Jagged Alliance: Back in Action (Preview)

Jagged Alliance: Back in Action (Preview)

(bitComposer Games)

geschrieben von Witali Blum

Grundlage für dieses Preview: letzte freigegebene Presseversion vom Januar 2012

 

     
 

Kann sich noch jemand an das Strategiespiel "Jagged Alliance 2" erinnern, das im Jahre 1999 sein Debüt hatte? Es wäre nur allzu verständlich, wenn nicht, denn ganze zwölf Jahre ist es inzwischen her, dass dieser Strategieklassiker für den PC erschienen ist. Der Vorgänger "Jagged Alliance" ist natürlich noch älter und lief damals auf dem Betriebssystem-Urgestein "MS DOS". Die Spiele waren für ihre Verhältnisse ziemlich erfolgreich und verdienen es nicht, in Vergessenheit zu geraten. Deswegen freut es DLH.Net umso mehr, dass die Entwickler von bitComposer Games diesen zeitlosen Klassiker in moderner Form unter dem Namen "Jagged Alliance: Back in Action" wiederbeleben wollen. Lesen Sie in der folgenden Vorschau, welche Neuerungen im diesem Strategiehit auftauchen und vor allem ob der aktuelle Titel ebenso viel Spaß macht wie seine großen Vorbilder.

Missionsbesprechung

Bereits das erste einführende Video verrät, dass die Hintergrundgeschichte aus "Jagged Alliance 2" originalgetreu übernommen worden ist. Der Spieler wird von einem im Exil lebenden Monarchen namens Enrico Chivaldori angeworben, um dessen machtbesessene Ehefrau Deidranna, die sich zur Diktatorin aufgeschwungen hat, zu beseitigen. Der Einsatzort ist ein fiktives südamerikanisches Land namens Arulco, das bisher die konstitutionelle Monarchie als Regierungsform innehatte. Nach dem Tod des alten Königs wird zunächst Enrico zum Nachfolger ernannt und durch eine Wahl bestätigt, wobei er sich zuvor beim Volk als vorbildlicher Familienmensch präsentiert hat, indem er Deidranna ehelichte. Kurz drauf beschuldigt die vermeintlich treue Ehefrau ihren Mann des Mordes am eigenen Vater und führt einen Staatsstreich an. Nur dadurch, dass Chivaldori seinen Tod vortäuscht, kann er entkommen, um schließlich im Ausland Hilfe für sein Volk zu suchen.

Einsatzbefehl

Sowohl Anfänger als auch Veteranen werden in "Back in Action" erstmalig in der gesamten Spielreihe bei der Hand genommen, indem ihnen ein ausführliches Tutorial die Gelegenheit bietet, erste Grundlagen der Steuerung außerhalb eines echten Gefechts kennenzulernen. Gleichzeitig hilft die Einführung, sich an die isometrische 3D-Perspektive des Spiels sowie die frei drehbare Kameraführung mithilfe der Maus zu gewöhnen. Beim Zoomen bemerkt der Spieler sofort, dass die eigenen Söldner äußerst detailliert dargestellt werden. Alle vom Soldaten mitgeführten Ausrüstungsgegenstände sowie Waffen sind deutlich am jeweiligen Charaktermodell zu erkennen. Leider erstreckt sich diese Detailtreue nur bedingt auf die Gegner und noch weniger auf die freundlich gesinnten Milizen, von denen fast jeder Dritte den gleichen Namen besitzt.

Aus weiter Entfernung wirkt die Spielumgebung ansehnlich, vor allem, wenn vegetationsreiche Gebiete das Gesamtbild dominieren. Doch bei näherer Betrachtung bemerkt man, dass sich die Texturen allzu häufig wiederholen. Darüber hinaus erweckt die fehlende Fauna den Eindruck, dass Arulco trotz seines bunten Aussehens eine sterile Umgebung zu sein scheint. Für einen realistischen Guerilla-Krieg fehlen einfach der Schlamm, in dem die Söldner schmutzig werden können, sowie mickriges Getier, das bei jedem Schritt aus den Büschen huscht. Dafür aber sind die Animationen der zahlreichen Schusswaffen im Spiel umso glaubwürdiger: Mündungsfeuer, Schussgeräusche sowie Ballistik der abgefeuerten Kugeln entsprechen den kritischen Erwartungen eines Action-Film-Zuschauers – andere Vergleichsquellen stehen dem Reviewer bisher nämlich nicht zur Verfügung. Natürlich wäre die Krönung des Ganzen, wenn in "Back in Action" Gegner wie auch Verbündete auf eine realistische Art und Weise ihr Leben aushauchen würden, anstatt einfach in einer großen Blutlache auf den Boden zu sinken, denn selbst von einer Sprengrakete getroffene Soldaten behalten im Tod noch alle ihre Gliedmaßen, als seien sie mit einer Pistole erschossen worden.

