The Ball

The Ball

(Iceberg Interactive)

geschrieben von Bernd Wolffgramm

 

 
Entwickler: Teotl Studios
Publisher: Iceberg Interactive
Genre: Puzzle-Shooter
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: The Ball
Preis: 16,99 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 16 Jahren gemäß §14 JuSchG

Wie der Titel schon vermuten lässt, hat das Spiel "The Ball" mit einem Ball oder besser gesagt mit einer Kugel zu tun. Da das Spiel fast ohne Werbe-Tamtam erschienen ist, legt dies die Vermutung nahe, dass es sich um ein relativ kleines Programmiererteam handeln muss und in der Tat, der Entwickler Teotl Studios ist eine ziemlich kleine Softwareschmiede aus Schweden und "The Ball" ist ihr Erstlingswerk. Einigen Spielern mag der Titel aber dennoch schon länger bekannt sein, denn die kommerzielle Version von "The Ball" erwuchs ursprünglich aus einer "Unreal Tournament 3"-Modifikation und kann schon einige Zeit lang heruntergeladen werden. Ist diese kommerzielle Version nun ihr Geld wert oder sollte man einfach den kostenlosen Mod herunterladen und über "UT3" spielen?

Willkommen zum ersten Ego-Roller

Wenn man an "Unreal Tournament 3" denkt, fallen dem Fan sofort coole Ballerschlachten ein. Alle Spiele der Unreal-Serie waren Ego-Shooter reinsten Wassers, sie haben das Genre mitbegründet und jahrelang beherrscht. Bevor es die Spiele der "Call of Duty"-Reihe gab, waren die Games vom Publisher GT Interactive und Entwickler Epic die einzigen, die in der Doom- und Half-Life/Counterstrike-Liga mitspielen konnten. Das Schöne an der Engine von "Unreal" war und ist immer noch, dass sie einfach zu "modden" ist, das heißt, dass es leicht gemacht wird, kommerzielle oder private Variationen herauszubringen. Eine dieser Eigenproduktionen ist "The Ball".

Eine Geschichte gibt es auch: Der Held arbeitet in einer Ausgrabungsstätte irgendwo in Mexiko und – wie sollte es anders sein – er bleibt allein in einer Höhle zurück, weil eine Leiter zusammengebrochen ist und das Team nun dummerweise keinen Ersatz hat. Das Letzte, was der Protagonist von seinen Kollegen erfährt, ist ihr Ruf, doch schon mal die Höhle selbst zu erkunden, bis Hilfe kommt. Der Eingeschlossene macht sich also auf und stellt sehr schnell fest, dass es sich nicht nur um eine normale Höhle handelt, sondern um einen Zugang zu einer unterirdischen Stadt. In dieser Stadt und dem sie umgebenden Tunnelnetzwerk leben neben einigen harmlosen Affen jede Menge mumifizierte Fieslinge in verschiedenen Ausprägungen. Da unser Held Wissenschaftler ist und kein Krieger, wird er da wohl Probleme bekommen, denn die Einwohner der unterirdischen Stadt werden sich nur ungern in ihrer tausendjährigen Ruhe stören lassen.

Da fällt vor dem Helden dann buchstäblich die Rettung vom Himmel. Er findet eine übermannsgroße Kugel, die scheinbar magische Kräfte hat ... und auch ein ganz schön hohes Gewicht. Zusätzlich wird ihm ein Kontrollwerkzeug überlassen, mit dem er die Kugel steuern kann. Er kann sie wegstoßen und wieder an sich ziehen und er kann sie an den automatischen Hammer mit Magnet – so kann man das Werkzeug wohl am ehesten beschreiben – anklinken. Mit diesem Ball vor sich zieht er nun durch das unbekannte Areal und walzt mit seiner Kugel alles nieder, was ihn angreift. Im Grunde dürfte er damit aussehen wie ein Pillendreherkäfer: Ein kleiner Körper, der eine riesige Kugel vor sich herschiebt. Schießen ist also out, platt walzen ist in!

