Chaos League - Sudden Death

Chaos League - Sudden Death

(Pointsoft)

Geschrieben von Carsten Werner

 

Fiese Orks, hinterhältige Trolle, putzige Gnome, grazile Nachtelfen, mutige Menschen und rücksichtslose Untote. Was sich zunächst wie die Standardbesetzung der berühmten Warcraft-Reihe anhört, ist in Wirklichkeit die Fortsetzung des Spieles Chaos League aus dem Jahr 2004 und hat mit Warcraft bis auf die Figuren nichts gemein. Während auf der einen Seite epische Schlachten ausgetragen werden und die Zukunft Azeroths ausgefochten wird, stehen sich die Völker in Chaos League - Sudden Death auf dem Feld der Ehre, dem Footballfeld gegenüber. Ob die Jagd nach dem kleinen Leder spaßig ist und ob die Elfen gegen die Orks eine Chance haben, hat DLH.Net in diesem Test geklärt.

Football in Fantasygestalt

Die Geschichte von Chaos League - Sudden Death ist schnell erzählt - es gibt keine. In einer Fantasywelt messen sich verschiedene genretypische Völker in einer Sportart, die dem American Football sehr stark ähnelt, sich jedoch in einer wesentlichen Eigenschaft vom amerikanischen Volkssport unterscheidet: In der Chaos League wird nur der Sieger den Platz gehend verlassen, der Gegner muss in der Regel unter dem Grölen der Zuschauer auf Krankenbahren oder in Leichensäcken entsorgt werden. Doch bis die erste Schlacht geschlagen, dem ersten Gegner das Rückrad gebrochen und der erste Touchdown geschafft wurde, ist es ein langer Weg.

Football ist nicht gleich Football

Vor Spielbeginn wählt man im Hauptmenü den Spielmodus seiner Wahl. Zur Auswahl stehen der Mehrspieler-, Szenario- und Meisterschaftsmodus. Für Ungeduldige hält Chaos League - Sudden Death einen Schnellstartmodus parat, in dem ohne Umschweife ein Spiel gestartet werden kann. Der interessanteste Modus ist mit Sicherheit der Meisterschaftsmodus. Hier tritt die Mannschaft in einer Liga gegen andere Mannschaften an, um sich am Ende für die Playoffs zu qualifizieren und vielleicht in die nächsthöhere Spielklasse aufzusteigen. Zu Beginn muss die Mannschaft ausgewählt werden und neben den aus dem Originalspiel bekannten Völkern stehen mit dem Addon weitere drei Völker zu Verfügung. Da zusätzlich eine Mannschaft von Söldnern aus verschiedenen Rassen angeworben werden kann, erhöht sich die Anzahl der Mannschaften mit diesem Addon auf 13. Die Wahl des Volkes hat dabei entscheidenden Einfluss auf die Spielweise des Teams und sollte nicht unterschätzt werden. Während bullige Rassen wie die Orks, Untote oder Zwerge den Gegner zermalmen wollen, beharken die Elfen oder Schierlinge ihre Gegner mit Magie und die Prätorianer zum Beispiel setzen auf ihre unglaubliche Schnelligkeit. Neben der Wahl des Volkes können neben unwichtigen Sachen, wie dem Namen und des Clanlogos, auch weitere wichtige Optionen verändert werden. Zum einen wählt man den Schwierigkeitsgrad, der auch in der leichtesten Stufe sehr hoch angesiedelt ist, zum anderen wählt man seine Fans und sein Stadion. Die Fans beeinflussen mit verschiedenen Zaubern das Spielgeschehen und durch einen Combo-Befehl können die Fans der eigenen Mannschaft kurzzeitig entscheidende Vorteile bescheren. Die Wahl des Stadions hingegen beeinflusst zusammen mit dem Wetter, das sich von Spiel zu Spiel ändern kann, bestimmte Eigenschaften des Spieles, so fliegt der Ball schneller durch die Luft oder der Boden wird matschig und die Spieler werden dadurch ungeschickter.

