Agatha Christie - And Then There Were None (Preview)

Agatha Christie - And Then There Were None (Preview)

(The Adventure Company)

geschrieben von Christian Graser

Grundlage für dieses Preview: Press Release Beta Build Version 3.0

 

Die englische Schriftstellerin Agatha Christie gilt als Königin des Kriminalromans. Ihre Werke wurden in 45 Sprachen übersetzt und verkauften sich weltweit mehr als zwei Milliarden Mal. Mehr Exemplare wurden lediglich von der Bibel und von Shakespeares Werken abgesetzt. Ein Wunder eigentlich, dass noch niemand den Versuch unternommen hat, aus einem ihrer Bücher ein PC-Spiel zu machen. Bis jetzt. "The Adventure Company" macht den Auftakt ihrer Mystery-Reihe (im Rahmen welcher mehrere Werke von Agatha Christie als Spiel umgesetzt werden sollen) mit der Portierung des Buches "Und dann gab's keines mehr", besser bekannt als "Zehn kleine Negerlein". Im Folgenden unsere Eindrücke der Preview-Version. Vorhang auf für "Agatha Christie - And Then There Were None".

Zehn kleine Negerlein

Per Brief von einem Unbekannten werden zehn Personen zu einer Party auf einem großen Anwesen auf Shipwreck Island - einer kleinen fiktiven Insel - eingeladen. Patrick Narracott, ein unscheinbarer Fährmann, bringt die Gruppe zur Insel, gerade rechtzeitig vor einem aufziehenden Sturm. Da sein Boot sabotiert wurde, ist eine Rückfahrt vorerst unmöglich, so dass auch er Zuflucht im Haus sucht. Der Gastgeber ist nicht auffindbar, hat jedoch eine Schallplatte mit einer Nachricht für seine Gäste hinterlassen. Die Personen sind nicht ohne Grund eingeladen worden: Jede von ihnen ist für den Tod einer oder mehrerer Menschen verantwortlich. So hat ein Kindermädchen versehentlich einen Schützling ertrinken lassen, ein junger Sportwagen-Fan hat zwei spielende Kinder auf dem Gewissen, usw.

Auffallend zentral hängt über dem offenen Kamin ein Bild mit einem Gedicht, das von zehn kleinen Matrosen handelt, die nacheinander auf merkwürdige Weise ums Leben kommen, bis keiner mehr übrig ist. Der Erste erstickt beispielsweise an seinem Essen, ein weiterer ist allergisch auf die Stiche von Bienen. Dass eine der Anwesenden ebenfalls auf die Honigsammler allergisch reagiert, stört beim Dinner noch niemanden. Als jedoch kurz darauf eine andere Dame an ihrem Essen erstickt, und somit nur noch neun von zehn geladenen Gästen am Leben sind, wird die Situation schlagartig unheimlich.

Spannende Atmosphäre und gruselige Bedienung

"Agatha Christie - And Then There Were None" orientiert sich sehr stark am Erfolgswerk der Autorin, bindet aber den Spieler in Form von Narracott, der im Buch nicht vorkommt, ins Geschehen ein. Bevor es zum oben beschriebenen Todesfall kommt, haben wir schon gut eine Stunde Spielzeit hinter uns - eine Stunde, in der nicht ganz klar ist, was eigentlich unsere Aufgabe ist und was zu tun ist, um die Handlung voranzutreiben. Ein Problem, das uns im weiteren Spielverlauf öfter begegnen wird. Nachdem es nicht bei einem tödlichen Zwischenfall geblieben ist, stellt sich schon bald die Frage, wer für all dies verantwortlich ist. Ist es ein Spiel des mysteriösen Gastgebers, ist einer der Gäste hierfür verantwortlich, oder hat sich vielleicht der Gastgeber selbst unter die Gäste gemischt? Es liegt an uns, dies herauszufinden.