Mumien sind keine netten Untoten

Wie spielt sich also eine Kugel als Waffe? Je weiter der Wissenschaftler in das Areal eindringt, desto öfter wird er von Mumien bedrängt, die ihm natürlich alle an den Kragen wollen. Er hat dann nur die Möglichkeit, die Untoten mit der Kugel niederzuwalzen. Das kann er machen, indem er ihnen die Kugel entgegenballert, dazu lässt er den Ball los, stellt sich direkt hinter die Kugel und drückt den Abstoßmechanismus des Hammers in der Hoffnung, dass die KI-Schergen die volle Wucht des Balls zu spüren bekommen, denn bei Berührung mit der rollenden Kugel sterben sie. Nun sind die Feinde aber ziemlich beweglich, sie weichen dem runden Geschoss aus, was bedeutet, dass sie um die abgefeuerte Kugel herumlaufen und weiter zum Helden strömen. Dann hat der Protagonist nur noch die Möglichkeit, die Kugel aus der Entfernung wieder anzuziehen. Das funktioniert dann, wenn zwischen dem Ball und dem Magneten am Hammer kein unüberwindliches Hindernis und die Entfernung zur Kugel unter 1.000 Metern liegt. So bekommen die Mumien die Kugel dann in den Rücken geschleudert und werden auch so endgültig ins Reich der Toten befördert. Der Hammer selbst hat überhaupt keine Wirkung als Waffe, mit ihm lässt dich allenfalls ein einzelner Angreifer wegstoßen, in der Hoffnung, ihm durch Weglaufen zu entkommen oder sich genügend Zeit zu verschaffen, bis die Kugel todbringend zum Magneten zurückkehrt. Die dritte Möglichkeit ist es, einfach die Kugel vor sich herzuschieben, um so den Ball als Schutzschild zu benutzen, oder ihn einfach immer vor sich von links nach rechts und wieder zurück zu wedeln. Das sieht sicher von außen dämlich aus, ist aber ziemlich effektiv.

Ist das Spiel damit erklärt? Nicht so recht, denn der Wissenschaftler begegnet zwar überall Feinden, aber um überhaupt einen Weg durch die fünf großen Levels zu finden, muss er viele Rätsel lösen. Die meisten beziehen sich darauf, den weiteren Weg irgendwie freizumachen. Hier gibt es das klassische – schon aus "Unreal" und "Half Life" bekannte – Problem: "Wie kriege ich diese Tür bloß auf?" Im ganzen Spiel gibt es zwei Arten von Schaltern: Die einen werden durch den Menschen betätigt, die anderen aktivieren irgendetwas, wenn sie die Kugel berührt. Aller Rätsel Lösung ist es also, diese Kontakte zu finden und in der richtigen Reihenfolge zu verwenden.

Eine typische Rätsellösung liest sich dann etwa so: An der Decke sieht man einen Kugelschalter, hier muss der Ball also hin. Man schiebt daher die Kugel nach links auf die erste Plattform und lässt sie hier liegen. Nun läuft man außen um den Raum herum und stelle sich selbst auf die Ebene gegenüber. Danach zieht man die Kugel langsam zu sich auf die nebenliegende Plattform, dies wirkt wie eine Waage, die nun auf der leichteren Seite mit dem Helden nach oben gedrückt wird. So kann man dann oben den Menschenschalter betätigen. Hierdurch wiederum werden zwei Streben ausgefahren, auf die man nun die Kugel schieben muss. Dann läuft man unter die Kugel und ballert sie mit dem Hammer an die Decke. Dies öffnet – wie vermutet – die Ausgangstür. Dies hört sich kompliziert an, aber durch genaues Analysieren der Räume kommt man auf die Reihenfolge der Aktionen, die man durchführen muss.

Das Spiel wird also nicht durch die Kämpfe bestimmt, sondern im Wesentlichen durch die Rätsel. Die Möglichkeiten der Kugel als Waffe sind einfach zu gering, als dass sie spielfüllend wären. Vielmehr sorgen die immer kniffligen, aber fairen Rätsel dafür, dass man das Spiel bis zum Ende durchhält. Wenn man eine Abschätzung der einzelnen Bestandteile des Spiels durchführen würde, dann kommt man darauf, dass das Spiel zu 15% aus Erforschen, zu 25% aus Kämpfen und demnach zu 60% aus Rätsellösen besteht.