Kleine Footballkunde

Wurden diese Optionen angepasst, muss man mit einem bescheidenen Vermögen, das die Chaos League, der Dachverband der Liga, zur Verfügung, seine Mannschaft zusammenkaufen. Spätestens hier wird es ein klein wenig kompliziert und ein Blick in das Handbuch ist nötig. Neben dem wohl bekanntesten Spieler im Football, dem Quarterback, besteht die Mannschaft noch aus Receiver, Lineman, Linebacker, Runningback und einem Spezialmonster, dem Bigfoot, das besonders stark ist. Jede dieser Personen hat bestimmte Vorteile, die es einzusetzen gilt und auch Nachteile, die es zu vermeiden gilt. Doch sollte nicht das gesamte Vermögen für Spieler ausgegeben werden, da neben Wiederbelebungscremes auch andere Boni wie Cheerleader und "Motivation" gekauft werden können. Während Wiederbelebungscremes angeschlagene Spieler sofort wieder heilen, verschaffen Cheerleader einen Bonus bei Heimspielen und "Motivation" lässt bewusstlose Spieler nach einem KO sofort wieder aufstehen. Wurden die Einkäufe getätigt, findet man sich im schlichten Verwaltungsbildschirm wieder. Viele Auswahlmöglichkeiten hat man auch mit dem Addon Sudden Death nicht: Neu hinzugekommen ist die erweitere Spielerverpflichtung. Den Sportlern kann man nun mehrjährige Verträge verpassen, eine Transferliste wurde eingeführt und Langlebigkeitspunkte geben an, wann ein Spieler in den Ruhestand gehen wird.

Die Startaufstellung

Nachdem man die Verwaltung hinter sich gelassen hat, beginnt die Auswahl der Gegner. Jede Ligarunde ist in zehn Spiele unterteilt, fünf Heim- und fünf Auswärtsspiele. Während der Gegner zu den Heimspielen selbst gefordert werden kann, kann der Gegner während der Auswärtsspiele nicht bestimmt werden. Doch bevor man einen Gegner fordert, sollte die Startaufstellung bearbeitet werden, um auf die verschiedenen Gegner eingestellt zu sein. Zu diesem Zweck kann man diverse vorgefertigte Taktiken wie Flügel-, Lauf- oder Verteidigungsspiel nutzen oder eigene Meistertaktiken ausknobeln. Gleichzeitig sollte ein Auge auf die verschiedenen Fähigkeiten oder Merkmale geworfen werden, die Chaos League - Sudden Death fast einen bedeutenden Rollenspielcharakter geben. Jede Figur hat vier Charaktereigenschaften, die durch Zahlenwerte angegeben sind. Neben der Geschwindigkeit eines Spielers haben auch die Wildheit, die Geschicklichkeit und der Schutz Einfluss auf den Erfolg im Spiel. Als fünfter Wert dienen Erfahrungspunkte, die die Figur durch Spiele erhält und die in neue Fähigkeiten und Zauber investiert werden sollten. Wurde die Mannschaft aufgestellt und hat man den Wunschgegner gefunden, steht einem gelungenen Schlachtfest fast nichts mehr im Wege. Vor Beginn einer Partie darf man jedoch - wie sollte es anders sein - auf schmutzige Tricks zurückgreifen. Neben der obligatorischen Schiedsrichterbestechung, die sicher von der Bundesliga geklaut wurde, darf man ein paar Hooligans bestellen, die gegnerische Cheerleader stören, ein Kopfgeld auf bestimmte feindliche Spieler aussetzen und natürlich seine Mannschaft dopen. Aber Vorsicht, der Gegner, wie auch der Spieler, darf Dopingtests anordnen, die er jedoch selbst zahlen muss. Sollte ein Spieler gedopt gewesen sein, wird er für das Spiel gesperrt. Bitter, wenn sein bester Quarterback wegen Dopings nicht an einem wichtigen Spiel teilnehmen kann.