Der Titel erzeugt von Beginn an eine spannende Atmosphäre und eine beklemmende Stimmung, die teilweise sogar unheimlich wird. Die Freundlichkeit der Personen auf diesem Anwesen wirkt nur aufgesetzt und mehr als eine scheint hier etwas im Schilde zu führen. Gesteuert wird das Spiel klassisch mit der Maus. Ein Linksklick lässt die Hauptfigur je nach Cursor-Aussehen Gegenstände benutzen oder nehmen, mit Personen sprechen oder an den gewünschten Ort gehen. Ein Klick mit der rechten Maustaste öffnet das etwas unübersichtliche Inventar. Während wir Narracott durch gerenderte Standbilder bewegen, begegnet uns vor dem Haus im strömenden Regen der junge Autofanatiker. In seiner Hand scheint er ein Papier zu halten, dass er vor unserem Blick verbergen will. Die Frage, was er denn in der Hand halte, wählen wir wie gewohnt aus einer Liste mehrerer möglicher Sätze aus. Das Spiel verzichtet auf witzige Dialoge oder Anspielungen à la "Ankh", und übernimmt weitgehend die originalen Gespräche aus der Buchvorlage. So versucht der Angesprochene, sich damit herauszureden, er hätte nur Abfall gesammelt, um die Insel sauber zu halten - ein deutliches Zeichen für Narracott, dass auf diesem Eiland keinem zu trauen ist.

Während wir durch die vielen Zimmer des großen Herrenhauses streifen und unzählige Gegenstände ins mehrseitige Inventar packen, beginnt die Steuerung merklich zu nerven. Können in anderen Adventures Gegenstände im Inventar mit einem einzigen Mausklick betrachtet werden, benötigt man in "Agatha Christie - And Then There Were None" derer gleich drei, um an die gewünschten Informationen zu kommen. Durch einen Klick auf den Gegenstand wird dieser am Cursor befestigt und wir können ihn zur Lupe am unteren Rand des Inventory-Fensters bewegen. Durch einen weiteren Klick erhalten wir Narracotts Kommentar zu diesem Gegenstand, und müssen diesen nun mit einem erneuten Klicken an einem beliebigen freien Slot im Inventar ablegen. Ein einfaches Abwählen des Items per Rechtsklick ist bislang nicht möglich. Hoffentlich bessern die Entwickler hier noch nach, damit das Spiel nicht zu einer Klickorgie verkommt.

MacGyver lässt grüßen

Wie in allen Adventures empfiehlt es sich, auch hier jeden möglichen und unmöglichen Gegenstand einzupacken. Da im Herrenhaus jemand sehr gründlich war, funktioniert außer dem Grammophon kein elektrisches Gerät, nicht einmal die Uhren laufen. Narracott scheint glücklicherweise bei MacGyver abgeschaut zu haben: Flugs bastelt er aus Tabak, Streichhölzern, einem Stück Schlauch und weiteren Gegenständen ein Gerät, um Bienen auszuräuchern, oder findet eine Anleitung für einen Gleitschirm, den er sich aus den undenkbarsten Teilen zusammenbauen will. Hier hat das Notizbuch seine Daseinsberechtigung: In diesem Fenster werden alle wichtigen Informationen über Personen, Bücher, Schriftstücke oder allgemeiner Art festgehalten, so dass wir sie jederzeit nachlesen können. Vor allem zu Beginn, wenn es schwer fällt, die einzelnen Charaktere auseinander zu halten, leistet es uns wertvolle Dienste.

Die Rätsel sind größtenteils logisch und nachvollziehbar, Probleme bereitet jedoch des Öfteren der fehlende rote Faden. Gerade am Anfang fühlen wir uns etwas allein gelassen und wissen oft nicht, was zu tun ist. Die Handlung wird auf zwei Arten vorangetrieben: entweder durch feste Zeitvorgaben oder durch das Ausführen bestimmter Aktionen. So wird beispielsweise während des Dinners die Story erst dann weitergeführt, wenn wir die Zimmer aller Gäste durchsucht haben, egal wie lange wir dafür brauchen. Auf der anderen Seite haben wir nach dem Mord einer bestimmten Person nur wenige Minuten, um alle Anwesenden zu befragen, bevor das Spiel zu einem bestimmten Zeitpunkt die nächste Zwischensequenz startet. Nach dieser haben alle Gäste das Gesprächsthema gewechselt und wir keine Möglichkeit mehr, sie zu dem vorangegangenen Mord zu befragen. Je nachdem, welche Personen am Ende noch leben, wird das Spiel eine von vier verschiedenen Endsequenzen zeigen, was den Wiederspielwert deutlich erhöht.