Abgesehen von der Grafik ist die erste auffällige Neuerung das Kampfsystem, das am besten mit der Bezeichnung "Point&Go" beschrieben wird. Der Spieler kommandiert nämlich die Söldner in Echtzeit und schaltet bei Bedarf in den "Pause"-Modus um, wo alle Befehle in der abgegebenen Reihenfolge auf einer Zeitleiste positioniert werden. Sobald die "Pause" wieder aufgehoben wird, spielt das Programm die Leiste wie ein Tonband ab und lässt die tapferen Soldaten entsprechend die Aktionen ausführen. Der Clou bei diesem Vorgehen ist die Möglichkeit, alle Befehle zu synchronisieren, so dass der Angriff auf eine befestigte Stellung viel besser koordiniert werden kann. Zum Beispiel dürfen die Söldner erst vom Feind unentdeckt bestimmte Schlüsselpositionen besetzen und anschließend gleichzeitig das Feuer auf patrouillierende Wachen eröffnen, die dann vom Angriff vollkommen überrascht im Feuerhagel untergehen, ohne eine Chance auf Gegenwehr bekommen zu haben. Die alten rundenbasierten Kämpfe mit Bewegungspunkten sind also zu Gunsten einer dynamischen Spielweise abgeschafft worden.

Im Gegensatz zum Vorgänger "Jagged Alliance 2" beginnt der Spieler seinen Befreiungsfeldzug in "Back in Action" nicht in der zerstörten Stadt Omerta, wo sich damals die kläglichen Reste des Widerstands versteckten, sondern direkt am Flughafen der nächst größeren Stadt Drassen. Für vierzigtausend Dollar soll man zunächst auf einer Kontaktwebsite "A.I.M." Söldner anwerben, die den Landepunkt von Feinden säubern und als neues Hauptquartier etablieren. Obwohl sich die anfängliche Soldmenge großzügig anhört, stellt man fest, dass damit höchstens drei Spezialisten mit einem niedrigen Fähigkeitenlevel engagiert werden können. Zum Glück sind selbst die schlechtesten "Glücksritter" immer noch besser als die ersten Gegner, denen sie begegnen, was sich im Laufe des Feldzugs gegen Deidranna aber schlagartig ändern wird. Das Repertoire an Aktionen, die den angeworbenen Söldnern zur Verfügung steht, hat sich im aktuellen "Jagged Alliance"-Ableger nicht großartig verändert. Noch immer dominieren "Schießen", "Schleichen" oder " Granate-Werfen" die Kämpfe, während in friedlichen Zeiten die Wunden gepflegt oder die Waffen repariert werden. Auch das Rollenspielsystem, bei dem die Charakterwerte der Söldner einen Einfluss auf den Erfolg ihrer Handlungen haben, wurde konsequent beibehalten, wenn nicht sogar weiter vertieft, weil nun Erfahrungspunkte die einzige Möglichkeit bieten, sich weiter zu verbessern.

Um den Schauplatz zu wechseln, muss der Spieler - wie in den Vorgängern - auf die taktische Übersichtskarte gehen, seinen Trupp auswählen und ihm einen Marschbefehl zum nächsten Einsatzort geben. Bei der Fortbewegung kann man sich für eine direkte oder schnelle Route entscheiden, die die Soldaten querfeldein oder entlang der Straßen zum Ziel führt. Zu beachten ist noch die Tatsache, dass die Kämpfer beim Reisen ermüden und ihnen dann am Zielort eventuell nicht mehr der vollständige Ausdauerbalken zur Verfügung steht. Um dies zu vermeiden, sollte der Spieler eine Rast einlegen. In der Regel ist es unmöglich, in einen gegnerischen Hinterhalt zu geraten, weil alle vom Feind besetzten Gebiete auf der Übersicht rot hervorgehoben werden und dazu im Gefechtsmodus stets alle Opponenten durch Markierungen gekennzeichnet sind, damit man sie ja nicht übersieht.

Dafür aber lassen sich Deidrannas Schergen viel zu leicht in eine Falle locken. Sobald sie nämlich die Spielfiguren entdecken, stürmen sie wie Lemminge auf sie zu und nehmen dabei den kürzesten Weg, um in Schussreichweite zu gelangen. Bei einer fünf- bis achtfachen Überzahl hat die KI nur wenig zu verlieren, wenn es zu einem konventionellen "Shootout" kommt. Der schlaue Taktiker legt jedoch vorher ein paar Minen aus, schmeißt fleißig Granaten und zielt auf die Köpfe der Feinde aus sicherer Deckung, so dass selbst fünfzig Kontrahenten sich schnell in einen Berg von Leichen verwandeln.