Das Spiel - oder besser: Die Schlacht

Endlich ist es soweit: Die Chaos League startet. Noch ist alles friedlich, in einem kleinen Trailer, der in Spielgrafik präsentiert wird, laufen die Mannschaften in das Stadion ein, wo bereits die Cheerleader die Menge aufheizen und der Schiedsrichter und das Schwein auf den Anpfiff warten. Das Schwein? Ja dieses kleine Borstenvieh trägt den Football auf dem Rücken und hat in der Chaos League eine Lebenserwartung von wenigen Sekunden. Nachdem die Taktik ausgewählt wurde und einige Zauber, wie eine Nebelwand, gewirkt wurden, pfeift der Schiedsrichter das Spiel an und dem Spieler bleibt die Sprache weg: Nichts bewegt sich. Chaos League ist kein Sportspiel im eigentlichen Sinne, vielmehr ist es ein Echtzeitstrategiespiel mit einer sportlichen Hintergrundgeschichte. Die Mannschaft wird ausschließlich per Maus gesteuert, die Tastatur dient lediglich dazu, verschiedene Aktionen wie Zauber schneller auszuführen. Die Figur wird wie in einem Strategiespiel per Maus angewählt und durch einen Linksklick zu der bestimmten Stelle geschickt. Von selbst bewegt sich keine Einheit. Verzweifelt versucht man, die Spieler zu bewegen, in freie Räume zu laufen oder auch nur den Hauch einer Taktik anzuwenden. Jede Aktion muss vom Spieler selbst angeordnet werden, jede Figur will eine eigene Position zugesprochen bekommen, die im Grunde aber nichts bringt, da sich die Spieler lieber in Kämpfe verstricken, als auf den Ball warten. Aber zum Glück beinhaltet das Spiel eine komfortable Pausenfunktion, von der man auch dringend Gebrauch machen sollte. In dieser Zeit kann man die Kämpfe wieder manuell abbrechen, seine strohdummen Figuren in Position bringen und sich einen Überblick über das Geschehen verschaffen. Jedoch hilft auch das kaum weiter, da nach wenigen Sekunden wieder ein heilloses Durcheinander auf dem Spielfeld herrscht und die mühsam aufgebaute Ordnung erneut vergessen ist.

Hat man sich jedoch erstmal von diesem Schock erholt, beginnt Chaos League - Sudden Death seine Trümpfe auszuspielen: Die Figuren haben bestimmte Fähigkeiten und Zaubertalente, die helfen, gegnerische Horden aufzuhalten und die eigenen Truppen zu stärken. Nach und nach werden durch zusätzliche Erfahrungspunkte Feuerbälle, Blitzattacken, Heilungszauber und weitere nützliche magische Spielereien freigeschaltet und das Spiel wird mehr und mehr zu einem Strategie- und Rollenspiel. Von Beginn an hat jeder Spieler neben seiner Gesundheitsleiste auch eine Anzeige für seinen Atem. Der Füllstand dieser Leiste bestimmt die Verfügbarkeit einiger Spezialaktionen, die jeder Spieler unabhängig von seiner Erfahrung beherrscht. Neben der spontanen Heilung darf die Figur einen Nebel auslösen, kurzzeitig sprinten oder mit doppelter Stärke zuschlagen. Aber auch das Publikum hat seine Berechtigung: Wer den Fans ein Spektakel liefert, gegnerische Spieler KO haut oder den Ball in die Endzone schafft, steigt in der Gunst der Zuschauer auf und darf verschiedene Spezialzauber auslösen: Von der Mine bis zum Blitzschlag ist alles vorhanden. Des Weiteren können durch Heilungscremes tote und verletzte Spieler geheilt oder der Schiedsrichter bestochen werden. All dies geschieht durch Icons auf dem Bildschirm, was das komplette Interface überladen wirken lässt. Zusammen mit der katastrophalen Intelligenz der Spieler wird jeder hin und wieder die Übersicht verlieren. Doch nach zehn Minuten ist alles vorbei, das Spiel gewonnen oder verloren und es folgt die Endabrechnung. Hier werden abhängig von den Touchdowns, Niederschlägen oder den Verletzungen und Tötungen Erfahrungspunkte und Geld verteilt, die in neue Spieler oder Zauber investiert werden sollten.

