balancing und die Stabilität der Server müssten noch etwas korrigiert werden; die bereits erschienenen Patches beheben zwar einige, aber bei weitem noch nicht alle Probleme.

 

Grafik

Was dem Spieler in "Command & Conquer 3: Tiberium Wars" grafisch geboten wird, kann sich wirklich sehen lassen. Fahrzeuge, Gebäude und die Landschaft sind detailliert und auch im nahen Zoombereich noch sehr ansehnlich. Einzig die Animationen und Bewegungen der Fußsoldaten wirken etwas hölzern. Leider bietet selbst die weiteste Zoomstufe nie genug Überblick, so dass sich der Spieler beruhigt zurücklehnen könnte. Gerade bei größeren Basen kann meist nicht einmal mehr das gesamte eigene Territorium auf einen Blick überwacht werden, ohne ständig die Minimap im Auge zu behalten. Die Neuerungen des Interfaces sind gut gelungen, die Baulisten der einzelnen Gebäude lassen sich jetzt jederzeit überwachen und steuern, ohne erst das entsprechende Gebäude anwählen zu müssen. Warum die Wegpunktmarkierungen für die einzelnen Einheiten allerdings permanent sichtbar sind und somit bei exzessiver Anwendung den Blick fürs Wesentliche verstellen, bleibt das Geheimnis der Entwickler.

 

Sound

In den ganz stillen Momenten kann man sie hören – die Hintergrundmusik von "Command & Conquer 3: Tiberium Wars". Ruhig und unaufgeregt bietet sie eine musikalische Grundstimmung, ohne sich allzu stark auf das Spielgeschehen zu beziehen. Dafür hämmern und krachen die Explosionen und die Motorengeräusche der Fahrzeuge umso mehr und kommen, derartig in den Mittelpunkt gerückt, voll zur Geltung. Die deutsche Synchronisierung ist durchaus gelungen mit überzeugenden Charakteren in gleich bleibender Qualität auch über die Nebencharaktere.

Endlich wieder "Command & Conquer"! Was gibt es da eigentlich zu überlegen? Electronic Arts hat es geschafft, den Charme der Vorgänger in die neue Version herüberzuretten und hat gleichzeitig einige Veränderungen vorgenommen. Leider kommen sie nicht weit über eine verbesserte Optik und brachialen Sound hinaus; hier wäre ein wenig mehr Mut und Fortschrittswillen sicher nicht verkehrt gewesen. Die erhoffte Revolution des Genres ist "Command & Conquer 3: Tiberium Wars" bei weitem nicht, aber ein grundsolides Strategiespiel, das sowohl Fans der Serie als auch Neueinsteigern viel Freude bereiten dürfte.

(26.04.2007)

 

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