Die durchsichtige Kugel scheppert ganz schön

Nein, die Kugel an sich besteht aus Metall und ist nicht durchsichtig. Da aber das Spiel aus der Ego-Perspektive gespielt wird und die Kugel übermannshoch ist, wäre es ja ziemlich unpassend, wenn man immer nur die Kugel sehen würde und nicht den Weg vor sich. Deswegen hat sich Teotl Studios ein Feature einfallen lassen, dass dieses Problem löst. Sobald die Kugel an den automatischen Hammer andockt, wird sie für den Spieler fast durchsichtig, so dass nur noch Konturen des Balls zu sehen sind und man sich so gut auf den Weg oder die heranrückenden Mumien konzentrieren kann. Auf die Kugel selbst verwendeten die Designer viel Zeit: Sie ist verziert mit vielen Gravuren, aber auch das Herumgerolle im Laufe der Jahrtausende ist nicht spurlos an ihr vorbeigezogen, wie die Kratzer deutlich zeigen.

Der Rest der Grafiken ist dem angemessen, was mit der Unreal-Engine so möglich ist: Durch das Fantasie-Setting war es den Programmierern auch möglich, die Welt so zu bauen, wie sie das gern hätten; hierbei herrscht die Farbe Braun vor, so wie das in Tunneln nun mal ist. Dieses Farbeinerlei wird dann aufgebrochen, sobald sich der Held und sein rollender Gefährte einem Dorf nähern oder zum Beispiel wieder mal in einen Bach stürzen, was häufiger passiert. Auch die Fahrten mit einer Lore durch zwei der großen Levels sind durchaus rasant dargestellt und schön anzusehen – man kommt sich dann vor wie Indianer Jones und seine Tunnellore auf der Fahrt ins Ungewisse. Die ganze Geschichte in das Umfeld von Mayas und Mexiko zu setzen, ist clever, denn kaum jemand kann sich diese Umgebung genau vorstellen, jeder hat aber eine Menge Vorurteile dazu, die auch vielfach aufgegriffen werden.

Fehlt noch eine Beurteilung der Feindtexturen, diese können getrost als gelungen, wenn auch nicht als allzu detailliert, bezeichnet werden, was aber überhaupt nicht ins Gewicht fällt, da man die Mumien unterschiedlicher Ausprägung und Größe nicht betrachten, sondern niederwalzen soll. Hier ist "The Ball" dann doch ein Action-Spiel: Es kommt mehr auf den Spaß im Kampf als auf die Texturen an.

Welches Geräusch macht wohl eine metallene Kugel, die über einer Boden gerollt wird? Sie scheppert. Dieses Geräusch verfolgt den Spieler durch das ganze Spiel und irgendwann kann man es nicht mehr hören, aber hier muss man durch, das gehört nun mal dazu. Die Musik oder besser Hintergrundmusik wird auch in diesem Review beurteilt, wie fast immer: Sie ist dem Thema angemessen und gibt die Situation im Spiel durch Tempoveränderung gut wieder.

 

Minimale

- 3-GHz-Single-Core-CPU

- Windows XP/Vista/Windows 7

- 1 GB RAM

- Geforce 6800 oder besser

- 1.5 GB freien Festplattenspeicher


Fazit

   Die Story von "The Ball" ist natürlich sehr dünn, aber darauf kommt es bei diesem Puzzle-Shooter gar nicht an. Wenn man sich nicht gerade einer Horde Mumien erwehren muss, dann gilt es, den Weg aus dem aktuellen Raum herauszufinden und sich selbst und die Kugel so in Position zu bringen, dass dies klappt. Der Rätselanteil liegt wesentlich höher, als man das von klassischen Ego-Shootern gewöhnt ist, das Kämpfen selbst dient nur dazu, etwas Abwechselung in das Spiel zu bringen. Wenn man mal ein etwas anderes Adventure spielen möchte, dann ist "The Ball" dazu wirklich gut geeignet. "The Ball" ist von allem etwas: Puzzle, Ego-Shooter und Action-Adventure, ich finde diese Mischung gelungen und auch die Kosten von deutlich unter 20 € für die Box sind kein Abwehrpreis. Im Vergleich zur alten "Unreal Tournament 3"-Mod hat der Entwickler Teotl Studios viel am Spiel gefeilt und deswegen sollte man hier zur Retail-Version greifen. Ob natürlich die der Box beiliegende Postkarte unterschrieben von den Mitarbeitern des Entwicklerteams noch ein zusätzlicher Kaufanreiz ist, soll jeder selbst entscheiden. (29.11.2010)


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