Tristesse im Fantasyland

Vor einem Jahr erschien Chaos League. Und diese Grafik übernimmt auch das Addon nahtlos, Cyanide hat keinerlei Verbesserungen an Präsentation, Umgebungsgrafik oder den Spielermodellen vorgenommen. Dabei ist die Grafik nicht einmal schlecht, nur angesichts aktueller Strategiekracher nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Während des Spieles kann man die Kamera stufenlos zoomen, leider fehlt eine Übersichtskarte, so dass man untätige Spieler schneller finden könnte. Mehr als einmal passiert es, dass man durch Zufall eine vergessene Einheit wiederfindet, die beim Angriff nützlich gewesen wäre. Die Charaktere sind hübsch anzuschauen, vor allem die orkischen Cheerleader sehen sehr passend aus. Allgemein wirken die Figuren aber recht kantig, was aber eigentlich weniger stört, da die Figuren kaum aus der Nähe zu bewundern sind und sowieso meistens im Dreck liegen.

Gelungen sind hingegen die Stadien. Je nach Wahl stehen Höhlen, Waldlichtungen oder verschiedene Städte zur Auswahl, die das Flair des jeweiligen Standortes gut übermitteln und das Gefühl geben, mitten in der Arena zu stehen. Leider wirken die Texturen etwas blass und detailarm. Wirklich erstklassig gelungen sind dagegen die Comics, die nach jedem Spiel eingeblendet werden und die Stimmung merklich auflockern. Wahrscheinlich wird man mehr als einmal ein Spiel absichtlich verlieren, nur um weitere Comics lesen zu dürfen.

So muss ein Sportkommentator sein

Das wahre Highlight von Chaos League – Sudden Death ist wie im Urspiel neben den exzellenten und witzigen Comics die Begleitung einer Partie durch zwei aberwitzige Kommentatoren. Diese schaffen es sofort, selbst dem übellaunigsten Zeitgenossen ein Lächeln abzuringen. Mit herrlichen Dialogen kommentieren die beiden jede noch so sinnlose Aktion der beiden Mannschaften und jubeln frenetisch über jeden Touchdown im Spiel. Während man sich bei Sportspielen häufig über die langweiligen und schnell wiederholenden Kommentare ärgert, fordert man hier solche geradezu hinaus und hofft, dass bald der nächste Gegner zu Boden geht oder der nächste Wurfversuch in die Hose geht. Dank der hervorragenden Kommentatoren kann auch über die kaum vorhandene und langweilige Hintergrundmusik hinweggesehen werden, die zwischen den Spielen zu hören ist.

Touchdown oder böses Foul?

Für wen ist Chaos League – Sudden Death interessant? Für Fans und Besitzer der Urversion sicher nicht. Drei neue Rassen, ein paar neue Kämpfer, neue Stadien und verwaltungstechnische Spielereien wie Mehrjahresverträge rechtfertigen in meinen Augen den Kauf nicht. Anders sieht es bei Spielern aus, die mit Sudden Death einmal Chaos League Luft schnuppern wollen. Die herrlich komischen Kommentatoren, die erstklassigen Comics und der abgefahrene Hintergrund lassen den Kauf zu einer echten Alternative werden. Allerdings hat das Spiel auch entscheidende Schwächen. So ist die Übersicht katastrophal, mehr als einmal verliert man den Überblick und die KI der eigenen Einheiten ist praktisch nicht vorhanden, so dass man im Grunde fast nur am Korrigieren und Befehlen ist. Und wenn man erstmal die Chaos League gewonnen hat, bleibt die Langzeitmotivation auf der Strecke. Ob da der Mehrspielermodus auf die Dauer Abhilfe schaffen wird, bleibt abzuwarten. Im Endeffekt ist es ein durchschnittliches Spiel, aber wer schon immer mal sehen wollte, wie Orks gegen Elfen Football spielen, sollte einen Blick riskieren.

(17.12.2005)

Minimum-Systemanforderungen:

- Windows 98/ME/2000/XP

- Pentium 700 MHz oder vergleichbarer Athlon

- 128 MB RAM

- 32 MB RAM 100% DirectX9 kompatibel ab GeForce2, Radeon 7200

- 700 MB Festplattenspeicher

- 100% DirectX 9.0c kompatible Soundkarte

Entwickler: cyanide
Publisher: Pointsoft Deutschland GmbH
Genre: GenreMix aus Strategie, Rollenspiel und Sport
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Chaos League - Sudden Death
Preis: 29,95€
Altersfreigabe: Freigegeben ab 16 Jahren gemäß §14 JuSchG

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