Natürlich reicht das anfängliche Kapital längst nicht aus, um erstklassige Spezialisten anzuheuern oder die Ausrüstung der bereits angeworbenen Söldner bei einem Händler zu verbessern. Die Kriegskassen werden aber glücklicherweise gefüllt, wenn man fleißig Gebiete von Feinden befreit. Sowohl Erzminen als auch Städte bringen dem Spieler einen bestimmten Geldbetrag pro Tag auf sein Konto. Je loyaler die Landesbevölkerung zu den ausländischen "Helfern" steht, desto mehr Cash erhalten sie. Zu Beginn ist es jedoch ratsam, nicht mehr benötigte Waffen und Sprengsätze zu verkaufen, um mit dem Gewinn weitere Kameraden aus dem Ausland einzufliegen. Es lassen sich übrigens nicht alle vierzig "A.I.M."-Kontakte rekrutieren, denn manche der bewehrten Gestalten weigern sich, zusammenzuarbeiten. Außerdem muss man berücksichtigen, welche "Glücksritter" in einem Team kämpfen, denn ihre Persönlichkeiten haben Einfluss auf die Truppenmoral. So fühlen sich "Amazonen" in einem reinen Frauenkader wohl, während "Machos" sich freuen, dem weiblichen Geschlecht imponieren zu können.

Alternativ zum Verkauf von Waffen, steht dem Spieler es frei, lokale Milizen mit Schießprügeln auszurüsten, damit sie die befreite Ortschaft vor Deidrannas Schergen beschützen können. Im weiteren Spielverlauf schickt die Diktatorin nämlich mächtige Todeskommandos aus, die versuchen, die verlorenen Städte wieder einzunehmen. Die Praxis hat gezeigt, dass die Milizen selbst mit den besten Maschinengewehren nur in der Überzahl eine Chance haben, Deidrannas Truppen abzuwehren, weil ihre KI noch dümmlicher agiert als die der Angreifer. Wenn man wirklich Städte beschützen möchte, muss man dort wohl oder übel einen Scharfschützen auf dem Dach postieren, der das Perimeter abdeckt.

Insgesamt bietet "Back in Action" mit all seinen Missionen, die sich hauptsächlich auf "Suchen" oder "Befreien" beschränken, ungefähr siebzig Stunden Spielspaß im Einzelspielermodus. Da es keinen Mehrspielermodus gibt, muss man nach Spielende einen neuen Feldzug beginnen. Dieser hat jedoch überhaupt keinen Wiederspielwert, weil alle Level und Aufträge unverändert bleiben. Zum Glück kann man sich bis zum Finale lange an der qualitativ hochwertigen, deutschen Synchronisation erfreuen, die jedem Soldaten eine einzigartige Stimme verleiht. Der Soundtrack für "Back in Action" ist übrigens derselbe wie aus seinen Vorgängern, so dass Strategie-Veteranen in Nostalgiegefühlen schwelgen können, während sie den aktuellen Titel zocken.

Obwohl die getestete Version von "Jagged Alliance: Back in Action" eine Preview-Version gewesen ist, war das Spiel in seiner Entwicklung ziemlich weit fortgeschritten. Grobe Systemfehler hat es zumindest nach einem Zwischenupdate nicht mehr gegeben, so dass nur noch Kinderkrankheiten übrig geblieben sind, die bestimmt ebenfalls von den Entwicklern ausgemerzt werden können. Dazu zählen unter anderem geöffnete Türen, die nach Verlassen und Betreten einer Ortschaft wieder fest verrammelt sind, so dass man sich erneut mit einem Schlosserset oder Brecheisen Zutritt verschaffen muss. Gelegentlich entscheiden sich die eigenen Charaktere dazu, von Mehrfachschuss auf Einzelschuss zu wechseln, obwohl sie keinen Befehl dazu erhalten haben. Brisante Objekte wie etwa Gasflaschen explodieren nicht, selbst wenn man absichtlich ein ganzes MG-Magazin auf sie entleert. Der größte Fauxpas ist nach wie vor die KI, die den Kämpfen jede Herausforderung nimmt, sobald man herausgefunden hat, wie die automatischen Gegner auf "Reize" reagieren. Es gibt also durchaus noch Verbesserungsmöglichkeiten. Allgemein ist jedoch der Eindruck vom Spiel äußerst positiv.

 

   

Fazit

"Jagged Alliance: Back in Action" scheint ein würdiger Nachfolger für die beliebte Strategie-Reihe zu werden, denn das neue Kampfsystem verleiht dem Titel nicht nur Dynamik, sondern auch noch einen höheren Grad an Realismus. Die taktischen Gefechte machen trotz der wenig herausfordernden Gegner-KI viel Spaß, vor allem wenn Feinde in den sorgfältig positionierten Hinterhalt laufen und darin umkommen, obwohl sie deutlich in der Überzahl gegenüber meinem Killer-Team gewesen sind. Vermisst habe ich lediglich den Söldnergenerator aus "Jagged Alliance 2", mit dem man über einen Persönlichkeitstest einen eigenen Soldaten generieren konnte, der das Gefühl vermitteln sollte, selbst mitten im Geschehen dabei zu sein, anstatt von außen Befehle zu geben. Mein Gesamteindruck der Testversion ist äußerst positiv und ich freue mich schon auf das fertiggestellte Hauptprogramm. (02.02.2012)


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