Licht und Schatten

Shipwreck Island besteht aus unzähligen gerenderten Standbildern, durch die wir Narracott bewegen. Die Zimmer und Landschaften sind durchweg schön gestaltet, wirken jedoch alle etwas steril und leblos. In dieses "Stillleben" passen auch die animationsarmen Charaktere. Meist bewegen sich die Personen nur in Zwischensequenzen und stehen oder sitzen im Spiel reglos da, bis sie angesprochen werden. Narracott selbst, der trotz Anti-Aliasing auffällig kantig wirkt, greift aufgrund der wenigen Bewegungen, die man ihm spendiert hat, in schöner Regelmäßigkeit neben Gegenstände, die daraufhin aber trotzdem im Inventar auftauchen. Items, die man aufgenommen hat und die deswegen nicht mehr in der Umgebung liegen sollten, sind aus anderen Perspektiven aber oftmals weiterhin zu sehen, was ab und zu für Verwirrung sorgt.

Ganz im Gegensatz zur durchwachsenen Grafik präsentiert sich in "Agatha Christie - And Then There Were None" der tolle Sound. Die spannende Musik trägt einen großen Teil zur gelungenen Krimi-Atmosphäre bei, die Soundeffekte sind passend und die vielen Klavierstücke runden das Klangerlebnis sehr schön ab. Die Original-Dialoge der Buchvorlage wurden von den englischen Sprechern sehr gut vertont - insbesondere die Stimme Narracotts weiß zu überzeugen. Bleibt abzuwarten, ob das Spiel nach der Synchronisation auf Deutsch einen ebenso hohen Standard erreicht und sich mit Größen wie Black Mirror oder Ankh messen kann.

Minimale

- Windows 98/ME/2000/XP

- Pentium 1 GHz oder höher (oder vergleichbarer AMD)

- 256 MB RAM

- Grafikkarte mit mind. 32 MB

- 16-fach CD-Rom/DVD-Rom

- mind. 800 MB freier Festplattenspeicher

- Soundkarte (DirectX-kompatibel)

Entwickler: AWE Games
Publisher: The Adventure Company
Genre: Adventure
Releasedate: 28.11.2005
Homepage: Agatha Christie - And Then There Were None
Preis: 39,95 €
Altersfreigabe: Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß §14 JuSchG

Kommentare zu diesem Artikel


Fazit

   "Agatha Christie - And Then There Were None" zieht mich durch die gelungene Umsetzung der hervorragenden Buchvorlage sofort in seinen Bann. Die Story ist in Kombination mit der tollen Vertonung auch die ganz große Stärke des Spiels. Je mehr Morde passieren, desto größer wird mein Verdacht, und umso überraschter bin ich, wenn dann der vermeintliche Täter das nächste Opfer ist. Leider können die grafische Präsentation und die umständliche Bedienung dieses hohe Niveau nicht halten. Vor allem bei der Steuerung sollten sich die Designer noch ein paar Ideen von anderen Adventures holen, damit das mehrmalige Durchspielen, um alle vier Abspänne zu sehen, nicht in Frust ausartet. Wird dann bis zum Release auch noch der rote Faden im Spiel etwas deutlicher, dürfen sich nicht nur Fans von Agatha Christie und Krimi-Experten auf ein sehr spannendes und atmosphärisches Adventure freuen. (29.11.2005)


Kommentare:
Der Kommentar wurde gespeichert!
The Captcha element applies the Captcha validation, which uses reCaptcha's anti-bot service to reduce spam submissions.

Agatha Christie - And Then There Were None (Preview)
Agatha Christie - And Then There Were None (Preview)
Agatha Christie - And Then There Were None (Preview)
Agatha Christie - And Then There Were None (Preview)
Agatha Christie - And Then There Were None (Preview)
Agatha Christie - And Then There Were None (Preview)
Agatha Christie - And Then There Were None (Preview)
Agatha Christie - And Then There Were None (Preview)
Agatha Christie - And Then There Were None (Preview)